Patenkindwunsch

Post! Von Herrn Buddenbohm. Sein jüngerer Sohn ist mein Patenkind. Er schreibt:

Ich: „Soll ich Isa was ausrichten von dir?“
Sohn II: „Ja, mach mal.“
Ich: „Und was?“
Sohn II: „Egal.“
Ich: „Nein, egal wünscht man nicht. Da sagt man einen Wunsch für jemanden. So wie viel Spaß oder Gesundheit oder guten Appetit oder gute Reise.“
Sohn II: „Dann sag Isa, ihr Bett soll sehr kuschelig sein.“

Wie rührend ist das denn bitte? Dann gehe ich da jetzt endlich auch hin, in mein kuscheliges Bett, und träume von Sohn II. (Note to myself: Süßigkeiten nicht vergessen. Bevor ich abflog, fragte er nämlich, ob es in China auch Süßigkeiten gibt, und ob ich ihm welche mitbringe. Und ob es hier auch richtige Süßigkeiten gibt oder nur chinesische.)

Ni hao!

NihaoSo, hier kommt nun auch offiziell die große Neuigkeit: ich gehe für einen Monat nach China. Als „Artist in Residence“ an die Universität Nanjing, auf Einladung des Goetheinstituts. Woohoo! Am 3.11. fliege ich los, am 29.11. komme ich zurück; der Flug ist gebucht, ich habe ein Visum. Und ich bin mächtig aufgeregt.

Das ist alles einigermaßen plötzlich vom Himmel gefallen, ich weiß ungefähr gar nichts über China und fühle mich noch sehr unvorbereitet; wer sich in Nanjing oder China auskennt, wer dort Leute kennt, die ich unbedingt kennenlernen muss, oder Geheimtipps hat, immer her damit. Wo muss ich hin, um Schlange, Ratte, frittierte Insekten zu essen? Oder am allerliebsten: Pfau? Brauche ich eine VPN-Verbindung? Wie nimmt man am besten Geld mit – Kreditkarte? Welche chinesische Literatur könnte man mal lesen? Hach, das ist alles! so! aufregend! In drei Wochen bin ich schon dort.

Messemomente

In der ersten Dreiviertelstunde auf der Messe dreimal Bastian Sick über den Weg gelaufen. Am Stand seines Verlags hieß es, er sei doch gar nicht da. Keine Ahnung, wen ich da immer gesehen habe.

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„Wer ist denn der mit dem Ringelpulli? Den kenn ich doch?“
„Ja, klar, das ist … na … der Regisseur!“
„Sönke Wortmann?“
„Nee, der andere!“
„Leander Haußmann?“
„Nee, der andere!“
„Also, Fatih Akin ist es nicht.“
„Nee, der andere!“
„Orr, logisch! Hier … dings! Detlev Buck!“
„Sag ich doch.“

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Und dann stehe ich plötzlich in einer Runde mit Detlev Buck, Moritz Rinke, David Wagner, Daniel Kehlmann und Thomas Glavinic und, äh, verschwinde ganz schnell wieder.

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Kumquatkompott.

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„Lassen Sie mich durch, ich bin Presse.“

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„Kennen Sie denn unsere Kampagne Vorsicht Buch schon?“
„Ja.“
„Und wie gefällt sie Ihnen?“
„Gar nicht, ich finde sie blöd.“
„Oh. Naja, die ist natürlich auch für eine jüngere Zielgruppe gemacht.“
„Na, schönen Dank!“
„Sie haben angefangen!“

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„Frau Bogdan! Über Sie habe ich ja heute Morgen schon gesprochen!“

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„Was macht der Pfau?“
„Achtzig Seiten. Bis Leipzig bin ich fertig. E-hecht!“

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„Kennen wir uns?“
„Natürlich, ich bin […]“
„Orrrrr, ich wieder! Entschuldigung!“

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„Hey, hallo!“
„Hallo!“
„Ich muss leider aufn Termin, die Richtung.“
„Ich auch, andere Richtung.“
„Ja, so ist die Messe – just a chain of hugs.“

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Anders gesagt: Schuldig in fast allen Punkten.

Bullshitbingo-klein

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Im Taxi.
„Ich muss auf die Zeil.“
„Und ich ins Nordend. Ist doch eine gute Idee, zusammen zu fahren, oder?“
Fahrer: „Ja, kann man gut machen.“
„Hallo, ich bin übrigens Simone.“
„Hallo, ich bin Isa.“

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Speeddating, nur mit tollen Leuten. Buchmesse ist super.

