Terminerinnerung

Bogdan und Buddenbohm lesen vor und trinken Wein.

MaxIsaSerioes

Am Freitag, dem 5. April, lesen Maximilian und ich in Rindchens Weinkontor in Eppendorf, Christoph-Probst-Weg 3. Eintritt 7,50.
Herr Buddenbohm wird verdursten, weil er gar keinen Wein mag, und ich werde kichern, weil ich seinen Wein mittrinken muss. Es wird also alles gewohnt seriös.

Wisster, ne? Ihr kommt auch alle, ne? Jippie!

Film: Sing your song

BelafonteSongDokumentarfilm über Harry Belafonte. Oder anders gesagt: Dokumentarfilm über Harry Belafontes Kampf gegen Rassismus, Hunger und andere himmelschreiende Ungerechtigkeiten auf der Welt.
Ich war ja vor genau einem Jahr schon schwer beeindruckt von Harry Belafonte, und mit Musik hatte das wenig zu tun. Wobei ich seine Musik auch mag.
Um Musik geht es auch im Film eher am Rande. Die Musik hat Harry Belafonte berühmt gemacht, und weil er berühmt ist, kann er sich für anderes einsetzen. So kämpfte er an der Seite Martin Luther Kings (den er immer noch respektvoll „Dr. King“ nennt) für die Gleichberechtigung der Schwarzen in den USA, unter anderem auch durch Fernsehauftritte mit weißen Künstlern zusammen, die immer wieder für Skandale sorgten (Petula Clark hat ihn berührt! Öffentlich, im Fernsehen!), überzeugte Bobby Kennedy, trommelte Märsche zusammen, wurde diskriminiert, natürlich, stellte riesige Konzerte für Frieden und Bürgerrechte auf die Beine, stellte sich zusammen mit Sidney Poitier dem Klan entgegen und sorgte dafür, dass auch in den Südstaaten schwarze Wähler registriert werden konnten. Er hat in Südafrika mit Nelson Mandela gekämpft, und er hat sich gegen den Hunger in Äthiopien engagiert. Und. so. weiter, die Liste ist quasi endlos.
Harry Belafonte ist 1927 geboren, berühmt wurde er Anfang der 50er Jahre, und seitdem hat sein politisches und soziales Engagement nicht nachgelassen. Heute arbeitet er mit Menschen in Gefängnissen und kämpft gegen die immer noch anhaltende Kriminalisierung von Schwarzen in den USA.
Seit 60 Jahren macht dieser Mann Musik und engagiert sich, er kämpft und kämpft und kämpft für Gerechtigkeit, erreicht unfassbar Großartiges, und dann kämpft er weiter, weil es nicht reicht, weil es nie reichen kann, weil die Ungerechtigkeit auf der Welt immer noch himmelschreiend ist und er das nicht zulassen kann. Es macht ihn wütend, und dann tut er etwas, er hat Ideen, er kannte schon immer einflussreiche Politiker und Künstler, und er lässt sich nicht verbiegen, lässt sich nichts einreden, lässt sich keinen Maulkorb verpassen. Ich hatte schon bei der Lesung vor einem Jahr das Gefühl, dass seine auffallend aufrechte Körperhaltung (der Mann ist 86!) mit seiner geistigen Haltung einhergeht.
Und bei allem Engagement und aller gerechten Wut hat er es irgendwie geschafft, nicht verbittert zu werden. Der Mann strahlt immer noch, er lächelt, er verströmt eine Freundlichkeit, die einem ans Herz geht, und er sagt (aus dem Gedächtnis zitiert): Ich bin immer optimistisch, ich habe immer Hoffnung, und Hoffnung ist das, was die Welt am dringendsten braucht.
Wie geht das, wie kann jemand, der dermaßen diskriminiert und erniedrigt wird, so positiv bleiben und so stark, und immer weitermachen? Keine Ahnung.
Man hat zwischendurch übrigens kurz den Eindruck, dass seine Familie bei all dem politischen Aktivismus ein bisschen zu kurz gekommen ist. Um hier wenigstens noch irgendetwas Negatives über den Mann zu sagen.

