Shanghai

Super Tag, alles haargenau so, wie ich das haben wollte. Gegen zehn Uhr gehe ich los, wieder den Bund entlang. Gestern Abend bin ich nur ein Stückchen auf dem Bund gelaufen und dann in die Nanjing Lu abgebogen, heute gehe ich den kompletten Bund hinunter bis zum Yu-yuan. Und mache dabei nochmal hundert Fotos von der Skyline auf der anderen Seite des Huangpu River, das ist einfach ein unwiderstehlicher Anblick.

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*Das* ist die Richtung, in die es aufs Meer rausgeht!

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Ungefähr hier, kurz vor dem Yu-Garten, sprechen mich drei junge Chinesen an, ein Mann und zwei Frauen, ob ich ein Foto von ihnen machen kann. Klar kann ich. Sie sprechen sehr gut Englisch, woher ich denn komme, und wo aus Deutschland, ach ja, sie essen gerne Hamburger, sagen sie und lachen. Ich sei ja ganz schön groß, stellt der Mann originellerweise fest, ob ich Model sei? Nein, sage ich, da bricht es geradezu aus ihm heraus: What a waste! Charmeur. Eine von ihnen lebt in Shanghai, die beiden anderen sind zu Besuch. Der Yu-Garten ist ihnen zu voll, sie gingen jetzt stattdessen zu einer Teezeremonie. Sie gucken sich an. Ob ich vielleicht mitwolle? Ich sage, ich will eigentlich in den Garten. Da sei es echt voll, und so eine Teezeremonie wirklich interessant, ob ich so etwas schon einmal gemacht hätte? Der Garten würde mir ja nicht weglaufen. Ich überlege kurz, man soll ja auch Sachen machen, gerade im Ausland und wenn man so allein unterwegs ist … aber dann denke ich, nee, am Ende wirste die nicht mehr los, außerdem habe ich mich jetzt auch auf meine Pläne gefreut. Ich lehne also ab und gehe meiner Wege. Die drei wirken geradezu ein wenig enttäuscht, und mir fällt erst hinterher auf: womöglich war das eine Masche, sie hätten mich rumgeführt und am Ende die Hand aufgehalten. Keine Ahnung. [Und ich schwöre: in der Sekunde, ich der ich dieses „keine Ahnung“ tippe, verlinkt Stephan einen alten Blogeintrag von Giardino, den ich längst vergessen hatte, und in dem er quasi wörtlich dieselbe Geschichte erzählt. Q.e.d.]

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Ich hole mir ein Stück Melone am Spieß (gibt’s überall, hervorragende Einrichtung, kostet 2-3 ¥, das sind 25-35 Cent). Bevor man zum Yu-Garten gelangt, kommt man durch die Altstadt. Oder sagen wir: durch eine Art Disneyland für Touristen, wo in den alten Häusern Häagen Dasz, KFC und Starbucks sind, außerdem ein paar billige chinesische Restaurants und Ramschläden, andere Ramschläden und noch mehr Ramschläden. Dazwischen Menschen, Menschen, Menschen, ein einziges Geschiebe und Gedränge. Ich bin gut drauf und finde es lustig. Harro, Lady, want bag?, nein, ich möchte keine Tasche. Lady, lady, watch?, nein, auch keine Uhr, danke. Look, Lady! Oder vielleicht diese lustigen Rollen, die man sich unter die Ferse schnallt, um schneller voranzukommen? Selbst die lehne ich ab, obwohl … Harro, where you from? Denmark?

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Ich erreiche das Teehaus, das in einem See steht, mit der Zickzackbrücke. Die Zickzackbrücke ist, wenn das geht, noch voller als das Drumherum. Vielleicht eine Schnapsidee, ausgerechnet an einem Sonntag herzukommen, aber es hat sich halt so ergeben. Die Brücke geht deswegen im Zickzack, weil böse Geister nur geradeaus gehen können. Man kann sie hier also prima abschütteln.

Ich löse ein Ticket für den Garten, und darin ist es gar nicht so voll wie erwartet. Und groß ist er! Hinter jeder Ecke geht es noch weiter und noch weiter, noch ein Pavillon, noch mehr von diesen löchrigen Steinen, Bäume, Häuschen, Seen, Teiche, Kois, Brücken, Pavillons mit Arbeitszimmern oder Kalligrafieausstellungen oder Jadefigürchen oder einfach nur zum Sitzen. Das ist alles ausgesprochen hübsch, die Sonne scheint, ich schlendere ziemlich lange herum und gucke und mache unzählige Bilder.

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Und hier kommt jetzt ein guter Rat: Wenn eine kluge Frau Euch einen Rat gibt, hört darauf. Meike Winnemuth ist eine kluge Frau, und sie hat gesagt: wenn du in Shanghai bist, lass dich bei Dragonfly massieren. Das hat ihr ebenfalls jemand gesagt, und weil es nach einem außerordentlich vernünftigen Rat klingt, ist mein nächstes Ziel also Dragonfly. Auf dem Stadtplan sehe ich, dass man da prima mit der U-Bahn hinfahren kann, ich brauche gar kein Taxi. Ich kaufe vielmehr wie ein Profi eine Fahrkarte am Automaten, der nur chinesisch kann, und an dem vor mir zwei Chinesinnen gescheitert sind. HA! Ich bin sowas von cool.
Tatsächlich kann ich mich sofort massieren lassen. Im Internet hatte ich gelesen, man solle 48 Stunden vorher reservieren, das ist aber gar nicht nötig. Und dann liege ich nach all dem Gewusel und Gedränge und dem Lärm nun also eine ganze Stunde lang in einem abgedunkelten Raum ohne jegliches Geräusch und lasse mich massieren. Herr-lich. So toll, dass ich glatt überlege, das morgen gleich noch mal zu machen. Wenigstens eine Fußmassage? (Oder gleich beides?)
Von Dragonfly aus ist es nicht mehr weit bis zur „Chinese Hand Printed Blue Nankeen Exhibition Hall“. Die ist gut versteckt, ich hätte sie im Leben nicht gefunden, außer in Meikes Blog, wo sie mir schon damals ins Auge gestochen ist. (Habe kurz überlegt, diesen Eintrag mit „Being Meike Winnemuth“ zu überschreiben.)

