Sonntag morgen um zehn aus dem Haus, zum Flughafen. Um zwölf geht der Flug nach Frankfurt, Ankunft viertel nach eins, Kaffee mit Therealstief, um fünf Uhr Weiterflug nach Nanjing. Ich habe Glück – die Dame neben mir setzt sich um, und ich habe zwei Plätze für mich. Nicke gelegentlich für zwanzig Minuten weg, aber von „schlafen“ kann dann doch keine Rede sein.
Ankunft in Nanjing gegen elf Uhr vormittags Ortszeit, das ist für mich vier Uhr nachts. Zwei wirklich reizende Studentinnen holen mich ab und fahren mit mir mit dem Taxi zum Hotel, über das ich mal gnädig schweige. Wir wollen kurz was Kleines zu Mittag essen, diese Teigtaschen, die auf Japanisch Gyôza heißen, auf Chinesisch habe ich es vergessen. Ich habe vielleicht vier geschafft, dann wurde mir schwindelig vor Müdigkeit. Du meine Güte, bloß, weil man mal vierundzwanzig Stunden am Stück wach ist. Das war sicher unhöflich, aber ich wollte nur ins Bett. Kein Foto vom ersten Essen gemacht.
Gut: das Internet funktioniert, wenn auch nicht immer zuverlässig auf allen Webseiten.
Sofort eingeschlafen. Zehn Minuten später geht draußen eine Veranstaltung mit Gesang los, dass man meint, direkt neben dem Verstärker zu schlafen. Unfassbar laut.
Um sechs von den nächsten tollen Frauen abgeholt worden, zum Essen. Immer noch kein Appetit, zu müde. Trotzdem nett unterhalten, alle sind wirklich superfreundlich, sprechen hervorragend Deutsch, auch die Studentinnen, und kümmern sich wunderbar, ich fühle mich sehr gut aufgehoben. Kein Foto vom zweiten Essen gemacht.
Zu guter letzt mit einer deutschen Studentin kurz einkaufen gewesen, Shampoo, Duschgel, Toilettenpapier, Putzzeug und das vielleicht schönste Handtuch der Welt. Jetzt ins Bett fallen, morgen zum ersten Mal Uni.
Das einzige Bild, das ich gemacht habe, ist die Aussicht aus meinem Fenster. Hier bin ich dann die nächsten vier Wochen. Und das schöne Handtuch. Es ist quadratisch und ganz flauschig.
Mehr als die paar Stichworte geht heute nicht mehr, ich falle gleich wieder ins Bett. Und morgen lerne ich U-Bahn.
Letztes Wochenende waren wir auf Helgoland; die sogenannte „Klassenfahrt“ mit einer ganzen Bloggertruppe, die wir jetzt schon zum dritten Mal unternommen haben. Das war schon seit einem Dreivierteljahr geplant, und der Deal ist: wir bekommen ein ziemlich nettes Angebot vom wirklich sehr tollen Aparthotel Klassik, und dafür schreiben wir das Internet voll, wie toll die Insel ist. Hat irgendwie diesmal nicht geklappt. Also, Helgoland hat geklappt, es war auch supertoll, wie immer, nur etwas kürzer, weil am Samstag schon klar war, dass am Sonntag wegen des Sturms kein Schiff mehr fahren würde und wir deswegen schon Samstag zurückgekehrt sind, aber das mit dem Bloggen hat nicht geklappt. Man lese und sehe stattdessen bei Maximilian nach (Bilder, mehr Bilder, noch mehr Bilder), bei Señor Rolando (hier oder hier), bei Markus Trapp, beim Eimerchen (hier und hier), bei Little Jamie. Habe ich jemanden vergessen?
Denn wer ein kleines Helgolandwochenende ein Dreivierteljahr im Voraus plant, der plant vielleicht einen Monat China nur ein paar Wochen im Voraus, beziehungsweise plant sie vielleicht sogar gar nicht, sondern das fällt einfach vom Himmel, und ist dann eine Woche vorher doch einigermaßen aufgeregt. Was allerdings nicht dazu führt, dass ich inzwischen großartig „vorbereitet“ wäre, ich habe wenig Ahnung, wie Nanjing ist, was man dort gesehen haben muss und so weiter. Ich habe ein paar Pläne, was ich mit den Studenten machen möchte, aber auch da muss ich erstmal sehen, wie die so drauf sind, was sie können, was sie sonst machen und was sie wollen. Also springe ich wohl einfach ins kalte Wasser, das ist ja sowieso oft am besten. (Liest vielleicht schon jemand mit? Hallo, Uni Nanjing?)
Trotzdem habe ich diese ganze Woche auf die ein oder andere Weise mit Vorbereitungen verbracht. Ich habe mir eine neue kleine Kamera gekauft, weil in der alten ein Fleck auf dem Sensor ist, den zu entfernen sich wohl nicht lohnen würde, oder wenn, dann jedenfalls zu lange dauern würde. Deswegen gibt es auch keine Helgolandbilder, weil er da überall drauf ist. Ich habe mir einen großen Koffer gekauft, obwohl ich mir schon immer etwas darauf einbilde, mit kleinem Gepäck zu reisen, aber für vier Wochen bei möglichen Temperaturen zwischen 0 und 23°C plus Arbeitsmaterial, nun ja. Jetzt werde ich gleich mal probepacken und das Ding wiegen, der neue Koffer kommt mir wirklich gewaltig vor, das wird bestimmt zu schwer. Überhaupt war ich jetzt die ganze Woche im Erledigungsmodus, habe alles mögliche noch fertiggemacht, ein Interview geführt, Rechnungen geschrieben, Rechnungen bezahlt, Dinge auf der To-Do-Liste abgehakt, die da schon ewig standen, Freunde getroffen und mich ein bisschen davor gefürchtet, dass ich den Mann fürchterlich vermissen werde in den kommenden vier Wochen, und mich gleichzeitig vorgefreut.
Noch zweimal schlafen.
So, hier kommt nun auch offiziell die große Neuigkeit: ich gehe für einen Monat nach China. Als „Artist in Residence“ an die Universität Nanjing, auf Einladung des Goetheinstituts. Woohoo! Am 3.11. fliege ich los, am 29.11. komme ich zurück; der Flug ist gebucht, ich habe ein Visum. Und ich bin mächtig aufgeregt.
Das ist alles einigermaßen plötzlich vom Himmel gefallen, ich weiß ungefähr gar nichts über China und fühle mich noch sehr unvorbereitet; wer sich in Nanjing oder China auskennt, wer dort Leute kennt, die ich unbedingt kennenlernen muss, oder Geheimtipps hat, immer her damit. Wo muss ich hin, um Schlange, Ratte, frittierte Insekten zu essen? Oder am allerliebsten: Pfau? Brauche ich eine VPN-Verbindung? Wie nimmt man am besten Geld mit – Kreditkarte? Welche chinesische Literatur könnte man mal lesen? Hach, das ist alles! so! aufregend! In drei Wochen bin ich schon dort.