Buy local: Annette Rufeger

Vor einem halben Jahr schrieb ich hier über die Schwierigkeiten, ethisch und moralisch anständige Kleidung zu kaufen. Die Wertschöpfungsketten im Textilbereich sind dermaßen lang und komplex, dass man als Verbraucher unmöglich alles im Auge behalten kann. Es gibt ein paar wenige größere Unternehmen, die von sich behaupten, ethisch einwandfreie Kleidung zu produzieren; die andere Möglichkeit ist, regional produzierte Kleidung von ganz kleinen Herstellern zu kaufen. Und deswegen stelle ich jetzt hier eine meiner hamburger Lieblingsdesignerinnen vor, tadaa!

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      [Disclosure: Ja, ich habe für diesen Eintrag etwas bekommen. Wie immer bei Werbung war das meine Idee. Ich habe Annette gefragt, ob wir sowas machen wollen, weil ich sowieso von ihren Sachen überzeugt bin.]

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Annette verkauft seit 1997 ihre eigene Kollektion in einem kleinen Laden in der Bartelsstraße im Hamburger Schanzenviertel. Zunächst mit ein paar anderen zusammen, inzwischen nur noch mit der Hutmacherin Silvia Bundschuh. In dieser Zeit ist die Kollektion langsam gewachsen; einige Schnitte bleiben und werden in Variationen immer wieder neu aufgelegt, aber es kommen auch immer wieder ganz neue hinzu. Annette entwirft ihre Kleider zusammen mit ihrer Assistentin und einer Schnittdirectrice, und dann wird das meiste in Hamburg genäht, ein paar Serien auch in Stettin. Die Stoffe kommen zum größten Teil aus Italien und Großbritannien (Tweed!); alles hat also im Vergleich zur „großen“ Textilindustrie relativ kurze Wege. Okay, Baumwolle wächst in Europa nicht, aber irgendwas ist ja immer. Alle weiteren Verarbeitungsschritte finden zumindest in Europa statt, die letzten in Hamburg.

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Dummerweise könnte ich immer gleich den ganzen Laden leerkaufen. Für Leute wie mich, die sogenanntes „Shoppen“ wirklich aus tiefstem Herzen verabscheuen, aber schöne Kleider mögen, sind solche Läden ja fatal: da hat man seinen Stil gefunden, also guckt man immer mal wieder in diese zwei-drei Läden rein, wenn man gerade in der Nähe ist, und muss ansonsten nie wieder shoppen gehen, weil man halt immer was findet. Was man meistens gar nicht gesucht hat. Und zack! ist der Kleiderschrank voll mit lauter schönen Sachen. Und das Beste ist: die haben die Komplimente quasi mit eingebaut. Weil Qualität und Verarbeitung wirklich super sind, und das sieht man gleich. Und weil die Schnitte immer gleichzeitig klassisch und modisch sind; nie so, dass man sie nach einer Saison nicht mehr sehen kann, aber halt auch nicht klassisch im Sinne von „bieder“. Sondern genau perfekt, wenn man beispielsweise ich ist.

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Ich weiß doch, was Euch auf der Zunge liegt: Die Preisfrage. Natürlich gibt es diese Kleider nicht zu H&M-Preisen. Aber dafür wurden sie auch nicht für entwürdigendes Geld in Fabriken in Bangladesh zusammengetackert, die keine Fluchtwege und … ach, ihr wisst schon, ich reg mich schon wieder auf. Und es ist ja so: Wenn man etwa in größeren Bekleidungshäusern die etwas „besseren“ Marken kauft, dann kommen die Sachen auch aus China und sind kein Stück billiger als die von Annette Rufeger. Hosen kosten bei Annette normalerweise ca. 150,- €, Röcke knapp darunter, Blusen um die 100,- €, Kleider um die 200,- €, Jacken und Blazer um 280,- € und Mäntel ab 400,- €. Und manchmal ist auch Schlussverkauf, aber da muss man mit den Größen dann natürlich Glück haben.
Ein entscheidender Nachteil ist: das ist alles tolle Qualität, die Sachen gehen nicht dauernd kaputt. Man hat also leider nie triftige Gründe, dringend etwas Neues zu brauchen. Außer dass dieses eine Kleid ja wohl ganz eindeutig meins ist, das kann ich gar nicht nicht kaufen. Zum Beispiel dieses hier. Das seht ihr ja wohl ein.

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Alle Fotos: Maximilian Buddenbohm. Großer Spaß, dieser Nachmittag mit Annette, ihrer Assistentin Henrike und dem lustigen Mann an der U-Bahnstation Hafencity Universität. Danke, Maximilian!

***

Annette Rufegers und Silvia Bundschuhs Laden ist in Hamburg in der Bartelsstraße 2. Es gibt die Kleider außerdem bei Etage eins am Überseeboulevard in der Hafencity, und in Berlin bei „wertvoll“ in der Marienburger Strasse 39.
Hier nochmal der Link zu Annettes Webseite und zu ihrem Online-Shop.

16 Kommentare

  1. trippmadam Sonntag, 6. Oktober 2013 um 07:19 Uhr [Link]

    Und mit der Länge gibt es auch keine Probleme? (Ich frage, weil wir beide ja anscheinend ähnlich „lang“ sind.)

