Noch ein Geschenk!


Das supereilige Mammutprojekt schafft mich gerade ziemlich. Da kommt so ein „Einfach nur so“-Geschenk natürlich doppelt gut an. Anders gesagt, ich bin so fertig, dass ich glatt ein kleines Tränchen verdrückt habe vor lauter Rührung. Wolf Haas ist einer meiner absoluten Lieblingsautoren, ich freue mich wirklich sehr auf das Buch! Wenn ich erstmal abgegeben habe! Was ich dann alles mache! Bücher lesen! Rumlungern! Wohnen! Mehr lesen! Und rausgehen auch! Wo das Leben ist! Danke, Pia Ziefle!

Neuerscheinung: Dinner for one

Vom Glück, in der Küche eine Verabredung mit sich selbst zu haben

Klappentext: „Jeder tut es, aber nur wenige reden darüber, und wenn, dann nur sehr ungern: das Alleinessen. Dabei ist die Verabredung mit sich selbst in der Küche eine Kunst. Dass währenddessen ein besonderer Moment des Genießens entstehen kann, davon erzählt dieser Band – in Geschichten von William Boyd, Wäis Kiani, Susanne Kippenberger, Harriet Köhler, Katja Lange-Müller, Haruki Murakami, Harry Rowohlt, Denis Scheck, Leanne Shapton und vielen anderen.“

Zu den „vielen anderen“ gehören auch Stevan Paul und ich. Von mir sind auch ein paar kleine Übersetzungen drin, aber eben auch ein eigener Text übers Alleinessen. Ich stehe zwischen Harry Rowohlt und Haruki Murakami, das ist schon, also, puh. Die Geschichten sind bunt gemischt – Erlebnisberichte, quasi-philosophische Abhandlungen, fiktionale Geschichten, Lustiges, Trauriges, Sachliches – alles dabei.
Herausgegeben hat das Buch Friederike Schilbach, die bis dahin Lektorin beim Berlin-Verlag war und jetzt bei S. Fischer ist. Sie schrieb mir damals, sie wolle „das Alleinessen von seinem schlechten Ruf befreien“ – ein ehrenhaftes Anliegen, das ich natürlich gern unterstützt habe. Und jetzt ist so ein schönes Buch dabei rausgekommen! Wunderbares Geschenk für Leute, die sich mit dem Thema „Essen“ beschäftigen. Und das tut ja jeder.

Friederike Schilbach (Hg): Dinner for one. Vom Glück, in der Küche eine Verabredung mit sich selbst zu haben. Bloomsbury Taschenbuch, 9,99 €

Frank Schmeißer: Jungs sind keine Hamster

Auch wenn sie manchmal am Rad drehen

Oarr, wie toll! Frank Schmeißer kann also nicht nur für achtjährige Jungs (Schurken überall; Schurken am Ball), sondern auch für zwölfjährige Mädchen: „Jungs sind keine Hamster, auch wenn sie manchmal am Rad drehen“, heißt der Ratgeber über Jungs, den Hannah schreibt. Als Vorbild dient ihr der Hamsterratgeber ihrer besten Freundin Lore. Überhaupt fängt sie an, diesen Ratgeber zu schreiben, weil Lore immer solche Probleme mit ihrem Freund Thomas hat; dauernd trennen sie sich und sind dann doch wieder zusammen, und Hannah steht Lore immer beratend und hilfreich zur Seite. Dabei hat sie selbst noch gar keinen richtigen Freund gehabt. Sie hat auch eigentlich ganz andere Probleme, der Freund ihrer Mutter ist nämlich bei ihr eingezogen, und jetzt soll sie für seine blöde Barbietochter ihr Zimmer räumen und in das Kabuff unterm Dach ziehen. Mannmannmann.
Und dann lernt sie auf einer Kostümparty einen Gorilla kennen. Und auf einmal hat sie auch dieses Gefühl im Bauch.
Mehr verrate ich nicht. Außer: Ich habe das noch bis mitten in der Nacht zu Ende gelesen, einmal so lachen müssen, dass der Mann halb aufgewacht ist, und ansonsten gedacht: dieses ganz frische Verliebtheitsgefühl, das Bauchkribbeln und alles, das ist schon auch ganz schön schön. Und Hannah ist natürlich auch echt eine coole Sau, auch wenn sie selbst das natürlich überhaupt nicht so sieht. Tolles Mädchen, tolles Buch.

