Nach dem aufregenden 2016 wirst du wohl wieder normaler werden. Ein paar Lesungen stehen noch an, aber nicht mehr so viele wie letztes Jahr. Ich freu mich, das ist genau richtig so.
Als erstes übersetze ich jetzt einen Erzählband von Jane Gardam, der im Herbst erscheinen soll. Zur Abwechslung bin ich mal spät dran, ich schätze, ich muss kurz in die Versenkung. Und mich danach dann auf den nächsten eigenen Roman stürzen. Einerseits scharre ich schon mit den Hufen, andererseits habe ich die alte Angst – ach, was: Überzeugung, dass mir nichts einfällt und dass ich das nicht kann und meine Grundidee viel zu ambitioniert ist und mimimi. Also alles ganz normal. Schönes Luxusproblem nebenbei: Ich bekomme tolle Übersetzungen angeboten. Dummerweise habe ich keine Zeit, weil ich mit eigenem Schreiben und Jane Gardam erstmal genug zu tun habe. Und Jane Gardam gebe ich natürlich nicht wieder her, wenn’s nach mir geht.
2017 wollen wir auch mit Wasmachendieda weitermachen, darauf freue ich mich sehr. Es stehen so viele tolle Leute auf der Liste! 2016 haben wir niemanden interviewt, ich war ja dauernd unterwegs. Aber jetzt soll es weitergehen, hurra! Die ersten vier oder so stehen schon mehr oder weniger fest, wir müssen es dann nur noch tun. *hust*
Große Reisen sind im Moment nicht geplant. Nur kleine: Vielleicht fahre ich mal wieder für ein paar Tage zum Arbeiten nach Helgoland. Und wir wollen endlich nach Worpswede. Note to myself: Vorher unbedingt Klaus Modicks Konzert ohne Dichter lesen. Den Film Paula habe ich gestern schon gesehen, womöglich setze ich noch gute Vorsätze in die Tat um und blogge was dazu. Wär crazy. Nach Klagenfurt möchte ich gern wieder, und im Herbst natürlich auf die Frankfurter Buchmesse. Leipzig im Frühjahr wird nicht klappen, weil meine Eltern goldene Hochzeit feiern. Mein Vater und meine Schwiegermutter werden außerdem 80, da stehen also ein paar Familienfeste an. Für die Sommerferien ist noch nichts geplant, vielleicht fahren wir in die Sonne, das wär schön. Schaumermal, sowas machen wir ja immer eher kurzfristig.
Was ich auf jeden Fall beibehalten möchte, sind die Theater- und Kino- und Konzertgänge. Auf der Anrichte im Flur liegen schon Tickets für die Elbphilharmonie, außerdem für Spaceman Spiff und Veranda Music und Judith Holofernes und Anna Depenbusch zum Beispiel. Das wird schön! So viel vorabgekauft war noch nie. Die Thaliacard vom letzten Jahr habe ich vor lauter Reiserei nicht oft genug genutzt, aber hey. Dieses Jahr bin ich öfter zu Hause.
Ich sehe dem Jahr gelassen entgegen. Was sonst? Ich bin ein Glückspilz, das Leben rockt. Es ist verdammt ungerecht, dass das nicht für alle so ist.
Komm rein, 2017, nimm dir ’n Keks. Und sei gut zu den Leuten, ja?
Was für ein Jahr. Ein Rausch! Uff, hurra und tirili! Es fing damit an, dass Mitte Februar der Pfau erschien und ich erst eine Zyste an der Schilddrüse und dann einen Bandscheibenvorfall in der Halswirbelsäule hatte. Das sorgt für ziemliche Schmerzen im Arm, bis in die Finger, und wird behandelt durch Abwarten, Schmerzmittel und Physiotherapie. Wenn man Pech hat, muss es operiert werden, aber ich hatte Glück, einen Mann namens Nils und später eine Frau namens Monika (Feldenkrais! Super Sache!), und inzwischen ist alles wieder gut. Aber es sorgte doch dafür, dass ich dachte: Okay, Körper, ich habe verstanden. Es war ja noch nicht abzusehen, wie der Pfau abgehen würde, aber im Nachhinein bin ich geradezu froh um diese kleinen Lästigkeiten, die mir gesagt haben, dass ich 2015 zu viel gearbeitet habe und es 2016 ein bisschen lockerer angehen lassen sollte. Und so habe ich außer der Lesereise gar nicht so viel gearbeitet. Zwei, drei Kurzgeschichten übersetzt, eine Leseprobe für den nächsten eigenen Roman fertiggemacht und mir ansonsten nicht zu viel Stress gemacht. Stellt sich nämlich raus: So eine Lesereise ist natürlich vor allem großartig, aber halt auch anstrengend. Es war genau richtig, zwischen den Reisen, wenn ich ein paar Tage zu Hause war, nicht auch noch größere Mengen übersetzen oder schreiben zu wollen, sondern mich mit kleinem Bürokram und Wäschewaschen zu begnügen. Und so bin ich nicht mal beim Endspurt mit 15 Lesungen im November krank geworden, sondern gesund und gutgelaunt und sehr, sehr glücklich am 1. Dezember nach Hause gekommen, habe den Koffer ausgepackt und ihn nicht drei Tage später wieder eingepackt. Ich hätte dann einigermaßen unverzüglich mit dem Übersetzen loslegen müssen (ein dicker Erzählband von Jane Gardam), aber das hat nicht so recht geklappt, sodass jetzt der Druck wieder einigermaßen hoch ist. Anders gesagt: back to normal.
