Dienstag: Medikamentenkiste aussortiert. Wir sind so gesund, das ist kaum zu fassen, in der Medikamentenkiste befinden sich vor allem Mittelchen gegen Husten, Schnupfen und Halsschmerzen, ein paar elastische Binden, Paracetamol und eine Flasche Autan mit aufgedruckter Herstelleradresse mit vierstelliger Postleitzahl. Das meiste ist abgelaufen oder hat kein Datum, jetzt ist die Kiste wieder fast leer. (Apotheke)
Mittwoch: Alte Batterien (Supermarkt)
Donnerstag: Mehr Schuhe (Teils Schuhcontainer, teils Müll)
Freitag: Altpapier (Altpapier)
Samstag: Altglas (Altglas)
Sonntag: Die Wahrheit ist: Alles an einem Tag weggebracht. Samstag. Und damit erkläre ich den Wegwerfmonat zwar noch lange nicht für beendet, aber das Drüberbloggen, denn so spannend ist das ja nun nicht. Seit einer Weile mache ich jeden Morgen, wenn ich alle meine Blogs aufmache, auch das der Ordnungshüterin mit auf. Sie gibt einem jeden Tag eine Aufgabe, was man 20 Minuten lang aufräumen soll. Normalerweise lese ich es nicht, ich mache das Fenster immer gleich wieder zu (sorry, Ordnungshüterin!), geschweige denn, dass ich jemals auf die Idee käme, ihren Anweisungen tatsächlich zu folgen. Aber es erinnert mich offenbar doch täglich daran, dass man wenigstens eine Kleinigkeit mal entrümpeln und aufräumen könnte. Mache ich nicht immer, aber ich habe hier und da angefangen, hier mal eine Schublade, dort mal ein Fach, ich hoffe, das kann ich noch eine Weile beibehalten. Entrümpeln fühlt sich nämlich wirklich gut an.
Das Leben meint es gut mit mir, und im Moment gerade besonders. Wir kommen von einem Geburtstag, es war ein schöner Abend voller anregender Gespräche, es gab leckeres Essen und reichlich Wein, wir sitzen in der U-Bahn und unterhalten uns, und dann sehe ich am Fenster einen Aufkleber: Probanden gesucht. Menschen in einer bestimmten Altersgruppe werden da gesucht, um ein Medikament zu testen, Menschen mit Akne (mind. 17 Pickel). So steht es da, in Klammern, mindestens 17 Pickel, und ich muss fürchterlich lachen, ich stelle mir Leute vor, die vor dem Spiegel stehen und ihre Pickel zählen, oh, Mist, sind nur 16, dann kann ich leider nicht an der Medikamentenstudie teilnehmen, hätte ich doch bloß siebzehn Pickel! Mein Mann lacht mit, wildfremde Leute lachen mit, ein kollektiver nächtlicher Lachanfall, dann beruhigen wir uns alle halbwegs wieder. Die Bahn hält, eine Frau steigt ein, sie setzt sich schräg gegenüber. Sie holt tief Luft, hält sich die Hand vor die Augen. Es ist schon ein Uhr, wahrscheinlich ist sie müde. Ich kichere noch ein bisschen über die siebzehn Pickel. Vielleicht ist die Frau auch betrunken und möchte es sich nicht anmerken lassen. Sie hat immer noch die Hand vorm Gesicht. Sie holt Luft. Sie bemüht sich um kontrollierte Atmung, sie schaut aus dem Fenster, da ist nichts, ein U-Bahntunnel eben. Die Frau ist nicht betrunken, sie weint. Sie ist sehr beherrscht, sie macht keinen Laut, man merkt nur, dass sie ihren Atem mit Mühe unter Kontrolle hält, sie hält sich die Hand vor die Augen, sie weint. Und ich sitze da, mir steckt das Kichern noch im Hals, ich würde gern irgendwas tun, eine nette Geste, ich weiß keine. Säße ich neben ihr, vielleicht würde ich ihr die Hand drücken, vielleicht auch nicht, vielleicht würde ich es nicht wagen, obwohl ich mir denken kann, dass es ihr vielleicht gut täte. Vielleicht will sie es nicht, vielleicht, vielleicht, was weiß man schon. Ich weiß nicht, ob die Frau, die neben ihr sitzt, merkt, dass sie weint, ich weiß nicht, ob ich vielleicht irgendwas täte, wenn die Bahn leerer wäre, aber was, was kann man tun, man kann nicht einfach sowas Blödes sagen wie „alles wird gut“, denn manchmal, manchmal wird nicht alles gut, auch wenn ich das immer behaupte, und überhaupt ist sie vielleicht allergisch gegen solche Sprüche, und das kann man ihr auch nicht verdenken, immerhin geht es der Frau wirklich beschissen, sonst würde sie nicht in der Bahn sitzen und weinen.
