In der ersten Dreiviertelstunde auf der Messe dreimal Bastian Sick über den Weg gelaufen. Am Stand seines Verlags hieß es, er sei doch gar nicht da. Keine Ahnung, wen ich da immer gesehen habe.
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„Wer ist denn der mit dem Ringelpulli? Den kenn ich doch?“
„Ja, klar, das ist … na … der Regisseur!“
„Sönke Wortmann?“
„Nee, der andere!“
„Leander Haußmann?“
„Nee, der andere!“
„Also, Fatih Akin ist es nicht.“
„Nee, der andere!“
„Orr, logisch! Hier … dings! Detlev Buck!“
„Sag ich doch.“
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Und dann stehe ich plötzlich in einer Runde mit Detlev Buck, Moritz Rinke, David Wagner, Daniel Kehlmann und Thomas Glavinic und, äh, verschwinde ganz schnell wieder.
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Kumquatkompott.
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„Lassen Sie mich durch, ich bin Presse.“
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„Kennen Sie denn unsere Kampagne Vorsicht Buch schon?“
„Ja.“
„Und wie gefällt sie Ihnen?“
„Gar nicht, ich finde sie blöd.“
„Oh. Naja, die ist natürlich auch für eine jüngere Zielgruppe gemacht.“
„Na, schönen Dank!“
„Sie haben angefangen!“
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„Frau Bogdan! Über Sie habe ich ja heute Morgen schon gesprochen!“
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„Was macht der Pfau?“
„Achtzig Seiten. Bis Leipzig bin ich fertig. E-hecht!“
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„Kennen wir uns?“
„Natürlich, ich bin […]“
„Orrrrr, ich wieder! Entschuldigung!“
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„Hey, hallo!“
„Hallo!“
„Ich muss leider aufn Termin, die Richtung.“
„Ich auch, andere Richtung.“
„Ja, so ist die Messe – just a chain of hugs.“
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Anders gesagt: Schuldig in fast allen Punkten.
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Im Taxi.
„Ich muss auf die Zeil.“
„Und ich ins Nordend. Ist doch eine gute Idee, zusammen zu fahren, oder?“
Fahrer: „Ja, kann man gut machen.“
„Hallo, ich bin übrigens Simone.“
„Hallo, ich bin Isa.“
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Speeddating, nur mit tollen Leuten. Buchmesse ist super.
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Plädiere nachdrücklich für die flächendeckende verpflichtende Einführung von Namensschildchen. Liebe alle, die ich nicht gegrüßt habe: es tut mir leid, war keine Absicht. Ich bin gar nicht so, ich kann es nur wirklich nicht.
Heute mit zwei Themenbereichen, der großen Weltpolitik und der Literatur:
- Eine neue Idee für Nachhaltigkeit kommt aus den Niederlanden: Jeans leasen. Wie sinnreich das dann tatsächlich ist, sei einmal dahingestellt.
- Und ein Nachtrag zum Mülleintrag neulich: Schweden hat zu wenig davon. Schweden ist ziemlich cool, scheint’s.
- Wahrscheinlich ist zu große Industrie immer irgendwie bedenklich, aber bei Tieren besonders.
- Spitzenmäßige Überleitung von den großen globalpolitischen Themen zur Literatur: Wladimir Kaminer möchte den Weltfrieden sichern, und zwar durch mehr Sex. Wahrscheinlich ist das nicht mal die schlechteste Idee.
- Irgendwie sonderbar durcheinandrige Bestandsaufnahme der jungen deutschen Literatur, die, wie man ja weiß, in Berlin stattfindet.
- Hurrahurra, Andreas Steinhöfel hat den Sonderpreis zum Deutschen Jugendliteraturpreis für sein Gesamtwerk bekommen! Und findet in seiner Dankesrede ein paar klare Worte.
- Die FAZ über die Frage, wo wir Bücher kaufen.