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„Und: klar. Blaues Hemd gekauft, musste sein.“ Um noch ein letztes Mal Frau W. zu zitieren. Allerdings hat Meike da irgendwie mehr gesehen als ich, scheint mir jetzt, wenn ich ihre Bilder so angucke. Eine Ausstellung habe ich nicht gesehen, nur den Verkaufsraum. Egal, Hauptsache, ich hab ein Hemd. Und mich massieren lassen. Und war im Yu-Garten. Und bin U-Bahn gefahren und habe Nudelsuppe gegessen und über 200 Fotos gemacht und überhaupt einen super Tag gehabt. Shanghai: finde ich gut.

15 Kommentare

  1. Norbert Bach Sonntag, 17. November 2013 um 15:49 Uhr [Link]

    Danke für den soooo lebendigen Bericht. Ist so als wäre man selbst dort …

  2. Frau Miest Sonntag, 17. November 2013 um 16:07 Uhr [Link]

    Diese Berichte sind sooooo toll, ich bekomme richtig Lust auf Shanghai. Bitte mehr!

  3. eimerchen Sonntag, 17. November 2013 um 16:09 Uhr [Link]

    Großartig! (Und Dragonfly ist eine Wonne! Gönn Dir das noch einmal, die Fußmassage war sogar für mich extrem fußkitzeligen Menschen ein Traum.)

  4. percanta Sonntag, 17. November 2013 um 17:05 Uhr [Link]

    Na endlich!
    (Und ich will auch so Blau.)

  5. Hannes Sonntag, 17. November 2013 um 18:35 Uhr [Link]

    Hier kann man lesen, wie das mit der „Teezeremonie“ so geht:

    http://www.beatpunk.org/reiseberichte/shanghai/
    http://wikitravel.org/de/Shanghai#Sicherheit

    • Isabel Bogdan Montag, 18. November 2013 um 02:11 Uhr [Link]

      Wow. Danke! (Bin gespannt, ob es heute gleich wieder passiert.)

  6. Kat Sonntag, 17. November 2013 um 19:26 Uhr [Link]

    Weiterso!
    Ich bin ent- und verzückt!

  7. twschneider Sonntag, 17. November 2013 um 20:15 Uhr [Link]

    Wenn’s noch eines Beweises bedurft hätte, dass es viel besser ist, Sachen zu machen als Sachen zu haben, dann wäre der hiermit erbracht.

    • Isabel Bogdan Montag, 18. November 2013 um 01:56 Uhr [Link]

      Haha, du meinst, ich hätte mitgehen sollen zur Teezeremonie und mir stattdessen das blaue Hemd verkneifen? Neeneenee!

  8. Norbert Bach Sonntag, 17. November 2013 um 22:56 Uhr [Link]

    @twschneider: Eine super Aussage – wie wahr!

  9. anglogermantranslations Montag, 18. November 2013 um 01:59 Uhr [Link]

    http://withoutbaggage.com/essays/china-shanghai/

    Nigerian scam war gestern … :-)
    Nachdem ich in Planten un Blomen mal einer japanischen beigewohnt habe und vor Langeweile fast gestorben wäre, bin ich sowieso bedient. Abwarten und keinen Tee trinken wäre eine passende Umschreibung.

    Tolle Fotos!

  10. Barbara Montag, 18. November 2013 um 09:38 Uhr [Link]

    Ich bin hin- und hergerissen – als wär ich selber dort (wo ich allerdings noch nie war und liebend gern hinmöchte aber nun brauch ich erst mal nicht mehr, weil es ja dieses wunderbare Tagebuch gibt!)

  11. zeiserl Montag, 18. November 2013 um 11:56 Uhr [Link]

    Dragonfly gibt es fei auch in Peking. Wer weiß, wo es das noch gibt. Bei uns hat sich die ganze Familie verwöhnen lassen und schwärmt heute noch davon.

    Übrigens gibt es im Museum für Stadtgeschichte ein riesiges Modell von der Shanghaier Innenstadt, die ja eine europäische Großstadt leicht schlucken kann. Fanden wir ziemlich cool. Und dieses schräge Mao-Museum, wo Mao im Kreise seiner Getreuen EXAKT wie beim letzten Abendmahl sitzt…

    Es ist sehr schön, deine Shanghai-Reise nachzulesen. Ich werd gleich ein bisschen wehmütig.

  12. Dirk Montag, 18. November 2013 um 16:53 Uhr [Link]

    Wow! Fernweh. Ganz nah.

    Wennste mal wieder daheeme kommst, kommste bei mich bei, wir machen ’ne Teezeremonie und Du erzählst allet. Also ditt nochmal plus datt Ungesachte. Deal? (Keine Sorge, ist genug Tee im Haus hier!) ;-)

  13. SchwaKa Montag, 18. November 2013 um 22:34 Uhr [Link]

    Auch vorsichtig sein, wenn Dich vermeintliche Studenten zu Kunstausstellungen einladen wollen. Das war die Masche vor einige Jahren, als ich in China war.

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