Oh mein Gott! Wie toll ist das denn! KATY! Herzlichen Glückwunsch! Champagner und Konfetti!
*rumhüpf*
Meine Freundin Katy Derbyshire hat den German Embassy Award for Translators gewonnen! Der Preis wird alljährlich von der deutschen Botschaft und dem Goethe-Institut London vergeben und ist einer der wenigen Übersetzerpreise, bei denen sichergestellt ist, dass die Juroren nicht unbemerkt und unbewusst die Qualität des Originals mitbewerten: alle Teilnehmer übersetzen nämlich denselben Textauszug. Dieses Jahr ein Stück aus Wolf Wondratscheks Das Geschenk. Original und Katys Übersetzung kann man auf der Website zum Preis runterladen.
Liebe Katy, ich freu mich wie verrückt für Dich. So! toll! Abgeknutscht wirst Du dann in Leipzig. Jippie!
Umso schöner, dass jetzt gleich zwei Neuübersetzungen erschienen sind. Die des Manesse Verlags stammt von Eike Schönfeld, die bei Schöffling von Mirko Bonné. Welche man denn nun lesen soll, sollte nicht an dem einen Euro liegen, der den Preisunterschied ausmacht. Am besten hat man (wie der Rezensent) beide; liest eine selbst, leiht die andere der Partnerin oder dem Partner, sorgt zum verabredeten Zeitpunkt für geordneten Tausch und achtet vor allem darauf, dass keine wegkommt.
Paul Ingendaay in der FAZ. Sehr schöner Artikel über zwei parallele Neuübersetzungen. Am liebsten würde ich die letzten beiden Absätze gleich komplett zitieren. Lieblingssätze:
Denn nicht um „richtiges“ oder, um es mit einem Fetischbegriff der Übersetzungskritik zu sagen, um „angemessenes“ Übersetzen geht es, sondern um die Eigenständigkeit und Tragfähigkeit des jeweiligen Systems.
[…]
Ansonsten begeht jeder seine eigenen Fehlerchen, die unvermeidlich sind; der Rezensent muss das erwähnen, sonst denken die Leute, er habe keine Ahnung. Wirklich wichtig ist es nicht.
(Vielleicht wird „Tolle Leute“ ja eine neue kleine Reihe. Schaumermal.)
Andrea Kamphuis ist eine Kollegin von mir, wir kennen uns aus irgendwelchen Übersetzerzusammenhängen. Und das schon lange, aber nicht sehr gut; meist trafen wir uns zufällig auf der Buchmesse oder bei der Jahrestagung in Wolfenbüttel, dann haben wir uns gefreut, ein bisschen geplaudert, aber tatsächlich wusste ich bisher nicht viel über sie. Außer, dass sie auch viel als Lektorin und Autorin arbeitet, und von Hause aus promovierte Biologin ist.
Jetzt weiß ich etwas Neues: Vor einer Weile wurde Hashimoto-Thyreoiditis bei ihr diagnostiziert, eine Autoimmunerkrankung, die zu einer Unterfunktion der Schilddrüse führt. Wenn ich das richtig verstehe, ist diese Krankheit nicht heilbar, aber behandelbar. Nun kann man einer solchen Diagnose sicher auf unterschiedlichste Weisen begegnen; es wundert mich überhaupt nicht, dass Andrea als allererstes nachforscht und mehr darüber wissen will, was genau da in ihrem Körper passiert, dass sie sich also auf wissenschaftlicher Ebene damit befasst. Das kenne ich auch von mir – wenn ich weiß, was genau los ist, kann ich leichter damit umgehen. (Allerdings hatte ich noch nie etwas wirklich Schlimmes.) Andrea hat nun das Glück, dass sie als Biologin medizinische Fachliteratur versteht. Die meisten anderen Patienten dürften damit allerdings überfordert sein. Das ist ihr auch klar, und jetzt komme ich endlich zum Punkt: Andrea hat beschlossen, ein wissenschaftlich fundiertes, aber allgemein verständliches Buch über Autoimmunkrankheiten zu schreiben. Und nimmt notfalls Haribos zu Hilfe, um etwas zu veranschaulichen. Offenbar gibt es sowas noch gar nicht: ein Buch, das dem Laien erklärt, was bei Autoimmunkrankheiten im Körper passiert. Sachlich, fundiert und verständlich.
