Es geht auf den 11.11. zu, den Tag der Singles. Eins-eins, eins-eins, was für ein einsamer Tag. Eine gute Gelegenheit, sich selbst oder die eigenen Kinder auf den Heiratsmarkt zu bringen. Vielleicht auch ohne das Wissen der Kinder. Auf den Zetteln stehen die Eckdaten (Alter, Größe, Einkommen, kurze Selbstvorstellung und Partner-Wunschvorstellung), keine Bilder. Sie sind nach Jahrgängen sortiert, bis runter zu den 1940er Jahrgängen, und schön nach Männlein und Weiblein getrennt. Blaue Zettel für die Männer, rosa für die Frauen. Und eine Extra-Abteilung für Leute, die im Ausland leben. Ein paar selbstgemachte Zettel sind auch dabei und hängen getrennt von den anderen. Wer Interesse an einem Profil hat, schreibt mit der Hand seine Telefonnummer darunter. Ich sehe sofort allerhand Möglichkeiten zu Schabernack, aber vielleicht tun Chinesen sowas ja nicht. Wir hatten den Eindruck, dass die Besserverdienenden deutlich mehr Telefonnummern bekommen haben als die Schlechterverdienenden. Man sieht das auf dem Bild mit den drei Zetteln: der mit 30.000 ¥ hat keine Telefonnummer, der mit 80.000 ¥ ein paar, und der mit 250.000 ¥ eine Menge. Ich habe aber nicht geguckt, ob sich das wirklich durchzieht, vielleich hat der ja auch die nettesten Eigenschaften. Oder besser formuliert.
Wir werden von drei älteren Männern noch unverhohlener angestarrt als normalerweise eh schon.
Nach dem ersten Befremden (okay, so befremdet war ich auch wieder nicht, ich wusste nämlich schon, was das hier ist, denn Meike Winnemuth hat davon auch schon berichtet) denke ich: eigentlich auch nichts anderes als Kontaktanzeigen in der Zeitung oder im Internet. Nur eben so viel analoger, dass es einen verblüfft.
Ich fürchte, genau das sind sie, die armen Viecher: Verschleißteile. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie länger als ein paar Tage halten, vielleicht ein paar Wochen. Die Kaninchen sind völlig apathisch, ein Teil der Schildkröten versucht immerhin noch rauszukrabbeln. Gibt’s am Straßenrand zu kaufen.
Das ist der neue Campus der Universität Nanjing.
Unterrichtsgebäude
Uni-Bibliothek (sieht aus wie ein aufgeschlagenes Buch und wurde von einem Alumnus gestiftet, nach dem sie jetzt auch benannt ist.)
Studentenwohnheim. In solchen Wohnheimen wohnen alle chinesischen Bachelorstudenten (die Ausländer meist woanders). Sie bewohnen zu viert ein Zimmer; die Masterstudenten zu dritt, Doktoranden zu zweit. „Und die Liebe?“, frage ich. „Auf der anderen Seite der großen Straße gibt es viele kleine Hotels“, sagt ein Student.
Fakultätsgebäude
Pavillon der Unbildung
Institut für Meteorologie, auf dem Hügel gegenüber, stark gezoomt
Campus / Smog
Kultur-irgendwas. Ich glaube, hier finden studentische Theateraufführungen und sowas statt.
Sporthalle
ich habe unfassbar lange geschlafen. Dann habe ich mir ein paar Gedanken über mein Uniseminar morgen gemacht und hier ein bisschen geputzt und geräumt, und dann haben mich zwei Studentinnen abgeholt zu einem Bummel am Konfuziustempel. Als wir ankamen, war es schon dunkel, die allermeisten Fotos sind unscharf. Sind jetzt trotzdem zu viele hier im Eintrag, aber hey, wann ist man schon mal in China. Wir haben echte Drachen gesehen, zwei aus Feuer und zwei mit blauen Augen. Wir haben unglaubliche Mengen Essen gesehen (und glaubliche Mengen gegessen), ganze Enten, komplett Undefinierbares und eindeutig Leckeres. Die Studentinnen haben frische Kokosmilch getrunken (ich nicht, weil ich noch mit einem frischem Melonensaft beschäftigt war), von der einer der beiden schlecht wurde. Sie wurde immer blasser. Im Tempel haben wir noch ein bisschen Livemusik mit Glocken und Instrumenten gehört, deren Namen ich mal wieder auf Japanisch weiß, nämlich Koto und Shakuhachi. Auf Chinesisch keine Ahnung. Gelernt: dass Konfuzius anscheinend derjenige war, der als erster fand, man solle doch vielleicht lieber keine Menschen opfern, sondern Tiere. Scheint ja auch sonst ein ganz kluger Mann gewesen zu sein, wie man so hört. Und dann sind wir nicht mehr lange geblieben, denn T. war wirklich sehr blass und wir fanden, sie soll eine Kohletablette nehmen und ab ins Bett. In der Nähe meiner Wohnung habe ich endlich einen veritablen Supermarkt gefunden und alles mögliche eingekauft, vor allem erstmal einen großen Berg Obst. Das ich, wie sich an der Kasse herausstellte, wohl hätte wiegen müssen oder so, jedenfalls haben sie es, weil keine Preise draufklebten, einfach aussortiert. Also morgen kein Obst zum Frühstück, nächstes Mal weiß ich Bescheid.
Morgen ist meine zweite Unisitzung. Und vorher gibt’s Kaffee! Mit Milch!
- Die Süddeutsche über Jeff Bezos, den Chef von Amazon. Und Ben Roberts hat bei Amazon fotografiert.
- Pah, „Patentantenbücher“. Sowas habe ich nie verschenkt! Und ich verschenke immer Bücher! Trotzdem, gute Nachrichten eigentlich: Kinder kaufen ihre Bücher jetzt selbst, und zwar sogar die Jungs.
- Apropos Geschenke: Frau Genussgier hat eine wunderbare Liste mit sinnvollen Weihnachtsgeschenkideen zusammengestellt, von Patenschaften für Kinder bis zu Geschenkpäckchen für Gefangene. Sehr schön, vielen Dank für die Anregungen!
- Jochen Kürten bei der Deutschen Welle über die Arbeit dreier unabhängiger Kleinverlage: Lilienfeld, Liebeskind und Dörlemann.
- Die mairisch-Reihe „Was macht eigentlich ein Verlag?“ ist beim Thema Lesungen angekommen. Und weil ich schon eine Weile keine Links gepostet habe, inzwischen sogar beim immer interessanten Thema Geld.
- Sechs deutsche Autorinnen und Autoren waren mit dem LCB in Athen,
und Andrea Diener war mit einer Partei in Japan.
- Ekelhaft zum Schluss: Woher kommen eigentlich Leder und Pelze? Gift auf unserer Haut im ZDF. Man möchte mal wieder heulen.