Preis der Leipziger Buchmesse

PreisLeipzigDie Nominierungen für den Preis der Leipziger Buchmesse sind da! Und zwar:

Belletristik
Ralph Dohrmann: Kronhardt
Lisa Kränzler: Nachhinein
Birk Meinhardt: Brüder und Schwestern
David Wagner: Leben
Anna Weidenholzer: Der Winter tut den Fischen gut

Übersetzung
Eva Hesse: Die Cantos, Ezra Pound (Englisch)
Maralde Meyer-Minnemann: Der Archipel der Schlaflosigkeit, António Lobo Antunes (Portugiesisch)
Alexander Nitzberg: Meister und Margarita, Michail Bulgakow (Russisch)
Claudia Ott: 101 Nacht aus dem Arabischen erstmals ins Deutsche übertragen nach einer Handschrift des Aga Khan Museums
Andreas Tretner: Briefsteller, Michail Schischkin (Russisch)

Sachbuch/Essayistik
Götz Aly: Die Belasteten. Euthanasie 1939-1945
Kurt Bayertz: Der aufrechte Gang. Eine Geschichte des anthropologischen Denkens
Hans Belting: Faces. Eine Geschichte des Gesichts
Helmut Böttiger: Die Gruppe 47. Als die deutsche Literatur Geschichte schrieb
Wolfgang Streeck: Gekaufte Zeit. Die vertagte Krise des demokratischen Kapitalismus

Spannend! Ich habe nichts davon gelesen, von den meisten Titeln nicht mal gehört. Und von den Übersetzern kenne ich auch nur einen persönlich, die anderen immerhin dem Namen nach. Herzlichen Glückwunsch allen Nominierten! Die belletristischen Titel gucke ich mir gleich mal an.

Mehr Informationen zu den Büchern, den Nominierten und der Jury gibts auf der Webseite zum Preis der Leipziger Buchmesse. Wer das Glück hat, in Hamburg zu wohnen, kann am 28. Februar ins Literaturhaus gehen, wo sich alle Nominierten der Kategorie Belletristik vorstellen.

(Stimmt nicht, ich habe „Der Meister und Margarita“ gelesen, allerdings in der Übersetzung von Thomas Reschke, der dafür den Preis der Kunststiftung NRW bekommen hat. Erstaunlich, dass es schon wieder eine Neuübersetzung gibt. Gar nicht so erstaunlich – den Preis hat er zwar erst 2001 bekommen, aber die Übersetzung ist schon von 1968.)

Neues Projekt

Okay, ich habs mir anders überlegt. Ich mache was ganz anderes. Kurzentschlossen. Hier schon mal der Klappentext für mein neues Buch „Die Backwarenbande und die Suche nach dem goldenen Keks“.

Unbekannte haben den goldenen Keks von der Fassade der Keksfabrik geklaut. Und irgendwie hat da schon so lange niemand mehr hingeguckt, dass die Polizei nicht mal herausbekommt, wann genau das passiert ist. Ojemine! Das geht dem alten Fabrikbesitzer Herrn Plätzchen ganz schön auf den Keks. Er sagt, wer den Keks zurückbringt, bekommt tausend Euro Belohnung! Aber dann bekommt Herr Plätzchen auch noch einen Erpresserbrief, angeblich von Krümelmonster. In dem Brief steht, dass Herr Plätzchen ganz viele Kekse an das Kinderkrankenhaus spenden soll, und zwar die mit Vollmilchschokolade, nicht die mit Zartbitter, und auch nicht die ohne Schokolade. Und die tausend Euro soll er dem Tierschutzverein geben. Dann bekommt er den goldenen Keks zurück.
Benjamin „Brösel“ Knösel, Hobbydetektiv seit dem denkwürdigen Fall des verschwundenen Backbuchs aus Onkel Bernd „das Brot“s Küchenschrank, denkt nicht lange nach. Er sagt seinen Freunden Kuchen und Torte Bescheid, und dann macht sich die Backwarenbande auf die Suche nach dem geheimnisvollen Keksdieb. Werden sie dem schlechtgelaunten Keksfabrikanten den goldenen Keks zurückbringen können und die tausend Euro Belohnung erhalten? Oder wird die Backwarenbande sich an diesem Keks die Zähne ausbeißen? Und wer steckt eigentlich hinter „Krümelmonster“?

Ein ganz großer Spaß für Erstleser. Verpackt in eine spannende und lustige Geschichte, wird hier die Frage gestellt, was eigentlich eine Straftat ist, und ob Gut und Böse sich immer so leicht auseinanderhalten lassen.

Erscheint voraussichtlich im Herbst 2013.

Hiermit beantrage ich Titelschutz für „Die Backwarenbande und die Suche nach dem goldenen Keks“.

