Echte Übersetzungsprobleme

Es wurde mehrfach angemahnt, ich solle wieder öfter übers Übersetzen schreiben. Hier hab ich was:

After that, he would go to his father’s old Prep school and then his father’s old Public school.

Die „Prep school“ ist eine Privatschule. Sie bereitet auf den Besuch der sogenannten „Public school“ vor, was ebenfalls eine Privatschule ist. Aus beidem einfach „Privatschule“ zu machen, funktioniert in diesem Satz also nicht, das würde ja sinnlos.

Das Problem ist ein Grundsätzliches, das immer wieder auftaucht, wenn in verschiedenen Ländern Dinge unterschiedlich organisiert sind, wenn die Strukturen anders sind. Das gilt beispielsweise auch für Militär- oder Polizeiränge, man kann einen „Constable“ nicht wirklich mit „Wachtmeister“ übersetzen. Da sind wir es bei Übersetzungen aus dem Englischen inzwischen gewohnt, dass Dienstgrade auch im Deutschen Text auf Englisch stehenbleibem.
In diesem Fall hier kann ich „Prep school“ und „Public school“ aber nicht gut auf Englisch benutzen, denn bei „Public school“ denken die allermeisten Leser automatisch, es handle sich um eine öffentliche, also staatliche Schule. Aber das ist es eben nicht, es hört sich nur so an.

Ich bin jetzt auf „private Mittelschule“ und „private Oberschule“ ausgewichen. Das ist natürlich auch nicht ganz befriedigend, weil die Systeme in England und Deutschland eben unterschiedlich sind. Die „Prep school“ besucht man von ca. 8 bis 11 Jahren, das ist nicht ganz das, was bei uns die Mittelschule oder Mittelstufe ist. Aber eine bessere Lösung habe ich nicht.

15 Kommentare

  1. Curima Montag, 3. November 2014 um 13:13 Uhr [Link]

    Hm. Wäre bei 8-11 Jahren nicht vielleicht Grundschule sogar besser als Mittelschule? Vom Alter her ist das ja näher dran.
    Freut mich, dass es mal wieder ein Übersetzungsproblem zum Lesen gibt, ich finde das immer sehr spannend.

  2. Isabel Bogdan Montag, 3. November 2014 um 13:23 Uhr [Link]

    Ja, denke ich auch gerade. Vielleicht doch Grundschule. Eigentlich kommt davor noch die Pre-Prep-School, oder vielleicht die Primary, ich habe noch nicht ganz verstanden, ob die Prep School schon zur Secondary Education gehört. Oder halt genau dazwischen ist. Teilweise sind die auch schon für jüngere Kinder, was mir im Kontext auch besser passen würde.
    Argh.

  3. Kiki Montag, 3. November 2014 um 13:26 Uhr [Link]

    Es wird auch nicht weniger kompliziert dadurch, daß die Prep School in den USA z.B. auch ganz anders als in UK zur Vorbereitung aufs College gelten kann. Und daß die Public School in UK zwar eine Art Privatgymnasium beschreibt, in den USA aber genau das ist, was wir hierzulande annehmen würden: eine öffentliche Schule.

  4. Isabel Bogdan Montag, 3. November 2014 um 14:09 Uhr [Link]

    Stimmt. Aber hier im Buch ist zumindest klar, dass von England die Rede ist.

  5. Trippmadam Montag, 3. November 2014 um 21:43 Uhr [Link]

    Ein „spanisches Problem“ und ein weites Feld: Guardia Civil (http://de.wikipedia.org/wiki/Guardia_Civil) Man lässt es meist im Original stehen, muss es aber (zumindest in einem Sachtext) eventuell in einer Fußnote erklären.

    (Ich wusste gar nicht, dass es eine prep school auch in Großbritannien gibt; ich kannte nur die amerikanische prep school.)

  6. Christiane Montag, 3. November 2014 um 22:50 Uhr [Link]

    Ich bin ganz baff. Bisher habe ich mir eingebildet, dass wirklich allen deutschen Lesern sehr wohl der Begriff Public School für England geläufig ist, allen Institutionen voran Eton. Ist in der Regenbogenpresse nicht immer die Rede davon, dass blaublütige Sprösslinge dort ihre Schulzeit fristen müssen? (Dachte ich in meiner Naivität.) War es also falsch, dass das in meinen Übersetzungen auf Englisch blieb? Amerikanische Public Schools waren dagegen bei mir staatliche Schulen.

