Liebes Tagebuch,

das war in den letzten zwei Wochen der Blick aus meinem Homeoffice. Also, aus der Hollywoodschaukel, in der ich zum Schreiben saß.

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Ja, das sind Pfauen da auf der Wiese. Irgendwann werden sie auch bestimmt besser zu erkennen sein und Konturen gewinnen. (Hey, ich versuche gerade, mich selbst als Autorin zu sehen, da wird wohl mal eine platte Metapher drin sein.)

Jedenfalls: jetzt bin ich kurz anderswo, und der neue Blick aus dem neuen Homeoffice ist dieser hier.

HomeofficeView2

Das gibt metaphorisch jetzt leider gar nichts her, das Meer kommt in meinem Buch bisher nicht vor, auch kein Hafen, keine Boote und noch nicht mal wirklich der Sommer. Der könnte aber womöglich noch kommen, das weiß ich noch nicht. Dann würde ich ihn wahrscheinlich im Winter beschreiben, wenn ich weiterhin so vorankomme wie bisher. Bisher ist im Buch Winter. Sommer ist aber im wirklichen Leben reichlich, es ist warm und sonnig und herrlich, und deswegen muss ich auch dauernd draußen sein und spazierengehen und im Bach baden und Pfauen gucken, und das noch zusätzlich zu dem ganzen Stress mit Freunde besuchen und Lagerfeuer machen und Grillen und auf Sessions gehen und all das.
Jetzt sind wir in Stonehaven zum Folk Festival, das den Mann noch einen Tick mehr interessiert als mich, er ist gerade unterwegs, weil in den ersten Pubs die ersten Sessions losgehen. Und ich sitze im Hotel mit diesem Blick, vom nahegelegenen Pub dringt Livemusik herein, und ich denke, soll ich wirklich jetzt diese Winterszene weiterschreiben, soll ich schreiben, wie kalt es ist und wie sehr alle frieren, und dass es schneit, oder gehe ich raus, setze mich in die Sonne und höre Musik? Was ich hier für Opfer bringe, man macht sich keine Vorstellung! Und alles für die Kunst!

Zwischenstand: 63 Seiten. Mir ist aufgefallen, dass ich zwei meiner Hauptfiguren noch nicht besonders gerne mag. Das ist doof, die muss ich noch näher kennenlernen, um mehr Verständnis für ihre Macken zu kriegen. Nix ist blöder, als seine Figuren nicht zu mögen. Ich mag sie auch nicht *nicht*, aber ich habe sie halt noch nicht so richtig lieb. Gleichzeitig ahne ich, dass ich auch an den bisherigen Sympathieträgern im Laufe der Zeit noch Macken feststellen werde. Und: ich habe noch keine Ahnung, was der Lord und die Lady für welche sind. Wie alt sie sind, wie sie drauf sind und so weiter. Aber so langsam gewinne ich das Vertrauen, dass es mir irgendwann einfach klar sein wird. Wahrscheinlich muss ich einfach nur noch mehr Shortbread essen.

Desweiteren möchte ich zu Protokoll geben, dass ich ein dringendes Bedürfnis verspüre, Puffins zu sehen. Und Wale, bitte. Wenn das nicht geht, dann wenigstens Delfine. Danke.

Geburtstag

Wow. Seit Ewigkeiten bin ich zum ersten Mal an meinem Geburtstag nicht zu Hause. Ich habe ihn immer gefeiert, immer alle eingeladen, nachmittags kamen meistens die Freunde mit Kindern, abends die ohne, ich habe es immer sehr genossen, die Bude voll zu haben, das liebe ich. Diesmal also das Gegenprogramm, abgelegenes Tal in Schottland, unsere Freunde hier sind unterwegs, wir haben quasi das ganze Anwesen für uns. Klingt erstmal ein bisschen einsam, ist aber trotzdem super – die Sonne scheint, es ist richtig warm, wir sitzen mit einem Glas Sekt in der Hollywoodschaukel und gucken über die riesige Rasenfläche (Pfauen!) ins Grün. Ich habe sogar etwas gearbeitet! Zwischendurch kochen wir Tee und essen Shortbread dazu, ich hüpfe ein bisschen auf dem großen Trampolin herum, das hier draußen steht, und dann gucke ich nochmal kurz ins Internet, wo mir schon wieder X Leute gratuliert haben und fühle mich kein bisschen allein.
Das waren deutlich über 200 Glückwünsche auf Facebook, Twitter, Xing, im Blog, per E-Mail und SMS. So wahnsinnig viel Nettes, das ist ein ganz schön tolles Gefühl – danke Euch allen dafür. Ich möchte fast wetten, dass ich ein paar verpasst habe, das tut mir sehr leid. Dummerweise ist hier das Internet limitiert, deswegen habe ich auf noch fast nichts reagiert, aber ich hab Euch alle lieb. Ehrlich! Danke! Sehr!

