Konjunktivitis

Immerhin, ein hübscher Name. Hübsch aussehen ist allerdings was anderes, meine Augen sehen aus wie aus einem schlechten Zombiefilm. Nicht, dass ich je einen schlechten (oder überhaupt irgendeinen) Zombiefilm gesehen hätte. „Bindehautentzündung“ dagegen klingt doch profan und unappetitlich. Aber Konjunktive! Ach, hätte ich doch keine Konjunktivitis! Oder anders: hätte ich doch nur die Konjunktivitis, und nicht außerdem noch Halsschmerzen und Fieber und Schnupfen und Kopfschmerzen und zu allem Überfluss auch noch die Spuckerei, ich meine, irgendwann muss doch auch mal gut sein, oder? Okay, das mit der Spuckerei war gestern, heute schon nicht mehr, und so fiebrig fühle ich mich auch nicht mehr. Man soll auch keine Symptome googeln, nie, da kommt eh immer Krebs bei raus, im Falle von Bindehautentzündung und Erbrechen googelt man sich in Sekundenschnelle zum Glaukom, das macht blind. Will man auch nicht. Heute also alles schon besser, auch wieder normal gegessen, aber meine Augen sehen fast noch schlimmer aus als gestern, und dabei schütte ich schon immer diese antibiotischen Tropfen rein. Der Arzt sagte, wenn es morgen früh nicht besser ist, soll ich zum Augenarzt gehen, als Notfall. Passt mir super, ich kriege auch nur morgen Abend die Bude voll Besuch, mit dem ich übermorgen früh verreisen will. Wehe, der Arzt sagt mir morgen, ich darf nicht! Der Mann jedenfalls muss immer lachen, wenn er mich anguckt, wegen der Zombieaugen. Tut aber gar nicht weh.
Los, Hühnersuppe, zauber mich gesund! Du schaffst das! Go, go, go! Vielleicht ist ja morgen früh alles vorbei. Ich geh jetzt jedenfalls ins Bett. Gute Nacht.

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Neuerscheinung

Beth Hoffman (Isabel Bogdan): Die Frauen von Savannah

Die zwölfjährige CeeCee Honeycutt hat es schwer. Ihr Vater ist kaum noch zu Hause, und so muss sie sich allein um die verrückte Mutter kümmern. Was als kleine Flippigkeiten anfängt, wächst sich bald zu einer handfesten Psychose aus, mit der CeeCee natürlich vollkommen überfordert ist. Ihre Mutter lebt nur noch in Gedanken an ihre Zeit als Schönheitskönigin, kleidet sich in alberne Ballkleider aus dem Wohltätigkeitsladen und wirft den Vorbeifahrenden Kusshände zu. Trost findet CeeCee nur bei ihrer alten Nachbarin. Und dann läuft die Mutter eines Tages vor einen Lastwagen und ist sofort tot.
CeeCee wird zu ihrer Großtante Tootie nach Savannah geschickt, von deren Existenz sie bis dahin nicht mal wusste. Tante Tootie hat ein wunderschönes, altes Südstaatenhaus mit einem großen Garten drumherum, in dem es üppig blüht und dauernd die Sonne scheint. Und sie hat eine Köchin, Oletta, die CeeCee mit Zimtschnecken und Güte langsam ins Leben und in die Kindheit zurückholt. Und ein paar exzentrische Nachbarinnen. Lauter tolle Frauen, unter denen CeeCee wieder zu sich findet. (Männer: keine. Kinder auch nicht.)
Es mag nicht die ganz hohe Literatur sein. Aber ein schöner Schmöker, wirklich ergreifend, ich habe beim Übersetzen geweint. Außerdem duftet das Buch von oben bis unten nach Blumen und Garten und Sommer und Gebäck und lauter leckerem Essen, vor allem nach Zimtschnecken. Tatsächlich hat es sogar dafür gesorgt, dass ich beim Übersetzen selbst anfing, Zimtschnecken zu backen (mit mittelprächtigem Erfolg) und meine halbe Twitter-Timeline damit ansteckte. Und es muss dringend verfilmt werden, mit Whoopie Goldberg als Oletta und Meryl Streep als Miz Goodpepper und Kathy Bates als Miz Hobbs.
Ich mag das Buch sehr, und es ist jetzt gerade erschienen. Wenn Ihr was fürs Herz mögt.

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