Einen sehr guten Eindruck von dem entstehenden Buch bekommt man im begleitenden Blog Friendly Fire. Ich empfehle, die Seite „Über dieses Blog“ zu lesen, dort steht unter anderem:
„Ich vertraue auf evidenzbasierte Medizin, preise keine alternativen Heilmethoden an, kann in Krankheiten auch keinen tieferen spirituellen Sinn entdecken. Botschaften à la “Krankheit als Chance” oder “Dein Freund, die kaputte Schilddrüse” haben hier ebenso wenig Platz wie das Gegenteil, nämlich “Krankheit als Strafe”. Naturalistische Fehlschlüsse, die Ableitung von Normen aus der wahlweise als gut oder als grausam gedachten Natur, versuche ich zu vermeiden.
Allerdings bin ich bei meinen Recherchen über Autoimmunkrankheiten, die zum Teil durch die eigene Erkrankung an Hashimoto-Thyreoiditis ausgelöst wurden, auf faszinierende biologische Zusammenhänge und evolutionsbiologische Hypothesen gestoßen, die mein Staunen über und meine Bewunderung für die Komplexität Natur erneuert haben.
Andrea möchte das Buch selbst verlegen, und dafür braucht sie Geld. Und zwar ausdrücklich NICHT als Bezahlung dafür, dass sie es schreibt, das finanziert sie selbst vor. Sie braucht das Geld vor allem für professionelle Infografiker, damit die Sache anschaulich wird, außerdem für Fachliteratur und gelegentliche Reisen zu Konferenzen etc. Aber viel besser als ich erklärt sie das alles selbst:
Wer das Projekt „Friendly Fire“ finanziell unterstützen möchte, kann das auf der Crowdfunding-Plattform My Sherpas tun.
Liebe Andrea, ich bin schwer beeindruckt und drücke alle Daumen für eine reibungslose Finanzierung. Und dann für gute Verkäufe! Dass Du das mit dem Schreiben hinkriegst, und dass das gut wird, daran zweifle ich keine Sekunde.
Der Übersetzerpreis der Kunststiftung NRW 2011 geht an TERÉZIA MORA. Herzlichen Glückwunsch!
Pressemitteilung
Die 1971 im ungarischen Sopron geborene Terézia Mora erhält den mit 25.000 € dotierten Übersetzerpreis der Kunststiftung NRW 2011, wie die Jury soeben mitteilte.
Sie wird für ihre Übersetzung von Péter Esterházys Ein Produktionsroman (Zwei Produktionsromane) aus dem Ungarischen und zugleich für ihr Lebenswerk ausgezeichnet.
Der renommierte Übersetzerpreis der Kunststiftung NRW gehört zu den höchstdotierten Literaturpreisen im deutschsprachigen Raum und wird in Kooperation mit dem Europäischen Übersetzer-Kollegium im niederrheinischen Straelen vergeben.
Moras Übersetzung von Péter Esterházys Ein Produktionsroman (Zwei Produktionsromane) ist 2010 im Berlin Verlag erschienen. Der Preis wird im Juli 2011 im Europäischen Übersetzer-Kollegium in Straelen übergeben.
Begründung der Jury
Terézia Moras Übersetzung von Péter Esterházys legendärem Debüt Ein Produktionsroman (Zwei Produktionsromane) vermittelt auf mitreißende Weise das literarische Abenteurertum des ungarischen Schriftstellers. Ob realsozialistische Parodien, tollkühne Wortspiele, kunsttheoretische Verschrobenheiten oder das pseudopreziöse Auftrumpfen des Erzählers – Terézia Mora findet für alles eine Entsprechung. Mit sprachschöpferischer Phantasie macht sie aus Esterházys Erstling das, was er im Original bereits war: einen Klassiker. Nun ist das Buch auch auf Deutsch ein überbordendes Sprachkunstwerk. Oder um es mit den Worten des Helden zu sagen: famoski!
Straelen/Europäisches Übersetzer-Kollegium, den 13. März 2011
Das habe ich ja jetzt erst mitbekommen: Andreas Ecke hat schon Mitte Januar den Else-Otten-Preis 2010 für die beste Übersetzung aus dem Niederländischen ins Deutsche bekommen, und zwar für seine Übersetzung von Gerbrand Bakkers „Oben ist es still“.
Das freut mich besonders, weil ich das Buch und die Übersetzung auch so wundervoll fand. Ich sage es auch gerne immer wieder: ja, ich kann eine Übersetzung wundervoll finden, ohne das Original in der Hand gehabt zu haben. Dieser extrem trockene Ton, die Lakonie und der versteckt irgendwo darin wohnende Humor, das ist schon sensationell, da brauche ich kein Original zum Vergleich. Mir doch egal, ob das Original womöglich sogar schlechter ist.
Herzlichen Glückwunsch, Andreas Ecke! Ich freu mich. Und wer das Buch noch nicht gelesen hat: lesen!