Noch mehr Neues

Schon wieder Neuigkeiten im Blog: Die Bücher, die ich hier empfehle, werden ab sofort bei der Osianderschen Buchhandlung verlinkt. Das ist ein Familienbetrieb mit insgesamt 25 Filialen in 19 Städten in Süddeutschland. Wenn Ihr über einen Klick von hier aus auf die Osiandersche Webseite gelangt und dort etwas kauft, dann bekomme ich einen winzigen Teil der erwirtschafteten Umsätze ab. (Der Versand ist dort ebenso schnell und kostenlos wie anderswo.) Schaumermal, ob da irgendwas bei rumkommt. Erstmal muss ich das auch technisch hinkriegen: das hier ist eine kleine Testverlinkung.

Fundstück

Kirsten Reimers schreibt im CulturMag über „Das Ende der Unschuld“ von Megan Abbott:

    So naiv Lizzies Weltsicht zunächst sein mag – der Roman selbst ist alles andere als romantisch-verklärend. Abbott gelingt es, die Dissonanz zwischen Lizzies Wahrnehmung und dem tatsächlichen Geschehen unangestrengt und glaubwürdig spürbar zu machen – und die gute Übersetzung von Isabel Bogdan bewahrt dies in der deutschen Ausgabe. Abbott wirft einen feinfühligen, aber nüchtern-unverstellten Blick auf das Verhältnis von Töchtern und Vätern, auf die Sehnsüchte und Fixierungen junger Mädchen und erwachsener Männer. Das Ergebnis ist ein ebenso sensibler wie verstörender und beunruhigender Coming-of-Age-Roman.

(Disclosure: Ich kenne Kirsten Reimers. Aber deswegen hätte sie das ja nicht schreiben müssen. Ich freu mich, danke, Kirsten!)

Über Geld reden

„Wir müssen über Geld reden“ hieß neulich ein Artikel von Malte Welding in der FAZ, in dem er dann leider nicht so richtig über Geld redet. Aber mit der Überschrift hat er natürlich recht; über Geld reden ist zwar irgendwie verpönt, aber ich finde es wichtig. Und deswegen rede ich jetzt über Geld, mit ganz konkreten Zahlen. Und zwar über das Geld, das Übersetzer und Autoren verdienen. Ein befreundeter Autor erzählte neulich, Leute in seiner Umgebung würden davon ausgehen, dass er finanziell ausgesorgt habe, immerhin habe er ja jetzt schon vier Bücher veröffentlicht. Da besteht offenbar beträchtlicher Aufklärungsbedarf.