Dieses Jahr habe ich in so vielen Betten geschlafen wie noch nie, ich habe nicht mitgezählt, aber es waren 65 Lesungen und insgesamt sicher über 50 Betten. Ich bin so viel Bahn gefahren wie noch nie und immer noch großer Bahnfan. Ich hatte plötzlich ein Publikum, ich hatte tatsächlich Fans, das ist total verrückt. Ich habe lauter tolle Leute kennengelernt, und ich habe tausenderlei Pfauengeschenke bekommen. Der Pfau steht seit über 40 Wochen auf der Bestsellerliste, im Moment auf Platz 45, und ich grinse dümmlich-beglückt vor mich hin, während draußen in der großen Politik gerade sehr vieles sehr fürchterlich ist. Syrien, AfD, Brexit, Trump, wisst Ihr alles, das gehört hier nicht so recht rein. Hier rein gehört, dass noch weitere Bücher erschienen sind: Eine treue Frau und Letzte Freunde und Die Rettung und Die geheimen Briefe und Hetty von Jane Gardam in meiner Übersetzung (die drei letzten sind einzelne Kurzgeschichten, das sind keine fünf Romane) und Irgendwo ins grüne Meer, eine Anthologie mit 16 Geschichten von Inseln, die ich zusammen mit Anne von Canal herausgegeben habe. Die sind hier im Blog total untergegangen, wie hier alles ein bisschen untergegangen ist, vor lauter Lauter.
Privat verreist bin ich 2016 auch, ich war auf Helgoland und in Klagenfurt, im Sommer in Schottland, und weil das so kalt und verregnet war, im Herbst noch eine Woche auf Lanzarote. Das war super, kurz noch mal Sonne tanken vor dem November mit den vielen Lesungen und den vielen zugigen Bahnhöfen.
Sobald ich zwischendurch zu Hause war, hatte ich große Lust, Freunde zu treffen und auszugehen. Ich war so oft im Kino wie vermutlich in den 20 Jahren vorher zusammen (Star Wars, Die Peanuts, Nur wir drei gemeinsam, Hail Caesar, Tschick, Toni Erdmann, Miss Peregrine’s Home for Peculiar Children). Immerhin habe ich fast alle Filme verbloggt, bis auf den letzten, dafür habe ich möglicherweise über kein einziges gelesenes Buch geschrieben. Dabei habe ich tolle Bücher gelesen, der Favorit des Jahres trägt den etwas unglücklichen Titel Und doch ist es Heimat und ist von Jochen Metzger. Wenn ihr das bitte alle lesen würdet. Es geht um die letzten Kriegstage in einem Dorf im Badischen und ist teilweise gar nicht schön, aber unfassbar gut geschrieben. Keine Ahnung, warum das nicht mit den wichtigsten Literaturpreisen bedacht und in sämtlichen Feuilletons besprochen wurde.
Im Theater war ich auch, und in Konzerten, das war in jeder Hinsicht ein sehr reiches Jahr. Die musikalische Entdeckung des Jahres heißt Von wegen Lisbeth.
Ich hatte ein sensationelles Jahr. Wahrscheinlich hat man so eins nur einmal im Leben. Ich bin auch noch nicht fertig mit dem Verarbeiten, manchmal schaue ich immer noch mein Buch an und kann es nicht glauben. Ich? Einen Roman geschrieben? Der so toll aussieht? Und die Buchhändler lieben ihn? Das ist alles nicht wahr, oder?
Danke für das schöne Leben, Weltgeist. Weitermachen, bitte.
