Der große Gemüsekochbuchvergleich am Beispiel eines Wirsinggerichts
Jetzt habe ich in den letzten anderthalb Jahren so viel vom Fleischkonsum und von der Gemüsekiste geschrieben, dass sich in unserem Haushalt wie durch Zauberhand plötzlich sieben neue Kochbücher befinden. Zwei „Bio-“ bzw. „Biokisten-“Bücher, vier vegetarische und ein veganes.
In der Gemüsekiste war diese Woche ein Wirsing. Ein Wirsing, bei dessen Anblick ich erstmal lachen musste, wahrscheinlich würde man eine sechsköpfige Familie eine ganze Woche lang damit sattkriegen. Ich habe ihn gewogen, es waren etwas mehr als anderthalb Kilo.
Auf Rat eines einzelnen Herrn habe ich aus der ersten Hälfte Colcannon gemacht. Das ist im wesentlichen das, was wahrscheinlich die meisten Leute mit einem Wirsing machen würden, nämlich Wirsing-Kartoffel-Eintopf, nur dass die Kartoffeln gestampft werden, es also ein einziger Wirsing-Kartoffelmatsch wird. Rezept hier. Hervorragend! Ich stehe ja auf Brei, wird wieder gemacht. Aber nachdem wir davon schon zwei Tage gegessen haben, soll aus der zweiten Hälfte dann doch irgendwas anderes werden. Gucken wir doch mal in die sieben Gemüsekochbücher, ich fange oben an und arbeite mich nach unten durch.
1. cook it Vegetarisch. Dorling Kindersley. (Kein Autorenname zu finden.)
Kein Wirsing im Inhaltsverzeichnis. Unter W sehe ich „warmer Nudelsalat mit Süßkartoffeln“, mal ehrlich, würde sowas irgendjemand unter W wie „warm“ nachgucken? Na, egal.
2. Sandra Forster: Das vegane Kochbuch. Blumenbar.
Kein Wirsing.
3. Cornelia Schinharl: Biokistenkochbuch. Kosmos.
Wirsingrezepte! Drei Stück!
3.1. Rosenkohl-Wirsing-Gratin mit Kartoffelhaube. Brauchmer nicht, ich habe keinen Rosenkohl.
3.2. Wintereintopf mit Orangen-Kresse-Gremolata. Ich verdrehe die Augen, was ist denn Gremolata schon wieder, ich ärgere mich schon mal gleich ein bisschen und weiß selbst nicht, ob darüber, dass ich keine Ahnung habe, oder darüber, dass Kochbücher immer mit so einem Quatsch angeben müssen, den kein Schwein kennt. Ich blättere zum Rezept: man braucht für diesen Eintopf ¼ Knollensellerie, ¼ Weißkohl, ¼ Wirsing, den Rest lese ich schon gar nicht mehr. Weil, wenn am Ende noch ¾ Weißkohl UND ¾ Wirsing übrig sind, dann habe ich das Zu-viel-Kohl-Problem nicht wirklich gelöst.
3.3. Wirsingröllchen mit Kastanien-Ricotta-Füllung. Uh, Kastanien, habe noch nie besonders gemocht. Klingt auch alles eher aufwändig.
4. Carlo Bernasconi / Larissa Bertonasco: La cucina verde. Jacoby & Stuart.
Das ist vielleicht mein Lieblingskochbuch. Die Rezepte sind nach Gemüsesorten geordnet – was für eine Wohltat! Da hat man einfach alle Zucchinirezepte beisammen und muss nicht für jedes Rezept wieder ins Inhaltsverzeichnis gucken und neu blättern! Und dann sind die Gemüse nach Farben sortiert und illustriert von der wundervollen Larissa Bertonasco, von der ich mir jederzeit alles in die Wohnung hängen würde. Und das allerbeste: die Rezepte haben erfrischend kurze Zutatenlisten und sind extrem bodenständig. Es gibt zu fast jedem Gemüse eine Suppe, ein Risotto, einen Eintopf, irgendwas anderes … herrlich, genau mein Ding. Allerdings gehört Wirsing leider nicht zu den behandelten Gemüsen.
5. Erica Bänziger: Das grosse 1×1 der Bio-Küche. Fona.
Im Inhaltsverzeichnis steht: „Wirsing S. 75“. Klingt schön unprätentiös, denke ich, dann brauche ich eine Weile, bis ich die Seitenzahlen gefunden habe. Super Layout, sie stehen auf mittlerer Höhe im Knick. Auf Seite 75 steht ein Rezept für Gemüsecurry mit Kokosmilch, die Zutatenliste ist recht lang, ein Punkt lautet „100 gr. Wirsing“. Hallo? Mein halber Wirsing wiegt noch fast 800 gr. Aber die Message ist ansonsten okay: was an Gemüse da ist, in den Wok schmeißen, asiatische Gewürze dazu. Nach Belieben Tofu oder auch nicht. Kokosmilch. Kann man machen, vielleicht auch mit mehr Wirsing und weniger anderem Gemüse. Wobei ich dann schon sehr weit vom Rezept entfernt bin, aber egal. So richtig streng nach Rezept koche ich sowieso nie, weil ich nie alles dahabe.
6. Maria Elia: Die neue vegetarische Küche. Bassermann.
Kein Wirsing. Unter W stehen Wassermelonenrezepte, außerdem: „Weiche Baiserrolle mit Pipapo“ und „Würziger Mangold mit Pipapo“. Siehe oben, wer guckt denn Mangold unter W nach?
7. Das große Buch der vegetarischen Küche. Könemann, kein Verfasser.
Ein Rezept, pikante Kohlrouladen. Zutat: Weißkohl. In der Randspalte stehen drei Infosätze über Wirsing. Nirgends der Hinweis, dass man den Weißkohl für die Rouladen durch Wirsing ersetzen könnte, vielleicht soll man sich das selbst denken. Vielleicht steht es auch nur zufällig auf einer Seite, man weiß es nicht. Insgesamt klingt das Rezept halbwegs machbar, allerdings braucht man genau sechs Blätter Kohl, nicht einen halben Riesenkopf.
Zusammenfassung aller gewonnenen Wirsingerkenntnisse aus sieben Kochbüchern:
a. Man kann Wirsing auch im Wok machen.
b. Man kann wahrscheinlich auch Kohlrouladen aus Wirsing machen.
Was mach ich jetzt mit den zweiten 800 gr Wirsing? Blanchieren und einfrieren? Im Tiefkühler sind noch ein halber Weißkohl und ein ganzer Chinakohl, da hat er gute Gesellschaft.