Bewerbungen von Illustratoren (bitte mit aussagekräftigem Entwurf) nehme ich noch entgegen.

The Next Big Thing Blog Hop

Keine Ahnung, wieso die guten, alten Stöckchen jetzt „blog hop“ heißen, ist aber auch egal: ich habe ein Stöckchen bekommen! Das ist sie, die Renaissance der Blogkultur! Zugeworfen hat es mir Pia Ziefle, deren Roman Suna für mich das Buch des Jahres 2012 war. Wer das noch nicht gelesen hat, der hole das bitte nach, inzwischen ist es auch als Taschenbuch erschienen (mit hübschem, aber irreführendem Cover, finde ich. Es ist überhaupt kein romantisch-weichgezeichnetes Frauen-Wohlfühlbuch).
Das Stöckchen richtet sich an Autoren, und es geht um das nächste Buch, das man schreibt. Ich hätte jetzt auch einfach schön das Buch nehmen können, das ich gerade übersetze. Ich bin auch immer noch unsicher, ob ich wirklich ein Buch schreibe. Behauptet habe ich es schon vor ziemlich genau einem Jahr, und zwar genau deswegen, damit ich es auch wirklich tue, aber nun ja. Ist noch nicht viel bei rausgekommen. Ich brauche Druck, ich brauche eigentlich einen Abgabetermin, um zu funktionieren, um mich hinzusetzen und zu schreiben, aber natürlich habe ich keinen Abgabetermin, denn kein Verlag kauft ein Buch von einer unbekannten Autorin, das noch nicht mal geschrieben ist. Teufelskreis! Aber nehmen wir mal an, ich würde weiterschreiben.

Was ist der Arbeitstitel Ihres Buchs?
Der Pfau.

Woher kam die Idee für das Buch?
Die Kerngeschichte ist wahr, sie ist bei unseren Freunden in Schottland passiert. Und sie ist so abgedreht, dass ich sie erzählen wollte (natürlich habe ich um Erlaubnis gefragt). Und dann wurde sie während des Schreibens noch ein bisschen abgedrehter, und als die Kurzgeschichte fertig war, stellte ich fest: die Geschichte ist da ja noch gar nicht zu Ende. Da wird ja danach noch alles mögliche passieren, das muss weitererzählt werden.

Unter welches Genre fällt Ihr Buch?
Wenn es jemals ein Buch wird, dann wird es ein Roman.

Wie lautet die Einsatzzusammenfassung Ihres Buches?
„Einer der Pfauen war verrückt geworden.“ Das ist der erste Satz, und darum geht es. Um einen verrücktgewordenen Pfau.

Welche Schauspieler sollten Ihre Charaktere in einer Filmumsetzung spielen?
Charlotte Rampling als Lady, Alan Rickman als Lord, der sehr junge Colin Firth als David, Colm Meaney als Jim, John Hannah als Andrew, vielleicht Gwyneth Paltrow als Chefin? Ich kenne zu wenig Schauspielerinnen, als dass mir jetzt einfallen würde, wer die Köchin und wer die Psychologin spielen soll. Zumal ich sie am liebsten alle britisch hätte. Da ist Gwyneth Paltrow eigentlich schon wieder raus; nicht nur deswegen. Passt auch sonst nicht so recht, glaube ich. Die anderen Frauen, die mir einfallen, sind alle zu hübsch und zu elfenhaft und so. Keira Knightley? Kate Blanchett? Scarlett Johannson? Die gehen alle nicht. Ich kriege aber gerade den Eindruck, dass es ganz hilfreich ist, Schauspieler für die Rollen zu suchen; es hilft, die Konturen der Figuren zu schärfen. Ich werde das im Hinterkopf behalten, für wenn ich mir Notizen über mein Romanpersonal mache: Wer soll die Rolle spielen? Gute Idee.

Werden Sie Ihr Buch selbst verlegen oder wird es vertreten durch einen Agenten?
Selbst verlegen bestimmt nicht; ich hoffe sehr, dass es ein Verlag verlegen wird. Allerdings müsste ich es dazu erstmal schreiben. Ob ich es den Verlagen selbst anbiete oder mich von einem Agenten vertreten lasse, ist noch offen. Gegenüber anderen Autoren habe ich natürlich einen nicht zu unterschätzenden Startvorteil: ich kenne genügend Leute in Verlagen, mein Manuskript würde vermutlich eher gelesen als das von gänzlich unbekannten Autoren. Ich glaube aber, dass ein Agent besser verhandeln kann als ich selbst. Schaumermal, das liegt ja eh alles in ferner Zukunft. Wenn überhaupt.