Hannes war in meinem Internet, seit ich im Internet bin. Er bloggte anfangs über Jazz, das interessierte mich nicht besonders, aber am Rande meiner Wahrnehmung war er immer da. Dann kamen Twitter und Facebook, und er war präsent, es ging längst nicht mehr nur um Jazz. Hannes war Markencoach und Social-Media-Mensch der GLS-Bank und war mit Leidenschaft bei der Sache; nicht zuletzt ihm ist es zu verdanken, dass mein Geld jetzt dort ist. Er hat die Anliegen der Bank mit jeder Faser seines Lebens geatmet, ihm lag daran, die Welt ein kleines bisschen besser zu machen, und das hat er gemacht, nicht nur durch seine Arbeit bei der GLS, sondern auch durch Aktionen wie Ein Buch für Kai oder eine Spendenaktion für die Familie eines verstorbenen Freundes. Hannes war es, mit dem ich korrespondierte, als ich eine Zeitlang GLS-Werbung im Blog hatte, und Hannes war es, der uns für wasmachendieda Starthilfe gab, indem er auch dort GLS-Werbung schaltete. In einem Blog, das es noch gar nicht gab; nur, weil er uns kannte und vertraute. Die Zusammenarbeit mit ihm war schnell, unkompliziert, kompetent: Wollen wir? – Klar, machen wir, zackzack. Am Tag, als wasmachendieda online ging, war Hannes zufällig in Hamburg, zur TEDx-Konferenz. Wir haben zusammen Vorträge gehört und gleichzeitig die Statistik des neuen Projekts im Auge gehabt, und am Ende die Nachmittagsvorträge geschwänzt und lieber angestoßen. Hannes hat uns zur Bloggerlesung in der Bank nach Bochum eingeladen. Am nächsten Tag haben wir ihn für wasmachendieda interviewt.
Hannes war immer da, Hannes gehörte zum Internet. Er war einer von den Guten, von denen, die nachdachten und anpackten. Wenn wir uns gesehen haben, kam er mir vor wie jemand, der in sich ruhte. Im Internet konnte man in letzter Zeit ahnen, dass es ihm nicht sehr gut ging.
Hannes hinterlässt zwei Kinder, den Junior und das Mademoisellchen, die er sehr geliebt hat, das hat man immer deutlich gespürt. Ich wünsche den beiden und ihrer Mutter und wer auch immer noch an Familie da sein mag, für die kommende Zeit … ach, ich weiß es doch auch nicht. Es ist furchtbar, und ich habe keine Worte. Freunde wünsche ich ihnen, die sie da durchtragen. Und robuste Seelen, die nicht daran zerbrechen.
Hannes schreibt:
Wenn ich einen letzten Wunsch hätte, dann wäre es der hier: Schaut in jeder Situation gemeinsam nach vorn. Seid achtsam mit euch selbst und dann aufeinander. Macht die Welt im Großen wie im Kleinen wieder zu einem guten Ort. Lebt den Gedanken, dass das gemeinsam im Miteinander möglich ist, weiter. Das wäre mir ein letzter Trost. Vielleicht bekommt mein Dasein dann doch noch einen Sinn.
Hannes, Dein Dasein hatte einen Sinn. Immer, für alle, die dich kannten. Die Vorstellung, dass es für Dich keinen mehr hatte, bricht mir das Herz. Die Welt ist ein bisschen ärmer geworden. Ich wünsche Dir so sehr, dass Du Frieden gefunden hast. Glück auf.
Ein gutes neues Jahr Euch allen. Ein gesundes und glückliches. Seid nett zu einander. Seid nett zu allen. Passt auf Euch auf, aber nehmt euch selbst nicht zu wichtig. Seid neugierig. Seid mutig. Seid großzügig. Macht Sachen. Macht Unsinn. Denkt daran, dass die anderen auch alle ihre Kämpfe zu kämpfen oder ihr Päckchen zu tragen haben. Verzeiht. Lebt, lacht, liebt und küsst. Wear sunscreen.
Ich wünsche Euch ganz viele Tage, an denen Ihr einverstanden seid. Mit dem, was irgendwann sein kann, und allem, was war.
Du warst ein arbeitsreiches Jahr. Ich habe knapp zwei Bücher übersetzt, eins zu Ende geschrieben, also X mal überarbeitet und ergänzt, und eins herausgegeben (mit Anne von Canal). Ich habe zusammen mit Maximilian insgesamt achtzehn Was-machen-die-da-Interviews geführt und zu lesbaren Texten verarbeitet, davon sechs für die Zeitschrift Nido, also endlich mal bezahlt. Ich habe ein fünftägiges Seminar und einen halbtägigen Workshop geleitet, mehrere Vorträge gehalten und selbst ein Seminar für Seminarleiter besucht. Überhaupt war ich ganz schön viel unterwegs. Und ich habe festgestellt, dass es wohl Unsinn ist, wenn ich manchmal denke, ich kriege ich nichts auf die Reihe. Das stimmt nämlich gar nicht.
