Alte Regel: Wenn man nichts zu bloggen hat oder nicht zum Bloggen kommt, kann man die Leser notfalls mit ein paar Youtube-Filmchen bei Laune halten. Ja, schon gut, ich weiß, ich habe hier jetzt schon viel zu lange viel zu wenig gemacht. Im Moment ersaufe ich mal wieder in Arbeit, wie eigentlich immer vor Weihnachten, alles ist gut, nur halt ganz schön viel davon. Und das bleibt auch noch eine Weile so. Ab Mitte Januar sehe ich hoffentlich wieder etwas mehr Land, und zum neuen Jahr habe ich bestimmt auch wieder tolle Blog-Vorsätze. Bis dahin pflanze ich euch einfach meine Lieblingsweihnachtsliedohrwürmer ins Hirn, dann habt Ihr auch was davon. Harhar. (Wer es eilig hat, kann bis 1:45 vorspulen.)
Ach, herrlich, Kinder!
Es gibt ja zwei Sorten Buchmessenbesucher: die, die nur unter Protest hinfahren und nur, wenn sie unbedingt müssen, und die, dich sich das ganze Jahr über darauf freuen, die gerne hinfahren und gar nicht genug bekommen. Ich gehöre eindeutig zur letzten Kategorie.
So viele Leute getroffen oder wiedergetroffen, verabredet oder zufällig, so viele neu kennengelernt, ganz unbekannte oder Facebookfreunde endlich in Echt erlebt, und viel zu viele andere nicht getroffen. Leuten vorgestellt worden, Leute einander vorgestellt. Verblüffend viel Wein und Sekt getrunken und verblüffend wenig (nämlich gar keine) Kopfschmerzen gehabt. Jeden Abend auf einer Party gewesen, einmal deswegen, weil ich fünf Minuten vor Messeschluss am Stand eines Verlages, für den ich nie gearbeitet habe, eine Freundin traf, die dort auch nicht arbeitet, mich aber fragte, ob ich am Abend bei der Party ebendieses Verlages sein würde, woraufhin ich mich beschwerte, dass ich in 15 Jahren Buchmesse noch kein einziges Mal zu einer dieser sagenumwobenen Partys eingeladen war, woraufhin wiederum eine mir völlig unbekannte Dame dieses Verlags eine Einladung hervorzauberte und sagte dochdoch, das sei schon in Ordnung. Danke, liebe unbekannte Dame vom Dumont Verlag, das war wirklich sehr nett.
Ich verließ die respektiven Partys allabendlich gegen zwei Uhr nachts, und ab halb sieben morgens lärmten die Kinder meiner Gastgeberin vor meiner Tür herum. Machte aber nichts, ich war verblüffend unmüde, und dass ich nach all dem Wein und all den Partys so unverkatert war, lag womöglich zum einen daran, dass niemand mehr in Räumen raucht, und zum anderen daran, dass ich sowieso die ganze Zeit voll auf Endorphinen war.
Es ist nämlich so: Mein Verlag – mein Verlag! – war ja schon immer mein Lieblingsverlag als Übersetzerin. Jetzt erscheint mein eigener Roman – mein Roman! – bei KiWi, und ich bin vollends verliebt. Ich war eine ziemliche Weile am Stand, am Donnerstag Abend durfte ich mit zum komplett verkicherten Autorenessen, und einer nach dem anderen kam zu mir, stellte sich vor und sagte, er habe den Pfau schon gelesen und fände ihn toll, und alle würden sich freuen, dass ich bei ihnen gelandet sei. Hallo? Ich habe noch nicht mal den Vertrag! Das ist doch nicht normal, dass gefühlt drei Viertel des Verlags den Roman schon gelesen haben. Und auch noch alle behaupten, sie würden ihn super finden und sich freuen. Fast hätte ich ein kleines Tränchen verdrückt vor lauter Rührung, ich kann das auch alles immer noch nicht richtig glauben, ich warte vielmehr fast darauf, dass sie merken, dass das alles ein Irrtum war. Aber bis dahin: Große KiWi-Liebe.
