Und noch eine: Die Shortlist für den Man Booker Prize 2010

Peter Carey, Parrot and Olivier in America (Faber and Faber)

Emma Donoghue, Room (Picador – Pan Macmillan)

Damon Galgut, In a Strange Room (Atlantic Books – Grove Atlantic)

Howard Jacobson, The Finkler Question (Bloomsbury)

Andrea Levy, The Long Song (Headline Review – Headline Publishing Group)

Tom McCarthy, C (Jonathan Cape – Random House)

Mehr zum Preis, zu den Büchern und Autoren erfährt man hier.

Da ist sie: Die Shortlist für den deutschen Buchpreis 2010!

- Jan Faktor, Georgs Sorgen um die Vergangenheit oder im Reich des heiligen Hodensack-Bimbams von Prag (Kiepenheuer & Witsch)

- Thomas Lehr, September. Fata Morgana (Carl Hanser)

- Melinda Nadj Abonji, Tauben fliegen auf (Jung und Jung)

- Doron Rabinovici, Andernorts (Suhrkamp)

- Peter Wawerzinek, Rabenliebe (Galiani)

- Judith Zander, Dinge, die wir heute sagten (dtv)

Mehr dazu gibt es hier.

Edgar Rai: Nächsten Sommer

Der Roman beginnt so:
“Wieso kommst Du denn erst jetzt?“ Bernhard sieht mich an, als sei ich ihm eine Erklärung schuldig. „Erste Halbzeit ist schon vorbei.“
In ihm schwelt es. Wie immer, wenn er bei seiner Mutter war. Ich könnte ihm sagen, dass er meine Verspätung nicht persönlich nehmen soll, aber Bernhard nimmt selbst schlechtes Wetter persönlich. Ich könnte ihm auch sagen, dass mich Fußball nicht interessiert, nie interessiert hat und auch nie interessieren wird und ich nicht einmal weiß, wer gegen wen spielt – und nur gekommen bin, weil Marc meinte, ich solle mich nicht immer in meiner Tonne verkriechen. Und weil ich ihm etwas zu erzählen habe.
„Tut mir leid“, antworte ich.

Was der Erzähler Felix seinen Freunden Marc, Bernhard und Zoe zu erzählen hat, ist, dass er ein Haus in Frankreich geerbt hat. Und so fahren die Freunde am nächsten Tag in Marcs klapprigem alten VW-Bus von Berlin aus los nach Südfrankreich, um sich dieses Haus anzugucken. Die Strecke schafft man nicht an einem Tag, man braucht schon drei; wir haben es also mit einer Roadstory zu tun, und zwar einer zunehmend rasanten. Unterwegs werden weitere Personen aufgesammelt, und am Ende … „Am Ende der Straße steht ein Haus am Meer“. Am Ende sind außerdem alle emotional und körperlich ziemlich durchgemangelt, um viele Erfahrungen reicher, vielleicht ein wenig erwachsener. Jedenfalls wird viel nachgedacht, die meisten Figuren stellen sich und ihre Lebensplanung in Frage oder auf den Prüfstand, es wird einiges verarbeitet und anderes kaputtgemacht.

Ich habe dies und das zu kritisieren, sprachlich ebenso wie erzähltechnisch. Konjunktiv zwei! Wenn der Autor das nicht kann, dann soll es doch wenigstens der Lektor können. Gleiches gilt für verunglückte Relativsätze, die plötzlich gehäuft auf wenigen Seiten auftauchen, dann ist der Spuk wieder vorbei. Dann am Anfang des Romans diese Erklärungen, sowas hier: „Diogenes!“, begrüßt er mich. Seit ich in dem Bauwagen wohne, nennt er mich gerne Diogenes, wenn er einen geraucht hat. Danke, das verstehen wir auch so. Es hört dann aber glücklicherweise wieder auf. Dann gibt es Brüche in der Erzählperspektive, der Ich-Erzähler wird manchmal plötzlich allwissend und erzählt uns, was die anderen Figuren gerade denken. Hinzu kommen Kleinigkeiten, Flüchtigkeitsfehler, wie dass jemand etwas in ein Feuer schnippt, das erst auf der folgenden Seite angezündet wird. Egal. Geschenkt. Denn trotz dieser Unausgegorenheiten ist das ein wirklich spannendes Buch, das man gerne weiterliest, mit guten Gedanken drin und lustigen Einfällen und einem Unterton von komischer Verzweiflung und gut gezeichneten Typen, und außerdem will ich sofort ans Meer und am liebsten nach Südfrankreich. Nächsten Sommer.
Edgar Rai bekommt einen hübschen Regalplatz zwischen Rabelais und Rammstedt.

