Liebes Tagebuch,

wir sind immer noch sehr damit beschäftigt, nichts zu tun. Jeden zweiten Tag laufen wir immerhin. Fällt das unter „was tun“? Keine Ahnung, ist auch egal. Ich arbeite auch manchmal, aber da kommt seitenzahlmäßig nicht so richtig viel bei rum. Zwischenstand: 68 Seiten. Ich habe meiner Agentin gesagt, sie bekommt Ende Juli 80 Seiten, nun ja. Eigentlich wollte sie 120, jetzt weiß ich nicht mal, ob ich 80 schaffe, aber hey, es geht weiterhin voran, aber weiterhin eben langsam. Außerdem muss ich ja auch dauernd nichts tun, und es ist noch ziemlich viel nichts übrig, das noch getan werden muss. Und jetzt sind schon vier Wochen rum, es ist doch erschreckend, wie schnell die Zeit immer vergeht.
Ich habe einen langen Blogeintrag über das Folkfestival in Stonehaven geschrieben, den ich noch nicht online gestellt habe, weil ich hoffe, dass er vielleicht fürs CulturMag interessant ist. Das hat aber Sommerpause für den Rest des Monats, da habe ich noch keine Antwort. So oder so, der Bericht kommt dann entweder hier oder dort.
Das Wetter ist weiterhin sensationell, wir erledigen das ganze stressige Nichtstun also weiterhin draußen, baden im Bach, lassen uns von Pferdebremsen auffressen, machen Lagerfeuer und Spaziergänge und sitzen viel einfach in der Sonne, der Mann mit einem Instrument, ich mit dem Laptop (arbeiten! Ehrlich!), und lassen uns von einer grantigen Gans anquaken oder den Pfauen anschreien oder halten Schwätzchen mit unseren Freunden, und es ist ein Frieden.
Bald sind wir wieder zu Hause, dann müssen wir wieder „richtig“ arbeiten. Statt im Bach zu baden. Aber wenn der Sommer dann in Hamburg noch so ist wie jetzt in Schottland, dann ist es mir recht. Die Schotten sagen, so einen Sommer hatten sie schon seit ewigen Jahren nicht, und das muss dann halt auch gebührend begangen werden.

Baden

Liebes Tagebuch,

was kürzlich noch wie ein ziemlicher Berg Arbeit vor mir lag, ist zum allergrößten Teil geschafft. Denn die Arbeit ist ein Scheinriese, wie schon weiland Frau Sopran feststellte, man muss nur ran, und dann wird sie immer kleiner. Soll heißen: ich habe das Buch durchübersetzt, und ich habe ein fünftägiges Seminar gegeben. Das Buch muss ich noch einmal überarbeiten, dafür habe ich aber ausreichend Zeit, das geht jetzt schön entspannt.
So ein Seminar ist immer ein bisschen aufregend – wenn man das alle zwei Jahre mal macht, ist es nicht gerade Routine, vorher denke ich immer, ich bin wahrscheinlich bekloppt, mich darauf einzulassen, und kurz bevor es losgeht, finde ich fünf Tage auch viel zu lang, und dann macht es auf einmal *plopp*, und die fünf Tage sind rum und man hätte eigentlich auch noch gut weitermachen können, weil dann doch wieder alles nett war. Außerdem passieren immer tolle Sachen in diesen Seminaren, zum Beispiel geht es in einer der besprochenen Übersetzungen darum, dass eine Frau ihrem verwirrten Mann ein Foto aus Bagdad zeigt, auf dem Schneeflocken herumwirbeln, und ich frage nach, ob es denn in Bagdad etwa jemals schneit, und die zuständige Kollegin sagt, es gab einmal Schnee in Bagdad, das war 1912 (ungefähr), und wir finden, in der Übersetzung könnte die Frau zu ihrem Mann sagen „Weißt Du noch, der Schnee in Bagdad“, und Jenny sagt, das klinge ja wie eine Schlagertextzeile, und dann dichtet sie mal kurz eben nebenbei den gesamten Schlager, passend zum besprochenen Text.

Schnee in Bagdad von Jenny Merling

Weißt du noch, der Schnee in Bagdad?
Ach, er war so wunderschön.
Weißt du noch, der Schnee in Bagdad?
Ach, könnt‘ ich ihn wiederseh‘n.