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Plädiere nachdrücklich für die flächendeckende verpflichtende Einführung von Namensschildchen. Liebe alle, die ich nicht gegrüßt habe: es tut mir leid, war keine Absicht. Ich bin gar nicht so, ich kann es nur wirklich nicht.

Besser ist das: Plastik / Müll

Vor ein paar Monaten habe ich hier mit großem Elan eine kleine Reihe angefangen, die „Besser ist das“ hieß, und in der es um den Versuch ging, irgendwie „anständiger“ zu konsumieren. Es ging um Fleisch und andere Lebensmittel, Geld, Kleidung und so weiter. Irgendwann hat mich leider ein bisschen der Schwung verlassen, aber eigentlich war ich noch nicht fertig. Das Thema Plastik und Müll steht beispielsweise noch aus.
Vielleicht war ich auch deswegen so lustlos, weil es so frustrierend ist. Beim Thema Müll liegt ja eines auf der Hand: wir produzieren zu viel davon. Viel zu viel. Vielvielviel zu viel. (mehr …)

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Seit Tagen nicht gebloggt. Almut Klotz ist tot, Wolfgang Herrndorf ist tot, Krebs ist ein Arschloch.
Ich wusste nicht, dass Almut krank ist; ich wusste, alle wussten, dass Wolfgang stirbt. Es macht keinen Unterschied, es haut mich um, beides. Ich kannte sie beide, nicht besonders gut, aber immerhin. Wolfgang kenne ich virtuell quasi schon ewig, wir waren beide von Anfang an im Forum der höflichen Paparazzi; seit ich im Internet herumhänge, war er immer da. Ich hatte immer ein bisschen Angst vor ihm, beziehungsweise Angst, nicht zu genügen, Angst, dass er mich doof und uncool findet, ich habe zu wenig Nabokov gelesen. Was für ein Quatsch. Was für ein Quatsch. Denn in Wahrheit hat er immer nur versucht, Meinungen aus mir herauszuholen, er wollte immer über Bücher sprechen, und warum man was gut findet und was nicht.
Er war mehrfach bei Kaffee.Satz.Lesen, hinterher sind wir immer essen gegangen, die Gespräche waren immer intensiv, und immer wollte ich hinterher endlich Nabokov lesen und habe es doch nicht getan. Almut war auch mehrfach bei Kaffee.Satz.Lesen, vor Almut hatte ich keine Angst, das ging gar nicht, sie war so ein durch und durch freundlicher und zugewandter Mensch, genauso interessiert wie Wolfgang auch, und genauso beeindruckend, aber auf eine ganz andere Weise.
Und dann überlege ich, ob ich jetzt etwas dazu schreibe, dass sie tot sind, es kommt mir nicht richtig vor, gar nichts dazu zu sagen, als wäre nichts passiert, aber genauso wenig kommt es mir richtig vor, etwas zu sagen, denn was soll ich sagen, ich kannte ja beide kaum, wer wäre ich, öffentlich um sie zu trauern, und der Tod macht mich sowieso sprachlos und hilflos. Was ist das überhaupt alles für eine Scheiße.

Eins, was ich aber doch öffentlich sagen möchte, ist dies: Wenn man Wolfgangs Blog in den drei Jahren seiner Krankheit verfolgt hat, dann hatte man immer das Gefühl, dass er die besten Freunde hat, die man sich wünschen kann. Die für ihn da waren, wenn er sie brauchte, die ihn in Ruhe ließen, wenn er in Ruhe gelassen werden wollte, die mit ihm an seinen Büchern arbeiteten und ihn dabei nicht schonten, sondern extrakritisch waren, weil das genau das war, was er brauchte und wollte. Die seine Entscheidungen und Wünsche akzeptiert und ihn ganz offensichtlich durch diese Zeit getragen haben. Ich fand es beim Bloglesen immer ein bisschen tröstlich, dass ich das Gefühl hatte, er ist in dem ganzen Elend so gut aufgehoben bei seinen Freunden, wie man es nur sein kann. Der Trost, den ich daraus gezogen habe, ist natürlich piepegal und tut nichts zur Sache, deswegen wäre es vielleicht auch nicht angebracht, dass ich dafür etwa „danke“ sage. Aber ich wünsche allen in vergleichbaren Situationen genau solche Freunde wie diese. Ihr seid toll.

Das letzte Wort in Wolfgangs Blog, der ganze letzte Eintrag, ist vom 20. August und lautet: Almut. Vielleicht sitzen sie längst zusammen irgendwo und trinken ein Bier und haben es gut. Was für einen Quatsch man sich so ausdenkt, weil es irgendwie tröstlich wäre.

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