Wie lange haben Sie gebraucht, um den ersten Entwurf Ihres Manuskripts zu schreiben?
Das kann ich nicht beantworten. Ich habe die erste Geschichte, die Kerngeschichte, relativ schnell geschrieben – eine Woche oder so. Dann kam ein halbes Jahr später genauso schnell das zweite Kapitel. Dann passierte lange nichts, dann bekam ich den Preis, dann passierte wieder lange nichts, und jetzt im Winter habe ich ein bisschen weitergemacht. Aktueller Stand sind 45 Seiten und 5 Seiten Notizen. Der „erste Entwurf“ ist also noch lange, lange nicht fertig. Und wenn ich in dem Tempo weitermache … schönes Wetter heute.

Welche anderen Bücher würden Sie mit Ihrem Genre vergleichen?
In der Laudatio wurde mein Text mit denen von Alan Bennett verglichen. Das ist natürlich umwerfend und schmeichelhaft und ein ziemlich großes Paar Schuhe, aber: ja, das wäre toll, wenn es so toll würde wie Alan Bennett, den mag ich nämlich sehr. Ich bin aber keineswegs mit der Absicht angetreten, wie er zu schreiben (oder wie Ingo Herzke, von dem die meisten Bennett-Übersetzungen stammen). Katja Lange-Müller hat mal gesagt, der Inhalt suche sich die Flasche aus, in die er gefüllt werden will. Genau so war es auch: diese Geschichte kann nur in diesem Ton erzählt werden, das geht gar nicht anders. Ich habe nicht darüber nachgedacht, es war kein Beschluss, sondern einfach selbstverständlich. Das muss so klingen, wie es eben klingen muss.

Was sonst über Ihr Buch könnte das Interesse des Lesers wecken?
Keine Ahnung. Ich hoffe, es wird lustig. Und dann hätte ich gern, dass es im Hardcover erscheint und ein Lesebändchen bekommt und wunderschön aussieht. Ha.

Möchten Sie andere Autoren für das Interview nominieren?
Na klar: ich wüsste gern, worum genau es in Percantas Buch und in Frau Meikes Buch geht, ob Anke neue Pläne hat und wie weit Moni und Scott sind. Und wenn ich mir noch was wünschen dürfte, dann hätte ich sehr, sehr gerne, dass Hotelmama ein Buch schreibt.

Zehn Gebote des Schreibens

ZehnGeboteIn diesem wirklich wunderhübschen Bändchen (himmelblau, runde Ecken, Lesebändchen) haben 42 Autorinnen und Autoren aus aller Welt von Margaret Atwood bis Juli Zeh ihre ganz persönlichen Zehn Gebote des Schreibens festgehalten. Manche knapp, andere sehr knapp. Und das Tollste ist: nichts davon wird gewichtet, erläutert, abgewiegelt oder sonstwas. Bei manchen Geboten denkt man sofort „jajaja!“, bei anderen eher „hä?“ Einige widersprechen einander; einer sagt beispielsweise, wenn man am Anfang nicht weiß, wie die Geschichte einmal ausgehen wird, braucht man gar nicht erst anzufangen, sie zu schreiben. Ein anderer sagt, wenn man am Anfang schon weiß, wie die Geschichte ausgeht, dann kann man es auch gleich bleibenlassen. Mehrere sagen übereinstimmend, dass man zum Schreiben das gottverdammte Internet ausmachen muss.
Wahrscheinlich muss man dieses Büchlein nicht von vorne bis hinten durchlesen, sondern es ist eher etwas, um immer mal wieder darin zu blättern. Und dann findet man immer wieder etwas Neues, ich habe gerade zum x-ten Mal darin herumgelesen und prompt ein neues Lieblingsgebot gefunden, das ich ab jetzt immer wieder zitieren werde. Es stammt von Andrea De Carlo und lautet:

3. Der rechte Fuß muss immer wippen. Jeder Roman braucht – unabhängig von Thema oder Länge – einen Rhythmus. Er kann langsam oder schnell, gleichmäßig oder ständig wechselnd sein, aber Rhythmus braucht der Text.

Jawollja! Der rechte Fuß muss immer wippen! Kann auch der linke sein.
Und ganz hinten, hinter den Geboten der großen Autoren, sind noch einige leere Seiten, auf denen man seine eigenen Gebote notieren kann. Wenn ich meine beisammen habe, sage ich Bescheid.

