Man kann dem Buch jetzt vorwerfen, dass es keine „richtige“ Geschichte erzählt. Und man kann mir vorwerfen, dass ich sowieso in Martina verliebt bin. Aber das ist nicht der einzige Grund, warum es überhaupt nichts ausmacht, dass das Buch keine „richtige“ Geschichte hat. Es hat nämlich wohl eine, und zwar die echte Martina-Geschichte, das reicht ja wohl. Wie Martina nämlich nach der Schule mehr oder weniger aus Versehen Sekretärin wird, oder weil ihr nichts anderes einfällt, sie dann als Assistentin der Geschäftsführung in New York im Musikbusiness arbeitet, schließlich nach München zurückkehrt und es dort ohne Kinder, Kerl und Karriere als Texterin versucht. Mehr „Geschichte“ braucht eine Kink nicht, um ihren wundervollen Sprachwitz zu entfalten. Der ist nämlich so, dass die Geschichte eh wurscht ist, man liest einfach immer weiter, weil das einen Sound hat und ein Tempo und eben diesen speziellen Kink-Witz. Und außerdem hat sie eindeutig nicht nur Witz, sondern auch noch recht:
Da lob ich mir das Kleid. Kleider sind die iPhones unter den Klamotten, man sollte jeden Tag dankbar sein, eine Frau zu sein. Reinschlüpfen, bam, Holly Golightly. Im besten Fall. Im schlimmsten Fall bum, Beyoncé.
Kleider! Tragt mehr Kleider! Sag ich ja auch immer. Und Formulierungen wie: irgendwas sei ihr zu laut, sie möge laut nur, wenn’s Musik ist, die merke ich mir doch gleich für mein eigenes Repertoire.
Soll heißen: das ist wirklich alles ein ganz großer Spaß. Und wenn man Martina vorher schon mochte, mag man sie hinterher noch mehr.
Und hey, Martina, um die letzte Frage zu beantworten, die ganz hinten: Aber hallo will ich ’n Kaffee!
New York, heute.
Eine junge Frau und ein junger Mann haben sich gerade in einer Kneipe kennengelernt, sie flirten kurz, dann geht sie gleich mit zu ihm nach Hause. Wo sie erstmal ein bisschen Smalltalk machen. Er so:
„Bist du New Yorkerin?“
„Nein, ich komme aus Kielce in Polen – wo der polnische Rap herkommt“, sagte Anna. „In Polen nennen sie uns scyzoryki, die Springmesser. And you don’t wanna fuck with us.“
Ben lachte.
„Well, I’m always up for a challenge.“
Funktioniert auf Deutsch nicht so richtig. Zwar kann man „ficken“ auf Deutsch inzwischen auch in der Bedeutung „fertigmachen“ benutzen, aber „Und uns fickt man nicht so einfach“ kommt in dem Kontext nicht recht rüber, es ist zu eindeutig. Ich brauche also eher etwas in Richtung
„Mit uns legt man sich nicht an.“
„Aber vielleicht hin?“
Bisschen an den Haaren herbeigezogen.
„Wir lassen uns nichts gefallen.“
„Darauf würde ich es ankommen lassen.“
Funktioniert zwar, klingt zumindest nach einem plausiblen Gespräch, ist mir aber zu brav. Zu wenig zweideutig.
„Uns fickt man nicht ins Knie.“
„Aber woandershin?“
Tonmann Lars, quasi so eine Art Supermann, hat die gestrige Lesung schon heute Nacht online gestellt. Danke sehr, Lars! Und hier die einzelnen Lesungen:
Danke auch an die Moderatorin Friederike Moldenhauer, die zahlreichen Gäste, an Le Kaschemme und an Kid37 für den geschickt eingefädelten und ganz besonderen Sound-Effekt. Was ein schöner Abend!
Das war übrigens die zehnte Lesung, die Maximilian und ich (unten Symbolbild) veranstaltet haben. Und wir haben vergessen, uns Blumen zu schenken. Holen wir dann bei Nummer zwanzig nach.
[Hihi. Einfach alles bei Maximilian geklaut. Danke!]
Der November steht vor der Tür. Irgendwann im November werden die Hamburger Alsterschwäne ins Winterquartier verfrachtet. Ich habe letztes Jahr zugeguckt, als sie zusammengetrieben und auf Boote verladen wurden – eigentlich für „Sachen machen“, aber dann passte es da irgendwie nicht recht rein. Hier jetzt also ein Jahr später:
Schwäne
Seit sechseinhalb Jahren lebe ich jetzt in Hamburg. Seit sechseinhalb Jahren höre ich von den „berühmten Hamburger Alsterschwänen“, die angeblich sogar Touristen anlocken, und seit sechseinhalb Jahren denke ich: hä? Schwäne sind schön, keine Frage, die Alsterschwäne auch, aber mal ehrlich: etwas so Besonderes sind sie nun nicht, jede Stadt hat Schwäne, jedes mittelgroße Gewässer hat Schwäne. Da brauchen die Hamburger sich auf ihre Alsterschwäne nicht groß was einzubilden. Dachte ich. (mehr …)