Traumjob

Gestern habe ich gehört, es gebe da ein Luxushotel auf Sylt, dessen Bibliothek von Elke Heidenreich eingerichtet wurde. Nun teile ich Frau Heidenreichs Buchgeschmack nicht unbedingt, und ich weiß natürlich auch nicht, ob sie wirklich einzeln und von Hand Bücher ausgewählt hat, oder ob das jemand anderes war und sie nur hinterher ihren Namen druntergesetzt hat.
Aber. Was für ein Traumjob! Es war mir noch nie in den Sinn gekommen, dass ja jemand so was tun muss. Liebe Hotels und sonstige Institutionen: ich bin Eure Frau! Ich würde wundervolle Bibliotheken zusammenstellen, ganz nach Ihren Wünschen. Einige Klassiker natürlich, aber auch viel Aktuelles, die Must-haves ebenso wie ein paar obskure Titel (sodass die Gäste denken: oh, da war jemand mit Sachverstand am Werk). Selbstverständlich würde ich auch einiges von unabhängigen Kleinverlagen kaufen. Eine gute Mischung aus deutschen Originalen und übersetzter Literatur, den ein oder anderen Titel auch auf Englisch, auf Wunsch auch ein wenig Französisch, Spanisch, Italienisch, andere Sprachen. Ich würde keine gesammelten Werke anschaffen, keinen halben Meter Goethe in Blau, sodass am Ende eine Möbelhausdekoration daraus wird. Nein, ich richte Ihnen eine richtige Bibliothek ein, eine Bibliothek von einer Leserin für Leser, die aussieht wie ein gewachsener Buchbestand. Selbstverständlich gäbe es auch eine Sektion mit hochwertigen Bildbänden, die Bibliothek würde sehr schön aussehen. Keine Reklamhefte, wenig Taschenbücher, viel Gebundenes. Natürlich an das Gästeprofil angepasst, ich wähle nicht nur nach meinem eigenen Geschmack aus, sondern denke auch an Krimi- und Chick-Lit-Leserinnen und an Sachbuchleser. Natürlich kann ich auch Bibliotheken mit bestimmten thematischen Schwerpunkten einrichten. Hätten Sie es gern amerika- oder asienlastig? Besonders viel Literatur über das Meer? Die Ecke mit den Kinderbüchern etwas umfangreicher? Alles kein Problem.
Ich betreue die Bibliothek auch gern weiterhin, suche monatlich oder vierteljährlich die schönsten und interessantesten Neuerscheinungen raus, alles im festgelegten Preisrahmen natürlich. Ach, das wird toll, ich gerate schon richtig in Begeisterung, kann mir bitte jemand einen solchen Auftrag erteilen? Ich komme vorbei, gucke mir die Räumlichkeiten an, messe die Regalmeter aus (natürlich kann ich auch bei der Auswahl der Möbel behilflich sein, wenn Sie dafür nicht auf einem Innenarchitekten bestehen) und rechne hoch, was es kostet, diese Regalmeter mit Büchern zu bestücken. Und dann kaufe ich ein. Die entsprechenden Kontakte habe ich, ich kenne Buchhändler, Verlegerinnen, Lektoren und Presseleute in Großverlagen und so weiter. Ich bin ja nicht nur Leserin.
Und zu guter Letzt gehören in so eine Bibliothek auch Lesungen, und Lesungen organisiere ich nun wirklich schon seit Jahren und kenne Autorinnen und Übersetzer (Übersetzerinnen machen tolle Lesungen, sie können ganz anders über Bücher sprechen als Autoren), von der flotten Krimiautorin über den Sachbuchübersetzer bis zur Buchpreisnominierten.
Hach. Das wird schön.

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