Dienstag: Medikamentenkiste aussortiert. Wir sind so gesund, das ist kaum zu fassen, in der Medikamentenkiste befinden sich vor allem Mittelchen gegen Husten, Schnupfen und Halsschmerzen, ein paar elastische Binden, Paracetamol und eine Flasche Autan mit aufgedruckter Herstelleradresse mit vierstelliger Postleitzahl. Das meiste ist abgelaufen oder hat kein Datum, jetzt ist die Kiste wieder fast leer. (Apotheke)
Mittwoch: Alte Batterien (Supermarkt)
Donnerstag: Mehr Schuhe (Teils Schuhcontainer, teils Müll)
Freitag: Altpapier (Altpapier)
Samstag: Altglas (Altglas)
Sonntag: Die Wahrheit ist: Alles an einem Tag weggebracht. Samstag. Und damit erkläre ich den Wegwerfmonat zwar noch lange nicht für beendet, aber das Drüberbloggen, denn so spannend ist das ja nun nicht. Seit einer Weile mache ich jeden Morgen, wenn ich alle meine Blogs aufmache, auch das der Ordnungshüterin mit auf. Sie gibt einem jeden Tag eine Aufgabe, was man 20 Minuten lang aufräumen soll. Normalerweise lese ich es nicht, ich mache das Fenster immer gleich wieder zu (sorry, Ordnungshüterin!), geschweige denn, dass ich jemals auf die Idee käme, ihren Anweisungen tatsächlich zu folgen. Aber es erinnert mich offenbar doch täglich daran, dass man wenigstens eine Kleinigkeit mal entrümpeln und aufräumen könnte. Mache ich nicht immer, aber ich habe hier und da angefangen, hier mal eine Schublade, dort mal ein Fach, ich hoffe, das kann ich noch eine Weile beibehalten. Entrümpeln fühlt sich nämlich wirklich gut an.
Wenn ich mit dieser Übersetzung fertig bin, dann mache ich wieder Sport, ich fange endlich wieder an zu laufen und melde mich in der Muckibude an und mache Rückengymnastik und vielleicht Yoga oder so, und schwimmen gehen könnte ich auch mal, und überhaupt mein Fit-und-Well-Programm wieder aufnehmen. Und endlich ein Schlafsofa aussuchen und hier mal alles gründlich aufräumen und saubermachen, das ist ja langsam schon also wirklich, und den Kleiderschrank ausmisten, und das Bad, und die Rumpelecken, und den Balkon winterfertig machen, die Balkonmöbel auf den Boden bringen, und die Speisekammer könnte man auch mal. Und dann koche ich immer ganz tolle Sachen und backe Kuchen und fange mit dem nächsten Buch aber wirklich rechtzeitig an und arbeite von Anfang an konzentriert, und Weihnachtsgeschenke kaufe ich dieses Jahr auch rechtzeitig, oweia, Weihnachten ist ja auch schon wieder, wir haben noch gar nicht überlegt, was wir machen, es ist immer etwas schwierig, den Eltern beizubringen, dass wir am liebsten einfach zu Hause bleiben würden, müssen wir also noch mal drüber nachdenken und das mit den respektiven Familien abklären, aber um Geschenke kümmere ich mich dieses Jahr wirklich rechtzeitig, ab November habe ich ja Zeit. Und dann verabreden wir uns auch endlich mit R+I und mit A+F und mit Dings und Bums und allen anderen, und dann muss ich mal mit Merlix in die Kaschemme wegen der Lesung, und eigentlich wollte ich doch auch noch ein paar Tage mit F nach Helgoland, was ist eigentlich aus der Idee geworden? Und K will uns schon lange besuchen kommen, darauf freue ich mich schon sehr, und J wollte vielleicht auch, wäre natürlich doof, wenn sie ausgerechnet an den Wochenenden kämen, an denen ich den Sportbootführerschein mache, aber vielleicht muss es ja auch kein Wochenende sein. Die Steuer mache ich dann auch, und ach ja, für die Lesung muss ich natürlich erstmal eine Geschichte schreiben, sonst habe ich nichts zu lesen, und dann neue Texte übers Übersetzen für ein neues Magazin (jippie!), und das Beste ist, dann habe ich auch endlich Zeit für das hier. Ich freu mich!
