Tante Isas kleine Deutschstunde: hängen

Das Verb „hängen“ gibt es in zwei Darreichungsformen: als transitives Verb mit regelmäßigen Vergangenheitsformen, und als intransitives mit unregelmäßigen Vergangenheitsformen. (Transitiv bedeutet, dass es ein Akkusativobjekt verlangt. Also ein Objekt, das auf die Frage „wen oder was?“ antwortet. Alles klar?)

Das Bild hängt an der Wand. (intransitiv: braucht kein Akkusativobjekt)
Sie hängt das Bild an die Wand. (transitiv: wen oder was hängt sie an die Wand? Das Akkusativobjekt, also hier: das Bild. „Sie hängt an die Wand“ ist kein vollständiger Satz. Das Objekt wird also benötigt.)

Bis dahin ist es unproblematisch, weil im Präsens die Formen gleich sind: es heißt beides „ich hänge“. „Ich hänge an der Kletterwand“ oder „Ich hänge das Bild auf“. Bzw. „Sie hängt das Bild auf“ und „Das Bild hängt“. Das ist jeweils die gleiche Verbform.
Schwierig (und deswegen oft fehlerhaft) wird es in den Vergangenheitsformen: da wird das intransitive „Hängen“ unregelmäßig gebildet, das transitive hingegen mit regelmäßigen Formen:

Ich hängte das Bild an die Wand.
Ich habe das Bild an die Wand gehängt.
(hängen, hängte, gehängt. Regelmäßig. Transitiv.)

Das Bild hing an der Wand.
Das Bild hat an der Wand gehangen.
(hängen, hing, gehangen. Unregelmäßig. Intransitiv.)

Merken kann man sich das damit, dass die Vorsilbe in- ja im Prinzip dieselbe Bedeutung hat wie die Vorsilbe un-. Also gehören intransitiv und unregelmäßig zusammen.

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Während des Studiums habe ich als Verkäuferin in einem größeren Bekleidungshaus gejobbt. Da beschloss ich eines Tages, doch mal auszuprobieren, ob die eine Kollegin nicht doch lernfähig wäre. Immer, wenn sie sagte: „Ich habe den Pullover dahin gehangen“, rief ich quer durch den Laden: „gehäääängt!“
Dummerweise ist mir dann abends was rausgerutscht. Da sagte ich nämlich: „Wo ist denn der Pullover, der hat doch gerade noch da gehangen.“ Und sie: „Da! Jetzt hast Du es selber gesagt! Hahaha!“
Ich habe es dann aufgegeben.

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Für Fragen dieser Art wärmstens zu empfehlen: Duden Band 09: Richtiges und gutes Deutsch. Das ist der Band, der früher „Zweifelsfälle“ hieß. Das Gute ist: man kann das alles prima verstehen, auch ohne schlimm viel Ahnung von Grammatik zu haben. Kostet 21,95 €.

16 Kommentare

  1. Maximilian Buddenbohm Sonntag, 21. Oktober 2012 um 08:47 Uhr [Link]

    Oh Fallada.

  2. kaltmamsell Sonntag, 21. Oktober 2012 um 08:54 Uhr [Link]

    Puh, das Bayrische ist da einfacher:
    „I hob an Pullover“ (Betonung auf erster Silbe) „hieg‘hängt.“
    „Da Pullover is im Schrank g‘hängt.“
    Mal nachsehen, ob der Schmeller auch Grammatik enthält.

  3. Webschaf Sonntag, 21. Oktober 2012 um 09:44 Uhr [Link]

    In der Abteilung in der ich arbeite habe ich 16 Kollegen. Davon sprechen gerade mal 2 so, dass mir nicht das Krumme aus den Ohren fällt. Ich habe gar nicht erst versucht auch nur die schlimmsten Fälle zu korrigieren, aber ich leide. Jeden Tag.

  4. MM Sonntag, 21. Oktober 2012 um 10:20 Uhr [Link]

    @Kaltmamsell: Ach ja, was ähnliches habe ich neulich auf Fränkisch gelernt, von Elektroladeninhaberin: DHL hat einen Zettel an die Haustür „hiegepappt“. Musste es nachsagen.
    Ist „gehangen“ nicht auch Dialekt?

  5. kaltmamsell Sonntag, 21. Oktober 2012 um 10:40 Uhr [Link]

    @MM Die Plosive in „pappt“ glaube ich Ihnen nie und nimmer, wenn das Fränkisch gewesen sein soll. Selbst oberbayrisch wäre es „hiebabbt“.

  6. Jenny Sonntag, 21. Oktober 2012 um 10:45 Uhr [Link]

  7. Isabel Bogdan Sonntag, 21. Oktober 2012 um 10:59 Uhr [Link]

    Naja, Dialektgrammatik ist ja oft einfacher.

    Jennie: Yeah!

  8. creezy Sonntag, 21. Oktober 2012 um 12:16 Uhr [Link]

    Icke hängte det Dings uff. Oder auch: Icke hab det Dings uffjehängt.

  9. Isabel Bogdan Sonntag, 21. Oktober 2012 um 12:20 Uhr [Link]

    Solang de det Dings nich uffjehangen hast, is ja jut.

  10. MM Sonntag, 21. Oktober 2012 um 13:12 Uhr [Link]

    @Kaltmamsell, ja, stimmt natürlich, habe mehr an die hochdeutsche Schreibweise gedacht (hingepappt)

  11. MM Sonntag, 21. Oktober 2012 um 13:13 Uhr [Link]

    Ich muss an eine Korrektur meiner Übersetzung denken, wo meine „hung“ in „hanged“ geändert wurde, es ging aber um ein Bild (Nagel-zu-Nagel Vertrag)

  12. kid37 Sonntag, 21. Oktober 2012 um 13:41 Uhr [Link]

    Es hängt ja manchmal ganz schön, wenn es mit dem Verstehen gehangen hat.

  13. lihabiboun Sonntag, 21. Oktober 2012 um 16:53 Uhr [Link]

    …sehr fein auch im Bayerischen, wenn die Marktfrau über ihr Zeug sagt, das sei „schee wia gmoin“ (hochdeutsch: so schön wie gema(h)len …. //Zehennägelaufstell//

  14. lihabiboun Sonntag, 21. Oktober 2012 um 16:56 Uhr [Link]

    Und noch etwas: Hat noch nie jemand zu Ihnen gesagt „wir sind doch hier nicht im Aufsatz!“ – mir schon öfter passiert

  15. Stephan Sonntag, 21. Oktober 2012 um 17:44 Uhr [Link]

    Übrigens waren es gestern 67 Tage bis Weihnachten.

  16. Isabel Bogdan Sonntag, 21. Oktober 2012 um 18:04 Uhr [Link]

    @Stephan: (Falscher Strang.) Hey, dann stimmt es halt heute.
    @lihabiboun: nee, nie gehört – was bedeutet das denn?

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