Daniela Strigl, die seit Jahren in der Jury des Bachmannpreises sitzt und sich bei den Klagenfurter Schlachtenbummlern großer Beliebtheit erfreut, wurde nach Burkhard Spinnens Ausscheiden gefragt, ob sie den Juryvorsitz übernehmen wolle. Nach ihrer Zusage im Juli wurde sie nun wieder ausgeladen, woraufhin sie beschloss, ganz aus der Jury auszusteigen. Schade, aber sehr verständlich, denn: So geht’s ja nun echt nicht, ORF!
Hier ist Daniela Strigls Presseerklärung zu lesen (Lieblingsformulierung: „Ich aber erlaube mir, die Vorgangsweise des ORF als unfein zu betrachten …“). Angela Leinen, aka Sopran, aka Innere Simone, oberste Chef-Klagenfurt-Schlachtenbummlerin, hat einen offenen Brief an ORF und 3sat Österreich verfasst, der weiterhin unterschrieben werden kann:
Offener Brief an ORF, ORF Kärnten, 3sat Österreich
Wir missbilligen, dass Frau Strigl bei der Auswahl des neuen Juryvorsitzes der Tage der deutschsprachigen Literatur übergangen wurde.
Auch auf Wunsch der gesamten Bachmannpreis-Jury war Daniela Strigl im Januar vom hierfür zuständigen ORF Kärnten gefragt worden, ob sie bereit sei, den Juryvorsitz zu übernehmen. Im Juli gab sie dem ORF ihre Zusage. Vor wenigen Tagen erhielt sie vom ORF eine Absage.
Wir kennen die Gründe für diese Entscheidung nicht, können uns aber nicht vorstellen, dass diese nicht schon im Juli hätten bekannt sein können. Daniela Strigl, die sich bei der Abschaffungsdiskussion im Jahr 2013 leidenschaftlich für den Erhalt der “Tage der deutschsprachigen Literatur” eingesetzt hatte, wäre eine gute Vorsitzende geworden.
Wir verstehen gut, dass sich Daniela Strigl nach diesem Affront ganz aus der Jury zurückzieht.
Daniela Strigl urteilt messerscharf, unterhaltsam, kompromisslos in der Sache, ohne die Autoren je persönlich anzugehen. Beim diesjährigen Bewerb wurde sie per Umfrage vom Weblog “Literaturcafe” zur “Beliebtesten Jurorin 2014” gekürt.
Sie wird uns und dem Bewerb sehr fehlen!
Unter den mehr als 190 Unterzeichnern sind – neben Mit-Juror Hubert Winkels und inzwischen auch Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek – Autoren und Mitglieder des Literaturbetriebs, aber auch nicht-professionelle Literaturbegeisterte, Blogger und Twitterer. Frau Strigl ist in den sozialen Netzwerken – obwohl selber dort nicht aktiv – sehr beliebt.
Was wir an Daniela Strigl schätzen und lieben, haben Kathrin Passig (Bachmannpreis 2006) und Clemens J. Setz (Ernst-Willner-Preis 2008) in Sonette gefasst:
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von Kathrin Passig
Es gibt sehr gute Wesen. Etwa Schnabeligel,
Schlammspringer, Molche, Ottern, Olme, Pfauenaugen
(Wenn sie auch gleich als Kritiker nicht so viel taugen)
Das beste unter ihnen ist Daniela Strigl.
Ja, besser als der Bilch. Auch besser als ein Beagle.
Und könnte man nur alles, was sie sagt, aufsaugen
Es würde aus dem eignen Pfusch, dem ungenaugen
Ein kluges Werk, und nicht nur so ein Hingebiegel.
Das sieht nicht jeder so. Und damit muss man leben.
Es gibt auch Menschen, die der Rüsselhund verdrießt,
Der Biber kalt lässt. Traurig, doch so ist es eben:
Dass sich das Richtige nicht allgemein erschließt.
Es reicht ja auch, dass nur die meisten Herzen beben,
Wenn man den Namen Daniela Strigl liest.
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Protestsonett auf den Verlust von Daniela Strigl als Jurorin des Bachmannwettbewerbs
von Clemens J. Setz
Wie schaun wir drein, in jedem Sommer,
wenn Daniela Strigl vor uns steht und spricht?
Wie Sonnenblumen, high von Sonnenlicht.
Wir kichern, tänzeln, scheu wie Teenies. Nenn
mir einen andren Menschen im Betrieb,
der ähnlich uns verzaubert und beglückt!
Der uns mit seinem Charme und Geist entzückt,
dem manch ein Autor heimlich Verse schrieb …
Der ORF hat viel zu viel verlernt.
