Mein Helgoland

Tadaa! Ich habe ein Buch geschrieben. Es erscheint ausnahmsweise bei mare, in der Reihe „Meine Insel“. In dieser Reihe schreiben Belletristik-Autor:innen eine Art persönliche Liebeserklärung an eine Insel, die Bücher heißen dann „Mein Gotland“, „Mein Langeoog“, „Mein Amrum“ und so weiter. Und jetzt komm ich mit „Mein Helgoland“. Und weil ich so gern zum Schreiben nach Helgoland fahre, habe ich beim Schreiben über Helgoland auch übers Schreiben geschrieben. Und dann haben sie so ein hübsches Cover drumherumgemacht, ich bin ganz verknallt.

(Klick führt zur Verlagsankündigung.)
Aus der Vorschau:

Wo liegt der Anfang einer Insel? Und wie beginnt man einen Roman?
Mit Helgoland verbindet Isabel Bogdan eine innige Schreibbeziehung. Oft schon ist sie in Hamburg auf den Katamaran gestiegen, der sie zu »Deutschlands einziger Hochseeinsel« bringt. Denn dort, mit Rundumblick aufs Meer, schreibt es sich viel besser als am heimischen Schreibtisch (wo sie dafür problemlos übersetzen kann). Doch warum ist das so? Nähert man sich einer Geschichte auf dieselbe Weise, wie man eine Insel für sich entdeckt? Auf welcher Seite der Insel beginnt man – und wie findet man in einen Roman?
Isabel Bogdan erzählt nicht nur von den Besonderheiten kleiner Inselgemeinden, von Helgolands wechselvoller Historie, von seltenen Vögeln oder Geheimrezepten gegen Seekrankheit. Vielmehr spannt sie den Bogen vom Schaffen des berühmtesten Helgoländer Geschichtenerzählers James Krüss zu der Frage, was gutes Erzählen eigentlich ausmacht und ob man es erlernen kann.

Und dann kommt’s noch doller: ich habe dieses Buch nicht nur geschrieben, sondern auch noch gelesen. Das Hörbuch erscheint zeitgleich bei Argon, und das ist ganz schön aufregend!

Klick führt zur Verlagsankündigung, und jawoll, da steht: Gelesen von Isabel Bogdan und Christoph Maria Herbst. Weil ich eben auch übers Schreiben geschrieben habe, und weil James Krüss der berühmteste Geschichtenerzähler der Insel ist, und weil in „Mein Urgroßvater und ich“ und „Mein Urgroßvater, die Helden und ich“ lauter kleine Erkenntnisse über das Schreiben stecken, über Wörter und Sprache und darüber, was eine gute Geschichte ausmacht, habe ich immer wieder Krüss zitiert. Und Christoph Maria Herbst ist mein James Krüss, der mir dauernd dazwischenquatscht. Ich hab’s noch nicht gehört und weiß jetzt schon, dass er mir natürlich die Show stiehlt, aber so lasse ich mir die gern stehlen. Hurrahurra!

Buch und Hörbuch erscheinen am 27. und 28. Juli. Ich werd dann mal ein bisschen hibbelig.

Wasserstandsmeldung

Ach, was soll ich sagen. Dass 2020 nicht das beste Jahr aller Zeiten ist, wisst ihr selbst. Mich hat Corona erstmal gelähmt. Eigentlich hätte ich im Frühjahr noch eine ganze Reihe Lesungen gehabt, zwischendurch wollte ich ein paar Tage zum Schreiben nach Helgoland. Ich wollte natürlich auf die Leipziger Buchmesse und zur Übersetzertagung nach Wolfenbüttel … stattdessen saß ich auf dem Sofa und nichts ging. Ich habe endlich das Pfauenpuzzle gepuzzelt, das ich damals nur angefangen, aber nie fertig bekommen hatte. War irre langweilig. Schreiben ging aber nicht.
Dann sind zum Glück 130 Seiten Übersetzung vom Himmel gefallen, die mich an den Schreibtisch zurückgeholt haben. Das war perfekt – einen ganzen Roman hätte ich nicht mehr eingeschoben, aber diese 130 Seiten waren genau die richtige Menge, um mich durch den Rest des Lockdowns zu bringen, ohne bekloppt zu werden. Als ich damit fertig war, entspannte sich alles, ich konnte für ein paar Tage auf die Insel, und es wurde Sommer.
Der lustige Mann hätte ab den Sommerferien eigentlich ein Sabbatical gehabt (das er glücklicherweise um ein Jahr verschieben konnte). Er wollte 10 Monate auf Weltreise gehen, ich wäre teilweise mitgefahren, den kompletten Juli wollten wir in Kanada verbringen. Jenun. Stattdessen waren wir ein paar Tage bei einer Freundin an der Mosel und ein paar Tage in Berlin, das war beides sehr schön, und haben ansonsten ein bisschen Ferienprogramm zu Hause gemacht. Ende August war ich wieder im Schreibcamp, das war wieder das Highlight des Jahres. Viel gelernt, viel gelacht, viel gebadet, großartig gegessen, alles herrlich.

