Anderswo

- Die VG Wort hat eine Kampagne zum Urheberrecht gestartet: Wir geben 8 aufs Wort. Ich habe noch nicht alles angeguckt, weiß also nicht, wie das ist. Und mich überhaupt sträflich wenig mit dem Thema befasst. (Bei der Kampagne aber schon mal Frauen gezählt, hmpf.)

- Nagelneuer Trend aus Berlin: inhabergeführte Buchhandlungen! Jippie!

- Friederike Mayröcker ist eigentlich gegen den Tod.

- Der Geschäftsführer der ZEIT im taz-Interview über die Honorare für freie Autoren.

- Die Reihe „Was macht eigentlich ein Verlag?“ bei Mairisch geht weiter mit den Themen Korrektorat und Pressearbeit. Eine großartige Reihe, finde ich!

- Felicitas von Lovenberg in der FAZ über die belletristische Überproduktion

- Die Zeit über Gemüseanbau.

Elisabeth Rank: Bist du noch wach?

RankWachLisa Rank schreibt schon wieder über Abschied. In ihrem ersten Roman, Und im Zweifel für dich selbst, ging es um einen plötzlichen Abschied, um den überraschenden Tod eines jungen Mannes und wie seine Freundin und deren beste Freundin damit umgehen – nämlich indem sie einfach erstmal losfahren, wegfahren, irgendwohin. Reden, weinen, nicht reden, verzweifeln.
Diesmal geht es um schleichende, langsame Abschiede. Protagonistin Rea ist eine moderne Großstädterin, Ende zwanzig, sie arbeitet in einer Werbeagentur, geht auf hippe Partys und in hippe Clubs und hat hippe Freunde, unter anderem ihre beiden Mitbewohner Konrad und Pelle. Konrad ist außerdem ihr bester Freund – und entfernt sich gerade von ihr. Oder sie sich von ihm? Jedenfalls leben sie sich auseinander, Rea merkt, dass er innerlich weiter und weiter weg ist, und kann nichts dagegen tun. Konrad, darf man annehmen, geht es damit auch nicht gut – wenn auch vielleicht etwas besser, denn er hat eine neue Freundin – und man fragt sich, wo eigentlich die Grenze zwischen Freundschaft und Liebe verläuft, ob das immer so klar ist. Rea jedenfalls hat, als diese innige Freundschaft zu Ende geht und ihr entgleitet, einen ebensolchen Kater wie nach einer zu Ende gegangenen Liebe.
Außerdem liegt auch noch ihr Vater im Sterben, zu dem sie ein deutlich herzlicheres Verhältnis hat als zu ihrer Mutter. Und sie entdeckt ein Familiengeheimnis, über das sie mit niemandem sprechen kann. Denn Konrad ist nicht da, und wenn, dann höchstens körperlich anwesend. Oder, wie es im Klappentext heißt: „Mit wem soll man darüber reden, dass es niemanden mehr gibt, mit dem man über alles reden kann?“ Der Vater nicht, Konrad nicht, nur die beste Freundin ist noch da. Immerhin.
Was für ein trauriges Buch. Trotz lustiger Momente. Zwar bekommt Rea nach aller emotionalen Gelähmtheit am Ende doch noch die Kurve, sie rafft sich auf und fängt ein neues Leben an, aber dennoch: da ist kein „allem Anfang wohnt ein Zauber inne“, sondern vor allem das schmerzhafte, langsame Akzeptieren, dass Dinge zu Ende gehen. Puh. Keine Riesenstory, keine Explosion, aber viele kluge Sätze, viele Perlen, die bestimmt irgendjemand anderes irgendwo zitiert hat (Anke z.B.) – ich schreibe dies in Schottland und habe das Buch nicht dabei, deswegen müsst Ihr es jetzt selbst lesen, um die schönsten Zitate zu finden. Was ich sowieso für eine gute Idee halte.

Elisabeth Rank: Bist Du noch wach? Berlin Verlag, 256 Seiten, 17,99 €.
Als E-Book 13,99 €.

Und hier ist Lisas Blog.