Wir sind an unserer Haltestelle, wir steigen aus, ich habe nichts gesagt, ihr nicht die Hand gedrückt, nichts. Wir steigen aus und sagen „schrecklich, wenn jemand einfach so weint und man gar nicht weiß, was man tun soll“, und dann gehen wir nach Hause und haben es gut, und beim nächsten Mal, wenn jemand in der Bahn sitzt und weint, dann werde ich wieder nicht wissen, was ich tun soll und wieder darüber nachdenken, ob ich ihm jetzt die Hand drücken oder etwas sagen soll, und wenn ja, was, und am Ende werde ich wahrscheinlich wieder nichts getan haben, oder vielleicht doch.
Montag: Kleiderschrank teilumgeräumt. Ein paar T-Shirts können weg. Würde eigentlich für die ganze Wegwerfwoche reichen, aber hey. (Teils Schuhputzkiste, teils Sozialladen)
Dienstag: Handrührgerät. Es kam, wie es kommen musste: die Rührstäbe schlugen eh immer wieder aneinander, diesmal haben sie sich richtig verkeilt und einer ist durchgebrochen. Da ist auch nichts mehr zu retten, ein neues Rührgerät muss her.
Mittwoch: Morsches Plastikkörbchen (Müll)
Donnerstag: Schlechtes Küchenkarma gerade, scheint’s. Jedenfalls ist die eine Suppenkelle in zwei Teile gefallen. So ein olles Ding mit Plastikgriff, haben wir zur Hochzeit bekommen, und die war 1996. Die Suppenkelle hat ihre Schuldigkeit getan, die Suppenkelle kann gehen. Und zwar in den Müll.
Freitag: Die alte schwarze Handtasche, so ein hässlicher Plastiksack. Ich hab eine neue! Superschöne! (Der ganze alte Schrott muss raus, neuer Schrott muss rein. Ey!)
Montag: Lippenstifte, Nagellacke, Make-up und ich: eine Geschichte voller Sauereien und Abscheulichkeiten. Und übrigens bin ich dringend für ein Haltbarkeitsdatum auf Kosmetikartikeln, dann könnte man das Zeug besseren Gewissens wegwerfen. Stattdessen denke ich immer „könnteste mal aufbrauchen“, aber nun ja, ich benutze halt kaum was. Ich kaufe auch nicht dauernd Neues, aber irgendwie sammelt sich doch immer was an. (Müll)
Dienstag: Eine geschenkt gekriegte Tasche, die ich nie benutzt habe. (Sozialladen)
Mittwoch: Eine Thermoskanne, von der ich gar nicht wusste, dass wir sie immer noch hatten. Muss aus den Siebzigern sein, sie hatte mal ein Muster, das schon nicht mehr zu erkennen war, als ich den Mann und die Thermoskanne kennenlernte. Das war 1989. Und nein, sie wäre nicht mehr als „vintage“ und cool durchgegangen. (Müll)
Donnerstag: Strumpfhose mit Löchern an beiden großen Zehen. (Müll)
Samstag: Teeschublade aus- und wieder eingeräumt. Weggeworfen: einige Beutel Erkältungstee (mindestens haltbar bis 02/2008), vieleviele Teekrümel, die so in der Schublade herumkrümelten. Doch, das gildet wohl! Rest sortiert und eine kleine Schale mit den erstaunlichsten Einzel-Teebeuteln zusammengestellt. Woher kommen die bloß? Ayurvedischer Einschlaftee! Herz-Kreislauftee! Fühl-dich-schön-Tee! Vorsatz: in den nächsten Wochen wegtrinken.