Warum 30 x 60 nicht 1800 ergibt. Oder: die Normseite

Literaturübersetzungen werden nach Seiten abgerechnet. Und weil auf eine Seite ja sehr unterschiedlich viel draufpasst, ist genau definiert, was „eine Seite“ ist – eine sogenannte Normseite. Und die gilt nicht nur für die Abrechnung von Übersetzungen, sondern ist im Literaturbetrieb auch ansonsten das Maß für den Umfang eines Texts.
Die Normseite stammt noch aus der Schreibmaschinenzeit. Damals ging es darum, über einen bestimmten Rahmen nicht hinauszuschreiben. Übersetzer bekamen teilweise sogar vom Verlag Papier geschickt, auf dem dieser Rahmen aufgedruckt war. Hinein passten genau dreißig Zeilen mit jeweils höchstens sechzig Anschlägen.
Schreibmaschinenschriften waren nicht proportional, das heißt, es passten immer gleichviele Buchstaben in eine Zeile. Nämlich, im Falle der Normseite, 60. Heute auf dem Computer ist das anders, da haben wir Proportionalschriften – das bedeutet, dass beispielsweise ein i oder l in den meisten Schriftarten deutlich schmaler ist als ein M oder W. Dadurch kann eine Zeile, in der lauter i, j, l usw. vorkommen, deutlich mehr Anschläge haben als eine Zeile, in der viele m, w, C und sowas sind. Logisch.
Von den Standardschriften ist nur die Courier nicht proportional (es gibt bestimmt noch mehr, aber das ist so der Klassiker), da braucht ein i genauso viel Platz wie ein W. Deswegen stellen wir, wenn wir Normseiten haben wollen, die Courier oder Courier New ein und richten die Seitenränder so ein, dass höchstens sechzig Anschläge in eine Zeile passen und höchstens dreißig Zeilen auf eine Seite. Dreißig mal sechzig ergibt nun aber nicht 1800 – denn die wenigsten Zeilen werden ja voll. Wenn ein Wort bis zum einundsechzigsten Zeichen gehen würde, rutscht das ganze Wort auf die nächste Zeile, und die erste Zeile hat vielleicht nur 56 Anschläge. Oder ist am Ende eines Absatzes gleich halb leer. Und dann gibt es in der Literatur natürlich auch Stellen wie diese:

„Ja“, sagte sie.
„Nein“, sagte er.
„Doch“, sagte sie.

NormseitenbrettchenAuch damit bekommt man eine Seite voll. 1800 Anschläge hat sie dann sicher nicht, es ist aber trotzdem eine Normseite. Manchmal ist glatt die halbe Seite leer, oder noch mehr, weil danach ein neues Kapitel und damit eine neue Seite anfängt. Im Durchschnitt hat eine Normseite irgendwas zwischen 1400 und 1600 Anschlägen; wenn ein Text sehr dialoglastig ist, kann es auch deutlich weniger sein. Wie eine Normseite aussieht, kann man sehr schön auf Sandra Uschtrins Normseitenbrettchen sehen (wobei mir nicht klar ist, wie sie das mit Times New Roman hinbekommen will, denn die ist ja proportional). Auf einer Normseite ist also zwar theoretisch Platz für 1800 Anschläge, aber in einem normalen Text werden es nie so viele sein.

Jetzt gibt es immer wieder Verlage, die in ihre Verträge schreiben: Der Übersetzer erhält ein Honorar von 19,- € pro Normseite (1800 Anschläge). Das geht natürlich nicht. Es gibt sogar Lektoren, die behaupten, sie würden immer nach 1800 Anschlägen abrechnen, und es hätte noch nie ein Übersetzer was dagegen gesagt. Man kann in diesem Fall gut einen Link zu dem Text von Burkhard Kröber auf der Webseite der Literaturübersetzer schicken. Böse These: Die betreffende Lektorin hat nämlich entweder keine Ahnung oder keine Skrupel. Denn für den Verlag wird es natürlich günstiger, wenn sie für 1800 Anschläge das gleiche bezahlen wie für eine Normseite.

Eine Abrechnung nach 1800 Anschlägen wäre den meisten Übersetzern vermutlich ebenso recht wie eine nach Normseiten – allerdings muss man dann pro 1800 Anschläge eben entsprechend mehr bekommen als für eine Normseite. Vielleicht 23,- statt 19,- €.

Fachübersetzungen werden im Gegensatz zu Literaturübersetzungen übrigens meist nach Zeilen bezahlt, manchmal auch nach Wörtern oder Anschlägen. Bei der Abrechnung nach Anschlägen gibt es dann Auftraggeber, die die Anzahl der Anschläge ohne Leerzeichen berechnen wollen. Mieser Trick. Ein Leerzeichen ist ja ebenfalls ein Zeichen. Manchmal muss man sogar nachschlagen, ob da ein Leerzeichen hinkommt oder nicht. Sollte ich jemals eine Abrechung nach Anschlägen vereinbaren und erst hinterher erfahren, dass das ohne Leerzeichen gedacht war, dann wird der Auftraggeber eben einen Text ohne Leerzeichen bekommen. Hugh, ich habe gesprochen.

