Studie zur Einkommenssituation der Übersetzer

Der Literaturübersetzerverband VdÜ hat eine Studie zur Einkommenssituation und zur Altersstruktur professioneller Literaturübersetzer (pdf) veröffentlicht.

Wer sich nicht die ganze Studie angucken will, hier die Quintessenz aus dem Vorwort:

Welches Bild zeigt sich nach dieser Erhebung? Knapp die Hälfte der Literaturübersetzer arbeitet in Vollzeit und bestreitet ihr Einkommen nur daraus. Drei von vier sind weiblich, zwei von drei sind 46 Jahre oder älter, und im Schnitt übersetzen sie rund 1100 Normseiten pro Jahr. Was verdient nun eine Literaturübersetzerin, die gut im Geschäft ist?
Wenn sie voll arbeitet, keine Auftragslücken kennt, mit jedem vierten Vertrag eine Beteiligung realisiert, jedes zweite oder dritte Jahr ein Stipendium zugesprochen bekommt, von der VG Wort einen überdurchschnittlichen Anteil erhält und sich pro Jahr durch ein oder zwei Gutachten oder Lesungen noch ein wenig etwas hinzuverdient, bringt sie es unserer Erhebung zufolge auf einen Jahresumsatz von 24 000 Euro. Davon gehen rund ein Drittel in Betriebsausgaben (Büro, Arbeits- und Kommunikationsmittel, beruflich bedingte Reisen, Bücher und Nachschlagewerke etc.). Das verbleibende Bruttoeinkommen von 16000 Euro, also 1333 Euro monatlich, schmälert sich nach Abzug der Sozialversicherungen und der privaten Vorsorge (mindestens Riester- oder Rürup-Rente) um ein Viertel, bleiben ihr also noch rund 1000 Euro netto im Monat – ein Betrag, der ziemlich genau mit den Durchschnittszahlen der Künstlersozialkasse übereinstimmt.

So sieht’s aus. (Es gibt da ein paar Ausreißer, die ich mir nicht erklären kann. Irgendwer steckt angeblich 2000,- € im Monat in eine zusätzliche Rentenversicherung; der hat doch sicher „Monat“ mit „Jahr“ verwechselt, oder? Oder: einer der Vollzeitübersetzer übersetzt angeblich pro Jahr 91 Seiten. In Vollzeit nicht mal zwei Seiten pro Woche, das muss schon die ganz schwierige Lyrik sein. Und leben kann man davon auch dann nicht, wenn man – wie der nächste Ausreißer – 45,- € pro Seite bekommt.)

Im Börsenblatt findet sich dazu noch folgendes:

„Klar wird, dass das Literaturübersetzen auf dem deutschsprachigen Markt ökonomisch ein unattraktiver, um nicht zu sagen ruinöser Beruf bleibt, dem der Nachwuchs auszugehen droht“, fasst der Verband die Ergebnisse zusammen. Zudem bestehe Anlass zur Sorge, ob das „hohe Maß an Professionalität“ und die daraus resultierende „Qualität unserer Übersetzungskultur unter diesen Bedingungen erhalten bleiben können“.

„Vor zehn Jahren trat eine Novelle des Urheberrechts in Kraft, die ausdrücklich die Kreativen stärken sollte“, sagt Hinrich Schmidt-Henkel, der erste Vorsitzende des VdÜ. Seither seien Übersetzungen für die Verlage immer billiger geworden, da leichte nominelle Erhöhungen der Seitenhonorare bei weitem nicht Schritt hielten mit dem Kaufkraftverlust. Und: „Immer noch praktiziert die Mehrheit der Verlage bei der Vertragsgestaltung das Recht des Stärkeren.“

Übrigens passt das alles genau mit dem zusammen, was ich neulich schon schrieb, wo es aber hauptsächlich auf meinen eigenen Erfahrungen basierte: Über Geld reden.

2 Kommentare

  1. ichichich Mittwoch, 5. Dezember 2012 um 10:30 Uhr [Link]

    Leute, empört euch, verdammt noch mal!

    • Isabel Bogdan Mittwoch, 5. Dezember 2012 um 11:01 Uhr [Link]

      Der Übersetzerverband VdÜ wurde 1954 gegründet. 2004, zum 50. Geburtstag, dauerte die Jahrestagung extra einen Tag länger als sonst, es wurde gefeiert und immer wieder die Geschichte des Verbandes erzählt. Stellt sich raus: der Übersetzerverband tut seit inzwischen fast 60 Jahren quasi nichts anderes, als sich zu empören und für bessere Honorare zu kämpfen.
      Mir fiel allerdings auch auf, dass das hier gerade ein wenig achselzuckend herübergekommen ist; der schriftliche Wutanfall ist aber in Vorbereitung.
      Allerdings: wenn man sich mal anguckt, was dieser Blogeintrag an Kommentaren auslöst – nämlich genau einen nach vier Tagen – und das als Indiz dafür nimmt, was für eine Lobby hinter uns steht, dann wird sich da wohl auch in den nächsten 60 Jahren nichts wirklich Grundlegendes ändern.

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