Happy Birthday to me!

Is a blog wird heute 12 Jahre alt. Zwölf! Das ist doch verrückt. Okay, im letzten Jahr habe ich das hier alles ein bisschen vernachlässigt, aber jetzt habe ich wieder gute Vorsätze, denn mal ehrlich: Auf Facebook geht alles verloren, und ich habe hier die besten Leser der Welt, es wäre wirklich blöd, das brach liegen zu lassen. Und demnächst bin ich auch wieder weniger unterwegs und mehr am Schreibtisch. Also weiter mit Musik! Und dann wieder mit Text, das hat doch dieses Jahr schon ganz gut geklappt. Prost und happy birthday, kleines Blog! Alles Kunst, wenn Ihr tanzt!

Nach der Party

Wir hatten also mal wieder eine Party hier, es war wieder voll, es war wieder super, ich liebe das, wenn die Bude voll ist und alle essen und trinken und sich unterhalten und die Kinder zwischendrin herumwuseln. Als sie alle noch kleiner waren, musste man immer ein bisschen gucken, dass sie nicht zu stürmisch um den Weihnachtsbaum herumtobten, denn da sind immer echte Kerzen drin, aber inzwischen sind alle Freundeskinder groß genug, dass sie sich auch gut allein beschäftigen oder einfach bei den Erwachsenen sind und mitessen oder sich mit unterhalten, und dann verschwinden sie wieder und machen ihr eigenes Ding. Zwischendurch kommen sie zu mir und fragen, ob ich Papier und Stifte habe, und eine Stunde später wollen sie Tesa, und natürlich bekommen sie Papier und Stifte und Tesa, wenn sie das brauchen.

Irgendwann gehen sie, sie sind dann doch noch so klein, dass sie auch mal ins Bett müssen, und es ist sind nur noch ein paar vereinzelte Gäste da. Der lustige Mann geht kurz ins Bad und kommt zurück und sagt: Komm mal mit. Und dann klebt das hier von innen an der Badezimmertür. Wie geheimnisvoll! Wer mag Manfred sein?

Ich weiß natürlich, dass in Abstellkammern nicht nur wertlose Sachen sind. In unserer Speisekammer zum Beispiel sind lauter tolle Sachen. Aber vielleicht ist das ja ein Hinweis! Vielleicht können wir ja in der Speisekammer herausfinden, was es mit Manfred auf sich hat! Immerhin haben wir genug Wegzehrung für den weiten Weg zur Speisekammer, es sind nämlich auch noch ein paar Chips in dem Umschlag. Und da, tatsächlich! In der Speisekammer ist auch ein Hinweis!

Wo Axel seine Gitarren versteckt, das ist einfach. Zum Glück haben wir auch für den Weg dorthin wieder Chips bekommen. Und sogar auch ein bisschen Schokolade! Im Musikzimmer *hust* finden wir dann ein richtiges Rätsel:

Aber wir sind ja schlau. Das Sofa? Nein, erstmal gucken wir unter unser Bett: DA! EIN SCHATZ! Ein echter Schokoladenschatz unter unserem Bett! Jetzt wissen wir zwar immer noch nicht, wer Manfred ist, haben aber so eine Ahnung, wer in Wahrheit einen Schatz für uns versteckt hat.

Boah. Sowas Tolles! Da meint man nach einer Party, jetzt müsste man nur jede Menge Zeug aufräumen, und auf einmal ist man in der eigenen Wohnung mitten in einer Schatzsuche. Wie super ist das denn bitte! Wir haben uns vielleicht gefreut, vielen Dank an Jojo und K.!

„Irgendwo bellte ein Hund.“

Einer der abgedroscheneren Sätze der Literaturgeschichte. Kommt in allen Genres und in den besten Familien vor, wie die taz hier so schön darlegt. Im Gegensatz, beispielsweise, zum ebenso abgedroschenen „Es war, als hätte jemand ein Licht in ihr angezündet“, das ist eindeutig eine Liebesschnulze oder Chick-Lit, und es ist Kitsch.
Aber der Satz mit dem Hund – wahlweise auch: „In der Ferne bellte ein Hund“ –, geht immer und überall, und er ist natürlich an sich erstmal kein Kitsch, sondern so voll atmosphärisch dicht und so, aber man hat ihn halt ein paarmal zu oft gelesen. Herr TWSchneider hat mir auf Facebook, weil ebendieser Satz in Jane Gardams Letzte Freunde steht, einen kleinen Seitenhieb verpasst, der mich jetzt schon seit gestern beschäftigt, denn es stellt sich ja in der Tat die Frage: Was macht denn die Übersetzerin, wenn im Original steht:

A lost dog barking out of sight.

Schreibt man da: „In weiter Ferne war das Bellen eines einsamen Hundes zu hören“, nur um nicht „Irgendwo bellte ein Hund“ zu schreiben? Ich meine: Nein. Denn da liest man ja laut und deutlich „die Übersetzerin wollte wohl nicht ‚Irgendwo bellte ein Hund‘ schreiben“ mit. Oder? Da muss man doch erst recht „Irgendwo bellte ein Hund“ schreiben und hoffen, dass jeder Leser kapiert, dass das ein Zitat ist oder eine Art Running Gag der Weltliteratur und nur ironisch gemeint sein kann. Das denke ich, und das hoffe ich, und ich hoffe außerdem, dass Jane Gardam einen solchen Satz auch nicht ganz ohne Augenzwinkern meinen kann. Gleichzeitig weiß ich genau, dass es als Scherz nicht funktioniert.
Es ist nämlich so: Im Pfau kommt der Satz „Irgendwo blökte ein Schaf“ vor. Den habe ich jetzt auf knapp 60 Lesungen vorgelesen, und es hat noch nie jemand gelacht. Einer von zwei Gags, die noch kein einziges Mal funktioniert haben. Und jetzt? Mal meinen eigenen Humor überdenken? Oder bei nächster Gelegenheit noch deutlicher werden, wie etwa Jo Lendle, der in „Was wir Liebe nennen“ schreibt:

In der Ferne bellte kein Hund.

