Helgoland, Tag 4: Robben

Dünentag. Kurzfassung: Robben, Sonne, Schläfchen, Arbeit. Die Langfassung schreibe ich dann morgen. Vielleicht.

Here goes:
Um 10.10 Uhr ist eine naturkundliche Führung auf der Düne, also müssen wir die Dünenfähre um 10.00 Uhr erwischen, vorher schon Sonnenmilch gekauft haben – schlimm, diese Hektik am frühen Morgen. Aber dann schön, mit dem älteren Ehepaar vom Verein Jordsand und ca. 30 Rentnern über die Düne zu gehen und professionelle Anleitung beim Robbengucken zu haben. So lernen wir, dass das gar nicht alles Kegelrobben sind, sondern auch Seehunde darunter sind; das sind die, die jetzt Junge haben. Als wir im März hierwaren, haben wir die Jungen der Kegelrobben gesehen, die sind jetzt schon groß und dick und rund. Insgesamt sind nur sehr wenig Robben da; im Frühjahr lag der ganze Strand voll, jetzt sind nur zwei-drei kleinere Gruppen da. Keine Ahnung, wo der Rest ist. Außerdem lernen wir, dass die Männchen ein dunkles Fell haben, die helleren sind die Weibchen. Ich mache zum hundertsten Mal dieselben Robbenfotos.
Die Führung endet in der Nähe des Dünenrestaurants, wo wir den Mittag mit unterschiedlichen Getränken verbringen und uns die Sonne auf den Kopf bratzeln lassen. Wahnsinnig entspannt, wir sitzen einfach da und gucken zwischen den Strandkörben hindurch aufs Meer, Schiffe ziehen vorbei, die Sonne scheint, alles ist blau. Entdeckung: Sanddorngrog, sehr leckeres Zeug. Allerdings kriege ich ein bisschen Kopfschmerzen – vom Grog oder von der Sonne, was weiß ich, und ich bin plötzlich hundemüde. Wahrscheinlich die viele frische Luft. Ich fahre nach Hause, Adelhaid dreht noch eine Runde über den Kiesstrand. Im Hotel plumpse ich sofort ins Bett und schlafe anderthalb Stunden wie ein Stein. Als ich aufwache, ist es schon nach fünf und Zeit, endlich mit der Arbeit anzufangen. Kopfschmerzen vorbei, alles super, ich schaffe plötzlich erstaunlich was weg. Abends kurz essen, dann gemeinsames Weiterarbeiten mit Adelhaid und Gin Tonic, zwischendurch immer wieder Schwätzchen, ich komme trotzdem ganz gut voran. Wundersamer Inseleffekt. Hach. Man sollte sowas öfter machen.

vgl. Adelhaid, a.a.O.

Helgoland, Tag 3: Sonne

Wenn bei diesem Helgolandaufenthalt jeden Tag ein Naturphänomen im Vordergrund steht, dann war es am ersten Tag der Wind, am zweiten das Wasser, und heute war es die Sonne.
Heute Morgen war es noch hellgrau, aber dann wurde es ganz schnell blau. Blauer Himmel, blaues Meer, und wir ganz betrunken von der Sonne. Wir haben ein paar Stunden draußen gesessen, im Aquariumscafé, mit unseren Macbooks, und den Insulanern live vorgeführt, wie die coolen Großstadtkids heute arbeiten: mit Laptop im Café, draußen. Mit der Sonne im Gesicht. In T-Shirt und Strickjacke und mit Blick aufs blaue Meer. Vergessen: Sonnenmilch.
Und dann waren die Laptop-Akkus leer, und wir haben draußen Pommes gegessen und draußen Eis gegessen und sind draußen rumgelaufen.