Liebes Tagebuch,

am Montag sind wir losgefahren nach Schottland – mit der Fähre von IJmuiden nach Newcastle, wie immer, das ist total praktisch. Wir fahren ganz entspannt irgendwann vormittags zu Hause los, sind nachmittags in Amsterdam, das Schiff fährt über Nacht, die Kabinen sind gemütlich und haben ein eigenes Bad, und morgens kommt man ausgeschlafen in Newcastle an. Vor dort aus sind es noch viereinhalb Stunden zu fahren, das ist alles sehr schön stressfrei. Dienstag Nachmittag sind wir also angekommen und seitdem irgendwie beschäftigt. Wir waren schon auf drei verschiedenen Sessions, wo der Mann immer gleich rote Bäckchen und dieses glückliche Grinsen im Gesicht bekommt. Ich sitze dann quasi allein in der Kneipe, was ich normalerweise einigermaßen doof finden würde, aber dann rede ich entweder mit den Umsitzenden oder lese ein Buch, das ist beides gleichermaßen nett. Wir waren bei den einen Freunden und bei den anderen und bei den dritten, haben ein nagelneues und ein halbfertig umgebautes altes Haus besichtigt (beide so, dass man sofort einziehen möchte), waren zum Abendessen und zum Frühstück eingeladen, waren schon zweimal laufen, haben ein 500-Teile-Puzzle gemacht, einen neuen Hund kennengelernt und die bereits bekannten Tiere begrüßt, waren einkaufen und so weiter, und weil hier irgendwie alles etwas langsamer geht und etwas länger dauert, ist die erste Woche schon vorbei, und ich habe noch nicht mal mit dem Schreiben angefangen. So geht das eigentlich nicht! Ich wollte doch vorankommen.
Unsere Gastgeber sind jetzt erstmal für eine Woche weg, das ist für die Arbeitsmoral vielleicht gar nicht so schlecht. Die Begrüßungsrunden sind gemacht, jetzt kann die Arbeit losgehen. Tschakka! Wenn ich die Bemerkungen meiner Twitter- und Facebookumgebung richtig deute, haben wir hier übrigens deutlich besseres Wetter als Ihr in Deutschland. Tagsüber sind die Temperaturen sogar zweistellig! Nachts habe ich noch nicht aufs Thermometer geguckt. Aber jetzt ist es sieben Uhr Abends, und ich sitze im T-Shirt draußen in der Sonne. (Allerdings bin ich auch froh um die warmen Sachen, die ich dabei habe.)

PfauUnscharf

Plan für die Zeit hier: der Pfau muss schärfer werden.

Erlend Loe (Hinrich Schmidt-Henkel): Jens. Ein Mann will nach unten.

loe - ein mann will nach unten.inddFvonk ist ziemlich am Ende. Seine Freundin ist weg, das Verhältnis zu seiner Tochter nicht gerade innig, und seine Arbeit hat er auch verloren, wegen der Unkultur. Und dann verfolgen ihn auch noch die Schwangeren.
Eines Tages kommt eine mysteriöse Frau und mietet die beiden möblierten Zimmer in seinem Untergeschoss an. Stellt sich raus: der da einzieht, ist niemand Geringeres als Jens Stoltenberg, der norwegische Premierminister. Er braucht zwischendurch mal Zeit für sich, zum Abschalten und Runterkommen, er ist nämlich ganz schön ausgebrannt. Anders gesagt: fast genauso am Ende wie Fvonk, nur dass er nach außen hin noch funktioniert und weiterregiert.
Die beiden Männer freunden sich an, reden über alles mögliche, vor allem schüttet Jens Fvonk das Herz aus, sie unternehmen zusammen Skitouren, fahren zum Einkaufen nach Schweden, geben sich ihren respektiven Depressionen oder Psychosen hin und werden nach und nach etwas gesunder oder kranker, je nachdem. Und brechen einem zwischendurch das Herz. Zum Beispiel, weil der eine nie allein ist, und der andere immer:

Ich bin ja nie allein. Das ist wahrscheinlich der Kern des Problems. Viele, viele Jahre lang bin ich nie allein gewesen, dabei ist es wichtig, allein zu sein, sagt die Regierungsärztin, sehr wichtig, irgendwas passiert mit dem Gehirn, wenn man nie allein ist und nie mal gar nichts tut, ich weiß nicht mehr, was sie genau sagte, aber es war etwas mit dem Gehirnstoffwechsel, der gerät aus dem Gleichgewicht, und das ist nicht gut.
Nein, das ist sicher nicht gut.
Wie ist das bei dir, schaffst du es, dir etwas Zeit zum Alleinsein freizuschaufeln?
Ja.
Magst du es?
Nein, sagte Fvonk, alles andere als das.

Was mit dem lustigsten Titel der Saison anfängt und dann lange zwischen Tragik und skurriler Komik changiert, wird im Laufe des Lesens dann doch eindeutig traurig. Herrje, man möchte die beiden am liebsten einfach mal in den Arm nehmen. Ein Buch über Männerfreundschaft und Einsamkeit. Und auf jeden Fall eine Leseempfehlung! Auch wenn es einen am Ende nicht gerade glücklich macht.

(Auch super: Naiv. Super.)

Erlend Loe (Hinrich Schmidt-Henkel): Jens. Ein Mann will nach unten. KiWi Taschenbuch, 8,99 €. Auch als E-Book.

Besser ist das: Kaffee

Vor einer Weile schrieb ich in einem Blogeintrag über Schokolade und Kaffee erst einiges über Schokolade, und dann:

Über Kaffee weiß ich ungefähr gar nichts, aber ich nehme an, dass die Probleme dort sehr, sehr ähnlich sind.

Bei Markus Trapp sah ich nun gerade diesen Film. Bei der Schokolade war das Hauptproblem die Kinderarbeit, beim Kaffee scheinen es die Pestizide zu sein, und bei beidem habe ich den Verdacht, dass die verlinkten Filme nur die Spitze des Eisbergs zeigen. Jedenfalls sieht man auch hier wieder: wenn ein Produkt billig ist, dann bedeutet das nur, dass irgendjemand anders den Preis zahlt. Wenn das schön weit weg passiert, braucht man es nicht zu sehen, es ist ja leider verdammt einfach, nicht hinzugucken. Darauf einen schönen Latte Macchiato.

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