Großartiger Satz, ich habe laut gelacht, aber es geht halt ein bisschen die Subtilität flöten. Oder gar die Subversivität. Ist es subversiv, einen Satz zu schreiben, der einfach überhaupt nicht (mehr) geht? Oder fällt das nur unter „Witze, die niemand kapiert“? Ich weiß es nicht.

Vor einer ähnlichen Frage steht man übrigens bei der Neuübersetzung von Klassikern. Was macht man mit ikonischen Sätzen? Was macht man, wenn man den kleinen Prinzen neu übersetzt, aus „man sieht nur mit dem Herzen gut usw“ – macht man das krampfhaft irgendwie anders? Oder lässt man es so, weil der Satz ja gut ist, wie er ist? Die einen so, die anderen so, klar. Keine Ahnung, was ich täte. Vermutlich würde ich es bei der etablierten Version belassen, denn irgendwann gilt so ein Satz ja als „richtig“.

Mal sehen, vielleicht kriege ich ja im nächsten Roman ein „Irgendwo schrie ein Pfau“ unter.

Neue Fotos!

Auf der Buchmesse, nachts um halb drei auf der Hanserparty, spricht mich plötzlich eine wildfremde Frau an: Sie sei Fotografin, Spezialität Autorenfotos, aus München, und sie wisse, dass ich Ende November zwei Tage in München sei, ob ich vielleicht Lust hätte, dann Fotos zu machen. Da war ich ein bisschen platt, und dann war Ende November und ich in München, und wir haben Fotos gemacht. Voilà, bei Klick aufs Foto gibt es noch mehr von Heike Bogenberger (erstmal von mir, aber auf der Seite sind noch ganz viele andere Autorenbilder):

Film: Paula

Kaum hat das Jahr angefangen, war ich schon im Kino. (Und im Musical und essen und auf einem Konzert, und ich habe eine Party geschmissen und ein Interview gegeben, dabei ist heute erst der neunte. Und ich sollte übersetzen, statt mich rumzutreiben. Jenun. Jetzt bin ich aber erstmal krank.) Im Kino habe ich Paula (Regie: Christian Schwochow) gesehen, ein Biopic über Paula Modersohn-Becker. Das passt ganz gut, weil wir dieses Jahr nach Worpswede wollen. Wie so Streber!
Paula Becker kommt um die vorletzte Jahrhundertwende als junge Frau nach Worpswede, um Malen zu lernen. Dummerweise ist sie erstens eine Frau, und Frauen können ja vielleicht auch ein bisschen malen, wenn sie denn wollen, aber sie können bitteschön keine Malerin sein. Zweitens malt Paula auch noch in ihrem eigenen Stil, moderner als der alte Mackensen es lehrt, und das passt ihm nun wirklich überhaupt nicht. Etwas entspannter sieht das sein Kollege Otto Modersohn; Paula und er verlieben sich und heiraten. Für ihn ist es die zweite Ehe, seine erste Frau ist gestorben. Die Ehe ist zunehmend katastrophal. Außerdem lässt er Paula zwar malen, wie sie will, aber in Worpswede kann sie nichts werden. Rainer Maria Rilke lockt sie schließlich nach Paris, wo sie ganz anders ernstgenommen wird und aufblüht, bis dann, na ja, ich plaudere das Ende nicht aus; gebildetere Leute als ich wissen, wie es mit Paula Modersohn-Becker weiterging, und wer es nicht weiß, kann den Film gucken.
Wie sag ich das jetzt? Das ist ein toller Film, es ist alles sehr, sehr schön anzugucken. Und das ist so ein bisschen das Problem: ich fand, der Film bemüht sich zu sehr um schöne Bilder. Es ist natürlich ein Film über eine Malerin, schöne Bilder sind also quasi das Thema, aber diese ganzen Landschaftsaufnahmen mit Nebel über dem Moor sind halt genauso klassisch und konventionell wie das, was Paula eben nicht will. Und dann kommen geradezu David-Hamilton-hafte Momente hinzu, wenn Paula und ihre Freundin Clara Westhoff etwa barfuß in weißen Kleidchen kichernd durchs Moor tanzen, du lieber Himmel. Außerdem hat mich Rilke fürchterlich irritiert, der praktisch als Witzfigur eingeführt wird. Das bessert sich zwar im Laufe des Films, aber es fällt einem schwer, das mitzuvollziehen. Allerdings macht Paula (Carla Juri) das durch ihre wirklich umwerfende Zauberhaftigkeit alles wieder wett. Also: Kann man sich gut angucken, aber für den ganz großen Wurf halte ich den Film jetzt nicht. Alles ein bisschen zu schön. Was eine Mäkelei auf wirklich hohem Niveau ist.

„Es gibt schreckliche Versuchungen. Und es erfordert Kraft, Ihnen nachzugeben.“

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