Überhaupt große Literaturszenenliebe, so viele tolle Menschen, und die Doofen kriege ich irgendwie immer gar nicht mit, aber ich muss dort auch keine Geschäfte machen. Ich treffe meine Lektorinnen, Freunde, Kolleginnen, Bekannte, ich verabrede mich mit den Leuten, die ich sehen will, und sagte ich schon, dass ich zu viele Leute gar nicht gesehen habe? Wann denn auch? Ich war ja dauernd verabredet. Nicht mal im Übersetzerzentrum war ich so richtig, nur am Samstag, als ich mich da kurz zum Obst machen musste, es gab einen „Translation Slam“, bei dem die Kollegen Ingo Herzke, Peter Torberg und ich spontan literarische Zitate und Sprichwörter übersetzen sollten. Es war ein Experiment, ein erstes Mal, nicht geprobt. Vorbereitet und moderiert von Annette Kopetzki, wir drei Teilnehmer waren einigermaßen ahnungslos, was auf uns zukommen würde, aber es hat gut geklappt, wir hatten unfassbar viele Zuschauer, und sie sind alle bis zum Ende geblieben und wurden immer mehr. Den Buchmessensamstag habe ich ansonsten ausgelassen, den Vormittag habe ich mit meiner Gastgeberin verbracht, und nach dem Slam bin ich gleich nach Hause gefahren. Die Besuchertage auf der Messe sind dann doch kein Spaß mehr, da ist es nur noch anstrengend.
Ich quassel zu viel auf Facebook, dort hatte ich nämlich einen Tag vorher geschrieben, dass ich mir aus Versehen noch ein Kleid für die Buchmesse gekauft habe, und so wurde ich drei Tage am Stück gefragt, ob das das neue Buchmessenkleid sei. Das war es nur am Donnerstag, und zwar dieses hier. Neben mir steht Mona Lang, KiWi-Lektorin, und wir halten aktuelle KiWi-Titel hoch. An den anderen Tagen trug ich ebenfalls schöne Kleider, ich freu mich ja über solche Gelegenheiten. Katy war noch besser ausgestattet, sie hatte drei Kleider für tagsüber und drei für abends dabei. Respekt! Überhaupt gab es auf der Messe viele schöne Kleider zu sehen.
Aber verblüffend, wie viele Leute meinen Facebookquatsch lesen und sich auch noch merken, was ich geschrieben habe. Ich hingegen vergesse ja alles, das ist manchmal sehr schlimm und sehr peinlich. Zum Beispiel vergesse ich Leute. Wie sie aussehen, wie sie heißen, woher ich sie kenne. Auf der Messe behauptet jeder, das ginge ihm genauso, aber so schlimm wie ich ist natürlich niemand.
Ansonsten habe ich es mal wieder geschafft, keine Bücher wahrzunehmen und keine Veranstaltungen mitzubekommen, keine Vorträge, keine Gespräche, keine Lesungen. Ich weiß nicht, wie andere das machen, im Halbstundentakt Termine zu haben, zwischendurch womöglich noch von Halle 3 in Halle 6 zu müssen, und dann auch noch irgendwelche Lesungen zu hören, die Gastlandhalle zu besichtigen und Bücher zu entdecken. Ich bekomme auf der Messe schlagartig einen Tunnelblick und nehme die Bücher höchstens als Tapete wahr. Was ich auch nicht beherrsche: hübsche kleine Giveaways mitnehmen. Von Büchern ganz zu schweigen. Aber die würde ich eh nicht für den Rest des Tages über die Messe schleppen wollen.
Vorsätze fürs nächste Jahr:
- Vielleicht einen Tag länger? Schon Mittwoch auf die Messe? Dann könnte ich mehr Leute treffen. Und womöglich nach Büchern gucken (hahahaha!), oder wenigstens mal die Gastlandhalle gehen. Finnland soll toll gewesen sein, hört man. Ich war nur kurz im Mumins-Bus, aber der hat mich nicht vom Hocker gerissen. Ich habe mir nicht mal ein Gehirnströme-Gedicht generieren lassen.