Auf dem unteren Bild das sind sogenannte Börteboote. Die braucht man zum Ausbooten. Die Seebäderschiffe aus Cux-, Bremer- und Wilhelmshaven legen nämlich nicht an der Hafenmole an, sondern ankern vor der Insel, und dann kommen die Börteboote und holen die Passagiere ab. Ein paar Stunden später bringen sie sie wieder hin.
Und ich bin zum x-ten Mal auf der Insel und noch nie ausgebootet worden! Weil ich immer entweder mit dem Katamaran aus Hamburg gefahren bin, der legt im Hafen an, oder mit einem der Seebäderschiffe im Winter, dann legen sie auch an. Ich muss unbedingt mal im Sommer von Cuxhaven aus fahren!

Heute Nachmittag haben wir eine Bunkerführung mitgemacht. Im Bunker war es kühl und feucht und überhaupt nicht schön. Der Führer hat etwas unstrukturiert mit Daten, Zahlen, Fachvokabular und Detailwissen um sich geworden, ich konnte ihm nicht immer ganz folgen, aber egal, interessant war es trotzdem. Was für eine Vorstellung, mit Hunderten von Menschen in so einem langen Gang auf einer Bank zu sitzen, jeder hat seinen festen Platz, jeder hat 50 cm Bank, es ist feucht und kalt, die Kinder schreien, alle haben Angst, und oben werfen sie Bomben ab und versuchen, die ganze Insel kaputtzumachen und vielleicht fällt die nächste Bombe auf dein Haus. Und da hatten die, die da unten saßen, noch Glück. Scheißzeit.

Und als wir rauskamen, schien immer noch die Sonne, und es war immer noch warm und das Meer so blau. Aber wir mussten dann doch wieder rein und ein bisschen arbeiten. Wir sind ja nicht zum Spaß hier, ich habe heute Mittag die nächsten beiden Kolumnen weggeschickt, immerhin. Jetzt habe ich ein bisschen übersetzt, gleich gehen wir noch schnell was essen. Und Leuchttürme gucken, mal sehen, ob man welche sehen kann. Hach. Leuchttürme!

vgl. Adelhaid, a.a.O.

Helgoland, Tag 2: Wasser

Dochdoch, wir haben auch gearbeitet. Aber wir waren auch draußen. Die meiste Zeit hat die Sonne geschienen, Wolken gab es auch, es hat auch kurz genieselt, aber den Großteil des Tages war es sonnig. Da kann man unmöglich den ganzen Tag am Schreibtisch sitzen.

Wir sind also spazierengegangen, dann haben wir ein bisschen gearbeitet, dann in der Sonne gesessen und Tee getrunken (draußen nur Kännchen), dann wieder ein bisschen gearbeitet, dann sind wir zur Südspitze gegangen, wo es richtig hässlich ist, eine ellenlange Betonmauer zieht sich am Meer entlang, so hoch, dass man nicht drübergucken kann, dass man das Meer also gar nicht sieht, nur gelegentlich brechen sich die hohen Wellen und Gischt stiebt über die Mauer. Das Wasser landet dann in einer sehr breiten Abflussrinne (Beton), durch die es ins Hafenbecken abgeleitet wird, dann kommt eine zweite Mauer (Beton), dahinter wir. Dann Industriegebiet und Bauschutt, teils noch die Reste der Sprengungen aus dem Krieg. Buddeln will man hier lieber nicht, liegen noch überall Blindgänger. Aber buddeln wollten wir eh nicht.