Edgar Rai: Nächsten Sommer. 236 Seiten. Aufbau Taschenbuch, 10,00 €

Anderswo

Meine zauberhafte Kollegin Katy Derbyshire war fleißig und hat sämtliche Leseproben der Bücher gelesen, die auf der Longlist für den deutschen Buchpreis stehen. Wow. Klicken Sie mal hier! (Auf Englisch.)

Und dann war sie noch fleißiger und hat Susan Bernofsky interviewt. Susan Bernofsky hat Jenny Erpenbecks Heimsuchung ins Englische übersetzt und erzählt von ihrer Arbeit an diesem wunderbaren Buch. (Ebenfalls auf Englisch.) Bitte hier klicken. Es macht, dass man es am liebsten gleich noch mal lesen möchte.

Überhaupt ist Katys Blog sehr super. (Sie ahnen, in welcher Sprache.)

Veranstaltungen zum Hieronymustag

Internationaler Übersetzertag am 30. September 2010

Bereits 1991 hat die Fédération Internationale des Traducteurs (FIT) den 30. September, an dem traditionell des Bibelübersetzers Hieronymus gedacht wird, zum Internationalen Übersetzertag erklärt. Der VdÜ, aus dessen Reihen bereits vor Jahrzehnten der Hieronymusring zur Würdigung von Übersetzerleistungen gestiftet wurde, will diesen Tag, der weltweit und in vielen europäischen Ländern – Österreich, Litauen, Frankreich und Dänemark – eingeführt ist, jetzt auch in der deutschen Öffentlichkeit etablieren.

Warum?

„Die Weltliteratur“, so der portugiesische Schriftsteller und Nobelpreisträger Saramago, „wird von Übersetzern gemacht.“ Aber Übersetzer „machen“ noch viel mehr: Auf ihrer Arbeit baut die gesamte abendländische Kultur auf. Das fängt mit den Bibelübersetzungen der Spätantike an und setzt sich im 9. Jahrhundert in Bagdad fort, wo die wissenschaftlichen Texte der griechischen Antike ins Arabische übersetzt wurden. Die sogenannte „Übersetzerschule von Toledo“ übertrug dann im 12. Jahrhundert neben originalsprachig arabischen wissenschaftlichen und religiösen Texten auch diese Übersetzungen ins Lateinische, im 13. Jahrhundert auch ins Kastilische, was sich normierend auf die spanische Sprache auswirkte. Luthers Bibelübersetzung hat die deutsche Sprache wesentlich geprägt, die englische „King James Bible“ hatte großen Einfluss auf Milton und andere bedeutende englische Dichter. Die Shakespeare-Übersetzungen von Schlegel und Tieck haben der deutschsprachigen Bühnenkunst und ihren größten Repräsentanten unverzichtbare Impulse gegeben, und die Gedanken der Aufklärung konnten sich erst durch Übersetzungen in der ganzen Welt verbreiten.

Mit anderen Worten: Wo immer gesprochen, geschrieben, gelesen, ja selbst gesungen wird, hatten und haben Übersetzer ihre Hand im Spiel, und ihnen verdanken wir es, dass die ganze Welt in der eigenen Sprache aufgehoben ist. Ihre Arbeit hat die Voraussetzung für die Entwicklung von Kultur und Wissenschaft, aber auch für die Entwicklung der Volkssprachen geschaffen und nicht zuletzt für die Möglichkeiten des vereinigten Europas und der heutigen globalisierten Welt.

Am Internationalen Übersetzertag sollen zahlreiche Übersetzerveranstaltungen in der Öffentlichkeit ein Bewusstsein für die Bedeutung der Übersetzung in Vergangenheit und Gegenwart wecken und zeigen, wer hinter den Übersetzungen steht, mit denen jeder ständig konfrontiert ist – von der schönen Literatur bis zum Fachbuch, vom Theater bis zu Film und Fernsehen, von Zeitungen und Zeitschriften bis zu Werbung und Gebrauchsanweisungen.