Im September sind zwei Bücher erschienen: Eine neue alte Jane Gardam, „Robinsons Tochter“, was wieder absolut großartig ist. Gardam selbst sagt: „In Robinsons Tochter steht alles, was ich zu sagen habe“. Es erzählt die lange Lebensgeschichte von Polly Flint, die 1904 im Alter von sechs Jahren als Waisenkind zu ihren frommen Tanten in ein großes gelbes Haus am Meer irgendwo in Nordost-England kommt und ihr ganzes Leben dort verbringen wird. Sie erlebt dort eine kühle Kindheit, zwei Weltkriege, Liebe, Einsamkeit, Freundschaft, Absturz, Verlassenwerden und Glück. Und liest auf ihrer eigenen einsamen Insel immer wieder Robinson Crusoe.
 
 
Und dann Britt Bennetts „Die verschwindende Hälfte“, das ich zusammen mit Robin Detje übersetzt habe. Auch ein absolut großartiger Roman über zwei schwarze Zwillingsschwestern in den Südstaaten der USA und ihre extrem unterschiedlichen Lebenswege. Es geht vor allem um Identität und die Frage, in wieweit man die eigene Identität selbst definieren und neu erfinden kann; welche Brücken man dafür abreißen muss und ob es ein Zurück gibt. Und um Rassismus. Beides dringende Leseempfehlungen!

Der Sommer war eigentlich wieder ganz entspannt, die Infektionszahlen wirkten unter Kontrolle, man konnte alles draußen machen, ich habe meine Freunde wieder umarmt. Die Lesungen aus dem Frühjahr wurden teilweise abgesagt, teilweise in den November verschoben; teilweise sind sie jetzt schon wieder abgesagt, teilweise noch nicht, aber ich rechne nicht mehr wirklich damit, dieses Jahr noch größere Lesereisen zu machen. Es wird Winter, die Inzidenz explodiert, ich fahre nicht mehr ins Büro, weil das zweimal täglich zwanzig Minuten S-Bahn bedeutet, sondern sitze wieder zu Hause und locke mich down.
Und sage mir die ganze Zeit: Mir geht es gut. Ich habe keine Existenzsorgen, ich bin zu zweit, wir haben eine schöne Wohnung, wir sind gesund, wir haben alles, sogar Klopapier. Aber ich habe auch Sehnsucht nach Menschen, sowieso immer, und jetzt besonders. Ich möchte mich in volle Kneipen drängen, ich möchte mein Wohnzimmer voll Menschen laden, ich möchte ins Kino und ins Theater, ich habe Sehnsucht nach Aerosolen, Umarmungen und Nähe. Ich gehe nicht ins Büro, ich bin nicht zu einer Freundin aufs Land gereist, um eine Woche zu schreiben, aber ich habe beschlossen, weiterhin gelegentlich Freund:innen zu treffen, denn ohne das geht es auch nicht. Ach ja, irgendwann zwischendurch habe ich übrigens dem NDR erzählt, wie ich mir die Zeit nach Corona vorstelle.
Also dann: auf in den Winter. Ich ahne, dass er nicht so schön wird. Aber ich muss ein Buch schreiben – keinen Roman, sondern ein kleines Zwischenprojekt, das erzähle ich dann beizeiten. Inzwischen ist der Druck auch hoch genug, dass ich mich vom Drecksvirus nicht wieder so lähmen lassen kann, sondern jetzt endlich verdammt noch mal aus den Puschen kommen muss. So gesehen ist eigentlich alles beim Alten. Und ihr so?