Work in Progress

So ganz glaube ich es selbst immer noch nicht, aber ich bin tatsächlich dabei, einen Roman zu schreiben. Das ist, stellt sich heraus, verblüffend viel Arbeit. Wer hätte das gedacht!

Ein Gedicht ist rasch gemacht
Schnell auch reimt ein Lied sich.
Aber so ein Zeitroman –
Mein lieber Mann, das zieht sich!

Na gut, Robert Gernhardt hätte das also gedacht, und schätzungsweise auch sonst der ein oder andere. (Aus dem Gedächtnis zitiert, keine Garantie für den exakten Wortlaut.) Dabei ist es ja nicht mal ein Zeitroman, was ich da schreibe. Was dann? Leute fragen mich nach dem Genre – keine Ahnung. Muss immer alles in eine Schublade passen? Ich erzähle halt eine Geschichte. Und wie diese viele Arbeit aussieht, die das macht, weiß ich auch noch nicht wirklich, es ist jedenfalls sehr, sehr anders als das Übersetzen. Ich starre quasi auf den leeren Platz neben dem Monitor, wo sonst der Buchständer mit dem Original steht, und da ist nichts, das muss ich mir da selbst hindenken – die Geschichte, die Charaktere, Recherchen, Erzählperspektiven, ich weiß noch gar nicht so richtig, wie das alles geht.
Recherche ist plötzlich viel weniger zielgerichtet – beim Übersetzen muss ich normalerweise irgendeine Gegebenheit verifizieren, verstehen und dann vor allem: das eine Wort finden, das ich in der Übersetzung gerade brauche. Jetzt heißt Recherche: ein bisschen drumherumlesen und hoffen, dass mich etwas anspringt, das ich gebrauchen kann, das irgendwie in meine Geschichte passt. Oder ganz anders – es muss nicht mal Lesen sein, es kann auch Bildersurfen im Internet sein oder ein Spaziergang im Wald oder ein Telefonat mit einer Kollegin oder Pfauenfotografieren und mal gucken, was die so machen.
Und natürlich die Allmähliche Verfertigung der Gedanken beim Schreiben, das habe ich ja beim Übersetzen auch nicht, dass ich erst bei der Arbeit merke, was ich da eigentlich mache. Beim Übersetzen geht es immer in erster Linie um die sprachliche Gestaltung, und um die mache ich mir jetzt bei meinem eigenen Roman am wenigsten Sorgen, der Ton der Geschichte war von Anfang an so klar und eindeutig, da gab es keine Sekunde drüber nachzudenken.
Schwieriger ist sowas wie die Erzählperspektive, ich habe einen allwissenden Erzähler (falls man das so nennt, ich kenne mich da nicht aus), der weiß auch, was die Leute so denken, aber ich möchte trotzdem nicht, dass er zu sehr zwischen den Gehirnen hin- und herspringt, oder vielleicht doch, ich weiß es nicht. Ich glaube, ich habe eine Lösung gefunden, und die muss ich jetzt nicht nur fürderhin anwenden, sondern auch die bisherigen 50 Seiten nochmal durchgehen und entsprechend anpassen.
So ähnlich geht es auch mit den Figuren, die mir langsam immer klarer werden, und die von einer diffusen „Gruppe“ nach und nach zu eindeutigen Charakteren heranwachsen. Fange ich jetzt wieder von vorne an und füge Charakterzüge ein, wo nenne ich sie zum ersten Mal beim Namen, oder mache ich erstmal hinten weiter mit der Geschichte und fange erst dann wieder von vorn an, wenn ich schon deutlich weiter bin als jetzt?
Überhaupt, die Geschichte selbst, das bin ich ja am allerwenigsten gewohnt, selbst eine Geschichte zu erzählen, mir etwas auszudenken, und ich habe immer noch die Befürchtung, dass mir nichts einfällt, was wahrscheinlich totaler Quatsch ist, um jetzt noch Thomas Mann zu zitieren:

Fantasie bedeutet nicht, dass man sich etwas ausdenkt, sondern dass man sich aus dem Vorhandenen etwas macht.