Übersicht über die Veranstaltungen zum Internationalen Übersetzertag 30. September 2010

(Stand: 1. September 2010)
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BERLIN

29. September

Kino Moviemento, 18.00 Uhr, Sonderveranstaltung des BDÜ-Landesverbandes Berlin-Brandenburg am Vorabend des Internationalen Übersetzertags: „Klappe! – Filmübersetzen“, mit Brigitte Große, Andrea Kirchhartz und Georg Felix Harsch. Geschlossene Veranstaltung für Mitglieder des BDÜ, VDÜ und VÜD; Eintritt: 6.50 Euro (inkl. 1 Glas Sekt zum Anstoßen auf uns), zu entrichten vor Ort. Anmeldung über Katrin Harlaß (mail@transnation-kh.de oder telefonisch unter 030/5327847)

30. September

„Buchhändlerkeller“, Carmerstraße 1, 10623 Berlin-Charlottenburg, 20.30 Uhr, Übersetzerinnen / Übersetzer stellen ihre Arbeit vor: Karin Uttendörfer: Jacques Yonnet „Rue des Maléfices“, Klaus-Jürgen Liedtke: Kjell Espmark „Epitaphe“

Tucholsky-Buchhandlung, Tucholskystraße 47, 10117 Berlin, 20.00 Uhr, Christine Belakhdar liest aus: Maissa Bey „Nachts unterm Jasmin“ (Übersetzung aus dem algerischen Französisch) Nähere Informationen unter http://www.yedd.org/literatur

Buchhandlung Thaer, Bundesallee 77, 12161 Berlin-Friedenau, Tel. 030 852 7908, 20.00 Uhr, Frank Heibert, Lesung (Philipp Meyer, „Rost“ u. a.) und Gespräch zum Übersetzer-Alltag

südost Europa Kultur e.V., Großbeerenstraße 88, 10963 Berlin, www.suedost-ev.de, 19.30 Uhr, Neues aus Südost, Mitwirkende: Brigitte Döbert liest aus dem neuesten Buch von Zarko Radakovic, Serbien, „Strah od emigracije“ (2010); Will Firth stellt einen Auszug aus dem Roman „Skriena kamera“ (2004) von Lidija Dimkovska, Mazedonien, vor; Ines Sebesta liest aus dem Kurzgeschichtenband „Fußnotengeschichten“ von Alexander Spatov (bulgarisch 2008, deutsche Übersetzung erscheint Ende September 2010 beim Wieser Verlag)
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BREMEN

30. September

Buchhandlung Leuwer, Am Wall 171, Bremen, 19.00 Uhr: „Übersetzer packen aus“. Mit Johanna Sophia Wais (Wie wird man Literaturübersetzer/in?), Wolfgang Schlott (Übersetzungsvergleich von Gedichten Pablo Nerudas); Dorota Tarach (Übersetzen aus dem Deutschen ins Polnische); Reiner Kornberger (Übersetzen aus dem argentinischen Spanisch); Claudia Otte-Lindner (Friedrich Rückert und seine Koranübersetzungen), Moderation Jürgen Dieking (unterstützt durch das Bremer Literaturkontor)
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ERLANGEN

30. September

Hugenottenkirche, 19.30 Uhr, Veranstaltung des Instituts für Fremdsprachen und Auslandskunde der Universität Erlangen, „Faszination Neuübersetzung“ mit den Referenten Frau Dr. Ott (Neuübersetzung der Geschichten aus „Tausendundeine Nacht“) und Herr Prof. Bobzin (Neuübersetzung des Koran)
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FRANKFURT / MAIN

30. September

Zentralbibliothek der Stadtbücherei, Hasengasse 4, 60311 Frankfurt am Main, Veranstaltung der Weltlesebühne: Aktionstag mit Bücherschau von aktuellen und herausragenden Übersetzungen aus dem Argentinischen und von Übersetzerinnen/Übersetzern aus dem Rhein-Main-Gebiet zum Gastland der Frankfurter Buchmesse 2010 (Argentinien). Nachmittags: Gläserner Übersetzer. Abends: Gespräch zwischen der Übersetzerin Susanna Mende und dem argentinischen Autor Raul Argemi
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FREIBURG

30. September

Stadtbibliothek Freiburg, Münsterplatz 17, 79098 Freiburg, 20.00 Uhr, „In Freiburg übersetzt“- Lesung und Ausstellung, Eintritt frei:
„… aber zum Untergang reicht es allemal“. Texte über große und kleine Katastrophen. Es lesen aus ihren Übersetzungen: Adelheid Zöfel, Beate Thill, Birgitta Höpken, Christoph Trunk, Cornelia Holfelder-von der Tann, Maja Ueberle-Pfaff, Sabine Grebing und Stefanie Fahrner. Die Ausstellung ‚In Freiburg übersetzt‘ ist vom 30.09.-17.10.10 zu den Öffnungszeiten der Stadtbibliothek, Di-Fr 10-19 Uhr, Sa 10-14 Uhr, zu sehen. Eine Veranstaltung von Literaturbüro Freiburg, Stadtbibliothek Freiburg und weltlesebühne.
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HAMBURG