Was war das für ein Gestöber
unverhoffter Flockenfall
in deinem Bart, in meinen Zöpfen:
Weiße Sternchen überall.

Joseph, du mein Herzensguter,
Joseph, du mein lieber Mann,
weißt du noch, wir beide damals -
Schneespaziergang, Hand in Hand.

Weißt du noch, der Schnee in Bagdad?
Und wir beide mitten drin
Weißt du noch, der Schnee in Bagdad?
Schnee und Jugend, längst dahin.

Denn der Schnee in Bagdad taute,
blieb nicht lang, die schöne Pracht.
Heute sind wir alte Leute
und in deinem Kopf herrscht Nacht.

Doch ich lieb‘ dich noch wie damals,
lebst du auch nicht mehr im Hier.
Ruf‘ den Schnee dir in Erinnerung,
hoff‘, du findst zurück zu mir.

Weißt du noch, der Schnee in Bagdad?
War er nicht unglaublich schön?
Weißt du noch, der Schnee in Bagdad?
Einmal noch ihn wiederseh‘n…

Ach, ich hoff‘ so, du erinnerst,
wie wir glücklich war‘n zu zweit.
Wir war‘n jung, verliebt und sorglos
lang ist sie nun her, die Zeit.

Schnee in Bagdad gab’s nie wieder
der ist fort und kommt nicht mehr.
Doch ich sing‘ die alten Lieder,
tut’s auch weh und ist’s auch schwer.

Weißt du noch, der Schnee in Bagdad?
Ach, es war so wunderschön.
Weißt du noch, der Schnee in Bagdad?
Ach, könnt‘ ich ihn wiederseh‘n.

An der Melodie wird noch gearbeitet, und dann würde ich sagen: ESC 2014, oder?

Am Wochenende war schönes Wetter in Hamburg, also so okayish-schön für Hamburger Verhältnisse, nicht besonders warm, aber halbwegs sonnig und trocken, und ich habe zwei Tage am Stück GAR NICHTS gemacht, wir waren an der Strandperle, wie großartig ist das denn bitte? Das nehme ich mir eigentlich andauernd wieder vor: öfter vorsätzlich nichts zu tun, nicht immer irgendwelche Arbeit aufschieben und machen wollen und dann doch nicht erledigen, das ist total unbefriedigend und macht nur ein schlechtes Gewissen. Konzentrierter arbeiten, mehr geplante Pausen machen. What else is new.
Ab morgen geht es dann weiter mit der Überarbeitung und allem möglichen, Terminetermine – hey, ich hab wieder Zeit für sogenannte Termine! Montag Lesung, Dienstag TEDx, und so weiter, lauter tolle Sachen. Jippie! Und wenn es dann bitte auch Sommer werden könnte, vielen Dank.

Liebes Tagebuch,

das ist ja auch irgendwie auf der Strecke geblieben, das Tagebuchbloggen, die Wochenrückblicke, die ich zugegebenermaßen von Anfang an nicht so irre konstant geschrieben habe, aber jetzt zuletzt ja gar nicht mehr.
Es gibt auch nicht so viel zu erzählen, denn ich bin mal wieder am Schreibtisch festgekettet. Ich lese keine Bücher und kaum Blogs, ich habe X Mails nicht beantwortet, ich habe schon gar keine Zeit, auszugehen oder Filme zu gucken, und ich komme mit dem nächsten Autorinneninterview überhaupt nicht weiter (sorry, Lisa!), ich bin, kann man zusammenfassend sagen, mal wieder ein unfassbar armes Häschen.
Jaja, schon gut. Ich übersetze ein absolut großartiges Buch, das ich sehr gerne mag und auf das ich mich schon freue. Also, darauf, dass es erscheint. Nur muss ich es dafür erstmal fertigmachen, und zwar, weil ich es so mag, besonders gründlich, und bin wie immer kurz vor Abgabe ein klitzekleines Bisschen dings. Außerdem gebe ich nämlich nächste Woche noch ein fünftägiges Seminar, das auch vorbereitet sein will. Danach weiter mit dem Buch, Abgabe Mitte Juni, dann gepflegter Zusammenbruch, dann irgendwann Schottland.
Wozu ich ebenfalls gar nicht komme, ist die Rubrik „anderswo“ – da liegt seit Wochen ein Entwurf mit soundsovielen Links in meinem Entwürfeordner, aber zum Teil habe ich die Artikel selbst noch gar nicht gelesen. Vielleicht sollte ich es einfach so raushauen, dann habt Ihr wenigstens anderswo was zu lesen, denn hier bleibt es jetzt möglicherweise noch ein paar Tage etwas stiller.
Natürlich habe ich mal wieder große Pläne für „danach“, wenn das Seminar vorbei und das Buch abgegeben ist, was ich dann alles schaffe! Die Besser ist das-Reihe weiterschreiben, tolle Sachen kochen, die Wohnung auf Vordermann bringen, jaja, in dieser Phase der Arbeit freue ich mich tatsächlich immer aufs Putzen, und dann soll außerdem Sommer sein, und ich will raus und dies und das und alles. Hach. Das wird schön! Aber erstmal:

tippeditipp.

Liebes Tagebuch,

hier funktioniert ja gar nichts.

Filmprojekt: -
Bücher: -
Wochenrückblicke: -
Fastenzeit: -
Wegwerfen: -

Quasi auf ganzer Linie gescheitert. Was sagen wir denn dazu! Dazu sagen wir folgendes: na und? Übermorgen gebe ich ein Buch ab, da habe ich in den letzten Wochen natürlich abends am Schreibtisch gesessen, statt Bücher zu lesen, Filme zu gucken oder auszugehen und was zu erzählen zu haben. Macht ja nix, wen interessieren denn ein paar nicht umgesetzte Vorsätze. Niemanden.
Aber wenn ich am Freitag das Buch abgegeben habe! Dann! Dann wird Frühling, und dann gucke ich Filme und lese Bücher und mache Sport und gehe aus und räume auf und werfe weg und alles.

Liebes Tagebuch,

das ist ja der Wahnsinn. Da bemüht man sich geschlagene acht Jahre lang um gepflegte Blog-Konversation, und kaum legt man, Verzeihung, die Titten auf den Tisch, da geht es hier rund. Über dreihundert Kommentare in zwei Tagen: unfassbar. Und noch viel unfassbarer ist die Qualität der Kommentare – ich habe tatsächlich keinen einzigen Kommentar wegmoderiert, es war kein Totalausfall dabei (und kaum habe ich das geschrieben, da macht sich die zweite über Dicke lustig. Deswegen sei hier nochmal ausdrücklich gesagt, dass ich das nicht möchte).
Und irgendwie rührt es mich geradezu, wie kann man denn so wundervolle Kommentatoren haben? Bei denen es in über dreihundert Sexkommentaren immer noch gesittet zugeht? Ich glaube wirklich, ich habe die besten Blogleser der Welt. Vielen Dank Euch allen.
Vor lauter Limericken habe ich dann gar nichts zum Tag der Muttersprache geschrieben, der gestern war (nicht, dass ich wüsste, was ich hätte schreiben wollen), und nichts zum Tod von Otfried Preußler. Claus Ast vom Skizzenblog hat das schönste Bild dazu gezeichnet, dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen:

danke_otfried_preussler

Im nicht-virtuellen Leben passiert gerade nicht so viel. Ich muss Mitte März ein Buch abgeben, und natürlich habe ich am Anfang wieder eher langsam losgelegt mit der Übersetzung, sodass ich das Tempo jetzt anziehen muss, ich sitze also bis spät nachts am Schreibtisch. Danach lese ich kein Buch mehr, und Filme gucke ich schon gar nicht, sondern falle nur noch ins Bett. Sämtliche Pläne – ein Buch pro Woche, ein Film pro Woche, jeden Tag etwas wegwerfen – liegen auf Eis, aber das kommt dann alles wieder. Das übliche: Wenn ich das Buch abgegeben habe, dann! Was ich dann alles schaffe! Und dann wird es auch Frühling. Bitte. Danke.
Vorangegangen ist es mit dem Thema Blogwerbung: Ab 9. März wird da oben rechts die erste Werbung zu sehen sein, und zwar absolut meine Wunschwerbung, ich freu mich sehr!
Und jetzt weiter im Text.

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