1. Übersetzer werden pro Seite bezahlt. In den allermeisten Fällen dürfte der Seitenpreis irgendwo zwischen 15,- und 20,- € liegen. Bei einem literarischen Hardcover in einem renommierten Verlag können es auch mal etwas mehr als 20,- € sein, bei Science Fiction in einem Nischenverlag oder im Jugendbuch auch mal weniger als 15,- €. Dass ein literarisches Hardcover gar nicht unbedingt schwerer zu übersetzen ist als literarisch unerhebliche Chick Lit, weiß jeder, spielt aber für die Vergütung keine Rolle.
Für Taschenbücher wird grundsätzlich weniger bezahlt als für Hardcover. Die Entscheidung, ob ein Buch als TB oder HC erscheint, ist oft eine haarscharfe, etwa bei gehobener Unterhaltung. Kommt zum Beispiel drauf an, wo gerade ein Programmplatz frei ist, oder was weiß ich worauf. Jeder weiß, dass der Schwierigkeitsgrad des Übersetzens überhaupt nichts damit zu tun hat, ob etwas zwischen Papier- oder Pappdeckel gepresst wird, trotzdem gibt es für Hardcover ein bisschen mehr Geld. Alles Verhandlungssache natürlich, wir verhandeln für jedes Buch neu und jeder Übersetzer bekommt andere Honorare. Aber „naja, erscheint ja nur im Taschenbuch“ ist ein häufig gehörtes „Argument“, da kann man dann keinen Euro mehr pro Seite bezahlen. Auch nicht 50 Cent. Denn so sieht’s aus: oft genug diskutieren wir in Vertragsverhandlungen tatsächlich über 50 Cent mehr oder weniger pro Seite. Bei einem durchschnittlichen Roman von 400 Seiten, an dem man drei Monate sitzt, macht das 200,- € aus. Damit Ihr wisst, um was für Dimensionen es hier geht.
Zusätzlich zu diesem Grundhonorar bekommen wir Übersetzer eine Umsatzbeteiligung. Manchmal. Nicht immer. Verhandlungssache. Je nach Verlag liegen die Beteiligungsgrenzen bei einer Auflagenhöhe, die sowieso nicht zu erwarten ist, etwa bei 10.000 Exemplaren im HC, im TB auch schon mal bei 100.000 verkauften Exemplaren. Vor einer Weile gab es ein BGH-Urteil, das festlegte, 0,8% Beteiligung am Nettoladenpreis eines Hardcovers und 0,4% im Taschenbuch, jeweils zu zahlen ab einer Schwelle von 5.000 verkauften Exemplaren, sei eine „angemessene Vergütung“.
Rechnen wir das doch mal aus: wenn ein Taschenbuch im Laden 8,99 € kostet, sind das Netto 8,36 €, und davon 0,4% sind 0,033 €. Drei Cent pro verkauftem TB gehen also an den Übersetzer, das bedeutet, pro 1.000 verkaufte Bücher bekommt er noch mal 33,- €. Yeah, wow. Bei 10.000 Büchern mach das schon 330 Euro! Im Hardcover sieht es schon deutlich besser aus, die kosten erstens das doppelte, zweitens bekommen wir dann doppelt so viele Prozente – aber Hardcover werden natürlich auch nicht so oft verkauft. Wenn sie überhaupt über 5.000 gehen, läuft es schon sehr gut.
Im Übrigen sind das nur die Zahlen, die der BGH als „angemessen“ festgelegt hat – ob sich die Verlage daran halten, ist eine andere Frage. Viele tun es nicht. Und zwar nicht deswegen, weil sie nach oben abweichen würden.
Viele Kollegen (ich auch) rechnen im Jahresdurchschnitt mit ungefähr 100 übersetzten Seiten pro Monat. Bei einem durchschnittlichen Seitenpreis von, sagen wir, 18,- €, macht das also monatliche Einnahmen von 1800,- €, plus ein bisschen Umsatzbeteiligung, wenn man Glück hat und gut verkäufliche Bücher übersetzt. Von diesen Einnahmen ziehen wir aber alles mögliche ab, Arbeitszimmer, Krankenkasse, Rentenversicherung, Fortbildung, Recherchen etc., und den Rest versteuern wir.