Interviews/Portraits/Podcasts zu „Laufen“

Zu Gast bei SWR1 „Leute“. (Sendung vom 29.01.20)

WDR 2 Sonntagsgespräch mit Gisela Steinhauer.

Florian Zinnecker in der Zeit

Interview im Spiegel

In Podcast Blauschwarzberlin sprechen Maria-Christina Piwowarski und Ludwig Lohmann über den Roman, ab Min. 37:35.

Interview mit dem Kölner Domradio.

Buchmessengespräch mit Claudius Nießen bei detektor.fm.

Noch ein Buchmessengespräch mit Alexander Wasner auf der ARD-Bühne.

Und noch ein Buchmessengespräch mit Jessica Sturmberg von Deutschlandradio Kultur, Sportgespräch.

Buchmesse zum letzten (gaube ich): Das ZDF Mittagsmagazin vom 17.10. (ab Min. 28:44).

Nochmal Deutschlandfunk Kultur zum Thema Sport und Literatur: Im Gespräch mit Frank Meyer. (Meinen Namen in die Suchmaske eingeben.)

Portrait und Gespräch im Schweizer Radio SRF zum Thema Witwen.

Die Gesprächszeit auf Radio Bremen.

Hörstoff, der Podcast der Hamburger Buchhandlungen: Ich spreche mit Christiane Hoffmeister vom Büchereck Niendorf.

Troststoff, ein Podcast von Winnie Heescher, der sich mit Literatur über Trauer befasst.

Und noch ein Podcast in Wolfgang Tischers Literaturcafé.

Laufen

ES IST DA! Mein Buch ist da. Der offizielle Erscheinungstermin ist Donnerstag, aber mit ein bisschen Glück könnte es heute oder morgen schon in den ersten Buchhandlungen sein. Zur Feier des Tages hat das Blog ein neues Kleidchen bekommen. (Fast möchte ich „Blog“ in Anführungszeichen setzen, wenn ich sehe, wie alt der letzte Eintrag ist. Ich schäme mich angemessen.) Danke dafür, Christian Fischer, ich find’s super!
 
Die Buchpremiere ist am 1. Oktober im Hamburger Literaturhaus. Julia Westlake moderiert, der Vorverkauf beginnt am 14. September. Keine Ahnung, wie voll es wird, aber möglicherweise wäre es ganz schlau, sich rechtzeitig Karten zu sichern (12,- €). Alle weiteren Lesungen – das sind ziemlich viele – stehen immer hier.

Die Neuigkeiten ansonsten: Der NDR feuert aus allen Rohren. Neulich war ich mit Juliane Bergmann spazieren, unser Gespräch kann man hier hören (Radio). Gestern Abend war ich im Kulturjournal (Fernsehen), und den ganzen Monat ist „Laufen“ Buch des Monats. Holla! Ich freu mich sehr, danke! Und:

ALLES SO AUFREGEND! Tänzchen!

UPDATE: Es ist wirklich da! Hier in der Buchhandlung Christiansen in Hamburg.

Ärztliches Bulletin

Ich habe keine Ahnung mehr, seit wann dieser Knoten da an meinem Hals ist. Auf zehn Jahre alten Fotos sieht man ihn schon. Gelegentlich wurde ich darauf angesprochen – ob meine Schilddrüse unter Kontrolle sei? Jaja, sagte ich dann immer, ich gehe regelmäßig hin, das war so halb wahr, ich sollte es eigentlich einmal im Jahr überprüfen lassen, meistens war ich nur alle zwei, drei Jahre da, es hieß dann immer, alles in Ordnung, aber ich solle es im Auge behalten. Solange ich Privatpatientin war, bedeutete im Auge behalten Radiologische Praxis, Kontrastflüssigkeit, Szintigraphie, Ultraschall, volles Programm. Seit ich Kassenpatientin bin, genügte es, die Schilddrüsenwerte im Blut zu überprüfen. Jenun.
Vor einem Jahr passierte dann, was lange abzusehen war: Sie musste raus. Die Schilddrüse wurde im Krankenhaus noch mal geschallt und abgetastet, ich unterschrieb eine Milliarde Zettel, dass alle behandelnden Ärzte miteinander sprechen dürfen, saß geschlagene vier Stunden für die Narkose-Vorbesprechung im Wartezimmer und zwei weitere beim HNO und wurde zwei Wochen später operiert. Als ich aus der Narkose aufwachte, fasste ich mir an den Hals, und der Knoten war noch da.
Wieso denn der Knoten noch da sei, fragte ich.
Der habe mit der Schilddrüse nichts zu tun, das sei ein Lymphknoten, hieß es. Man habe kurz überlegt, ihn mit rauszunehmen, dann aber auch nicht recht gewusst, und er sitze ja auch ein Stück höher als die Schilddrüse. Ich solle ihn aber besser im Auge behalten.

