Ich war auf zwei Hochzeiten. Meistens schreibe ich über so eher private Dinge ja nicht, zumal es ja sogar die privaten Dinge anderer Leute sind, aber diesmal muss ich, weil jemand angedrohtkündigt hat, nach „Discofox Hamburg“ googeln und damit mein Blog finden zu wollen. Deswegen muss ich jetzt über Discofox in Hamburg schreiben, und den habe ich eben auf einer dieser beiden Hochzeiten getanzt, beziehungsweise, ich könnte natürlich auch einfach sonstwas über Discofox in Hamburg behaupten, völlig egal, Hauptsache, Google findet mein Blog mit „Discofox Hamburg“. Tue ich aber nicht, hier ist ja immer alles streng die Wahrheit.
Die erste Hochzeit ist damit auch schon raus, denn die war weder in Hamburg, noch habe ich dort Discofox getanzt. Sie war vielmehr in Mainz und ich tanzte Walzer, und zwar mit dem Gatten, und der wiederum braucht mein Blog nicht zu googeln, er kennt es ja schon. Aber die Hochzeit war super!
Eine Woche später auf der Hochzeit in Hamburg aber tanzte ich Discofox, was ich seit, ach, gefühlten hundert Jahren nicht getan habe, was unter anderem daran liegt, dass der Mann Discofox weder leiden noch tanzen kann, und andere Männer – was ist das eigentlich mit euch Männern? Warum tanzt ihr nicht? Macht doch so einen Spaß.
Auf der zweiten Hochzeit also tanzte dieser schöne, große Mann, mit dem wir vorher schon irgendwelchen Quatsch gemacht hatten, Discofox mit der einen Braut und sagte hinterher, er und Discofox, sie seien nämlich *so* miteinander, und da sagte ich, ich wolle bitte auch noch einen Discofox von ihm. Und dann warteten wir Stund’ um Stunde, und es lief Soul und Rock’n’Roll und lauter Musik unterschiedlichster Provenienz und Couleur, aber kein akzeptabler, tanzbarer Discofox mehr, und wir tranken Wein um Wein, und der Mann fing einen der beiden Brautsträuße – also, der Discofoxtänzer, nicht meiner – und alle gratulierten, und wir tranken noch mehr Wein, und gegen halb zwei lief endlich Sweet Dreams, und der schöne, große Mann und ich riefen gleichzeitig: jetzt!
Und dann tanzten wir Discofox, und es stellte sich raus, dass es eine extended version oder sowas von Sweet Dreams sein musste, denn das Lied hörte gar nicht mehr auf, und wir hörten auch nicht mehr auf, und mir war schwindelig vom Wein und vom Discofox in Hamburg, und der Tänzer sagte „sachma! Normalerweise geben die Frauen nach zwei Minuten schon auf“, aber ich doch nicht, ich gebe doch beim Tanzen nicht schon nach zwei Minuten auf, wo kämen wir denn da hin.
Und dann war das Lied zu Ende, und es kam kein Discofox mehr, und man soll ja auch aufhören, wenn es am schönsten ist, und jetzt habe ich hoffentlich oft genug die Wörter Discofox und Hamburg geschrieben, damit das Googleexperiment stattfinden kann und er mich findet, was natürlich total überflüssig ist, denn das hat er über Facebook eh schon. Welcome, Sir, das hier ist mein Blog.
Und so war auch diese zweite Hochzeit super, nicht nur wegen des Discofoxes, sondern auch wegen der strahlenden Bräute und der strahlenden und sich mitfreuenden Gäste, und weil Hochzeiten sowieso immer super sind, alte Regel. Ehrlich, Hochzeiten: toll. Und das beste ist, immer, wenn ich denke, schade, jetzt sind alle durch, jetzt sind alle verheiratet, dann stellt sich raus: stimmt gar nicht, irgendwer heiratet dann doch noch, und dann freue ich mich, weil Hochzeiten nämlich super sind. Manchmal kann man sogar Discofox tanzen oder Walzer.
[Hier, Hamburger Männer: Ich würde wirklich gern wieder tanzen. Niveau wäre sicher schnell wieder bei Bronze oder Silber, Körpergröße 1,85 Minimum, besser größer. Weil, 1,82 bin ich selber. Gern schwul; einfach deswegen, weil das ein oder andere Problem dann gar nicht erst im Raum steht. Muss aber nicht.]
In einer Museumsbuchhandlung kurz durchgelesen und sofort gekauft. Ging gar nicht anders.
Es gibt ein Land, in dem die Menschen fast gar nicht reden. Das ist das Land der großen Wörterfabrik. In diesem sonderbaren Land muss man die Wörter kaufen und sie schlucken, um sie aussprechen zu können. […] Es gibt Wörter, die sind wertvoller als andere. Man sagt sie nicht oft. Eigentlich nur, wenn man sehr reich ist. Denn im Land der großen Wörterfabrik ist Sprechen teuer. Diejenigen, die kein Geld haben, durchsuchen manchmal die Mülleimer. Aber die weggeworfenen Wörter sind meist wertlos: Man findet nur Hundekacka und Hasenpipi.
