Achim Reichel! Ja, meine Güte, natürlich kannte ich den „Spieler“ und „Aloha he“, aber dann hörte es auch schon fast auf. Ein diffuses Gefühl sagte mir, dass Achim Reichel irgendwie cool ist. Und klar: wenn man sowieso auf der Insel ist, und da spielt Achim Reichel, dann geht man natürlich auch hin. Logisch. Auch wenn man sich sonst noch nie besonders für den Mann interessiert hat.
Vorher lese ich kurz bei Wikipedia nach und stelle fest: oh. Der ist wirklich cool. Mit den Stones und den Beatles getourt, no less. Die Helgoländer Nordseehalle hingegen ist nicht so richtig cool, sie ist genau so malerisch und charmant wie Dorf-Mehrzweckhallen es eben sind. Es ist ausverkauft, die meisten Gäste sind sichtbar über 60, und es ist bestuhlt. Yeah, Rock’n’Roll, denke ich. (mehr …)
Was ist das eigentlich mit Helgoland? Wieso fahre ich da immer wieder hin?
Helgoland ist einen Quadratkilometer groß. Was ganz schön klein ist. Es ist an vielen Stellen sehr hässlich. Betonmauern, insgesamt sicher mehrere Hundert Meter lang, und rostige Spundwände. Betontetrapoden als Wellenbrecher. Diese Tonnen und Tonnen und Tonnen von Beton nennt man: Küstenschutz. Küstenschutz bedeutet anscheinend, dass man die Küste einfach wegmacht. Die eigentliche Küste, die natürliche, muss irgendwo unter dem ganzen Beton und den rostigen Spundwänden liegen. Nur läge sie da ohne den Beton wahrscheinlich gar nicht mehr, sondern das Meer hätte die Insel inzwischen noch kleiner gemacht.
Aber außer hässlich ist Helgoland halt auch noch zauberhaft. (mehr …)
Gastbeitrag von Kara McKechnie
Ich habe keinen eigenen Blog, ich wohne nicht in Hamburg, komme nicht aus Hamburg und war nur ein paarmal da zu Besuch. Eigentlich keine Beweggründe, mich der allgemeinen Hamburgblogbewegung anzuschliessen. Die nette Frau Isabo, mit der ich einst die Uni besuchte, schlug vor, über Hamburger in Dewsbury zu schreiben. Das Thema ist schnell erschöpft: es gibt in dieser Kleinstadt, wo Innenstadtverfall herrscht, zahllose ‘fast food outlets’. Die kenne ich nur aus Facebookkommentaren. Nach einem Besuch des ‘Dewsbury Socialist Club’ (davon später mehr) geht man gern noch zu The Old Turk, einem spät geöffneten Pub, neben dem sich der notorischste Burger und Kebabladen von allen befindet – und meine Freunde berichten voller Stolz, dass sie dort nachts um 3 etwas konsumiert haben und nun aber nicht mit dem Eimer neben dem Bett siechen! Somit wären die essbaren Hamburger erschöpft. Kurz dachte ich, dass mein Freund Dave mal in Hamburg auf der Werft gearbeitet habe, aber Recherche stellt richtig, dass es Bremen war. Mit Howard. Und eine blonde Hünin namens Katja hat ihm mal dermassen eine verpasst, als sie rausfand, dass er sie eventuell betrogen hatte. Dave ist ein Freund, aber nicht mein Freund: das ist Malcolm, auch ‘The Yorkshireman’ genannt. In Hamburg hiesse der ‘mein Bekannter’, was Harry mir dereinst eingebleut hat. Mein Bekannter und ich, wir mögen Dewsbury. Damit bilden wir nicht gerade eine Mehrheit – zu gross sind die Frustrationen über die Stadt, die eigentlich zwei Städte ist: ziemlich streng geteilt zwischen weisser und muslimischer (British Asian) Bevölkerung nach Wohngebieten, Läden und zunehmend auch Schulen. Offene Feindseligkeiten gibt es nur von von auswärtigem Faschistenpack, wenn es zum Demonstrieren anreist. EDL (English Defence League) nennen sich diese einzelligen Hampelmänner und mein Blutdruck steigt schon beim Hinschreiben. Immerhin lässt man sie meist nur auf dem Bahnhofsvorplatz auf- und abdemonstrieren und alle Pubs machen an solchen Nachmittagen dicht. Feindlich fühlt sich die Trennlinie, die durch Dewsbury verläuft, also nicht an, eher nach Funkstille. Man kommuniziert nicht und spricht doch mit demselben Yorkshire Akzent, man hat den Eindruck, nichts gemeinsam zu haben und dann gibt es natürlich wie in allen Orten mit niedrigem Einkommensdurchschnitt und hoher Arbeitslosigkeit den Sozialneid.