Frank Schmeißer: Jungs sind keine Hamster. Auch wenn sie manchmal am Rad drehen. Ravensburger Verlag, 220 Seiten, 14,99 €. Auch als E-Book.
(Die Links führen zum Webshop der Buchhandlung Osiander.)

Arno Geiger: Alles über Sally

Alfred und Sally sind seit 30 Jahren verheiratet. Sie haben drei mehr oder weniger erwachsene Kinder und ein Haus und führen ein ganz normales bürgerliches Leben. Alfred ist Museumsdirektor, Sally Lehrerin – und entsprechend lebt Alfred vornehmlich in der Vergangenheit, während Sally zupackender und zukunftsgerichteter ist. Ein Einbruch ins Haus wirft Alfred ziemlich aus der Bahn. Besonders trifft ihn, dass die Einbrecher in seinen Tagebüchern herumgeschmiert haben; Alfred schreibt seit seiner Jugend permanent Tagebuch, und wenn er gerade nicht Tagebuch schreibt, erinnert er sich an lang vergangene Zeiten. Wie er damals in Kairo Sally kennengelernt hat, zum Beispiel. Darüber ist er alt und ein wenig hypochondrisch geworden, und so trägt er wegen seiner Krampfadern gern einen Thrombosestrumpf. Sally findet das nicht besonders sexy.
Überhaupt hat Sally deutlich mehr Tatendrang als Alfred, seine Lethargie und sein Gejammer gehen ihr zunehmend auf die Nerven. Sie krempelt nach dem Einbruch die Ärmel hoch, räumt auf, streicht einige Zimmer neu und legt sich einen Liebhaber zu. Und dann nehmen die Dinge ihren Lauf.
Das Erstaunliche ist: wir gucken dauernd in die Köpfe der beiden. Dauernd lesen wir ihre Gedanken, meistens Sallys, manchmal auch Alfreds. Normalerweise bin ich immer sehr vehement für „show, don’t tell“, ich möchte eigentlich nicht erklärt kriegen, was Leute denken und was in ihren Köpfen vorgeht, aber hier funktioniert es. Auch wenn ich es stellenweise etwas langatmig oder redundant fand, insgesamt habe ich das doch wirklich gerne und irgendwie sogar mit Spannung gelesen. Auf jeden Fall eine Empfehlung!

Arno Geiger wohnt im Regal zwischen Théophile Gautier und Wilhelm Genazino, ich habe es allerdings als E-Book gelesen.

Arno Geiger: Alles über Sally. Hanser, Hardcover, 21,50 €
dtv Taschenbuch, 9,90 €
E-Book, 9,99 €

Fundstück

Ein Brausen von Worten fängt an in meinem Kopf und dann ein Leuchten, einige Silben flimmern schon auf, und aus allen Satzschachteln fliegen bunte Kommas, und die Punkte, die einmal schwarz waren, schweben aufgeblasen zu Luftballons an meine Hirndecke, denn in dem Buch, das herrlich ist und das ich also zu finden anfange, wird alles sein wie ESULTATE JUBILATE. Wenn es dieses Buch geben sollte, und eines Tages wird es das geben müssen, wird man sich vor Freude auf den Boden werfen, bloß weil man eine Seite daraus gelesen hat, man wird einen Luftsprung tun, es wird einem geholfen sein, man liest weiter und beißt sich in die Hand, um vor Freude nicht aufschreien zu müssen, es ist kaum auszuhalten, und wenn man auf dem Fensterbrett sitzt und weiterliest, wirft man den Leuten auf der Straße Konfetti hinunter, damit sie erstaunt stehenbleiben, als wären sie in einen Karneval geraten, und man wirft Äpfel und Nüsse, Datteln und Feigen hinunter, als wäre Nikolaustag, man beugt sich, ganz schwindelfrei, aus dem Fenster und schreit: Hört nur, hört! schaut nur, schaut! ich habe etwas Wunderbares gelesen, darf ich es euch vorlesen, kommt näher alle, es ist zu wunderbar!

Ingeborg Bachmann, Malina (von hier, via Formschub.)

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