Madeira

Autofahren
„Ihr müsst Euch einen Mietwagen nehmen“, sagten alle, und weil alle immer recht haben, nahmen wir uns also einen Mietwagen. Und siehe, es war gut. Allerdings: puh. Madeira ist eine felsige Insel mit unfassbar hohen Klippen, es geht eigentlich permanent bergauf oder bergab, und zwar aberhallo. Supersteile Haarnadelkurven, dauernd am Berg anfahren, und zwar mit Steigungen, von denen ich wirklich nicht sicher gewesen wäre, dass ein normales Auto sie überhaupt schafft. Ich kann Autofahren sowieso nicht leiden und muss es deshalb meistens nicht tun, und mit einem Mietwagen schon gar nicht. Und der lustige Mann hat das hier alles sehr cool gemacht, aber uiuiui. Ich freue mich dann auch wieder auf ebene Straßen und handhabbare Steigungen.
Die gute Nachricht ist: die Portugiesen, oder vielleicht speziell die Madeiraner, sind total entspannt. Bei allem, scheint’s, und so auch beim Autofahren. Sie fahren die Berge schneller hinunter als die Touristen, weil sie es gewohnt sind, aber sie drängeln nicht, hupen nicht, gestikulieren nicht – wenn irgendwas ist, dann warten sie einfach. Und wenn sie selbst einfach mal stehenbleiben wollen, um ein Schwätzchen mit jemandem am Straßenrand zu halten, dann wartet man eben dahinter, bis sie fertig sind. Total entspannt. Solange man keine Visionen von versagenden Bremsen hat.
Auch nett: es sind fast nur winzig kleine Autos unterwegs. Die großen können auch einen Teil der Straßen wahrscheinlich gar nicht befahren, weil zu eng, oder zumindest zu enge Kurven. Wobei, die Busse schaffen auch Erstaunliches.

Baden
Die Felsigkeit der Insel bedeutet außerdem: Für einen Strandurlaub eignet Madeira sich eher nicht, denn es gibt ungefähr gar keinen Strand. Ein paar kleine Kiesstrände, für die man dicke Liegeunterlagen und richtige Badeschuhe braucht, sonst macht es wirklich keinen Spaß. Und noch weniger, noch kleinere Sandstrände mit schwarzem Sand, die man erst mal finden muss (wir haben genau einen gefunden, an dem es so windig ist, dass man gesandstrahlt wird). Und dann gibt es einen aufgeschütteten Strand mit 40.000 Kubikmetern Wüstensand hinter Beton-Wellenbrechern. Man staunt, wie wenig 40.000 Kubikmeter sind.
Alles andere sind Klippen. Baden ist nicht unmöglich, aber wer Strand möchte, soll lieber woanders hinfahren.
Das Wasser allerdings ist unglaublich großartig, knapp über 20°C und kristallklar, wo auch immer wir gebadet haben. Davon kann ich gar nicht genug bekommen, Baden im Meer ist so wahnsinnig toll. Und so ein Schwimmbad mit herrlich glatten Betonflächen ist auch eine feine Sache.

Termine

Am 1. August von 17.00 bis 19.00 Uhr bin ich in der Sendung „Wortpong“ bei Radio FSK, plaudere mit Annette Riestenpatt über mein Buch und werde auch was vorlesen. Ist live im Internet zu hören.
Ansonsten habe ich die aktuellen Lesungstermine jetzt auch rechts in die Seitenleiste gesetzt: Sonntag, 29.07., bei „Poets on the Beach“ am Elbstrand; Dienstag, 02.08., mit Maximilian Buddenbohm zusammen im Hamburger Literaturhaus; und am 05.08. in Berlin im „Bad Kreuzberg“. Mehr zu den Lesungen steht immer hier.