„Führt man im Englischen jemanden in die Irre, schickt man ihn nicht auf den Holz-, sondern auf den Gartenweg: lead someone down the garden path. Übersetzen wird für mich immer mehr zu einem solchen Gartengehen, und zwar im zweifachen Sinne. Einerseits kommt es mir darauf an, mit und neben dem Originalgedicht zu spazieren, das heißt sein Laufen, Schreiten, Springen wichtiger zu nehmen als sein Sagen, Rätseln, Rufen. Ich meine damit nicht objektiv zählbare Verse und Füße (aber auch), sondern den rhythmisch-gestischen Abdruck, den eine Zeile mit ihrem Auf und Ab, ihren Kadenzen, in meinem Körper hinterlässt. Going for a walk with an English poem heißt für mich zum Beispiel: Versuche so oft wie möglich, die Endstellung des Verbs zu verhindern! Das macht mich zuweilen ganz kirre. Als würde Mark Twain höchst persönlich in meinem Nacken keuchen. („Deutsche Bücher sind recht einfach zu lesen, wenn man sie vor einen Spiegel hält oder sich auf den Kopf stellt, um die Konstruktion herumzudrehen.“) Dass Mark Twain mir nicht im Nacken sitzt, sondern keucht, hat mit dem zweiten interessanten Aspekt des Gartengehens zu tun, nämlich mit der Irre, oder mit breathing down my neck, also damit, dass hier etwas vermischt wurde, was beim Übersetzen normalerweise säuberlich getrennt wird, nämlich verschiedene Sprachen, Ausdrucksweisen etc. Heimlich träume ich davon, das Ideal einer sauberen, reinen usw. Übersetzung hinter mir zu lassen und stattdessen dort, wo gar nichts mehr und alles geht, mit einer „Unreinheit“ zu spielen, die in meinen Gedichten schon länger um sich greift. Dirty Bird Translation. Translantisches. Eine Unreinheit, die nicht so sehr auf Nichtkönnen beruht (denn können muss man, um die besseren Fehler zu machen), sondern auf Nichttrennenkönnen. Die Lust, das fremde Material in der Zielsprache poetisch wirksam werden zu lassen, wie ein sanftes Gift/gift. Vielleicht ist Unreinheit nur ein anderes Wort für das, was Édouard Glissant meinte, als er schrieb: Übersetzung ist „eine wahrhaft kreolisierende Operation“: „Eine Spur in die Sprachen legen heißt, eine Spur ins Unvorhersehbare unserer nun gemeinsamen Lebensbedingungen legen.“ Unvorhersehbar, denn diese Art des Spazierengehens bringt es mit sich, dass man zuweilen nicht mehr weiß, auf welcher Seite des Gartenwegs man steht.“
Hier gibt es ein paar hübsche Kleinigkeiten für Leute, die keine Tiere essen, aber trotzdem nicht auf Wurst und Aufschnitt verzichten möchten. Erstens: der Wurstteppich.
Zweitens gibt es beim Label Aufschnitt ganz und gar zauberhafte Produkte aus Stoff. Meine Favoriten sind die Bockwursthaarspange, die Würstchenkette und der Blutwurstschal. Auch schön: die ganze Fleischwurst als Nackenrolle. Surfen Sie da doch mal ein bisschen herum. Dazu kann man schön dieses Lied hier im Hintergrund laufen lassen (mit Dank an JM für den Hinweis):
Die kleine Maus hat ganz schön viel Angst. Beziehungsweise viele Ängste. Angst vor Wasser (Hydrophobia) und Angst vor Vögeln (Ornithophobia) und Angst, sich zu verlaufen (Whereamiophobia). Und für jede dieser Ängste gibt Emily Gravett der kleinen Maus eine ganze Seite Platz, auf dem diese Angst illustriert ist, manchmal sind auch Dinge eingeklebt, zum Beispiel gegen die Angst vorm Verlaufen eine Landkarte der Isle of Fright. Und auf jeder Seite ist außerdem noch genügend Platz für Notizen über eigene Ängste.
Und am Ende hat natürlich auch noch jemand Angst vor der kleinen Maus. Die vor lauter Angst übrigens das Buch ein bisschen angeknabbert hat, keine Seite ist unbeschädigt. Aber das kann man ja auch verstehen, wenn sie immer so viel Angst hat.
Für jemanden, der nicht unter Phobien leidet, ist das sehr schön, die Illustrationen sind großartig, und kleine Gags wie die Whereamiophobia machen es erst recht charmant. Wer allerdings ohnehin schon unter ernsthaften Phobien leidet oder als Kind einfach mal Angst vor diesem oder jenem hat – ich weiß nicht. Keine Ahnung, wie man dann reagiert. Das Buch macht sich nicht über Ängste lustig, das nicht. Aber ist es tröstlich zu wissen, dass es noch andere Ängste gibt? Ist es tröstlich zu wissen, dass man selbst nicht alle Ängste hat, sondern nur ein paar? Will das Buch vielleicht gar nicht tröstlich sein? Bringt es einen womöglich auf Gedanken, wovor man sich sonst noch alles fürchten könnte? Ich habe keine Ahnung, glücklicherweise. Für mich ist das ein sehr schönes und liebevoll gemachtes Buch. Ob es für Kinder oder Phobiker geeignet ist, weiß ich nicht.
Englisch: Emily Gravett: Little Mouse’s Big Book of Fears. Palgrave Macmillan, Taschenbuch, 8,99 €
Simon & Schuster Children’s Publishing, gebunden, 14,99 €
Deutsch: Emily Gravett (Uwe-Michael Gutzschhahn): Mein Buch vom Angsthaben. Sauerländer, gebunden, 19,90 €