Tante Isas kleine Deutschstunde: verhaften / festnehmen

Liebe Krimi-Autorinnen und -Übersetzer, liebe Journalistinnen, das geht vor allem an Euch: verhaften kann man jemanden nur, wenn man einen Haftbefehl hat. Wenn man ihn auf frischer Tat ertappt, beispielsweise beim Steinewerfen auf Demonstrationen oder so, dann wird er festgenommen. Kann man sich ganz einfach merken: in verhaften steckt Haft, und das geht nur mit Haftbefehl.
Wenn man das einmal weiß, machen einen diese Meldungen, da seien auf einer Demo 20 Personen verhaftet worden, ganz jeck.

Schon wieder!

KutzmutzPorombkaKinder, Ihr beschämt mich ja langsam: ich habe tatsächlich schon wieder ein Geschenk von meinem Wunschzettel bekommen! Geht das jetzt immer so weiter? Danke, liebe Susanne, für Erst lesen. Dann Schreiben. 22 Autoren und ihre Lehrmeister – Was Robert Gernhardt von Lichtenberg, Daniel Kehlmann von Nabokov oder Hanns-Josef Ortheil von Hemingway lernten, herausgegeben von Olaf Kutzmutz und Stephan Porombka. Darauf bin ich auch sehr gespannt. (Die „22 Autoren“ sind übrigens 18 Autoren und 4 Autorinnen. Meinjanur.) Und danke besonders für die netten Worte, sowas freut das kleine Bloggerherz doch sehr.
(Hier eine schöne Besprechung von Katharina Bendixen.)

SuB

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Das ist der SuB. Zu viel, um ihn noch auf einem Haufen liegenzulassen, deswegen habe ich die Bücher erstmal ins Regal sortiert, sie aber vorher fotografiert, weil ich sonst selbst nicht mehr weiß, was ich noch unedingt lesen wollte. Im Regal allerdings sind noch mehr tolle Sachen, die der Gelesenwerdung harren. Das ist doch alles zu viel, wann soll man das denn alles lesen. Mich überfordert ja gerade schon die Auswahl. Was lese ich denn jetzt?

Liebes Tagebuch,

was für eine volle Woche: Montag und Dienstag steppen (Montag habe ich allerdings geschwänzt, weil ich ja schon das Wochenende davor unterwegs war und der Rest der Woche abzusehen war, da wollte ich einfach auch mal einen Abend zu Hause sein), Mittwoch Übersetzertreffen, Donnerstag mit zwei Freundinnen bei einem Konzert der Flamingos in Rindchens Weinkontor, was sehr lustig war, Freitag Neujahrsfeier in der Steppschule. Da wollte ich eigentlich gar nicht hin, bin dann aber relativ kurzentschlossen doch gegangen und es war unglaublich nett. Eine Band hat gespielt, und wer wollte, konnte dazu improvisieren; es gab ein paar kleine Vorführungen und leckeres Essen und Getränke und war ein superschöner Abend.
Samstag dann die Beerdigung in Lingen, und von dort aus sind wir gleich nach Oldenburg gefahren, weil meine Schwiegermutter Geburtstag hatte. Jetzt sind wir gerade wieder zu Hause.
Jeden Abend unterwegs also – zwischendurch habe ich mir für nächste Woche auch noch was aufdrängen lassen, die nächste Woche sieht also folgendermaßen aus: Montag Jahresrückblick (das ist immer sehr, sehr lustig, sehr zu empfehlen), Dienstag Steppen, Mittwoch eine Kollegin treffen zur Vorbereitung der VdÜ-MV, Donnerstag steht nichts im Kalender, Freitag Burns Night. Ehrlich, wann genau sehen andere Leute nochmal fern?
Ich habe diese Woche keinen Film gesehen. Sehe das Filmprojekt deswegen aber natürlich nicht als gescheitert an, denn es war ja erst die dritte Kalenderwoche, und ich habe schon vier Filme gesehen.
Gelesen habe ich kaum, nur halbherzig in irgendwelche Bücher reingeguckt, aber nicht richtig wieder was angefangen. Naja gut, vorher noch Bitte anstellen, aber das fällt nicht so richtig unter „Bücher lesen“.
Was die Arbeit angeht, habe ich eindeutig zu wenig geschafft. Ein bisschen dies und das erledigt, Kleinkram und Drumherum, aber von der eigentlichen Arbeit zu wenig. Jetzt wieder gute Vorsätze für die nächste Woche. Früher ins Bett, früher raus, konzentrierter Arbeiten, also alles ganz normal wie immer.

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