Liebe Kinder,

wenn zwei Menschen sich liebhaben, ist das toll. Also, eigentlich sollte man natürlich alle Menschen liebhaben, das wäre am allerschönsten. Aber manchmal haben sich zwei Leute eben ganz besonders lieb, und dann ist das besonders schön für die beiden. Und weil die beiden dann glücklich sind, ist das auch wieder schön für alle anderen.
Wenn die beiden wollen, können sie heiraten, um der ganzen Welt zu zeigen, dass sie für immer zusammenbleiben wollen. (Man kann natürlich nie wissen, ob das dann auch wirklich klappt, aber das ist ein anderes Thema.) Diese zwei Menschen sind ziemlich oft ein Mann und eine Frau, manchmal sind es aber auch zwei Männer oder zwei Frauen.

Eure Erwachsenengeneration

Es ist mir wirklich zutiefst unbegreiflich, was daran so schwer sein soll. „Wie soll man das denn den Kindern erklären?“ – ist das Euer Ernst? Was ist so schwer daran, es Kindern zu erklären, wenn zwei Menschen heiraten? Sie lieben sich und möchten zusammenbleiben und Verantwortung füreinander übernehmen. Fertig.
Anlass für meine aktuelle Fassungslosigkeit ist dieses Fundstück hier, das seit gestern durch die Medien geistert, wo ein Mann sich an die Beratungstante einer Zeitung wendet, weil er seine Töchter nicht zur Hochzeit seines Bruders mitnehmen will. Denn der Bruder heiratet einen Mann. Und die Beratungstante bestärkt den Briefschreiber darin, das müsse „bei allem Respekt“ nicht sein und würde die Töchter nur „durcheinanderbringen“. Na, auf die Sorte Respekt kann das Paar dann vermutlich auch verzichten.
Kinder in dem Alter müssten sich nicht mit sexueller Orientierung auseinandersetzen, heißt es. Ach nein? Erstens: Warum eigentlich nicht? Oder anders: Was gibt es da „auseinanderzusetzen“? Und zweitens: Bei einer Heterohochzeit setzen Kinder sich auch nicht mit Sexualität auseinander. Wenn sie in dem Alter sind, in dem sie darüber nachdenken, dann tun sie das so oder so. Wenn Kinder auf eine Hochzeit gehen, dann feiern sie ein Fest, sie machen sich schick, essen Kuchen, tanzen und freuen sich. Irgendwer schrieb: Kinder finden Liebe grundsätzlich super. So ist das nämlich. Kinder feiern auf einer Hochzeit die Liebe, nicht die Sexualität. Wie Erwachsene auch.
Maximilian erzählte mal diese Geschichte: Da ging es im Radio um das Adoptionsrecht für Homosexuelle. Die Söhne fragten nach, und er erklärte ihnen, es gebe Leute, die fänden, dass Kinder nicht zwei Väter haben sollen. Die Söhne fragten ganz erstaunt, wieso das denn nicht, es gebe doch auch Kinder, die zwei Mütter haben. So einfach ist das nämlich, Kinder haben da überhaupt kein Problem. Sie werden auch keineswegs „verwirrt“, wie es in dem Zeitungsartikel heißt. Wovon denn auch? Von der Liebe? Come on.

Also was um alles in der Welt kann so schwer daran sein, Kindern zu vermitteln: Wenn zwei sich lieben, werden sie ein Paar. Und wenn sie möchten, können sie heiraten.
Wir müssen mal von diesem Männer-Frauen-Ding runterkommen und stattdessen über Menschen sprechen.

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NACHTRAG: Das Westfalenblatt hat Stellung genommen, und das macht rein gar nichts besser.

NACHTRAG 2 (Danke für den Hinweis, Andrea!): Das Westfalenblatt hat die Zusammenarbeit beendet.

14 Kommentare

  1. Heidrun Mittwoch, 20. Mai 2015 um 10:11 Uhr [Link]

    Genau richtig. Ich verstehe nicht, wieso das Heiraten und das Eheleben und das Kinderkriegen und all diese Dinge nur „jugendfrei“ sein sollen, wenn sie zwischen Mann und Frau stattfinden. Wenn man unterstellt, dass diese Dinge sofort auf peinliche Art erklärungsbedürftig sind, sobald sie zwischen zwei Männern oder zwei Frauen stattfinden, unterstellt man ja damit auch, das das alles bei Homosexuellen irgendwie mehr „sexlastig“ ist. Also weniger mit Liebe und mehr mit diesem schmuddeligen Körperkram zu tun hat. Das sagt eine ganze Menge darüber aus, was in den Köpfen der fraglichen Erwachsenen abgeht, wenn sie an Schwule oder Lesben denken.

