Tag 5 – Ein Buch, das du immer und immer wieder lesen könntest
Das ist tatsächlich eine schwierige Frage – ich lese Bücher normalerweise nur einmal. Auch wenn ich sie super finde, und auch wenn mein Gedächtnis leider dafür sorgt, dass ich schon beim Zuklappen kaum mehr weiß, was drinstand. Trotzdem, mehrfach gelesen habe ich schon lange nichts mehr. Es gibt doch immer noch so viele tolle neue Bücher, die ich auch lesen will!
Aber die Kaltmamsell erinnert mich gerade an was, und zwar mit dem Eintrag zu ihrem Lieblingsautor. Das bringt mich darauf, von einem Buch zu erzählen, das ich dreimal gelesen habe, und einmal den Film gesehen. Das Buch heißt „Garp und wie er die Welt sah“ und ist von John Irving.
Meine Mutter hat es mir geschenkt, als ich mit knapp 20 Jahren oder so zum letzten Mal für ein paar Tage mit in den Familienurlaub fuhr, ich bin dann von da aus allein weitergefahren irgendwoanders hin. Man hat es ihr in unserer Dorfbuchhandlung, wo man mich kannte, für mich empfohlen, und so saß ich auf einem Campingplatz irgendwo in Frankreich, langweilte mich mit den kleinen Brüdern und las Garp. Und kam aus dem Staunen nicht mehr raus: was sollte das? Was um ALLES in der Welt war das für ein sonderbares, bescheuertes, uninteressantes, unwitziges und überhaupt durch und durch blödes Buch? Und wie konnte irgendwer darauf kommen, das wäre was für mich? Ich kam aus dem Kopfschütteln über diesen gequirlten Quark gar nicht mehr raus, hatte aber auch nichts anderes zu tun, als es zu Ende zu lesen.
Ein paar Jahre später hatte ich mehrfach Menschen von diesem Buch schwärmen hören, ein Kultbuch sei das, und total toll und so witzig und überhaupt, ganz groß. Ich kam zu dem Schluss, dass ich wohl zu jung gewesen sei und es irgendwie nicht verstanden hätte, und las es ein zweites Mal. Ich fand es uninteressant, unwitzig, gewollt, an den Haaren herbeigezogen und ganz generell fürchterlich.
Irgendwann lief der Film im Fernsehen, ich dachte, vielleicht war ich beim zweiten Lesen immer noch zu jung für das Buch, oder was weiß ich, ich habe dem Film auch noch eine Chance gegeben, weil doch alle es toll finden und es doch „Kult“ ist und alles, da muss doch was dran sein. Und? Scheiße gefunden. Hanebüchen. Grauenhaft.
Ich glaube, ich habe das Buch tatsächlich noch ein drittes Mal gelesen. Weil ich immer noch dachte, da muss doch was dran sein, wenn sich doch alle einig sind. Neinneinnein, das ist fürchterlich, sagte ich das schon? Mir war so. Inzwischen habe ich glücklicherweise noch mehr Leute getroffen, die es fürchterlich finden, da bin ich ganz beruhigt. Und nein, ich werde es nicht noch ein viertes Mal lesen. Ich besitze es nicht mal mehr; keine Ahnung, auf welche Weise ich es mal losgeworden bin. Wahrscheinlich Müll. Stimmt gar nicht. Steht im Schrank. Ich könnte also, wenn ich wollte. Noch eine Überraschung, denn ich habe natürlich erstmal nachgeguckt, wer das übersetzt hat: Jürgen Abel. Inzwischen ist er bei der Hamburger Kulturbehörde, und ich hatte keine Ahnung, dass er mal übersetzt hat.
Na los, steinigt mich.
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saoirse Dienstag, 12. Oktober 2010 um 13:45 Uhr [Link]
Endlich mal jemand, der sich traut, John Irving öffentlich scheiße zu finden! Ich hatte immer schon ein Problem mit den in allen Büchern wiederkehrenden Motiven – Bären, Wrestler, inzestuöse oder sonstwie anders- bzw. abartige Geschlechtsbeziehungen…
Isabel Bogdan Dienstag, 12. Oktober 2010 um 19:31 Uhr [Link]
Ich trau mich sogar, Ian McEwans „Abbitte“ öffentlich langweilig zu finden. Ha!