27. September

20 Uhr | Übersetzer packen aus: Neuerscheinungen
Annette Kopetzki, Miriam Mandelkow und Eva Profousová stellen ihre jüngsten Übersetzungen vor und verlosen je ein Buch.
Erri De Luca: Der Tag vor dem Glück (Graf 2010), Richard Price: Cash (Fischer 2010), Jáchym Topol: Die Teufelswerkstatt (Suhrkamp 2010)
Buchhandlung Christiansen, Bahrenfelder Straße 79, 22765 Hamburg
Eintritt 5 Euro, erm. 3 Euro

28. September

19.30 Uhr | Und die Nilpferde kochten in ihren Becken
Michael Kellner stellt seine Übersetzung des von William S. Burroughs und Jack Kerouac 1944 gemeinsam verfassten Romans Und die Nilpferde kochten in ihren Becken (Nagel & Kimche 2010) vor und bringt die Stimmen der beiden Autoren durch Radioaufnahmen aus den Fünfzigern und Sechzigern zu Gehör.
Galerie Farbwerke M6, Marktstraße 6, 30357 Hamburg

29. September

19 Uhr | Autobiographische Kontrapunkte
Inka Marter und Andreas Löhrer stellen vor: Kindheitserinnerungen der argentinischen Avantgardeautorin Norah Lange: Kindheitshefte (Lilienfeld 2010) und die Autobiographie des spanischen Anarchosyndikalisten Abel Paz: Im Nebel der Niederlage / Am Fuß der Mauer (Edition AV 2009 / 2010).
B-Movie, Brigittenstraße 5, 20359 Hamburg

19.30 Uhr | TIERE ESSEN. Übersetzer lesen Foer.
Isabel Bogdan, Ingo Herzke und Brigitte Jakobeit lesen beim veganen Menü (€ 29) aus „Tiere essen“ von Jonathan Safran Foer (Kiepenheuer & Witsch 2010). Vorbestellung nötig!
Restaurant Trific, Eppendorfer Weg 170, 20253 Hamburg, Tel 040/21996927. Mehr dazu hier.

30. September

19 Uhr | The Subterraneans
Michael Kellner zu Gast bei der Langen Nacht mit Lesung, Film, O-Tönen und Musik
Lesung aus den Kerouc-Romanen On the Road – Die Urfassung, Gammler, Zen und hohe Berge und Be-Bop, Bars und weißes Pulver.
Metropolis-Kino, Steindamm 52/54, 20099 Hamburg

19.30 Uhr | Fegefeuer
Angela Plöger stellt den neuen Roman der finnisch-estnischen Autorin Sofi Oksanen vor: Fegefeuer (Kiepenheuer & Witsch 2010)
Buchhandlung Schaumburg, Große Schmiedestraße 27, 21682 Stade

20 Uhr | Ein Kräcker unterm Kanapee
Ingo Herzke stellt seinen Autor Alan Bennett (Die souveräne Leserin) vor, berichtet von seiner Arbeit und liest aus dessen jüngst erschienenen Werk Ein Kräcker unterm Kanapee (Wagenbach 2010).
Bücherstube Fuhlsbüttel, Hummelsbütteler Landstraße 8, 22335 Hamburg
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MÜNCHEN

30. September

Lesecafé, Kunst- und Textwerk München, Ligsalzstr. 13; 19.30 Uhr, „Drei Übersetzer aus dem Westend“: Richard Barth, Tanja Handels und Luis Ruby lesen aus ihren Übersetzungen und berichten von ihrer Arbeit. Eintritt frei.
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WINTERTHUR

30. September

ZHAW, Departement Angewandte Linguistik, IUED Institut für Übersetzen und Dolmetschen, Theaterstrasse 15c, Winterthur, Schweiz, ganztägig, Mitglieder des Zürcher Übersetzertreffens und der Weltlesebühne präsentieren sich als „Gläserne Übersetzer“ (E-D: Ulrich Blumenbach; E-D subtitles: Claudia und Michel Bodmer; F-D: Claudia Steinitz; I-D: Birgitta Höpken; S-D: Christian Hansen; R-D: Dorothea Trottenberg)

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