Ein Dreivierteljahr später, nämlich vor ein paar Wochen, fragte ich meine Hausärztin, wie denn im Auge behalten geht. Ich solle den Knoten mal ultraschallen lassen, sagte sie, das könne sie selbst aber nicht machen. Also ging ich in eine andere Praxis, wurde geschallt, und die junge Ärtzin sagte, wie ein Lymphknoten sehe das nicht aus, sie wisse aber auch nicht, was es sei, ich solle es lieber rausnehmen lassen (1), und sie wolle noch mal den erfahreneren Kollegen draufgucken lassen. Der erfahrenere Kollege sagte, wie ein Lymphknoten sehe das nicht aus, er könne aber auch nicht sagen, was es sei, ich solle es lieber rausnehmen lassen (2).
Der Befund wurde an meine Hausärztin geschickt, die mir sagte, es sei ja wohl etwas unklar, was das sei, ich solle es lieber rausnehmen lassen (3). Zur Beruhigung, niemand macht sich Sorgen, dass es was Schlimmes ist, immerhin ist das Ding da seit vielen Jahren und verändert sich nicht weiter.

Wieder in der Schilddrüsenklinik. Das erste, was der Professor sagt, ist: Wieso haben wir das denn letztes Mal nicht mit rausgenommen? Das möchte ich auch mal wissen, sage ich. Er tastet es ab, guckt in meine Akte, sagt, ich soll es lieber rausnehmen lassen (4) und schickt mich zum Ultraschall. Die Ärztin schallt, guckt in meine Akte und sagt: Das Ding habe ich doch letztes Jahr schon beschrieben, wieso haben die das denn nicht mit rausgenommen? Das möchte ich auch mal wissen, sage ich. Sie sagt, es solle auf jeden Fall besser raus (5).
Ich sitze diesmal viereinhalb Stunden im Wartezimmer der Narkoseabteilung, um einmal zu sagen „alle Daten stimmen noch“ und mir den kurzen Text zur Narkose, den ich vor nicht mal einem Jahr schon mal gehört habe, nochmal anzuhören. Ich unterschreibe wieder eine Milliarde Zettel. Zum HNO muss ich diesmal nicht, weiß der Geier warum, ich frage lieber nicht nach. Ich habe einen OP-Termin.

Eine Woche später kommt der Befund. Darin steht, Achtung:

„Patientin wünscht jetzt OP.“

Brüller! Zur Erinnerung: Ihr habt das Ding letztes Mal einfach dringelassen. Aus nicht nachvollziehbaren Gründen. Und jetzt haben mir insgesamt FÜNF Ärztinnen und Ärzte -davon zwei aus Eurem Haus – gesagt, ich solle es rausnehmen lassen. „Patientin wünscht jetzt OP“!
Ja, klar. Das ist so ein inniger Herzenswunsch von mir, bitte operiert mich so oft wie möglich. Vielleicht nehmt ihr einfach wieder nur die Hälfte raus, damit ich bald noch mal wiederkommen kann. Es ist so schön bei euch im Krankenhaus, ich bin da einfach so gern.

Ich habe der Anästhesistin beim Vorgespräch gesagt, dass letztes Mal fast ein Vierteljahr lang meine Stimme nicht ganz intakt war, und ob sie diesmal vielleicht einen kleineren Tubus nehmen können. Immerhin besteht meine Arbeit zum Teil aus Lesungen. Drückt mir die Daumen, dass das nicht wieder passiert, das kann ich nicht gebrauchen, und ich habe auch keinen Bock drauf.

Und jetzt packe ich meine Tasche. Ich bin, um es freundlich auszudrücken, ein wenig ungehalten.

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