- Vier junge VerlagslektorInnen, nämlich Sandra Heinrici (Kiwi), Lina Muzur (Hanser), Anvar Cukoski (Berlin Verlag) und Tom Müller (Blumenbar), im Gespräch mit der FAZ.
- Früher aufstehen! Ich, äh, kann’s ja mal versuchen. *hust*
Vor einem halben Jahr schrieb ich hier über die Schwierigkeiten, ethisch und moralisch anständige Kleidung zu kaufen. Die Wertschöpfungsketten im Textilbereich sind dermaßen lang und komplex, dass man als Verbraucher unmöglich alles im Auge behalten kann. Es gibt ein paar wenige größere Unternehmen, die von sich behaupten, ethisch einwandfreie Kleidung zu produzieren; die andere Möglichkeit ist, regional produzierte Kleidung von ganz kleinen Herstellern zu kaufen. Und deswegen stelle ich jetzt hier eine meiner hamburger Lieblingsdesignerinnen vor, tadaa!
[Disclosure: Ja, ich habe für diesen Eintrag etwas bekommen. Wie immer bei Werbung war das meine Idee. Ich habe Annette gefragt, ob wir sowas machen wollen, weil ich sowieso von ihren Sachen überzeugt bin.]
Annette verkauft seit 1997 ihre eigene Kollektion in einem kleinen Laden in der Bartelsstraße im Hamburger Schanzenviertel. Zunächst mit ein paar anderen zusammen, inzwischen nur noch mit der Hutmacherin Silvia Bundschuh. In dieser Zeit ist die Kollektion langsam gewachsen; einige Schnitte bleiben und werden in Variationen immer wieder neu aufgelegt, aber es kommen auch immer wieder ganz neue hinzu. Annette entwirft ihre Kleider zusammen mit ihrer Assistentin und einer Schnittdirectrice, und dann wird das meiste in Hamburg genäht, ein paar Serien auch in Stettin. Die Stoffe kommen zum größten Teil aus Italien und Großbritannien (Tweed!); alles hat also im Vergleich zur „großen“ Textilindustrie relativ kurze Wege. Okay, Baumwolle wächst in Europa nicht, aber irgendwas ist ja immer. Alle weiteren Verarbeitungsschritte finden zumindest in Europa statt, die letzten in Hamburg.
Dummerweise könnte ich immer gleich den ganzen Laden leerkaufen. Für Leute wie mich, die sogenanntes „Shoppen“ wirklich aus tiefstem Herzen verabscheuen, aber schöne Kleider mögen, sind solche Läden ja fatal: da hat man seinen Stil gefunden, also guckt man immer mal wieder in diese zwei-drei Läden rein, wenn man gerade in der Nähe ist, und muss ansonsten nie wieder shoppen gehen, weil man halt immer was findet. Was man meistens gar nicht gesucht hat. Und zack! ist der Kleiderschrank voll mit lauter schönen Sachen. Und das Beste ist: die haben die Komplimente quasi mit eingebaut. Weil Qualität und Verarbeitung wirklich super sind, und das sieht man gleich. Und weil die Schnitte immer gleichzeitig klassisch und modisch sind; nie so, dass man sie nach einer Saison nicht mehr sehen kann, aber halt auch nicht klassisch im Sinne von „bieder“. Sondern genau perfekt, wenn man beispielsweise ich ist.
Ich weiß doch, was Euch auf der Zunge liegt: Die Preisfrage. Natürlich gibt es diese Kleider nicht zu H&M-Preisen. Aber dafür wurden sie auch nicht für entwürdigendes Geld in Fabriken in Bangladesh zusammengetackert, die keine Fluchtwege und … ach, ihr wisst schon, ich reg mich schon wieder auf. Und es ist ja so: Wenn man etwa in größeren Bekleidungshäusern die etwas „besseren“ Marken kauft, dann kommen die Sachen auch aus China und sind kein Stück billiger als die von Annette Rufeger. Hosen kosten bei Annette normalerweise ca. 150,- €, Röcke knapp darunter, Blusen um die 100,- €, Kleider um die 200,- €, Jacken und Blazer um 280,- € und Mäntel ab 400,- €. Und manchmal ist auch Schlussverkauf, aber da muss man mit den Größen dann natürlich Glück haben.