  2. rrho Mittwoch, 20. Mai 2015 um 10:26 Uhr [Link]

    Word. Kinder nehmen auf einer Hochzeit schon war, dass es da um ein Liebespaar geht, aber ob da einer alt, einer jung ist, ob das zwei Männer, zwei Frauen sind, welche Hautfarbe oder Religion die haben: Das ist ihnen im Grunde völlig wumpe, bzw. das ist vielleicht interessant, aber wird erst dann problematisch, wenn die Umgebung daraus ein Problem macht. Jedenfalls nehme ich das bei meinen Kindern so wahr.

  3. knotensusi Mittwoch, 20. Mai 2015 um 10:39 Uhr [Link]

    was heidrun sagt!

  4. katharina Mittwoch, 20. Mai 2015 um 10:57 Uhr [Link]

    aehm, ist doch klar, homosexualitaet ist doch ansteckend. also sollte man die lieben kleinen davon fern halten.
    ach, die zeit, in der die kinder das alles voellig unproblematisch sehen, ist leider nur sehr kurz. dann kommen die wunderbaren einfluesse von aussen und dann heisst es: biste schwul oder was? soifz….

  5. Melanie Mittwoch, 20. Mai 2015 um 13:37 Uhr [Link]

    Liebe Isa, ich bin ja so was von absolut mit Dir einer Meinung. Dem ist nichts mehr hinzuzufügen!!!

  6. Nicole Mittwoch, 20. Mai 2015 um 13:57 Uhr [Link]

    .

  7. Hochzeitsgespenst - Schöner Blog(t) Mittwoch, 20. Mai 2015 um 18:42 Uhr [Link]

    […] weitere zu einem unfassbaren Zeitungsartikel hat Isabel auf den Punkt […]

  8. Andrea Mittwoch, 20. Mai 2015 um 23:09 Uhr [Link]

  9. Kirsten Donnerstag, 21. Mai 2015 um 10:27 Uhr [Link]

    Das Perfide an der Geschichte ist, dass Papa – nicht die Kinder – ein Problem hat. Statt sich damit auseinanderzusetzen (ja, da gehört das Wort hin) schwatzt er was über seine Kinder. Und schiebt ihnen damit seinen Mist in die Schuhe.
    Ich kann gar nicht aufhören, mich darüber zu ärgern.

  10. Bettina Donnerstag, 21. Mai 2015 um 20:34 Uhr [Link]

    Absolut richtig, was du schreibst – danke!

  11. Woanders – diesmal mit dem Schreiben, einer Hallig, Dänemark und anderem | Herzdamengeschichten Sonntag, 24. Mai 2015 um 10:15 Uhr [Link]

    […] Familie: Isa schreibt über Selbstverständlichkeiten und zitiert mich, bzw. die Söhne. […]

  12. Mathilde Montag, 25. Mai 2015 um 12:55 Uhr [Link]

    @ Andrea: War aber auch schon so’ne Politervolte, die das Westfalenblatt da hingelegt hat, erst abwiegeln, der Autorin volle Unterstützung zusichern und dann eine Schuldige finden, mit der die Zusammenarbeit eingestellt werden muss. Ganz so, als hätte die Redaktion im Haus da nix mit zu tun gehabt, niemand vor Veröffentlichung das Ding gelesen und niemand, was daran zu finden gehabt. Tsss.

  13. maudilein Mittwoch, 27. Mai 2015 um 22:27 Uhr [Link]

    Offenbar ist in diesem Ausschnitt der ursprüngliche Text der Autorin aber auch recht verzerrt.

    http://www.bildblog.de/ressort/westfalenblatt/

  14. Isabel Bogdan Mittwoch, 27. Mai 2015 um 22:33 Uhr [Link]

    Naja, hier ist die längere Version: Die macht rein gar nichts besser.
    Und: Auch die kurze Fassung wurde ja so abgedruckt.

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