Hm, ‘I’m not really selling this to you’ – zurück zu den Argumenten, wegen denen man Dewsbury mögen kann. Wie in allen Orten im Umkreis lebte man hier im 19. Jahrhundert von der Textilproduktion. Dewsburys Bürger, deren Lokalpatriotismus sich meist in Grenzen hält, witzeln heute noch, mehr als 40 Jahre nachdem die meisten Fabriken dichtgemacht haben, dass man hier im ‘Heavy Woollen District’ die niedrigste Form von Material herstellte, nämlich ‘Shoddy’, nur für Lumpen geeignet. Aber immerhin, dem Shoddy sind eine Reihe grossartiger viktorianischer Gebäude zu verdanken: Pioneer House, leider eine Ruine, Redbrick Mill, Spinkwell Mill, Carr Mill und natürlich Dewsbury Town Hall, das imposante Rathaus.
Der Bahnhof ist auch wunderschön und wenn wir beim Bahnhof angekommen sind, offenbart sich einer der Hauptgründe, warum man Dewsbury mögen muss: The West Riding Refreshment Rooms, einer der besten Pubs in Yorkshire, ach was, England! Dies ist belegt von multiplen wohlklingenden Auszeichungen, wie ‘Heavy Woollen District Pub of the Year’.
Der Slogan ist ‘I missed the train at Dewsbury’, es gibt 8 handgezapfte regionale Biere zur Auswahl, Bierfestivals, wem das noch nicht reicht, und eine unschlagbare Mischung aus schrägen Stammgästen, durchreisenden Fahrgästen und Bierenthusiasten. Draussen ‘Platform 3’, eine kleine überdachte Musikbühne, wo von März bis Oktober zweimal die Woche live gespielt wird. Vom feinsten und alle aus der Gegend: Rebble Rabble, The Troubadors, The Tritones, Home of the Brave und die Gruppe, mit der meine Anbindung an Dewsbury anfing: Eric the Viaduct. Sie bezeichnen sich als ‘Rock’n Roll & Science Fiction’ und man könnte sie auch problemlos bei einem Avantgarde-Theaterfestival einsetzen. Hier ist ein Lied über Beziehungen, das überzeugend darstellt, warum Exfreundinnen in die Kategorien ‘Kuckuck’ oder ‘Schwimmbad’ fallen.
Tja, und dann der andere ebenbürtige Lieblingsort: Dewsbury Socialist Club. Es wird regelmässig darüber abgestimmt, dass man sich nicht in Dewsbury Social Club umbenennt und manchmal erklingt die Internationale am Ende des Abends, wenn die Lichter angehen und Rodney endlich staubsaugen will. Überhaupt, Rodney: er herrscht über die Bar (£1.80 für ein doppeltes Spirituosengeträk – kein Wunder, dass Gastmusiker, wenn sie hier zum ersten Mal spielen, des öfteren angetrunken vom Gitarrenhocker fallen!), er trägt farbige Westen und er leitet sachkundig die Tombolaauslosung, von deren Erlös die Gastmusiker bezahlt werden. Letzte Woche dachte ich, ich sei wieder in Deutschland. Ich hatte nämlich Elaine erzählt, dass Deutsche zu Partys immer Nudelsalat mitbringen und sie hatte sich prompt einen zu ihrem runden Geburtstag gewünscht. Vier Bands spielten, natürlich auch Eric the Viaduct, unter anderem ein Nachruf auf eine lebensgrosse Pappfigur der Queen Mum (Lied: ‘I love the Queen Mother, because she’s old and daft’), die leider kurze Zeit vorher nach einem Gig geklaut worden war. Ich hoffe, die Diebe haben eine sinnvolle Verwendung für sie.