Zehn Gebote des Schreibens. DVA, 172 Seiten, 14,99 €

Warum 30 x 60 nicht 1800 ergibt. Oder: die Normseite

Literaturübersetzungen werden nach Seiten abgerechnet. Und weil auf eine Seite ja sehr unterschiedlich viel draufpasst, ist genau definiert, was „eine Seite“ ist – eine sogenannte Normseite. Und die gilt nicht nur für die Abrechnung von Übersetzungen, sondern ist im Literaturbetrieb auch ansonsten das Maß für den Umfang eines Texts.
Die Normseite stammt noch aus der Schreibmaschinenzeit. Damals ging es darum, über einen bestimmten Rahmen nicht hinauszuschreiben. Übersetzer bekamen teilweise sogar vom Verlag Papier geschickt, auf dem dieser Rahmen aufgedruckt war. Hinein passten genau dreißig Zeilen mit jeweils höchstens sechzig Anschlägen.
Schreibmaschinenschriften waren nicht proportional, das heißt, es passten immer gleichviele Buchstaben in eine Zeile. Nämlich, im Falle der Normseite, 60. Heute auf dem Computer ist das anders, da haben wir Proportionalschriften – das bedeutet, dass beispielsweise ein i oder l in den meisten Schriftarten deutlich schmaler ist als ein M oder W. Dadurch kann eine Zeile, in der lauter i, j, l usw. vorkommen, deutlich mehr Anschläge haben als eine Zeile, in der viele m, w, C und sowas sind. Logisch.
Von den Standardschriften ist nur die Courier nicht proportional (es gibt bestimmt noch mehr, aber das ist so der Klassiker), da braucht ein i genauso viel Platz wie ein W. Deswegen stellen wir, wenn wir Normseiten haben wollen, die Courier oder Courier New ein und richten die Seitenränder so ein, dass höchstens sechzig Anschläge in eine Zeile passen und höchstens dreißig Zeilen auf eine Seite. Dreißig mal sechzig ergibt nun aber nicht 1800 – denn die wenigsten Zeilen werden ja voll. Wenn ein Wort bis zum einundsechzigsten Zeichen gehen würde, rutscht das ganze Wort auf die nächste Zeile, und die erste Zeile hat vielleicht nur 56 Anschläge. Oder ist am Ende eines Absatzes gleich halb leer. Und dann gibt es in der Literatur natürlich auch Stellen wie diese:

„Ja“, sagte sie.
„Nein“, sagte er.
„Doch“, sagte sie.

NormseitenbrettchenAuch damit bekommt man eine Seite voll. 1800 Anschläge hat sie dann sicher nicht, es ist aber trotzdem eine Normseite. Manchmal ist glatt die halbe Seite leer, oder noch mehr, weil danach ein neues Kapitel und damit eine neue Seite anfängt. Im Durchschnitt hat eine Normseite irgendwas zwischen 1400 und 1600 Anschlägen; wenn ein Text sehr dialoglastig ist, kann es auch deutlich weniger sein. Wie eine Normseite aussieht, kann man sehr schön auf Sandra Uschtrins Normseitenbrettchen sehen (wobei mir nicht klar ist, wie sie das mit Times New Roman hinbekommen will, denn die ist ja proportional). Auf einer Normseite ist also zwar theoretisch Platz für 1800 Anschläge, aber in einem normalen Text werden es nie so viele sein.

Jetzt gibt es immer wieder Verlage, die in ihre Verträge schreiben: Der Übersetzer erhält ein Honorar von 19,- € pro Normseite (1800 Anschläge). Das geht natürlich nicht. Es gibt sogar Lektoren, die behaupten, sie würden immer nach 1800 Anschlägen abrechnen, und es hätte noch nie ein Übersetzer was dagegen gesagt. Man kann in diesem Fall gut einen Link zu dem Text von Burkhard Kröber auf der Webseite der Literaturübersetzer schicken. Böse These: Die betreffende Lektorin hat nämlich entweder keine Ahnung oder keine Skrupel. Denn für den Verlag wird es natürlich günstiger, wenn sie für 1800 Anschläge das gleiche bezahlen wie für eine Normseite.

Eine Abrechnung nach 1800 Anschlägen wäre den meisten Übersetzern vermutlich ebenso recht wie eine nach Normseiten – allerdings muss man dann pro 1800 Anschläge eben entsprechend mehr bekommen als für eine Normseite. Vielleicht 23,- statt 19,- €.

Fachübersetzungen werden im Gegensatz zu Literaturübersetzungen übrigens meist nach Zeilen bezahlt, manchmal auch nach Wörtern oder Anschlägen. Bei der Abrechnung nach Anschlägen gibt es dann Auftraggeber, die die Anzahl der Anschläge ohne Leerzeichen berechnen wollen. Mieser Trick. Ein Leerzeichen ist ja ebenfalls ein Zeichen. Manchmal muss man sogar nachschlagen, ob da ein Leerzeichen hinkommt oder nicht. Sollte ich jemals eine Abrechung nach Anschlägen vereinbaren und erst hinterher erfahren, dass das ohne Leerzeichen gedacht war, dann wird der Auftraggeber eben einen Text ohne Leerzeichen bekommen. Hugh, ich habe gesprochen.

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