Was wir aber durchaus wollen, ist, das Meer besser sehen, nicht nur die über die Mauer brechende Gischt, sondern das ganze Meer, die ganzen Wellen, den ganzen Sturm. Von allen Schiffen, die die Insel täglich ansteuern, ist heute nur eins gefahren. Aus Gründen. So wahnsinnig windig ist es gar nicht mehr, aber Wellen gibt es reichlich, es schäumt und tost.
Wir klettern über die erste Mauer, runter in die Betonrinne, hüpfen über das Wasser, das sich dort gesammelt hat, steigen die Treppe an der zweiten, der hohen Mauer hoch bis zu dem Schild „Betreten verboten“, klettern um das Schild herum und stehen auf der allersüdlichsten Spitze der Insel (Beton) und sehen das Meer und die Wellen und die Brecher, und da kommen sie angerollt und brechen und spritzen, und wir werden nass, aber so richtig. Fotografieren komplett unmöglich, alles viel zu nass und zu windig, keine von uns wird ihre Tasche aufmachen und die Kamera rausholen, aber was für ein herrliches Gefühl, der Wind ist eigentlich erstaunlich warm, die Gischt fühlt sich fast an wie weiche Hagelkörner oder sowas, oder ist das Salz? Unsere Jacken halten erstaunlich dicht, die Hosen sind aber bald schon klatschnass, wir freuen uns und grinsen blöd und lachen, weil das so schön ist. Naturgewalten, tolltolltoll. Echt. Dann schnell nach Hause, die nassen Sachen ausziehen.
(NACHTRAG: Na, okay, es war kein Sturm, es waren nur Wellen. Das hier ist Sturm. Aber nass waren wir!)

Abends Essen und Cocktails mit dem Helgoländer in der Bunten Kuh. Fühlt sich fast schon an wie zu Hause.
Aber gearbeitet haben wir auch, ehrlich!

Vgl. Adelhaid, a.a.O.

Spaziergang

… zwischen Yachthafen und Alfred-Wegener-Institut.
Ich, Blick nach links: Hach! Boote!
Sie, Blick nach rechts: Guck! Naturwissenschaftler!

*

Etwas später, hundert Meter weiter:

Helgoland, Tag 1: Wind

Mal wieder. Diesmal bin ich zum Arbeiten hier, zusammen mit Adelhaid, die schon alles Wesentliche geschrieben hat. Wir müssen jeweils Bücher schreiben oder übersetzen, es ist reichlich zu tun, und hier lenkt uns nichts ab, außer vielleicht wir uns gegenseitig oder der Wind oder das Meer oder die Robben oder die Basstölpel. Es sind nämlich überraschenderweise noch ein paar hier, ich dachte, die sind längst weg. Und Wind ist auch, er hat uns fast von den Klippen gepustet. Fotografieren fast unmöglich, weil es einem entweder die Kamera aus der Hand haut oder die Vögel plötzlich in unmögliche Richtungen verschwinden. Wir legen uns mit dem ganzen Körper in den Wind und lachen, das ist einfach so toll. Die Basstölpel sind noch toller, sie bewegen die Flügel kaum, breiten sie nur aus und halten sich und bewegen sich offenbar nur mit winzigen Korrekturen in der Flügelstellung. Wenn es so windig ist wie heute, nehmen sie die Füße zu Hilfe, sie sind meist angelegt, aber plötzlich werden sie dann ausgefahren und gespreizt, um dem Wind zu trotzen. Toll!

Ansonsten möchte ich zu Protokoll geben, dass es eine recht schaukelige Überfahrt war und dass auf dem Schiff reichlich und lautstark und dann auch olfaktorisch nicht mehr ignorierbar gespuckt wurde, aber nicht von mir. Und auch nicht von Adelhaid.
Das Wetter könnte in den nächsten Tagen meinetwegen noch ein bisschen schöner werden, heute war es grau und nieselig. Zwischen all der Arbeit wollen wir natürlich auch mal zur Düne rüber. Aber soll auch tatsächlich schöner werden! Und gearbeitet werden muss auch tatsächlich. Die Ansage lautet: „Hauptsache, das Buch wird fertig“, was allerdings für Adelhaid gilt. Für mich nicht, ich habe zwei Bücher dabei, eins zu schreiben, eins zu übersetzen, und die werden hier beide nicht fertig, das ist mal sicher.

Und: ich habe schon wieder das schöne Zimmer im schönen Hotel. Diesmal vergesse ich nicht wieder, Fotos zu machen.

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