- Endlich selbst zu Partys eingeladen werden, statt mich immer als irgendjemandes „+1“ durchzuschnorren. Mit wem muss man dafür schla
- Mehr Fotos machen, mehr instagrammen, twittern, facebooken, livebloggen oder meinetwegen mit Gänsekiel auf Bütten notieren, denn ich vergesse ja alles. Jedenfalls mehr Momente festhalten, wie etwa den, als ich am Samstag in Halle 3.1 kam, wo am Anfang die christlichen Verlage sind. Hinter mir gingen zwei Frankfurter Muttis, von denen eine nur einen Blick in die Halle warf und feststellte: „Nee, hier simmä katholisch, des brauche mä net.“
Oder den, als mir Thomas Hettche vorgestellt wurde, und ich ihm gleich mit meinem ersten Satz mitteilte, dass ich ihn ein bisschen hasse. Das hat natürlich nichts mit ihm zu tun, sondern damit, dass ich das Cover seines aktuellen Romans so wunderschön finde und deswegen schlicht neidisch bin. So hätte meiner aussehen können.
***
Wen ich, außer der bereits im Text zweimal verlinkten Katy noch getroffen habe:
Unter anderem die Herren Stefan Möller und Stefan Mesch. Und endlich Wibke Ladwig – es muss sich irgendwie um ein Versehen des Universums handeln, dass wir uns vorher noch nie getroffen hatten. Nora Bossong habe ich auch kurz kennengelernt.
Und natürlich noch viel mehr, aber die haben alle (noch) nicht gebloggt. Glaube ich. Wenn doch, sagt Bescheid, wird alles verlinkt.
Es wird der Tag sein, an dem wir die Liebe, die Freiheit und das Leben feiern.
Jeder liebt den, den er will, und der Rest bleibt still.
Ein Tag, als hätte man gewonnen. Dieser Tag wird kommen.
Habt Ihr bestimmt schon alle gesehen. Großer Song, großer Film.
Homophobie ist ein Thema, das mich immer mal wieder beschäftigt, weil ich es einfach zutiefst und von Herzen nicht verstehe. Wenn ich so was hier lese, wird mir übel, ist das wirklich Mitteleuropa im einundzwanzigsten Jahrhundert? Es kann doch bitte nicht möglich sein, dass erwachsene, irgendwie doch halbwegs intelligente Menschen wirklich glauben, man könne Schüler nicht mit homosexuellen Lehrern in einem Raum lassen? Das macht mich fertig, wovor um alles in der Welt haben diese Leute denn Angst?
Ich lebe in einer glücklichen Blase. In meinem beruflichen wie meinem privaten Umfeld lieben Menschen einander mit einer solchen Selbstverständlichkeit, dass ich immer gar nicht glauben kann, dass es in anderen Blasen wie dem Fußball, der CDU oder den Kirchen nicht selbstverständlich ist. Da dürfen Menschen nur unter bestimmten Bedingungen lieben und begehren. Was das Konzept „Liebe“ irgendwie ad absurdum führt, denn so ist die Liebe nicht.
Minute 5:04 in diesem Song macht mir auch beim x-ten Hören noch einen Kloß im Hals.