    • Isabel Bogdan Sonntag, 6. Oktober 2013 um 10:35 Uhr [Link]

      Ich habe mir eh Kleider und Röcke angewöhnt, eben wegen der Länge – da kommt’s auf ein paar Zentimeter nicht an. Aber die Hosen sind auch entweder lang genug, oder sie macht sie halt länger. Das ist ja auch noch so ein Vorteil, wenn man direkt am Produzenten dran ist.

  2. Woanders – diesmal mit der Sonderlingsnormalverteilung, Schwimmbädern, Mennoniten und anderem | Herzdamengeschichten Sonntag, 6. Oktober 2013 um 08:35 Uhr [Link]

    […] habe ich gemacht, was ich überhaupt nicht kann, und einen Nachmittag lang Modefotograf gespielt. Die Ergebnisse hier. Das Ergebnis hätte natürlich auch besser sein können, aber man muss ja mit dem Lernen immer […]

  3. percanta Sonntag, 6. Oktober 2013 um 09:39 Uhr [Link]

    Schöne Sachen! Und die Rechnungen gehen sicher auf.
    Lieblingsfotos: die in der U-Bahn. Wegen der perfekten Farbverteilung das vorletzte, aber noch toller das letzte Kapuzenbild, „Bitte nicht einsteigen“. Sehr schön.

  4. Jennie Sonntag, 6. Oktober 2013 um 10:33 Uhr [Link]

    Schließe mich Percanta an – das letzte Bild: Wow. Just wow. Sowohl die Kapuzenjacke (want!!!) als auch die Pose. Und sowieso. Imaginary internet high-fives all around für die Designerin, das Model und den Fotografen.
    Schade nur, dass „Wenn man etwa in größeren Bekleidungshäusern die etwas ‚besseren‘ Marken kauft, dann […] sind [die] kein Stück billiger als die von Annette Rufeger.“ kein Kaufanreiz für mich ist, weil es noch ne Weile dauern wird, bis ich mir so was leisten kann. Aber schön sieht’s aus und recht haste, und wer das Geld hat, sollte es machen.

  5. Mama arbeitet Sonntag, 6. Oktober 2013 um 11:24 Uhr [Link]

    Das rote Kleid! Ich will das rote Kleid!

    Ganz tolle Bilder. Und ein gelungenes Beispiel für einen „Kooperationsartikel“ – so mag ich das lesen.

    Viele Grüsse, Christine

  6. giardino Sonntag, 6. Oktober 2013 um 11:28 Uhr [Link]

    Wow. Was Percanta sagt. Und stehen tut dir das alles sowieso super.

  7. Isabel Bogdan Sonntag, 6. Oktober 2013 um 12:07 Uhr [Link]

    Schön, dass Ihr Euch mit dem roten Kleid so einig seid, hihi. Ist ja schon gekauft! Hier sieht man es noch besser.

  8. Mareike Sonntag, 6. Oktober 2013 um 12:12 Uhr [Link]

    Aber sowas von was Percanta sagt!

  9. mrks Montag, 7. Oktober 2013 um 13:39 Uhr [Link]

    Sehr schöne Bilder!
    (Aber ev. könnte man die in etwas kleinerer Auflösung hier reinstellen. War grad etwas verwundert, warum deine Seite so langsam lädt.)

    • Isabel Bogdan Montag, 7. Oktober 2013 um 13:56 Uhr [Link]

      Normalerweise mache ich sie ja kleiner, aber irgendwie fand ich es nett, sie ausnahmsweise schön groß zu lassen. Schlimm?

  10. serotonic Montag, 7. Oktober 2013 um 18:15 Uhr [Link]

    Auf die Gefahr hin, bereits Gesagtes zu wiederholen: Das rote Kleid! Herz! Und die Mütze ist auch ganz wundervoll. (Und der hier ist ja wohl todschick.)

    Toller Kooperationsartikel, tolle Fotos. Und wenn ich groß bin, möchte ich bitte den Trenchcoat haben.

  11. Tschüss, 2013 Montag, 30. Dezember 2013 um 19:48 Uhr [Link]

    […] Jahr genau so prima weiterläuft. Außerdem habe ich für Annette Rufeger gegen Naturalien gemodelt, das hat großen Spaß gemacht, sowas möchte ich auch gern weitermachen. Natürlich weiterhin nur […]

  12. Rufeger und Bundschuh - Hamburger Mode jenseits von Burberry & Co. @ Schöner Blog(t)Schöner Blog(t) Dienstag, 4. Februar 2014 um 19:53 Uhr [Link]

    […] ich virtuell um den Onlineshop von Annette Rufeger herum. “Schuld” war Isabels Artikel  aus der Reihe “Buy local”. Da aber Hamburg nicht ganz so “local” im Ruhrgebiet ist, blieb es erst mal nur beim […]

  13. Eine kleine Modegeschichte des Herrn B. | Herzdamengeschichten Samstag, 19. April 2014 um 17:42 Uhr [Link]

    […] habe im letzten Jahr einmal für Annette Rufeger fotografiert und sie gerade einmal für “Was machen die da” besucht, beide Male fand ich ihren Beruf […]

  14. Buy local: garment Mittwoch, 28. Mai 2014 um 11:11 Uhr [Link]

    […] einem halben Jahr habe ich hier Annette Rufeger vorgestellt, jetzt sind die Kolleginnen von garment dran. Disclosure: Ich bekomme […]

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