Was es in diesem Land aber auch gibt, ist die Liebe. Und die Eifersucht, die gibt es auch. Und es ist natürlich ganz unglaublich reizend, was dann wegen der Liebe passiert. Paul ist nämlich in Marie aus dem Nachbarhaus verliebt, aber das kann er ihr nicht sagen, denn er hat kein Geld. Am Ende wird aber alles gut, versprochen. Also gut, es schrammt vielleicht stellenweise hart am Kitsch vorbei, ebenso wie die Illustrationen – aber wer ein Herz hat, wird diesem kleinen Büchlein sofort erliegen. Ehrlich. Absolut zauberhaft.
[Die Links führen zum Webshop der Buchhandlung Osiander. Wenn Ihr sie hier anklickt und das Buch dann dort bestellt, werde ich unermesslich reich. Danke.]
Mit Ihrer lockeren Zunge schießen Sie schnell und scharf. Würden Sie bei Ihrer Kritik aber manchmal nicht lieber in die Tiefe gehen? Ich komme ja aus der Tiefe. Ich habe lange übersetzt und halte an dem Glaubensbekenntnis fest, dass der Übersetzer der genaueste Leser eines Textes ist. Mitunter liest er ihn sogar genauer als der Autor, da er den Text von außen betrachtet, aber mit dem Zwang, ihn in seinen eigenen Worten wiedergeben zu müssen.
8:21 Uhr Das erste Mal auf dem Weg zur Frankfurter Buchmesse. Trage einen Pullunder und fühle mich generell sehr professionell. Who let all these peasants here on the ICE to Mainhattan? Ts, ts, ts.
10:30 Ankunft. Wo ist das Isabo, ich brauch mein Isabo, ich kenn doch hier keinen, ich werd verrückt, isch kann net mehr, isch will net mehr.
10:31 Blick auf den Plan erinnert mich daran, dass Christoph Metzelder hier gleich sein 1. Fotobuch vorstellt. AWWW YEAH. Isa ist vergessen.
10:45 Metze steht da in all his glory. Ich muss ein Foto haben. Und ein Autogramm. Ich muss.
10:53 Sehe Metze glücklich dabei zu, wie er Interviews gibt.
11:00 Metze gibt weiter Interviews. Und sieht dabei schön aus. Aber mein Foto doch! Jetzt aber.
11:07 Hand geschüttelt, Autogramme bekommen, Fotos gemacht. (Casually fainting.) Mann, ist der nett. Und groß. Und schön. Und so nett.
11:12 Ich sehe auf beiden Fotos scheiße aus. Das kann so nicht bleiben. Das kann auch Metze nicht egal sein. Wer weiß, wann der mich das nächste Mal wiedersieht.
11:13 Ich kann da jetzt aber nicht noch mal hin. Oh Gott.
11:19 Geistesblitz.
11:20 „‘Tschuldigung, ich bin’s noch mal, könnten wir vielleicht noch ein Foto machen? Die ersten beiden sind nämlich verwackelt.“ – Metze: „Ach was, hatte das nicht der Fotograf von der WELT gemacht?“ – „Tja, haha, Dinge gibt’s. Können wir dann…?“
11:23 Das 3. Foto ist annehmbar. Metze darf weiter Interviews geben.
11:31 Isa ruft an und will sich treffen. Ich kann jetzt hier nicht weg, das versteht sie.
11:35 Isa und ich sehen gemeinsam Metze beim Interviewgeben und Schönaussehen zu. Das macht er gut, der Junge.
11:45 Isa schafft’s tatsächlich, mich wegzuzerren. Zweitfrühstück mit Zoë Beck. Das ist nicht nur eine hübsche Alliteration, das ist auch an sich nett. Ich erzähle, dass ich Christoph Metzelder getroffen habe. Höfliches Nicken von Frau Beck.
12:10 Isa und ich hören hingerissen Christoph Niemann dabei zu, wie er genauso toll redet, wie er graphikdesignt. Isa meint, „Christoph Niemann ist Gott!“, woraufhin eine Kollegin hinter uns ihr höflich widerspricht: „Nein, das ist mein Schwager.“ Wieder was gelernt.
12:30 Auf zum Übersetzerzentrum, das jetzt „Weltempfang“ heißt. Schönes Wortspiel, aber seltsame Assoziation mit diesem Maskottchen-Männchen von der Leipziger Messe irgendwie.
12:45 Wir treffen Eike Schönfeld. Isa ist gefasst, das macht sie offensichtlich nicht zum ersten Mal. Ich bin starstruck (O-Ton Isa) und stottere „Sie haben den ‚Fänger im Roggen‘ neu übersetzt!“ Das weiß der Eike aber schon und murmelt nur charmant „… unter anderem“. Aber gefreut hat er sich bestimmt doch.
