Nicht zu fassen, aber das ist tatsächlich schon die zehnte Lesung, die Maximilian und ich zusammen organisieren. Das Konzept hat sich seit der ersten Lesung nicht geändert: in Wahrheit machen wir das ja, weil wir beide Rampensäue sind und mal wieder selbst lesen wollen, das heißt, wir beide haben jedes Mal gelesen, dazu kamen jeweils zwei weitere Autoren (ein paarmal waren auch Musiker dabei), und wechselnde Moderatoren. Geändert hat sich nur der Name – anfangs hieß es „Bar 4.0.“, weil wir zu viert waren und in Bars lasen, aber nur die ersten zwei-drei Mal. Seitdem heißt die Frühjahrslesung „Tirili“ und die Herbstlesung „Bonjour Tristesse, Du alte Hackfresse“. So auch dieses Jahr. Never change a running system. Und in der Le Kaschemme sind wir jetzt auch schon ziemlich lange, das ist immer wunderbar unkompliziert und angenehm.
Hey, herzlichen Glückwunsch zum Jubiläum, Max.
Diesmal dabei: die charmanten Herren Bekdemir und Schneider, auf die ich mich sehr freue. Und auf Friederike Moldenhauer als professionelle Moderatorin. Es wird genauso super wie immer, also kommt alle!
PS: Wer ist eigentlich dieses Literaturhaus? Und wer sind eigentlich Lobo und Passig? Und was genau bedeutet der Ausdruck „blöde Terminkollision“? Man weiß es nicht. Die coolen Leute gehen jedenfalls in die Kaschemme, das ist mal klar.
Das Gute am Herbst ist ja das Essen. Also zum Beispiel Birnen. Hier kommt das leckerste Herbstessen der Welt. Mit Birnen.
Kräuter-Käsespätzle mit Zwiebel-Birnen-Schmelze
Rezept von hier, in Details leicht abgewandelt. Ich hatte für sechs Personen für die Spätzle:
9 Eier
800 gr Mehl
Wasser nach Gefühl (250 ml?)
1 Topf Petersilie
Ein paar Blätter Salbei
Ein paar Zweige Thymian
Salz
Die Kräuter grob hacken und mit den Eiern zusammen mit dem Pürierstab zu einer ekligen grünschäumenden Masse verquirlen. Diese Masse zum Mehl geben, mit den Knethaken und Wasser nach Gefühl zu einem einigermaßen zähen Teig verarbeiten. In manchen Rezepten steht, man solle das mit einem Holzlöffel und Muskelkraft machen – keine Ahnung, warum, die Spätzle wurden mit Maschinenkraft genauso gut. In kochendes Salzwasser hobeln, mit der Schaumkelle rausheben, in eine große Auflaufform geben, geriebenen Käse drüberstreuen (z.B. Bergkäse), Verfahren etappenweise wiederholen, bis der Teig verbraucht ist. Noch mehr Käse drüberstreuen und bei 150°C in den Ofen stellen. „Für sechs Personen“ bedeutete übrigens, dass wir heute nochmal für uns zwei genug übrig hatten. Wahrscheinlich ist die Faustregel „Pro Person 100gr Mehl und ein Ei, und dann noch ein Ei für die Götter“ ganz vernünftig. Allerdings wäre dann heute nix mehr übrig gewesen.
Während im Ofen der Käse zwischen den Knöpfle schmilzt und die ganze Sache schon unfassbar gut duftet, ein paar respektable Zwiebeln (in Ringen oder so) in nicht zu wenig Butter anbraten, bis sie hübsch braun sind, dann ordentlich Birnen in mundgerechten Stückchen dazugeben und vier Minuten mitbraten. Gehackte Mandeln drüberstreuen, wenn’s beliebt – ich halte die jetzt nicht für dringend nötig, aber kann man machen. Vorsichtig mit Salz und Pfeffer würzen. (Die Mengenangaben da drüben bei Essen & Trinken sind viel zu wenig. Mehr Zwiebeln, mehr Birnen!)
Ehrlich, die gekräuterten Käsespätzle sind schon Rock‘n'Roll. Aber diese Zwiebel-Birnen-Nummer dazu ist Heavy Metal. Wenn Ihr versteht, was ich meine. Das gibt’s demnächst dauernd, glaube ich.