Natürlich gibt es auch Tage, wo man dringend nicht in Dewsbury sein will, aber das ist eher nicht mein Problem, da ich täglich in das nur 15 Zugminuten entfernte Leeds zur Arbeit pendele. Toll, gar keine Entfernung, denkt man. Was ich denke, wenn ich um 7.40 das Haus verlasse, weil ich um 9.00 eine Vorlesung für 150 Erstsemester halten muss und eine Stunde später im Schweinsgalopp den Berg hoch zum Campus hetze, weil alle (privatisierten!) Züge ausgefallen sind oder überfüllt waren……das möchte ich hier lieber nicht kundtun.
Leeds ist auch sehr schön und war früher hauptsächlich für ein höheres Niveau der Textilindustrie (Anzüge von der Stange) und für seine Rhabarberproduktion bekannt, aber das ist ein anderer Blog, über dessen Hamburgbezug ich erst noch nachdenken muss.
Die Hamburger Förderpreise für Literatur und literarische Übersetzungen werden seit 1983 vergeben. Sie gelten als eines der traditionsreichsten und bestdotierten Autorenförderprogramme im deutschsprachigen Raum. In diesem Jahr haben sich etwa 200 Schriftstellerinnen und Schriftsteller am Wettbewerb beteiligt.
Die unabhängige Jury hat nun ihre Auswahl aus den anonymisierten Texten getroffen. Je einen Förderpreis über 6000.- Euro werden erhalten: Jo Berlien, Friederike Gräff, Herbert Hindringer, Benjamin Maack, Magdalena Saiger, Judith Sombray. Je einen Förderpreis für literarische Übersetzungen über 2500.- Euro werden erhalten: Michael Kellner, Andreas Löhrer, Inka Marter.
Kultursenatorin Frau Prof. Barbara Kisseler wird die Preise am Montag, dem 3. Dezember 2012, um 19.30 Uhr, im Rahmen einer öffentlichen Veranstaltung im Literaturhaus Hamburg überreichen. Anschließend begründet die Jury ihre Wahl, und die Preisträger präsentieren ihre Arbeiten.
Alle Teilnehmer des Wettbewerbs, alle Literaturinteressierten, Verleger und Lektoren sind herzlich ins Literaturhaus eingeladen. Der Eintritt ist frei.
Das ist die offizielle Pressemitteilung. Sehr gut gefällt mir die Anmerkung der Lyrikzeitung:
Und weil Übersetzen irgendwie die halbe Arbeit ist, genauer 41,67 %, wird es um den entsprechenden Prozentsatz niedriger gefördert, logisch.
Hihi. Andererseits: das ist schon ganz schön super, dass die Übersetzer da überhaupt auch mitbepriesen werden, und wir freuen uns sehr darüber. Sehrsehr.
Ich werde übrigens auch da sein, bei der Preisverleihung, denn ich war in der Jury und halte die Laudationes auf Inka Marter und Benjamin Maack. Hurra! Herzlichen Glückwunsch an alle, ich freu mich für Euch!
Zeitschriften – auch so ein Thema. Auch sowas, womit ich nicht aufgewachsen bin, auch sowas, was ich nicht kann, wo ich einfach kein Verhältnis zu habe. Ich habe nie Zeitschriften gelesen, obwohl ich auch da die Faszination irgendwie verstehen kann. Aber mehr mit dem Kopf, als dass ich sie nachfühlen würde. Und jetzt hat mich in letzter Zeit dreierlei verblüfft, was ich erzählen möchte. (mehr …)