Film: The Sound of Music

Du lieber Himmel. Was! Für! Ein! Kitsch! Herrlich.
Die junge Salzburger Novizin Maria (Julie Andrews) kann sich nicht so richtig ins Klosterleben einfügen, dazu tollt sie viel zu gern in den Bergen herum, in der freien Natur, singt und tanzt und lacht, tirili, der kleine Wildfang. Die weise Mutter Oberin schickt sie daher zum dem verwitweten Kapitän von Trapp (Christopher Plummer), als Kindermädchen für seine sieben Kinder. Der Käpt’n lässt die Kinder nach Pfeiftönen antanzen, sich der Größe nach aufstellen und ihre Namen aufsagen, und er ist überhaupt ein ganz furchtbarer Typ.
Der Rest ist zu quasi hundert Prozent vorhersehbar: Maria erobert die Herzen der wirklich ganz entzückenden Kinder im Sturm, und das des Vaters wird auch spontan ganz weich, als sie den Kindern das Singen beibringt.

Dummerweise ist der Herr Papa aber auch gerade dabei, sich eine neue Frau und Mutter für die Kinder zu angeln. Maria haut deswegen nochmal kurz ab – denn, huch! Sie wird plötzlich immer ganz rot, wenn der Käpt‘n sie so ansieht, und weiß gar nicht, was da mit ihr los ist – und vergräbt sich im Kloster, wo die weise Mutter Oberin ihr aber sagt, dass das Kloster doch kein Versteck sei, in das man vor seinen Problemen fliehen könnte. Man müsse sich denselben vielmehr stellen. Also geht Maria zurück, die Braut des Käpt’n tritt verständnisvoll den Rückzug an, und dann wird ganz groß und in Weiß geheiratet und alle könnten glücklich sein bis an ihr Lebensende, wenn – Überraschung – wenn es nicht die dreißiger Jahre wären und Österreich sich Deutschland anschlösse. An der Stelle sind bestimmt schon mehr als anderthalb Stunden rum, der Film könnte zu Ende sein, aber dann kommt verblüffenderweise noch ein bisschen Politik und Spannung hinterhergeklappert: Käpt’n von Trapp wird zur Wehrmacht eingezogen und soll „morgen“ in Bremerhaven seinen Dienst antreten. Das kommt aber gar nicht in Frage, Trapp ist ein ausgesprochener Anti-Nazi, also muss die ganze Familie in einer Nacht-und-Nebel-Aktion fliehen. Und so wird die ganze Sache zum Ende hin doch noch richtig spannend. Und dann ist der Film urplötzlich zu Ende. Nach 165 Minuten, die hauptsächlich aus triefendem Kitsch und viel Musik bestehen. Sehr geil, man kann sich da so richtig schön drin suhlen.

Auf Deutsch trägt der Film übrigens den unsäglichen Titel „Meine Lieder – meine Träume“ und ist eher unbekannt. Zumindest im Verhältnis zu den USA, wo jedes Kind jedes Lied mitsingen kann; läuft anscheinend jedes Jahr zu Weihnachten auf allen Kanälen, es besteht eine große kollektive Liebe zu diesem Film. Die zum Beispiel auch in Übersetzungen immer wieder durchkommt, ich weiß nicht mehr, wie oft in „meinen“ Büchern schon auf den Film angespielt wurde. Die Hälfte der Zeit habe ich es wahrscheinlich nicht bemerkt (nämlich immer dann, wenn es nicht ausdrücklich dabeistand). Der ein oder andere erinnert sich vielleicht an das hier – jeder Amerikaner kennt dieses Lied, ich hätte es nicht bemerkt, wenn ich nicht aufmerksame Blogleserinnen hätte. Sowas soll mir fürderhin nicht mehr passieren, denn ich werde jetzt immer sofort diese Melodie im Kopf haben.

Der Film (und das dazugehörige Musical) beruhen übrigens auf einer wahren Geschichte, kann man alles schön in der Wikipedia nachlesen. (Noch deutlich ausführlicher in der englischsprachigen.) Wieder ein Stück Bildung nachgeholt.
Und das Beste ist: es gibt Mitsing-Vorführungen! Mit Verkleiden!

Vielleicht übernehme ich mal die schöne Sitte von Anke, Filme dem Bechdel-Test zu unterziehen, und der geht so:
1. Es muss mehr als eine Frau eine tragende Rolle spielen. (Ja)
2. Frauen müssen miteinander sprechen. (Ja)
3. Und zwar über etwas anderes als einen Mann. (Nein.)

PS: Irgendwie musste ich an die Heidelberger Romanze mit Lilo Pulver und O.W. Fischer denken. Das ist auch triefender Kitsch, läuft aber in Heidelberg regelmäßig im Kino und ist Kult unter Studenten. Großer Spaß.

19 Kommentare

  1. kid37 Dienstag, 8. Januar 2013 um 12:07 Uhr [Link]

    Jetzt lohnt noch ein Vergleich mit „Die Trapp-Familie“! ;-)

    • Isabel Bogdan Dienstag, 8. Januar 2013 um 12:10 Uhr [Link]

      Ich habe als nächstes „Moulin Rouge“ vor, in dem es anscheinend nur so wimmelt vor Anspielungen.

  2. Stephan Dienstag, 8. Januar 2013 um 12:22 Uhr [Link]

    Bin da mit Herrn Kid, Ruth Leuwerik kicks Nicole Kidman’s ass ;-) Außerdem gibt’s eine Fortsetzung.