da sind wir wieder. Eine Woche lang waren wir in Tönning auf der Halbinsel Eiderstedt. Eine Woche lang war knallblauer Himmel und die Sonne hat geschienen, während ein Großteil meines Internets irgendwas von Regen und kalt jammerte. Wir saßen derweil im Strandkorb. Sind dem Erfinder des Strandkorbs schon genügend Denkmäler gesetzt worden? So ein Strandkorb ist eine tolle Sache, man sitzt darin so windgeschützt, dass man es auch dann noch herrlich warm hat, wenn man überall anders schon fröre. Und so saßen wir oft bis abends, bis die Sonne wirklich weg war, im schnuckligen Garten des schnuckligen Ferienhauses, das ich hier nochmal nachdrücklich lobpreisen möchte. Eingerichtet teils in IKEA, teils alt, teils auf Alt gemacht, hell, weiß gestrichenes Holz und hellblau. Supergemütlich, ganz klein, aber extrem großzügig ausgestattet, jede Menge Geschirr und Besteck und alles, was man in der Küche brauchen könnte, Sitzgelegenheiten en masse, auch im Garten, reichlich Kuscheldecken, alles. Und: einfach mal funktionierendes WLAN. Halleluja! Es gibt ja immer noch teure Hotels, in denen man das Internet noch extra stundenweise bezahlt. Dabei ist es so einfach. Wer einfach mal ein paar Tage im Strandkorb hinterm Deich verbringen möchte: hier. Optimal, um sich eine Woche einzumuckeln und nichts zu tun oder zu arbeiten. Es ist natürlich nicht direkt am Meer, sondern am Ortsrand von Tönning. Man braucht ein Auto.
Und ich habe richtig was geschafft. Mit dem Pfau bin ich ein Stück vorangekommen, habe aber auch gemerkt, dass noch ein bisschen was zu tun ist. Hier was kürzen, da was ändern. Aber wird schon. Gleichzeitig habe ich mit einer Übersetzung angefangen, die ich zwar erst zum 1. August abgeben muss, aber der Verlag hätte gern schon mal eine Leseprobe. Und natürlich haben wir auch manchmal was anderes gemacht:
Das ist Odin (unten). Odin ist ein Stoiker vor dem Herrn und sehr freundlich dazu. Die Idee war eigentlich der übliche Kleinmädchentraum vom Reiten am Strand, das wird dort in St. Peter Ording angeboten, aber Voraussetzung ist, dass man einigermaßen überzeugend behauptet, galoppieren zu können. Und zwar auch einen Kilometer am Stück, denn das passiert bei diesem zweistündigen Strandausritt, und man soll dann nicht die ganze Gruppe aufhalten. Ich bin zuletzt vor mehr als zwanzig Jahren geritten und runtergefallen, auch so eine Aktion im Nordseeurlaub. Davor das letzte Mal war als Pferdemädchen im Pferdemädchenalter, wahrscheinlich war ich höchstens 14. Jedenfalls kann ich keineswegs überzeugend behaupten, ich könnte galoppieren, also nahm ich erstmal eine Stunde Unterricht. Ohne Galopp, aber immerhin, ich bin getrabt, und alles war schön und gut und Odin wirklich ausnehmend freundlich und gehorsam. Trotz Mehlsack auf dem Rücken. Die „Stunde“ dauerte dreißig Minuten, der Muskelkater hinterher deutlich länger. Aber eigentlich … eigentlich fand ich, ich könnte mal wieder zum Pferdemädchen werden. Denn das war schon sehr, sehr schön, da oben auf Odin. Wie klein er ist, fiel mir erst hinterher auf, als ich die Bilder sah. Apropos Bilder: iPhoto hat die Bilder gefressen. Dieses hier hatte ich vorher schon auf Facebook geladen, daher war es noch da. Der ganze Rest ist weg, von mehreren Tagen. Grmbl.
Das war eine wirklich herrliche Woche. Erholt und was geschafft, viel Sonne bekommen, geritten, gearbeitet, spazoren, im Strandkorb gesessen, es war perfekt. Jetzt weiter im Text. Pfau fertigmachen, Übersetzungs-Leseprobe fertigmachen, das Wetter könnte dann bitte auch so weitergehen. Und als nächstes möchte ich einen großgenugenen Balkon oder Garten für einen Strandkorb.
Es sind jedenfalls Hunderte, wahrscheinlich eher Tausende. Die meiste Zeit sagen sie nichts, aber manchmal hebt ein Geschnatter an, ein Teil flattert dann auf, es dauert einige Minuten, bis sich alles wieder beruhigt hat. Manchmal fliegen kleinere bis mittelgroße Grüppchen eine Runde übers Land. Eindrucksvolles Spektakel. Gegen Abend rücken sie noch enger zusammen. Zwischen ihnen brüten Kiebitze, glaube ich. Ob sie sich vertragen?