Dazu gab es, und auch das war super: Feldsalat mit Birnenspalten und gebackenem Ziegenkäse. Vor dem Backen etwas Honig auf den Käse geben – woarrr. (Vinaigrette: Balsamico, Olivenöl, Senf, Honig, Pfeffer, Salz.)
Und nächstes Mal gibt es zum Nachtisch Holunderbirnen. Yeah, Birnen!
Hey, Wolf Haas! Bin ich Fan von. So sehr, dass ich ihm auch den bescheuerten Titel und das unschöne Cover verzeihe. Beides erklärt sich natürlich im Laufe des Buchs und ist dann doch nicht mehr so bescheuert. Der Titel sowieso, und auch das Cover wird klar: tatsächlich ist es nämlich so, dass der Autor sozusagen mitspielt, er schreibt einen Roman im Roman über einen Freund, der dann sowohl im Roman-im-Roman, als auch in der Rahmenhandlung auftaucht.
Dieser Freund, Benjamin Lee Baumgartner, hat sich in seinem Leben dreimal Hals über Kopf verliebt. Einmal in England, als dort gerade BSE ausbrach, beziehungsweise Menschen damit angesteckt wurden. Und dann in China, als die Vogelgrippe grassierte und man fürchten musste, dass sie die Menschheit ausrotten würde. Und dann schließlich war Benjamin Lee Baumgartner das erste registrierte Opfer der Schweinegrippe, aber das hatte nicht so viel mit Verliebtheit zu tun.
Und mittenrein schreibt der Autor seine Anmerkungen darüber, was er noch in den Text einfügen oder an eine andere Stelle verschieben will – und da haben wir es nicht mit einer fiktionalen Autorenfigur zu tun, sondern durchaus mit Haas selbst (er ist das auch auf dem Cover). Und dann gibt es gelegentlich auch noch typografische Spielereien. Und dann dreht er die Schraube immer noch einen weiter.
Und wenn das alles nicht von Wolf Haas wäre, dann wäre es höchstwahrscheinlich doof. Aber es ist Wolf Haas, und der ist bei all dem einfach so dermaßen hemmungslos, dass es eben doch wieder gut ist, vor allem aber deswegen, weil er so toll erzählt, und weil er so toll Dinge weglassen kann, die dann irgendwann später in einem Nebensatz wieder auftauchen wie nebenbei, einem dadurch aber erst so richtig eine scheuern. Und weil er immer wieder so schön diese vorne eingestreuten Nebensächlichkeiten hinten wieder aufgreift, beispielsweise diese Hausarbeit über temporale und kausale Konjunktionen. Großes Kino, ehrlich.
Dummerweise … tja. Wie sag ich das jetzt? Irgendwie fand ich, dass es im letzten Drittel plötzlich ziemlich abfällt, und das Ende fand ich dann geradezu blöd. Wie schade ist das denn! Herr Haas! Das können Sie doch besser! Komische Sache. Vielleicht habe ich es auch nur nicht kapiert, vielleicht konnte ich auf die siebzehnte ironische Metaebene dann doch nicht mehr folgen? Ich habe halt gar nicht bemerkt, dass da eine ist.
Insgesamt also: Zwei Drittel lang ganz große Begeisterung, mehrfach schallend gelacht. Allerdings in der Tat eher trotz als wegen der Maniriertheiten mit dem stets präsenten Autor. Und dann am Ende – könnt Ihr das bitte auch lesen und mir sagen, dass ich beim Lesen nur zu erschöpft war, um das Ende goutieren zu können? Das wäre nett, danke. Weil, ich würde doch gerne Haas-Fan bleiben.
Eine von ganz vielen Lieblingsstellen:
Jedem von ihnen fiel auf, dass der andere ein bisschen rot wurde. Was sehr peinlich war, denn schließlich waren sie erwachsene Menschen. Und so wurden sie eigentlich rot, weil sie rot wurden. Ihm fiel auf, dass ihren unmerklich nach oben wandernden Pupillen auffiel, dass ihm auffiel, dass sie ein bisschen rot wurde, während ihr auffiel, dass ihm auffiel, dass ihr auffiel, dass er ein bisschen rot wurde, und obwohl jeder von ihnen noch hoffte, dass nur die Errötung des anderen sichtbar, das eigene Gesichtsgefühl aber noch eine unsichtbare, bloß farblose Wangenerhitzung sein möge, war der Prozess der unendlichen gegenseitigen Errötungshochschaukelung nicht mehr zu stoppen, bis ihnen nichts anderes mehr übrigblieb, als so zu tun, als wäre nichts.