  3. adelhaid Dienstag, 8. Januar 2013 um 12:28 Uhr [Link]

    nicht nur in den usa wird das regelmäßig gekuckt. in den niederlanden auch.

  4. Petra Dienstag, 8. Januar 2013 um 12:30 Uhr [Link]

    Respekt, dass Du bis zum interessanten Teil durchgehalten hast. Und ich werde hoffentlich nicht von der Freundesliste gestrichen, wenn ich gestehe, dass ich ganz ab und zu auf solchen Kitsch stehe. Habe „für Notfälle“ eine Alfred-Hitchcock und eine Audrey-Hepburn-Sammlung zuhause.

    • Isabel Bogdan Dienstag, 8. Januar 2013 um 12:33 Uhr [Link]

      Ach was, ich steh da doch auch drauf. Und auf Audrey Hepburn sowieso.

  5. Jenny Dienstag, 8. Januar 2013 um 13:25 Uhr [Link]

    Dann musste bitte auch noch „Dancer in the Dark“ mit Björk zu deiner Filmliste hinzufügen. (Darin spielt „My Favorite Things“ auch ne Rolle, aber vor allem ist es ein Film, der unglaublich beeindruckend, weil: echt Menschen zeigt. Oh Mann.)

  6. birgit Dienstag, 8. Januar 2013 um 14:40 Uhr [Link]

    und wenn du gucken willst, wie christopher plummer heute aussieht: „beginners“ (von 2010).

    er spielt ewan mcgregors vater, der nach dem tod seiner frau (der mutter ewans) sein coming-out hat. schöner film. ein ganz bißchen am kitschrand zuzeiten, insgesamt aber wunderbar.

    • Isabel Bogdan Dienstag, 8. Januar 2013 um 14:54 Uhr [Link]

      Danke, steht schon auf der Liste!

  7. Shelley Dienstag, 8. Januar 2013 um 14:43 Uhr [Link]

    Here’s a fun bit of trivia from the „Rezeptionsgeschichte“ of The Sound of Music: The song „Edelweiss“ that’s sung in the movie has taken on a life of its own, and many tourists in Austria actually think it’s the Austrian national anthem!
    Of course the movie is infused with kitsch through and through, but after having seen it a thousand times, first, growing up, and then with my kids, I know all the songs by heart, and most of the dialogue as well.

    • Isabel Bogdan Dienstag, 8. Januar 2013 um 15:24 Uhr [Link]

      Ja! Und auch gelesen: der Film präge bis heute das Österreichbild in den USA und Lateinamerika.

  8. Marie Sturm Dienstag, 8. Januar 2013 um 15:16 Uhr [Link]

    „Irgendwie musste ich an die Heidelberger Romanze mit Lilo Pulver und O.W. Fischer denken. “

    Liegt wahrscheinlich an den keuschen Nachthemden ;). (Muss das ein Stress gewesen sein, jede Nacht wie frisch aus der Heißmangel auszusehen!)

    Herzlichst
    Marie

    • Isabel Bogdan Dienstag, 8. Januar 2013 um 15:26 Uhr [Link]

      Die Nachthemden sind natürlich total super. Nee, eher wegen des Kultcharakters von Kitsch. In der Heidelberger Romanze wird gar nicht gesungen, und Kinder gibts auch keine. (Glaube ich.)

    • Marie Sturm Dienstag, 8. Januar 2013 um 16:51 Uhr [Link]

      Von wegen, es wird nicht gesungen ;). Einfach mal bei youtube „Heidelberger Romanze“ und „Zur Ruh“ eingeben, schon sind sie da: das Nachthemd und der Gesang … (Was Kinder angeht, bin ich mir auch nicht sicher.)

      Herzlichst
      Marie

    • Isabel Bogdan Dienstag, 8. Januar 2013 um 17:00 Uhr [Link]

      Ohmeingott, stimmt. Natürlich! Hier, Zur Ruh. Mit Nachthemd. Und total überzeugendem Gitarrenspiel.
      Überhaupt, da sind auch noch so ein paar alte Burschenherrlichkeitslieder drin, glaube ich. Lange her.

    • Stephan Sonntag, 24. März 2013 um 05:05 Uhr [Link]

      Bildungslücke, die „Heidelberger Romanze“ kannte ich gar nicht. Bin bislang davon ausgegangen, The Student Prince sei der ultimative Heidelberg-Schinken. Hätte zwar schwören können, der sei in SchwarzWeiß und nicht nur mit der Stimme von Mario Lanza, aber Hauptsache: Lift your stein!

    • Isabel Bogdan Sonntag, 24. März 2013 um 12:34 Uhr [Link]

      Der Student Prince ist eher für amerikanische Touristen, glaube ich, das wird ja auch regelmäßig live aufgeführt. Die Heidelberger Romanze wurde von den Heidelberger Studenten geguckt, jedenfalls vor 20 Jahren.

  9. schwiegermutter inklusive Dienstag, 8. Januar 2013 um 16:14 Uhr [Link]

    Muss gestehen, ich mag den Film sehr, auch wenn er der wahrscheinlich kitschigste Film aller Zeiten ist….hat aber 3x schauen gedauert bis ich weichgekocht war….eine damalige amerikanische Freundin hat nicht eher geruht, bis ich den Film gut fand….;-)

  10. Nicole Mittwoch, 9. Januar 2013 um 22:52 Uhr [Link]

    Was Jenny sagt. Dancer in the Dark, unbedingt. Und Taschentücher.

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