Essen
Zu essen gibt es auf Madeira sehr viel Fisch und genauso viel Fleisch. Die allermeisten Speisekarten haben die Abteilungen Vorspeisen, Salat, Fleisch, Fisch, Dessert. Unter „Salat“ findet man einen kleinen Beilagensalat, Salat mit Garnelen, Salat mit Dingsfleisch und Salat mit Bumsfleisch. Immerhin, man kann dann meist den fleischlosen Salat und eine Portion Pommes bestellen, wenn man kein Fleisch möchte. Der Mann hat ein paarmal Fisch gegessen, das war wohl immer gut. Eine Spezialität der Insel ist schwarzer Degenfisch mit Bananenmus. Der Mann hat das gegessen und mochte es auch – ich habe ein bisschen davon probiert und fand es eklig. Aber Bananen sind eh nicht mein Lieblingsgemüse.
Einmal habe ich dann doch Fleisch gegessen. Nach einer langen Wanderung, in einem Restaurant, von dem wir aus dem Reiseführer wussten, dass diese Spezialität noch ganz traditionell zubereitet wird: Rindfleischspieße nämlich, bei denen der Spieß nicht, wie in den Touristenlokalen in der Stadt oft, ein Metallspieß ist, sondern aus Lorbeerholz besteht. Die Fleischspieße werden im offenen Feuer gegrillt und dann in eine Kette eingehakt, die von der Decke hängt. Unter dem Spieß steht ein Teller, der das heruntertropfende Fett auffängt. Wenn man die einzelnen Fleischstücke am Spieß runterschiebt, geht das erst schwer und dann mit einem Ruck – und dann landet das Fleisch mit Schmackes in der Fettpfütze, ganz großer Spaß. Dazu gibt’s Salat und Knoblauchbrot. Superlecker. Und nach einer ordentlichen Wanderung genau das Richtige.


Und dann haben wir noch ein zweites Mal dem Reiseführer vertraut und sind in ein Restaurant gegangen, von dem es hieß, auf Wunsch bereite der Koch auch ein vegetarisches Gericht zu. Wir gingen hinein und landeten in einer Innenhofhölle mit Gartenzwergen und Panflötenmusik und einem Zigarrenraucher. Ich fragte nach etwas Vegetarischem. Die Kellnerin sagte, der Koch könne mir Reis Stroganoff machen, das sei Reis mit Gemüse, mit Pilzen und so, ob ich Pilze möge? Wunderbar, sagte ich, nehme ich.
Was ich bekam, war ein Riesenteller mit einer Kelle Reis in der Mitte und drumherum schwamm ungefähr eine komplette Dose Erbsen-Möhren-Pilze. Hauptsächlich Erbsen. Dosenerbsen. Eine ganze Dose. ERBSEN! Aus der DOSE! Und darin vier Streifen Paprika und drei Oliven, was nun beides so gar nicht dazu passte. Ich war so fassungslos, dass ich nicht mal Bilder gemacht habe, aber es sah genauso lecker aus, wie es klingt. Und auch war. Erbsen!
Alfred und Sally sind seit 30 Jahren verheiratet. Sie haben drei mehr oder weniger erwachsene Kinder und ein Haus und führen ein ganz normales bürgerliches Leben. Alfred ist Museumsdirektor, Sally Lehrerin – und entsprechend lebt Alfred vornehmlich in der Vergangenheit, während Sally zupackender und zukunftsgerichteter ist. Ein Einbruch ins Haus wirft Alfred ziemlich aus der Bahn. Besonders trifft ihn, dass die Einbrecher in seinen Tagebüchern herumgeschmiert haben; Alfred schreibt seit seiner Jugend permanent Tagebuch, und wenn er gerade nicht Tagebuch schreibt, erinnert er sich an lang vergangene Zeiten. Wie er damals in Kairo Sally kennengelernt hat, zum Beispiel. Darüber ist er alt und ein wenig hypochondrisch geworden, und so trägt er wegen seiner Krampfadern gern einen Thrombosestrumpf. Sally findet das nicht besonders sexy.
Überhaupt hat Sally deutlich mehr Tatendrang als Alfred, seine Lethargie und sein Gejammer gehen ihr zunehmend auf die Nerven. Sie krempelt nach dem Einbruch die Ärmel hoch, räumt auf, streicht einige Zimmer neu und legt sich einen Liebhaber zu. Und dann nehmen die Dinge ihren Lauf.
Das Erstaunliche ist: wir gucken dauernd in die Köpfe der beiden. Dauernd lesen wir ihre Gedanken, meistens Sallys, manchmal auch Alfreds. Normalerweise bin ich immer sehr vehement für „show, don’t tell“, ich möchte eigentlich nicht erklärt kriegen, was Leute denken und was in ihren Köpfen vorgeht, aber hier funktioniert es. Auch wenn ich es stellenweise etwas langatmig oder redundant fand, insgesamt habe ich das doch wirklich gerne und irgendwie sogar mit Spannung gelesen. Auf jeden Fall eine Empfehlung!
Arno Geiger wohnt im Regal zwischen Théophile Gautier und Wilhelm Genazino, ich habe es allerdings als E-Book gelesen.
Arno Geiger: Alles über Sally. Hanser, Hardcover, 21,50 €
dtv Taschenbuch, 9,90 €
E-Book, 9,99 €
Yeahyeahyeah! Ich freu mich sehr über so viel mediale Aufmerksamkeit. Heute einmal klein als „Buchtipp“ in der MoPo und einmal groß im Interview in der Szene Hamburg. Jippie!

Eigentlich brauche ich Euch meine Madeirafotos gar nicht zu zeigen. Denn Benjamin Hüllenkremer hat ein viel besseres Auge, mehr Geduld und eine professionellere Ausrüstung. Mit der er auch noch umgehen kann. Bitte hier klicken, sensationelle Bilder.
Blumen
Man nennt Madeira auch Blumeninsel. Einen Hortensienflash, ich? Ach was. Sie waren überwältigend, diese Hortensien überall, zig Meter lange, zwei Meter hohe, üppig blühende Hortensienhecken, überall, wundervoll. Die Strelizien waren eigentlich schon verblüht, es gab nur noch ein paar halbherzig blühende Reste. Und Bananen sind keine Blumen, okay, aber irgendwie gehören sie rein, weil überall kleine Plantagen sind. Weiß jemand, wie die Blumen auf dem fünften Bild heißen? Die waren auch überall.
(Bei meinen Eltern im Vorgarten und auch in der Nachbarschaft wurden verblühte Hortensiendolden geklaut; jemand hat ihnen später erzählt, man könne die kiffen oder so. Echt? Nie gehört.)