Ein entscheidender Nachteil ist: das ist alles tolle Qualität, die Sachen gehen nicht dauernd kaputt. Man hat also leider nie triftige Gründe, dringend etwas Neues zu brauchen. Außer dass dieses eine Kleid ja wohl ganz eindeutig meins ist, das kann ich gar nicht nicht kaufen. Zum Beispiel dieses hier. Das seht ihr ja wohl ein.
Alle Fotos: Maximilian Buddenbohm. Großer Spaß, dieser Nachmittag mit Annette, ihrer Assistentin Henrike und dem lustigen Mann an der U-Bahnstation Hafencity Universität. Danke, Maximilian!
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Annette Rufegers und Silvia Bundschuhs Laden ist in Hamburg in der Bartelsstraße 2. Es gibt die Kleider außerdem bei Etage eins am Überseeboulevard in der Hafencity, und in Berlin bei „wertvoll“ in der Marienburger Strasse 39.
Hier nochmal der Link zu Annettes Webseite und zu ihrem Online-Shop.
Wow. Letzte Woche kam plötzlich eine Mail von einer Dame vom Carlsen-Verlag. Sie habe auf meinem Wunschzettel ein Buch gesehen, das sie mir gern schicken würde, und ich solle doch auch noch mal auf die Webseite des Verlags gucken, ob ich sonst noch irgendetwas gern hätte. Ich guckte kurz auf die Webseite und war überfordert. Das schrieb ich ihr, und dass ich beispielsweise den Flix und Andreas Steinhöfel mag. Und dann kam das hier.
Elf Bücher. Einfach nur so, weil jemandem mein Blog gefällt. Und alle Bücher sehen so aus, dass ich sie spontan gerne lesen möchte, da hat sich also wirklich jemand Gedanken gemacht und nicht nur irgendwas zusammengeschmissen. Danke, Frau Rechenberg, danke, Carlsen-Verlag! Sehr!
- Unfassbar: Ilja Trojanow durfte trotz Visum und Einladung und allem nicht in die USA einreisen. Ohne Begründung. Zur Erinnerung: Ilja Trojanow schrieb zusammen mit Juli Zeh das Buch Angriff auf die Freiheit – Sicherheitswahn, Überwachungsstaat und der Abbau bürgerlicher Rechte und setzt sich auch sonst engagiert gegen Überwachung ein.
Der PEN protestiert und verlangt Aufklärung, und Michael Krüger äußert sich im Deutschlandradio dazu (hier zum Nachhören).
- Janee, ist klar, Herr Professor: „Toronto literature professor and Giller prize-shortlisted author David Gilmour has found himself at the eye of a literary storm after declaiming in an interview that he doesn’t teach books written by women or Chinese authors, because he’s only interested in „serious heterosexual guys“.
- Ulrich Greiner hält den deutschen Buchpreis eher für Zirkus.
- Die Herren Günter Grass und Botho Strauß haben eine Meinung zu Facebook und dem ganzen Scheißdreck.
- Vattenfall will die Lesetage nicht fortsetzen. Die Vattenfall-Lesetage waren ein Lesefestival hier in Hamburg, das seit 15 Jahren jedes Frühjahr stattfand. In den letzten Jahren gab es zunehmend Gegenveranstaltungen und vor allem Kritik daran, dass ein Atom- und Kohlegigant sich mit Kultursponsoring weißwäscht. Wie wäre es denn, wenn Naturstrom oder Greenpeace da einsprängen? Das wäre doch eine schöne Idee.
- Im rbb-Kulturradio durften anlässlich des Internationalen Übersetzertags Hörer sagen, was sie von einer guten literarischen Übersetzung erwarten. Und meine Kollegin Katrin Harlaß ist im Studio.