(Ebenfalls aus dem Gedächtnis zitiert und ohne Gewähr.) Bei den wenigen literarischen, also: fiktionalen Texten, die ich bislang geschrieben habe, habe ich immer die Erfahrung gemacht, dass die Geschichte dann schon von selbst kommt, wenn man nur erstmal anfängt, aber mir fehlt noch ein bisschen das Vertrauen, dass das auch weiterhin so funktionieren wird. Im Moment weiß ich, was den Plot angeht, nur die nächsten Schritte und eine ungefähre Richtung, aber noch nicht, wo es hingeht.

Zusammenfassend lässt sich sagen: ich komme tatsächlich voran, aber es geht ganz schön langsam. Was wohl total normal ist. Und ich muss mich noch daran gewöhnen, dass ein Großteil der Arbeit nicht aus Tippen besteht, sondern aus Denken, Ideenhaben, Verwerfen, Löschen, Neuanfangen. Wobei, gelöscht habe ich bisher wenig. Aber ich kann auch nicht dauernd stolz neu geschaffte Seitenzahlen verkünden wie beim Übersetzen. Dafür sehe ich insgesamt schon ein bisschen klarer als vor zehn Tagen, als wir hier ankamen und erstmal mit anderen Dingen als Arbeit beschäftigt waren. Eigentlich bin ich ganz zufrieden. Es geht langsam, aber es geht voran, ich bin guter Dinge. Beharrlichkeit ist vermutlich das Stichwort. Und um jetzt auch noch mit einem Zitat abzuschließen, ich habe leider vergessen, von wem:

Writing is five percent inspiration and ninety-five percent transpiration.

Heute habe ich Geburtstag. Und ich schenke mir diesen Satz: Jawohl, ich schreibe einen Roman. Puh. Crazy.

Authors and Translators

Anscheinend sind hier gerade Interviewwochen – ich habe schon wieder Fragen beantwortet, diesmal für das wunder-wunderbare Blog Authors and Translators. Ich bin wirklich stolz, dort dabeizusein, denn das ist ein Blog, das Übersetzerinnen stolz macht: was uns da an geballter Wertschätzung entgegenschlägt, haben wir sonst nie. Und es stammt von denen, von denen wir es am nötigsten brauchen, von den Autoren.
Hier geht’s zu meinem Interview.

This is how I work

Jetzt hat es mich auch noch erwischt – Adelhaid hat mich gebeten, diese Fragen zu beantworten, die alle anderen schon beantwortet haben.

Bloggerinnen-Typ:

Verblüffend konstant. Seit acht Jahren mit quasi keiner einzigen Pause – Anfangs habe ich im Urlaub nicht gebloggt, inzwischen klappt selbst das meistens, es gibt ja dann doch meist überall Internet. Ich glaube nicht, dass ich jemals länger als zwei Wochen nichts geschrieben habe.
Inhaltlich: Übersetzen, Vermischtes, Bücher, Privates, im Moment gerade Konsumverhalten.

Gerätschaften digital:

Kleines MacBook, schon einige Jahre alt. iPhone 3.
Das ist jetzt ein bisschen peinlich, aber: ich habe auch noch einen großen Mac für aufm Schreibtisch. Der ist seit Jahren quasi unbenutzt, aus dem einfachen Grund, dass ich keine Ahnung habe, wie man synchron auf zwei Rechnern arbeiten soll, ohne dass es im Chaos endet, weil das eine hier und das andere dort liegt und das eine aber nochmal überarbeitet wurde, das andere aber nicht, und das dritte sowieso noch nie dawar. Da wäre ruckzuck alles durcheinander, und ich hätte am Ende keinen Schimmer, was wo ist, und vor allem: was ich nun mit einem eventuellen neuen Rechner synchronisieren sollte.
Solange das Synchronisieren nicht mal mit dem iPhone funktioniert, kann ich halt nicht mit zwei Rechnern arbeiten. Und jetzt kommt mir nicht mit Dropbox. (Ich ahne, dass Ihr einen Haufen Vorschläge habt, von denen ich mit Mühe ein Drittel verstehen werde, und ich hab gerade sowas von keine Zeit.)