Ich habe keine Ahnung, ob das nach irgendwelchen Filmkunst-Kriterien ein „guter Film“ ist. Wahrscheinlich schon, denn er verwebt sehr geschickt Belafontes musikalische Karriere mit seinem politischen Engagement. Mich hat der Film jedenfalls sehr bewegt. Sehr. Die Bilder aus dem Kampf um Bürgerrechte, Bilder von Diskriminierung, brutalen Prügeleien, von Ungerechtigkeiten und Gewalt, Bilder von verhungernden Kindern in Äthiopien und all das haben mich wirklich fassungslos gemacht. Natürlich wusste ich das alles, aber es noch mal geballt zu sehen, hat mich wirklich erschüttert, ich habe nicht nur einmal geweint. Und mitten in all dem Elend steht dieser imponierende Mann mit dem umwerfenden Lächeln und der Hoffnung und der Aufrichtigkeit und nicht zuletzt der Musik; ein Mann, dessen Hoffnung auch Hoffnung für wahrscheinlich Hunderttausende bedeutet.
Mir egal, ob das pathetisch klingt. Ein bewegender, erschütternder Film über einen großen Mann. Guckt ihn euch an.

Anderswo

- Teil zwei der Mairisch-Reihe „Was macht eigentlich ein Verlag?“: Carolin Rauen über Grafikdesign und Buchgestaltung.

- Nico Lumma über die Übernahme von Goodreads durch Amazon.

- Tobias Becker im Spiegel über die Schwierigkeiten der Einzelhändler in Zeiten des Interntes.

- „Indien ermordet seine Frauen: Ehefrauen werden verbrannt, Witwen verstoßen, Mädchen sterben an systematischer Unterernährung. Westliche Ökonomen haben erstmals die schreckliche Bilanz gezogen: Über zwei Millionen Tote pro Jahr.“ Georg Blume in der ZEIT.

- Das Nuf über ihre alte Schulfreundin Handan und das deutsche Ausländerrecht.

- Die Neue Zürcher über den Berliner Verlag Verlag Matthes und Seitz.

- Kluge Ratschläge für kreatives Schreiben. Looooaaaads of them.

- Verleger Alexander Fest in der ZEIT über „seinen“ Autor Georg Klein, der in diesen Tagen 60 wird. Schon fast eine Liebeserklärung. (Note to myself: mal wieder was von Georg Klein lesen.)

Stipendium

Nun ist das Literaturübersetzen ja nichts, wovon man reich würde. Vorsichtig ausgedrückt. Und je schwieriger das zu übersetzende Werk ist, desto weniger ist damit Geld zu verdienen – denn auch wenn man für schwierigere Literatur möglicherweise ein etwas höheres Seitenhonorar bekommt, wird das schnell durch den höheren Arbeitsaufwand wieder aufgefressen, und mit Umsatzbeteiligung ist bei schwierigerer Literatur auch eher nicht zu rechnen. Die leichte Unterhaltung verkauft sich deutlich besser.
Aber glücklicherweise gibt es den Deutschen Übersetzerfonds (DÜF), eine segensreiche Institution, die vor allem dafür zuständig ist, Geld an Übersetzer zu verteilen. Das Geld kommt aus den Kulturstiftungen des Bundes und der Länder und wird vor allem für zweierlei ausgegeben: zum einen werden damit Fortbildungen finanziert. Seminare, die meist über vier oder fünf Tage gehen, und die für die teilnehmenden Übersetzer kostenlos sind (denn sonst würde niemand kommen, weil es schlicht niemand bezahlen könnte), inklusive Unterkunft, Verpflegung und seit einer Weile sogar der Anfahrt. Und zum anderen verteilt der DÜF Stipendien unterschiedlichster Art. Arbeitsstipendien, mit deren Hilfe man es sich erlauben kann, sich etwas mehr Zeit für eine Übersetzung zu nehmen. (Oder sich endlich einen neuen Computer zu kaufen.) Reisestipendien für Recherchereisen in das Land der Ausgangssprache. Verschiedene Sonderstipendien, die nach verstorbenen großen Kollegen mit vielen Vornamen benannt sind, mit denen man endlich mal ein paar Wochen lang gar nichts machen, die Batterien aufladen und Bücher lesen kann, oder bei denen man einen Mentor an die Seite gestellt bekommt (Stipendium für beide, super Sache!), mit dem man mal ein ganzes Buch durchsprechen kann. Und so weiter.
Diese Stipendien sind ausdrücklich nicht dazu da, dass Verlage einem sagen können: ist zwar ein schwieriges Buch, aber kannst Dich ja um ein Stipendium bewerben – es sollen ja nicht die Verlage querfinanziert werden. Aus diesem Grund erhöht es sogar die Wahrscheinlichkeit, eins zu bekommen, wenn man schon einen relativ guten Vertrag ausgehandelt hat.
Bewerbungen sind halbjährlich zum 31. März und zum 30. September möglich.