Madeira: Urlaubspostkarte

Wir waren zwei Wochen auf Madeira. Madeira gehört zu Portugal, liegt aber deutlich südwestlich davon, im Atlantik, draußen vor Afrika, etwa auf der Höhe von Marrakesch oder Casablanca, nördlich der Kanaren. Das Klima ist warm, aber nicht zu heiß, oft um die 25°C, daher ist die Insel auch bei Rentnern beliebt, angeblich.
Wir stellen fest, die Temperaturen sind etwas höher, eher so um die 30°C oder drüber (die Jeans, die ich auf dem Bild trage, ist jedenfalls viel zu warm), und jawoll, Rentner sind da, außerdem auch junge Leute und Familien mit Kindern jeden Alters und mittelalte Leute, alle Altersgruppen dabei. Die Touristen kommen aus Deutschland, Frankreich, England, der Schweiz, Österreich, Portugal, Skandinavien, Russland und Polen. Nur Spanisch und Niederländisch hören wir kaum, Italienisch gar nicht. Sensationell superschöner Urlaub, demnächst erzähle ich mehr! Und ganz viele Fotos habe ich auch.

Alexandra Tobor: Sitzen vier Polen im Auto

Jaja, ich bin spät dran – wer die anderen Blogs auch alle liest, die schon drüber geschrieben haben, kann hier aufhören zu lesen, ich schreibe jetzt nämlich auch nur dasselbe. Also erstens: blöder Titel, zweitens: super Buch. Mannmann, der Titel klingt echt wie eine Witzesammlung. (Und dann noch der Untertitel, „Teutonische Abenteuer“, was für ein Quark.)

Alexandra, genannt Ola, wächst in Polen auf. Eines Tages findet sie im Keller ihrer Oma einen Quellekatalog, und seitdem hat sie eine sehr genaue Vorstellung vom Paradies. Und dann kombiniert sie schnell, dass dieses Paradies viel mit den Buchstaben B, R und D zu tun hat, und mit dem Wort „rausfahren“.
Und genau das tut ihre Familie irgendwann auch: rausfahren, in die BRD, ins Paradies. Wo jeder seine eigene Coladose hat, wo es rosa Jogginganzüge mit Mickey Mouse drauf gibt und unfassbar viele Sorten Haribo und Fruchtjoghurt.
Und wo, wie sich dann natürlich herausstellt, auch nicht alles so super ist. In der Aussiedlerbaracke, wo es plötzlich für die gesamte Familie ein Zimmer gibt, und nicht mehr ein Haus, wie in Polen. Wo der Vater keine Arbeit findet, weil er nicht genug „angeben“ kann. Und wo Ola in der Schule nur schwer Freunde findet – unter anderem, weil „Made in China“ in Deutschland eben nicht der Gipfel des luxuriösen Chics ist. Und so weiter.
Man macht sich das ja nicht immer so klar. Also, ich jedenfalls. Wie es ist, „Ausländer“ zu sein, in einer anderen Kultur zu leben, Dinge nicht zu verstehen, weil sie eben zu Hause anders waren, und teilweise gar nicht auf die Idee zu kommen, dass es sich um eins dieser kulturellen Missverständnisse handelt. (Immerhin habe ich ein Jahr in Tokyo gelebt – wie es sich anfühlt, anders auszusehen, weiß ich also, aber als Deutsche in Japan hat man natürlich mit vollkommen anderen Vorurteilen zu tun als als Polin in Deutschland.) Vollends zieht es einem die Schuhe aus, als Ola zu einer Klassenkameradin nach Hause eingeladen wird, weil deren Eltern finden, ihre Tochter „solle auch mal mit Ausländern spielen“. Und da nicht nur Ola, sondern auch Alexandra Tobor als Kind nach Deutschland gekommen ist, nehme ich an, dass diese Geschichte möglicherweise nicht frei erfunden ist.
Der Kulturschock eines Kindes und seiner Familie wird mit soviel Herz und Witz beschrieben, dass man beim Lesen nicht nur seinen Horizont erweitert, sondern auch noch bestens unterhalten wird. Sehr schönes Buch!

Alexandra Tobor: Sitzen vier Polen im Auto. Ullstein, 272 Seiten, 9,99 €. Als E-Book 8,99 €.
(Die Links führen zum Osiander-Webshop.)

NACHTRAG: In ihrem Blog gibt die Autorin noch ein paar Hintergrundinformationen.

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