  7. Hannes Dienstag, 4. November 2014 um 00:01 Uhr [Link]

    „Danach besuchte er die elitären Privatschulen, die schon sein Vater besuchte.“
    „Danach besuchte er die traditionsreichen, elitären Privatschulen, die schon sein Vater besuchte.“

  8. Tine Dienstag, 4. November 2014 um 10:45 Uhr [Link]

    als Leser finde ich es in solchen Fällen auch gut, wenn es so stehen bleibt und eine Fußnote es erklärt. Ich bin mit dieser Vorliebe, glaube ich, eher in der Minderheit, aber für mich ist das die beste Lösung und ich hab noch was dabei gelernt. (ich bin aber überhaupt ein Fußnotenleser)

  9. Isabel Bogdan Dienstag, 4. November 2014 um 10:52 Uhr [Link]

    Christiane, ich bin ziemlich sicher, dass ein Großteil der Leser „Public Schools“ für öffentliche Schulen halten würde. Eton ist ein Begriff, klar, aber das mit dem „Public“ – schwierisch.

    Hannes, das ist auch eine gute Lösung, einfach einen Plural zu nehmen. (Dann allerdings mit Vorzeitigkeit anzuschließen, „die schon sein Vater besucht hatte“, aber das ist wieder ein anderes Thema.)

    Tine, ich fürchte, da bist du wirklich in der Minderheit. Fußnoten sind in belletristischen Texten ein absolutes No-go. Man möchte in Ruhe lesen, das soll Spaß machen, und man will dabei nicht dauernd belehrt werden, sich nebenbei mit dem britischen Schulsystem befassen und bei jeder Kleinigkeit aus dem Lesefluss gerissen werden. (Also, „man“, höhö.)

  10. zeiserl Dienstag, 4. November 2014 um 14:20 Uhr [Link]

    Ich bin ja ein Fan von fremdländischen Ausdrücken, die einfach stehen bleiben, und die die geneigte Leserin sich durch Osmose, Zusammenhang oder Nachschlagen erschließen kann, wenn es ihr danach ist. Allerdings gebe ich zu, dass „Prep School“ und „Public School“ sehr ungeschlacht in einem deutschen Text herumstehen würden. Die Lösung mit dem Plural gefällt mir auch.

  11. Mareike Freitag, 7. November 2014 um 10:26 Uhr [Link]

    Was ist denn Vorzeitigkeit?

  12. Isabel Bogdan Freitag, 7. November 2014 um 10:32 Uhr [Link]

    Vorzeitigkeit heißt: die ganze Geschichte wird im Imperfekt erzählt. Der Erzählzeitpunkt liegt also in der Vergangenheit. Das sieht man hier nicht gleich, weil es dann wieder Futur ist, es geht um die Pläne, die für den Jungen gemacht wurden, das liegt also vom Erzählzeitpunkt aus betrachtet in der Zukunft.
    Aber die Schulzeit seines Vaters liegt eindeutig *vor* dem Erzählzeitunkt – deswegen brauchen wir auf Deutsch da ein Plusquamperfekt, „die Schulen, die auch sein Vater schon besucht hatte.“
    Alles klar? (Ich bin eindeutig besser in der Praxis als in Theorie und Erklären.)

  13. Mareike Freitag, 7. November 2014 um 10:40 Uhr [Link]

    Ja, alles klar. Wollte grade wiederkommen und schreiben, dass ich nachgelesen habe. (Dass ich das tun würde, wusste ich schon beim ersten Kommentieren.) Ich mag es gerne, wenn und wie du Sachen erklärst!

  14. Isabel Bogdan Freitag, 7. November 2014 um 11:13 Uhr [Link]

    Hach, danke!

  15. Tine Dienstag, 11. November 2014 um 18:37 Uhr [Link]

    Ist ja irgendwie auch schön zu wissen, dass ich nicht wie alle ticke. Im Falle der Fußnoten habe ich es mir ja schon fast gedacht.

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