Der langen Rede kurzer Sinn: ich bewerbe mich gerade um ein Arbeitsstipendium. Meistens übersetze ich ja eher Unterhaltungsliteratur. Und selbst Unterhaltungsliteratur ist übrigens auch ausdrücklich nicht von Stipendien ausgeschlossen, es gibt wertfrei für alle Sparten Geld. Auch das jetzt zu übersetzende Buch ist vielleicht nicht die ganz abgehobene, intellektuelle Höhenkammliteratur, hat aber doch ganz eigene Anforderungen und Schwierigkeiten, einen sehr eigenen Ton, außerdem thematisch einiges, was für mich Neuland ist (häusliche Pflege! Baseball! Darts!). Dennoch gehe ich eigentlich nicht davon aus, ein Stipendium zu bekommen. Warum ich mich trotzdem bewerbe?
Abgesehen davon, dass das Nicht-damit-Rechnen auch der Enttäuschungsvorbeugung dient und ich natürlich doch ein bisschen drauf hoffe: ich nehme mir seit Jahren vor, mal wieder ein Stipendium zu beantragen (einmal hatte ich schon eins). Denn wann immer der DÜF sich bei irgendwelchen Veranstaltungen selbst vorstellt oder erklärt, was er macht, bin ich aufs Neue beeindruckt: was für eine wirklich segensreiche Einrichtung!
Ich habe viele DÜF-Seminare besucht und da wahnsinnig viel gelernt. Fürs Übersetzen braucht man zu einem Teil sicher Talent, das kann man nicht lernen, aber zum Teil eben auch Handwerkszeug. Und was ich an Handwerkszeug gelernt habe, habe ich, außer by doing, auf DÜF-Seminaren gelernt. Desweiteren bekommt man bei diesen Seminaren eine Menge Berufspraktisches von Normseite bis KSK mit, Branchengeflüster, Netzwerkelei, anders gesagt: ich bin dem DÜF wirklich dankbar.
Der DÜF bekommt sein Geld, wie oben beschrieben, von den Kulturstiftungen des Bundes und der Länder. Wenn ich es richtig im Kopf habe, jeweils für drei Jahre. Dann wird wieder neu entschieden, wieviel es für die nächsten drei Jahre gibt. Und damit es für die nächsten drei Jahre wieder Geld gibt, ist es wichtig, dass sich möglichst viele Leute um diese Stipendien bewerben. Wenn es, sagen wir, 50 Stipendien gibt, auf die sich 52 Kollegen bewerben, dann wird es beim nächsten Mal vermutlich weniger Geld geben. Wenn sich aber 200 Leute bewerben, dann wird es vielleicht ein bisschen mehr Geld von den Kulturstiftungen geben. Was natürlich in unser aller Sinne ist.

Also denke ich, man sollte sich da ruhig immer mal wieder bewerben, schon aus Prinzip, auch wenn man keins bekommt. Und so sitze ich da jetzt dran. Einzusenden sind:

- das ausgefüllte Bewerbungsformular
- Kurzbiographie, beruflicher Werdegang
- Verzeichnis der Veröffentlichungen und ggf. Auszeichnungen
- Angaben über gleichzeitige Stipendienanträge bei anderen Stellen sowie über Stipendien in den letzten drei Jahren
- kurze Charakteristik des zu übersetzenden Werks (max. 1 Seite)
- Kopie des Verlagsvertrags
- 10 Manuskriptseiten der Übersetzung
- Kopie der entsprechenden Stelle des Originals
- Kalkulation des voraussichtlichen Manuskriptumfangs und der benötigten Arbeitszeit

Das alles in siebenfacher Ausfertigung. Das ist eine Menge Papier, insgesamt ca. 200 Seiten, wenn ich mich nicht verrechnet habe. Ich geh jetzt erstmal all das, was ich schon ausgedruckt oder kopiert habe, auf sieben Stapel sortieren.

Vielleicht klappts ja doch. Drückt mir die Daumen!

Twitter