Best Exotic Marigold Hotel

Jawoll! Ich war im Kino. Dabei war ich schon letztes Jahr zweimal!
Jetzt also: Best Exotic Marigold Hotel. Das empfahl mir nachmittags eine Freundin am Telefon, abends sind wir gleich spontan hingegangen. Die Geschichte: ein runtergerocktes Hotel in Indien lockt alte Engländer damit, den Herbst ihres Lebens dort zu verbringen. Der hochmotivierte und etwas chaotische junge Hotelier will dem Haus wieder zu altem Glanz verhelfen. Sieben alte Engländer, unter anderem Bill Nighy und Judi Dench, reisen also an und richten sich in dem sehr fremden Land irgendwie ein. Und natürlich läuft alles ein bisschen anders als erwartet.

Ich dachte, das ist bestimmt schön leichte Unterhaltung, ein bisschen bunt, ein bisschen exotisch, bestimmt ein bisschen traurig und ein bisschen lustig. Tatsächlich fand ich es dann leider viel zu dick aufgetragen, was das „Bunte“ betrifft: ja, wir haben verstanden, dass Indien bunt und laut und voll und quirlig ist. Dafür hätten wir nicht hundert lautstarke und schnelle Kamerafahrten aus dem fahrenden Auto raus gebraucht, das ist anstrengend. Und es kam mir auch vor, als wäre übermäßig viel Farbe reingedreht, aber das kann natürlich auch daran liegen, dass ich gerade aus dem Hamburger Winter komme. Und die Story: hat schöne Momente. Aber auch da ist so viel verschenkt, da wäre so viel Platz für Witziges und Trauriges gewesen, stattdessen ist es recht vorhersehbar (an einer Stelle raune ich dem Mann zu „jetzt stirbt er gleich“, und dann geht die Kamera weg von der Figur und auf einen großen, weißen Kranich, der dann wegfliegt, in den Himmel, weiter und weiter weg … du meine Güte, können Autoren und Drehbuchautoren BITTE ENDLICH aufhören, Vögel wegfliegen zu lassen, wenn jemand stirbt oder beerdigt wird? Das haben wir doch jetzt echt oft genug gesehen und gelesen). Und die Dialoge sind zum Teil entsetzlich hölzern übersetzt. Beispielsweise schon dieser Satz im Trailer: „Nein, was ich nicht aussprechen kann, esse ich auch nicht.“ So spricht doch kein Mensch! Auch keine alte Zicke!)
Schade. Viele bunte Bilder gesehen, und ich mag Judi Dench und Bill Nighy gern und habe auch ein paarmal gelacht, aber in Erinnerung bleiben wird der Film eher nicht.

6 Kommentare

  1. anglogermantranslations Freitag, 20. April 2012 um 22:03 Uhr [Link]

    Hauptsache, das Ding hat nicht diese öden, endlos langen Tanzeinlagen und eine unglückliche Liebesgeschichte, weil die indischen Eltern partout die Ehepartner für ihre Kinder aussuchen wollen. Das ist dann schon mal etwas Abwechslung vom Klischee, nicht? Und außerdem habe ich mir seit „Tree of Life“ geschworen, NIE wieder ins Kino zu gehen.

  2. Isabel Bogdan Freitag, 20. April 2012 um 22:05 Uhr [Link]

    Nee, keine Bollywood-Tanzeinlagen. Aber Eltern, die die Ehepartner für die Kinder aussuchen schon.
    Gar kein Kino ist ja auch keine Lösung. (Und so schlimm war der Film dann auch nicht. Ich war nur etwas enttäuscht.)

  3. Jennie Freitag, 20. April 2012 um 22:28 Uhr [Link]

    Hm, ich war gestern im Kino und hab den Film auch gesehen und muss sagen, ich hab das anders erlebt. Hast du ihn denn auf Deutsch gesehen? Ich hab ihn im Original gesehen, das macht natürlich was aus, was den Charme des Ganzen angeht… und ja, es ist stellenweise vorhersehbar (obwohl ich bei dem Kranich nicht damit gerechnet habe, dass X stirbt, aber vielleicht bin ich da auch zu naiv) und hinterher, als ich mich wieder eingekriegt hatte vor Rührung und Freude, sind mir auch so Dinge wie latenter Rassismus und vor allem Exotismus aufgefallen und haben zugegebenermaßen das Vergnügen im Nachhinein ein bisschen getrübt. Aber während des Kuckens war ich wirklich bestens unterhalten, Tom Wilkinson und Judi Dench und vor allem Bill Nighy haben so toll gespielt. Es ist halt was „für’s Herze“, das geb ich zu.

  4. Isabel Bogdan Freitag, 20. April 2012 um 22:34 Uhr [Link]

    Jo, was fürs Herz wollte ich ja. Und vielleicht wäre es wirklich im Original besser gewesen.
    Wahrscheinlich habe ich eine Spezialallergie gegen Vögel als Sterbemetapher. Ich musste das schon öfter übersetzen, schlimmstenfalls sogar mitsamt der dazugelieferten Erklärung, „als flöge ihre Seele in den Himmel“, da bekomme ich leider Brechreiz. Ansonsten: ja, ich fand’s ja auch nicht ganz schlecht. Nur halt arg dick aufgetragen.
    Ist ja lustig, dass wir quasi zusammen im Kino waren.

  5. Hartmut Pospiech Freitag, 27. April 2012 um 01:27 Uhr [Link]

    @anglogermantranslations: Wenn du nicht mal einen Bollywoodfilm (=Tanzeinlagen) von einem Film unterscheiden kannst, der in Indien spielt (=Best Exotic…), hast du es verdient, in „Tree of Life“ mit zwanzig Minuten Weltallgeblubber im ersten Vorhof der Hölle gequält zu werden.

  6. Isabel Bogdan Freitag, 27. April 2012 um 09:45 Uhr [Link]

    Harte Worte, Sir! Wobei ich Tree of Life nicht kenne. Aber Anglogermantranslationschristiane wird Holly- und Bollywood schon unterscheiden können.
    Bollywood ist ja sowas, was man wahrscheinlich nur hassen oder lieben kann. Etwas dazwischen dürfe kaum gehen.

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