Wolf Haas: Verteidigung der Missionarsstellung. 239 Seiten. Hoffmann und Campe, 19,90
Anscheinend nicht als E-Book erhältlich.
Danke nochmal an Pia für das Geschenk!
Der Mammutauftrag ist fertig. Ich habe in den letzten sechs Wochen 380 Seiten übersetzt, das ist komplett und vollkommen aberwitzig. So aberwitzig, dass ich vor Schreck sogar ein bisschen früher als unbedingt nötig fertig war. Die letzten Seiten habe ich in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag überarbeitet. Am Donnerstag Vormittag habe ich noch mal kurz draufgeguckt und dann alles weggeschickt.
Den Rest des Donnerstags saß ich auf dem Sofa und dachte: fertig. Zu mehr war mein Hirn nicht mehr in der Lage. Ich habe eine Maschine Wäsche angestellt und gedacht: fertig. Ich habe die Wäsche aufgehängt und gedacht: jetzt hast Du frei. Dann habe ich zwei Stunden tief und fest geschlafen. Und zum hundertsten Mal in diesen sechs Wochen gedacht: verblüffend, wie sehr man von geistiger Arbeit körperlich erschöpft sein kann. Eigentlich habe ich die ganze Zeit genug geschlafen. Und war trotzdem dauernd kaputt.
Am Donnerstag nichts mehr geschafft, was ja auch in Ordnung war, ich dachte nur: fertig. Und dann habe ich weiter ein Loch in die Luft geglotzt. Ich war nicht mal in der Lage, ein Buch zu lesen oder sowas.
Freitag, dachte ich, könnte ich dann ja mal in die Stadt gehen und ein paar Dinge erledigen, ich könnte joggen und ein bisschen die Wohnung auf Vordermann bringen und irgendwas von diesen ganzen Sachen machen, auf die ich mich richtig gefreut hatte. Ja genau, ich hatte mich darauf gefreut, die Wohnung zu putzen, und auf all diese ganz normalen Lebens-Dinge. Stattdessen saß ich am Freitag auf dem Sofa und war schlapp und dachte gar nichts mehr. Und habe schon wieder zwei Stunden Mittagsschlaf gehalten. Am Nachmittag habe ich einen Pflaumenkuchen gebacken und abends immerhin angefangen, ein Buch zu lesen.
Samstag, was habe ich Samstag gemacht? Ich weiß es schon nicht mehr. Wahrscheinlich in die Luft gestarrt. Abends haben wir einen großen Eimer Käsespätzle gemacht und Spontanbesuch eingeladen, und ich dachte: ja. Ich bin immer noch erschöpft, aber einigermaßen ausgeschlafen und wieder ansprechbar, und jetzt kann ich wieder ganz normal sein und Besuch einladen und in ganzen Sätzen sprechen. Und dann war es ein supernetter Abend mit reichlich Kohlenhydraten und Alkohol und ich habe beim Trivial Pursuit verloren, wie immer, und alles war gut.
Und heute war herrliches Wetter, wir sind an die Ostsee gefahren, und es war ein perfekter Tag. Wir haben sogar noch gebadet. In der Ostsee! Heute! Unfassbar schön. Die Sonne schien, der Himmel war blau, das Meer war blau, es war nicht fürchterlich voll, es gab ein paar Quallen, aber egal. Wir waren im Wasser. Na gut, es war kalt, aber es war schön. Und haben am Strand gelegen, in der Sonne, und sind am Strand entlang gegangen und haben ein Eis gegessen und sind wieder zurückgegangen, immer am Wassersaum entlang mit den Füßen im Wasser, und das Meer hat gemacht, was es immer macht: mich glücklich und entspannt. Hach. Ein perfekter Spätsommertag. Ab morgen, fürchte ich, muss ich wieder ein bisschen dies und das tun, natürlich wartet immer schon die nächste Arbeit, aber das sind nur kleine Sachen und nicht zu viel und alles ist gut.
Ich bin wieder hier.
Uff.