2. Bei Autoren funktioniert das Vergütungsprinzip anders. Autoren bekommen kein Seitenhonorar, sondern eine Umsatzbeteiligung vom ersten Exemplar an. Und damit sie trotzdem von irgendetwas leben können, bekommen sie einen sogenannten „Vorschuss“ auf die zu erwartende Beteiligung. Ein Autor erhält also erstmal 5.000,- € oder 50.000 €, je nachdem wie berühmt er ist oder wie gut er (oder sein Agent) verhandelt oder welchen Absatz der Verlag erwartet. Dieser Vorschuss wird mit der Beteiligung verrechnet, das heißt, erstmal muss man den Vorschuss über die Verkäufe sozusagen wieder einspielen, und wenn dann noch mehr Bücher verkauft werden, bekommt man, was darüber hinausgeht. Wenn das Buch den Vorschuss über die Verkäufe nicht wieder reinholt, es sich also schlechter verkauft, als der Verlag erwartet hat, muss man den Vorschuss allerdings auch nicht zurückzahlen. Man nennt das: verrechenbar, aber nicht rückzahlbar.
Was ich gar nicht wusste, gerade erst gesehen habe: Der Schriftstellerverband (der zu ver.di gehört) hat sich mit einigen Verlagen auf eine Vergütungsregel geeinigt (leider nicht verlinkbar: auf der Verdi-Webseite nach „Vergütungsregel Belletristik“ suchen). Darin soll die Beteiligung bei Taschenbüchern bei 5%, bei Hardcovern bei 10% vom Nettoladenpreis liegen.
Rechenbeispiel: ein Taschenbuch kostet 8,99 €, das sind netto 8,36 €. Davon 5% sind 0,41 €, die der Autor an Beteiligung pro verkauftem Buch bekommt. Bei 1.000 verkauften Büchern erhält er also 410 €, bei 10.000 Exemplaren 4.100 €.
Im Hardcover: Ladenpreis 18,90 €, das sind netto 17,50 €. Davon 10% sind 1,75 €. Das ist ja schon ein anderer Schnack als die 40 Cent im Taschenbuch. Pro 1.000 verkaufte Bücher bekommt die Autorin also 1750,- €, bei 10.000 Exemplaren 17.500 €. Klingt schon besser, das ist mehr als viermal so viel wie im Taschenbuch. 10.000 Exemplare im Hardcover zu verkaufen, muss man aber auch erstmal schaffen; realistisch dürfte das für die wenigsten Bücher sein.
Wieviel Zeit man braucht, um einen Roman zu schreiben, ist sicher höchst unterschiedlich. Manche brauchen fünf Jahre, manche vielleicht nur ein halbes Jahr. Es mag eine Milchmädchenrechnung sein, aber wenn man mal davon ausgeht, dass man für einen anspruchsvolleren Roman länger braucht, der dann aber weniger gelesen wird … nun ja. Wenn man es schafft, in einem Jahr einen Roman zu schreiben, der für wert befunden wird, im Hardcover zu erscheinen, und der sich dann auch noch 10.000 mal verkauft: Chapeau. Dann hat man wirklich was erreicht. Und damit in einem Jahr 17.500 € – nein, nicht verdient. Eingenommen. Davon bezahlt man, siehe oben, Arbeitszimmer, Computer, womöglich Recherchereisen, Kranken- und Rentenversicherung und so weiter und versteuert den Rest. Wenn das Buch dummerweise als Taschenbuch erschienen ist, und sich ebenfalls 10.000 mal verkauft, sind es nur 4.100 € – da hat man wahrscheinlich schon ein bisschen mehr Vorschuss bekommen. Vielleicht irgendwas zwischen 5.000 und 10.000 €.

Nachbemerkung: Bestseller entstehen nicht zwangsläufig dadurch, dass ein Buch besonders gut ist und sich das herumspricht. Oft werden sie gemacht, von den Marketingabteilungen der Verlage. Und den Satz „Schreib / übersetz doch mal Harry Potter“, den haben wir alle schon gehört. Ungefähr siebzehnmillionen Mal. Ja, es gibt reiche Autoren. Das sind aber die Ausnahmen. Der große Rest hangelt sich mit Stipendien, Ehepartnern und/oder sogenannten Brotjobs durch. Und das hat nichts damit zu tun, dass das keine guten Autoren wären.

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Super: Falk ist Kulturredakteur und spricht auch über Geld. Womöglich schlägt das ja noch Wellen. Denn ich finde, er hat recht, wenn er sagt: Ich glaube, dass dieses “Über Geld spricht man nicht” zur Entsolidarisierung beiträgt: Wer nicht über Geld spricht, der baut einen Popanz auf, eine Wertigkeit, nach der Geld mehr ist als eine Entlohnung für geleistete Arbeit. Ist es aber nicht. Wir sollten alle mehr über Geld sprechen.

NACHTRAG: Cornelius Hartz hat auch etwas darüber geschrieben: Vom Schreiben leben.

Neuigkeiten vom Buch

Hurrahurra! Der Erscheinungstermin meines Sachenmachenbuchs wurde vorgezogen – es erscheint jetzt schon am 2. Juli. Quasi passend zu meinem Geburtstag. Ich freu mich! Und wäre dann auch für Lesungen und anderen Quatsch zu buchen. Auf Wunsch kullere ich auch mit dem Rhönrad die große Showtreppe runter. Wobei, Moment.

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