Gerätschaften analog:

Zum Bloggen jetzt? Äh, keine? Schreibtisch, Stuhl. Der blöde Stuhl (IKEA) ist schief geworden, also die Sitzfläche, ich brauche dringend einen neuen. Tipps nehme ich gerne. Darf hübsch aussehen und für Rückengeschädigte irgendwie gut sein.

Arbeitsweise:

Prokrastinatös.

Welche Tools nutzt du zum Bloggen, Recherchieren und Bookmark-Verwaltung?

WordPress, Google, Browser.

Wo sammelst du deine Blogideen? 

In demselben Word-Dokument, in dem ich die längeren Texte vorschreibe, und das ich auch als Sicherheitskopie ansehe. Das wird natürlich immer länger, und wenn es ein paar hundert Seiten lang ist, fange ich ein neues an. Mir scheint, das ist alles eher primitiv, wie ich das so mache. Kürzere Sachen und Krimskrams schreibe ich direkt in WordPress.

Was ist dein bester Zeitspar-Trick/Shortcut fürs Bloggen/im Internet?

Self control – ein kleines Programm, das einen für eine bestimmte Zeit nicht auf bestimmte Webseiten lässt. Man kann seine eigene Blacklist anlegen, beispielsweise Facebook und Twitter und die anderen Zeitfresser draufsetzen, und dann nützt auch Rebooten nichts, da kommt man dann halt nicht rein. Für eine Viertelstunde oder fünf Stunden oder wie lange auch immer man es einstellt.
Oder sogar Freedom, das sperrt einen für eine ebenfalls selbstgewählte Zeit gleich komplett aus dem Internet aus. (Kostet dummerweise inzwischen stolze 10,- $. Als ich es runtergeladen habe, war es noch kostenlos.)

Benutzt du eine To-Do List-App? Welche? 

Teuxdeux. Finde ich hübsch. Allerdings wird das demnächst kostenpflichtig, was ich irgendwie einsehe, einerseits, andererseits habe ich aber keine Lust, das zu bezahlen. Werde dann wohl einfach wieder zu einer Worddatei zurückkehren. Oder zu Zetteln, da macht das Durchstreichen mehr Spaß.
Auf den Fragebögen anderer Leute habe ich noch ein paar Empfehlungen gesehen, habe aber gerade überhaupt keine Zeit, mir das alles anzugucken. Neulich kurz „remember the milk“ angeguckt, das fand ich nicht so schön.

Gibt es neben Telefon und Computer ein Gerät, ohne das du nicht leben kannst?

Waschmaschine. Telefon ist mir, wie all den anderen, einigermaßen egal. (Okay, ich sehe ein, dass es manchmal ganz praktisch ist. Aber ich bin kein Fan davon.)

Gibt es etwas, das du besser kannst als andere?

Schlafen.

Was begleitet dich musikalisch beim Bloggen?

Immer: Element of Crime. Aktuell dazugekommen: Once, Glen Hansard, Torpus and the Art Directors, Elbow. Aber meistens höre ich eher gar nichts, jedenfalls nicht, wenn ich tatsächlich Texte schreibe oder arbeite.

Wie ist dein Schlafrhythmus – Eule oder Nachtigall?

Ja, eindeutig. Solange ich nicht morgens irgendwas machen muss (aufstehen oder so), ist mir alles recht. Abends kann ich gut arbeiten, bis in die Nacht.

Eher introvertiert oder extrovertiert?

Extro. Ich rede dauernd, muss alles sofort irgendwem erzählen und bin generell eher eine Rampensau. (Wobei ich auch sehr gut die Klappe halten kann, wenn es sein muss.)

Der beste Rat, den du je bekommen hast? 

„Mach doch.“

Noch irgendwas Wichtiges?

Read my blog.

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Hier ist die Sammlung der bisherigen Antworten bei Isabella Donnerhall, die überhaupt mit diesem Stöckchen angefangen hat.

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