Gespräche mit Ferdi, Teil 3

Ich stehe auf dem Balkon, Ferdis Terrassentür geht auf, Herr Fischer macht sich auf Krücken auf den Weg zu seinem Rollstuhl, der am Gartentor geparkt ist. Ferdi hinter ihm, in seiner neuen Hauptschülerhose, so eine seitlich durchgeknöpfte, weite Trainingshose, in weiß.

Ferdi: Nabend!
Ich: Nabend!
Herr Fischer: Ach, Nabend! Ich hab Sie gar nicht gesehen.
Ich: Ich steh ja auch im Dunkeln.
Ferdi: Jahaaa! Da kommt das von!
Herr Fischer: Tschöß Ferdi, alles Gute, ne, und danke!
Ferdi (zu Herrn Fischer): Tschöß. (zu mir): Nee, dat Wetter macht ja au wasses will.
Ich: Ist doch okay, dass es nicht mehr so kalt ist.
Ferdi: Ja! Aber! Das ist ja immer son Hin und Her! Ich hab mich schon erkältet! Heute morgen, ne, wie ich vonne Arbeit kam, weisse, hab ich mich erstma hingelegt, so um halb neun. Schnupfen und so! Nee, hat mir auch gut getan, so bis halb elf war ich dann noch mal im Bett. Und dann, weisse, krieg ich n Anruf, vonner Arbeit, wegen morgen früh, ne, weisse, aber dann hab ich erstma frei bis Dienstag. Da muss ich morgen früh, weisse, die anderen! Die ham alle keine Lust, die bleiben lieber im Bett.
Ich: Tja, einer muss ran.
Ferdi: Ja! Genau! Einer muss ja! Ja, is ja au Kaaneval jetz, is ja au schön.
Ich: Ich brauch das ja nich so.
Ferdi: Jo nö. Ja! Haha! Ich hab ja früher immer. Also, wie das noch ging. Und meine Frau auch! Wir ham immer ordentlich, immer mittenmang dabei. Ich hab da (er zeigt auf sein Wohnzimmer) noch son Kästchen (er zeigt, wie groß das Kästchen ist), mit Bilder. Nee, war auch schön. War ne schöne Zeit. Ham au viel Spaß gehabt.
(Fade out)

Entzauberung

Ich muss hier jetzt mal was zur Sprache bringen, ja, womöglich gar einen Mythos demontieren. Den Mythos nämlich, der Herr Dahlmann sei ein freundlicher Mensch, ein feiner Kerl oder sonst irgendwie ein toller Hecht. Das ist er nicht. Er zwingt mich ständig, Dinge zu tun. Das Bloggen anzufangen. Diese alberne Liste auszufüllen. Und Schlimmeres! Ich könnte Sachen erzählen! Und dann, es kommt noch ärger: dann verteilt er Almosen. Und trompetet es auch noch rum. Schäbig ist das. Dass mir hinterher keiner sagt, ich hätte Euch nicht gewarnt!

Und hier kommt die Liste:

1. Total amount of music files on your computer:

1906 Titel, 5 Tage, 7,26 GB

2. The last CD you bought was:

Adam Green: Gemstones

3. What is the song you last listened to before reading this message?

Das Lied ging so:
Westfaaalenland, Westfaaalenland, ist wieder außer Rand und Band!
Ich war nämlich gerade in der Stadt. Man stelle sich das bitte mit echt westfälischem Schmackes vorgetragen vor.

4. Write down 5 songs you often listen to or that mean a lot to you.

Kann ich nicht, und das wechselt auch ständig. Fünf Alben geht vielleicht:
- Veranda Music: Here?s to them all. Eine Band aus Hamburg, die kein Schwein kennt, was eine Schande und mir völlig schleierhaft ist. Großartige Musik, großartiger Sänger, erinnert ein bisschen an Lou Reed, stellenweise an Tom Waits. Ganz groß.
- The Notwist: Neon Golden. Vor kurzem von dem Mann mit dem guten Musikgeschmack bekommen, seither auf Heavy Rotation. Aus Gründen.
- Element of Crime: Weißes Papier. Quatsch, Romantik. Oder nee, An einem Sonntag im April. Egal eigentlich. Und es ist mir auch egal, ob das Pur für Akademiker ist, echt.
- Crosby, Stills, Nash and Young: Carry on. Vor einer Weile wiederentdeckt, so viele schöne Lieder! Love the one you?re with, Helpless, Teach your Children, Helplessly Hoping, Cathedral, To the last Whale … Wunderbar zum Mitsingen.
- Huch, nur noch eine? Welche nehm ich denn da jetzt noch? Kruder und Dorfmeister? Christiane Oelze, die Goethelieder? Zauberflöte? Russendisko? Seeed? Alles anders, alles toll. Und noch so viel mehr.

5. Who are you going to pass this stick to? (3 persons) and why?
- An den Mann mit dem guten Musikgeschmack.
- An Herrn Paulsen, weil seine Musik immer super und immer überraschend ist.
- Und an die Kaltmamsell, weil ich sie zwar nicht kenne, aber trotzdem mag.

Überhaupt, Rilke!

Zum Einschlafen zu sagen

Ich möchte jemanden einsingen,
bei jemandem sitzen und sein.
Ich möchte dich wiegen und kleinsingen
und begleiten schlafaus und schlafein.
Ich möchte der Einzige sein im Haus,
der wüßte: die Nacht war kalt.
Und möchte horchen, herein und hinaus,
in dich, in die Welt, in den Wald.
Die Uhren rufen sich schlagend an,
und man sieht der Zeit auf den Grund.
Und unten geht noch ein fremder Mann
und stört einen fremden Hund.
Dahinter wird Stille. Ich habe groß
die Augen auf dich gelegt;
und sie halten dich sanft und lassen dich los,
wenn ein Ding sich im Dunkel bewegt.

Rainer Maria Rilke

Und mal wieder beeindruckt mich der Rhythmus.
„Man sollte mehr Rilke lesen“, sprach ich zum Gatten, „bin ich kitschig? Rilke liest man doch normalerweise mit 16.“
„Hurra!“, sprach er, „meine Frau ist jung geblieben!“

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