Seit 16 Jahren übersetze ich Bücher. Dieses Jahr hatte ich zum ersten Mal so richtig das Gefühl, dass meine Arbeit wahrgenommen wird, es gibt viel Lob für die Gardam-Übersetzung, und das tut mal richtig gut. Im Moment arbeite ich fast nur noch für KiWi und Hanser Berlin, und besser kann man es wohl kaum haben. Es macht mit beiden Verlagen großen Spaß, ich arbeite mit allen Beteiligten sehr gerne zusammen.
Das Aufregendste war natürlich Der Pfau. Und der hörte auch nicht auf, aufregend zu sein, auch als die eigentliche Schreib-Arbeit dann wirklich getan war und er in Satz und in Druck ging. Irgendwie passierte trotzdem immer noch was Neues, ich kann mich nicht erinnern, wann ich zuletzt so dauerhaft auf Adrenalin gewesen wäre. Ein ganz großes Ding war natürlich die Meldung, dass Christoph Maria Herbst das Hörbuch lesen möchte – inzwischen hat er das tatsächlich getan, und ich habe es schon gehört und bin hingerissen, es ist wirklich großartig geworden.
Der andere große, aufregende Moment war der, in dem ich mein Buch zum ersten Mal in der Hand hatte. Ich habe mich noch nicht richtig getraut, darin zu lesen, aber es sieht unfassbar toll aus, und ich bin wirklich sehr glücklich damit, wie das bisher alles gelaufen ist. Wie es weitergeht, wird sich dann im nächsten Jahr weisen, wenn es erscheint.
Privat sind wir ebenfalls ein bisschen gereist. Im Januar waren wir für ein Wochenende in Wien, zusammen mit Falk und der schönen, klugen Frau. Kultur gucken und Mehlspeisen essen, hervorragendes Programm. Im März ein paar Tage auf Amrum, ich hatte ja keine Ahnung, wie schön es dort ist! Im April war für eine Woche meine Nichte hier, das habe ich sehr genossen. Im Mai war ich drei Tage auf Helgoland, um eine Inselgeschichte zu schreiben, was irgendwie nicht geklappt hat. Anfang Juli war ich wieder zum Bachmannwettbewerb in Klagenfurt, das war auch wieder sehr schön. So viele nette Leute, schönes Wetter, der Wörthersee. Für die Sommerferien waren wir lange unentschlossen und sind dann kurzfristig für ein paar Tage in der Normandie gelandet. Das war schön, aber wettermäßig wäre da noch was gegangen. Im Oktober war erst die Buchmesse, dann waren wir 10 Tage in Israel. Ich habe über fast nichts davon gebloggt, das ist wirklich blöd, denn eigentlich lese ich diese Sachen auch immer gern später noch mal nach. Ich kann mir ja mal wieder Besserung vornehmen. Seufz.
Auch nicht gebloggt habe ich darüber, dass ich im letzten Jahr mehrfach im Theater war. Dabei war es fast immer toll. Es war alles dabei, vom Kindermusical im Schmidt auf der Reeperbahn bis zum Wiener Burgtheater. Der Plan ist, das auch nächstes Jahr beizubehalten, ebenso wie gelegentliche Kinobesuche. Unsere Wohnzimmerlesungen hatten ein bisschen Pause, weil sich einfach wenig ergeben hat, aber zwei haben wir gemacht, und das war auch wieder sehr fein. Auch das soll nächstes Jahr weitergehen.
Es sind ein paar neue Menschen in mein Leben getreten, über die ich mich sehr freue, über Wasmachendieda, übers Internet oder sogar aus der Kohlenstoffwelt. Was für tolle Leute man da immer wieder kennenlernt! Und am allerliebsten habe ich es, wenn ich diese Leute miteinander verkuppeln kann, wenn ich sagen kann: Ich kenne da jemanden, der könnte das-und-das, ich geb dir mal die Mailadresse. Und wenn ich damit Leute glücklich machen kann.
Wir halten fest: es war ein rappelvolles Jahr. Ich habe viel gearbeitet, war viel unterwegs und bin tatsächlich ein wenig erschöpft. Erschöpft und sehr glücklich, denn es war alles tolle Arbeit, die ich gern gemacht habe und für die ich großartiges Feedback bekommen habe. Wenn es nervige Arbeit gewesen wäre, hätte ich sicher nicht so viel geschafft oder wäre jetzt nicht „ein wenig erschöpft“, sondern fix und fertig.
Sowieso bin ich ein Glückskind und habe ein schönes Leben. Danke, Leben.