13:00 Wir treffen Ingo Herzke. Wieder ist Isa ein bisschen weniger außer sich darüber als ich. Aber dass Ingo Herzke super ist, da sind wir uns einig. Ich erzähle, dass ich Christoph Metzelder getroffen habe. Ingo Herzke erzählt, dass er Nick Hornbys „Fever Pitch“ gerade neu übersetzt. Touché, sag ich mal.
13:30 Isa ist mit irgendwem verabredet, ich habe mir eine Diskussionsrunde über die Situation der Autoren in Weißrussland herausgesucht. Ja, deren Situation ist genauso schlimm, wie man sie sich vorstellt. Gute Redner, interessante Dinge. Ernsthaft aber unterhaltsam.
14:30 Diskussionsrunde mit Uda Strätling, die „Things fall apart“ von Chinua Achebe neu übersetzt hat. Habe große Lust, es endlich mal zu lesen. Aber im Original. Hoffe, das ist für Frau Strätling in Ordnung. Die übrigens wie die deutsche Ausgabe von Jodie Foster wirkt. Was für sie bestimmt ebenfalls in Ordnung ist.
15:30 Treffen mit „meiner“ dtv-Lektorin. Die in echt genauso lieb ist, wie sie in ihren E-Mails wirkt. Lasse mir von einer dtv-Mitarbeiterin einen Tee servieren. Ha! Sehr aufregend, das alles, man will ja einen guten Eindruck machen, redet dann viel zu schnell und lacht zu laut und hofft, man wurde nach dem Treffen nicht Uma-Thurman-style mit einem Filzstift von einem Notizblock gestrichen.
16:00 Sitze im ARD-Forum. Da wird über einen deutschen Film diskutiert, der in Afghanistan (?) spielt, und man hatte nur 16 Drehtage in Marokko, das war nicht einfach. Ach ja. Mehr krieg ich aber nicht mit, weil ich das erste Mal an diesem Tag einen Moment nur zum Rumsitzen habe. Den ich mit mitgebrachten Brötchen und „Game of Thrones“-Lesen fülle.
16:30 Isa hat mich wiedergefunden. Biete ihr eins meiner Käsebrötchen an. Sie beißt sofort dankbar rein, mümmelt auch tapfer eine Hälfte weg, steckt sich dann aber die 2. Hälfte in die Handtasche – „für später“. Klar!
17:00 Eigentlich stand jetzt „Karl Marx für jedermann“ in Halle 3 auf dem Plan, aber stattdessen geht’s auf *Emofang* (wenigstens ein Insiderwitz muss einfach sein) zu den Indie-Verlagen. Wo wir die fantastische Katy und die wirklich herzallerliebste Stefanie vom Mairisch-Verlag treffen und gleich mal Rotwein bekommen. Wurde ja auch Zeit. Ich erzähle, dass ich Christoph Metzelder getroffen habe. Stefanie fragt, warum’s keinen Trikottausch gab. Mir bleibt ob der verpassten Gelegenheit kurz das Herz stehen und ja, ich verliebe mich ein bisschen in Stefanie.
18:00 Jetzt aber los zum Café Größenwahn. Es wird ein sehr lustiger Abend mit vielen neuen, lieben Leuten. Die alle kreative Berufe und/oder kreative Hobbys haben, und das macht mich alles so froh. Ich bekomme eine Brokkodil-Postkarte von Herrn Skizzenblog geschenkt, treffe endlich Anne, der eine unterhaltsame Rückfahrt mit mir versprochen wurde, kläre mit Katy, dass „Sherlock“ generell schon super, aber Andrew Scott dann doch heißer als Benedict Cumberbatch ist, kläre den umwerfenden Andreas über bretonische Fußballclub-Hymnen und seine eigene Ähnlichkeit mit Henning Ahrens auf, und – erzähle, dass ich Christoph Metzelder getroffen habe. Wobei diese Tatsache diesmal von einem sehr, sehr netten Mathe- und Physiklehrer, der kein Mathe- und Physiklehrer mehr sein will, zum ersten Mal auch wirklich gewürdigt wird. Jawollja.
22:13 Auf nach Hause. Die liebe Anne hat zum Glück ihren Laptop dabei und bloggt während der Fahrt fröhlich vor sich hin, wie ich im Nachhinein erfahre; sobald wir im Zug sind, kippe ich nämlich von Eindrücken überwältigt und kopfschmerzig zur Seite und schlafe ein.
23:59 Düsseldorf Hauptbahnhof. Verpasse meine U-Bahn nach Hause um eine Minute, bin verwirrt (gerade aufgewacht), laufe einmal bis ans Ende des Bahnhofs, wieder zurück, und dann mir fällt mir wieder ein, dass ich auch einfach eine S-Bahn nehmen kann. Also dann wirklich endlich nach Hause, neben dem Mann ins Bett fallen, und dann erst mal wirr träumen, gibt eine ganze Menge zu verarbeiten.
Habe ja schließlich Christoph Metzelder getroffen. Auf der Frankfurter Buchmesse 2012.