Der Bachmannpreis ist wie ein alter Hund,
der sich sein eignes Bein im Schlaf zerkaut,
und nun hat er noch sein Gehirn entfernt.
Frau Strigl ist perfekt. Sie ist der Grund,
weshalb man einmal jährlich 3sat schaut.
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Unterzeichnet haben unter anderen:
- Klaus Nüchtern, Mitglied der Jury der Tage der deutschsprachigen Literatur 2004-2008
- die Schriftstellerin und Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek
- Hubert Winkels, Mitglied der Jury der Tage der deutschsprachigen Literatur
- die Bachmannpreisträger Tex Rubinowitz (2014) und Kathrin Passig (2006)
- die Preisträger der Leipziger Buchmesse und Klagenfurtteilnehmer Saša Stanišić und Clemens Setz
- etliche weitere ehemalige Teilnehmer und Preisträger der Tage der deutschsprachigen Literatur (Christiane Neudecker, Olga Flor, Julya Rabinowich, Silvia Szymanski, Nadine Kegele, Cornelia Travnicek, Heike Geißler, Inger-Maria Mahlke, Jan Böttcher, Paul Brodowsky, Gerhild Steinbuch …)
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Man kann den offenen Brief weiterhin mitunterzeichnen.
Ach, herrlich, Kinder!
Es gibt ja zwei Sorten Buchmessenbesucher: die, die nur unter Protest hinfahren und nur, wenn sie unbedingt müssen, und die, dich sich das ganze Jahr über darauf freuen, die gerne hinfahren und gar nicht genug bekommen. Ich gehöre eindeutig zur letzten Kategorie.
So viele Leute getroffen oder wiedergetroffen, verabredet oder zufällig, so viele neu kennengelernt, ganz unbekannte oder Facebookfreunde endlich in Echt erlebt, und viel zu viele andere nicht getroffen. Leuten vorgestellt worden, Leute einander vorgestellt. Verblüffend viel Wein und Sekt getrunken und verblüffend wenig (nämlich gar keine) Kopfschmerzen gehabt. Jeden Abend auf einer Party gewesen, einmal deswegen, weil ich fünf Minuten vor Messeschluss am Stand eines Verlages, für den ich nie gearbeitet habe, eine Freundin traf, die dort auch nicht arbeitet, mich aber fragte, ob ich am Abend bei der Party ebendieses Verlages sein würde, woraufhin ich mich beschwerte, dass ich in 15 Jahren Buchmesse noch kein einziges Mal zu einer dieser sagenumwobenen Partys eingeladen war, woraufhin wiederum eine mir völlig unbekannte Dame dieses Verlags eine Einladung hervorzauberte und sagte dochdoch, das sei schon in Ordnung. Danke, liebe unbekannte Dame vom Dumont Verlag, das war wirklich sehr nett.
Ich verließ die respektiven Partys allabendlich gegen zwei Uhr nachts, und ab halb sieben morgens lärmten die Kinder meiner Gastgeberin vor meiner Tür herum. Machte aber nichts, ich war verblüffend unmüde, und dass ich nach all dem Wein und all den Partys so unverkatert war, lag womöglich zum einen daran, dass niemand mehr in Räumen raucht, und zum anderen daran, dass ich sowieso die ganze Zeit voll auf Endorphinen war.
Es ist nämlich so: Mein Verlag – mein Verlag! – war ja schon immer mein Lieblingsverlag als Übersetzerin. Jetzt erscheint mein eigener Roman – mein Roman! – bei KiWi, und ich bin vollends verliebt. Ich war eine ziemliche Weile am Stand, am Donnerstag Abend durfte ich mit zum komplett verkicherten Autorenessen, und einer nach dem anderen kam zu mir, stellte sich vor und sagte, er habe den Pfau schon gelesen und fände ihn toll, und alle würden sich freuen, dass ich bei ihnen gelandet sei. Hallo? Ich habe noch nicht mal den Vertrag! Das ist doch nicht normal, dass gefühlt drei Viertel des Verlags den Roman schon gelesen haben. Und auch noch alle behaupten, sie würden ihn super finden und sich freuen. Fast hätte ich ein kleines Tränchen verdrückt vor lauter Rührung, ich kann das auch alles immer noch nicht richtig glauben, ich warte vielmehr fast darauf, dass sie merken, dass das alles ein Irrtum war. Aber bis dahin: Große KiWi-Liebe.
Überhaupt große Literaturszenenliebe, so viele tolle Menschen, und die Doofen kriege ich irgendwie immer gar nicht mit, aber ich muss dort auch keine Geschäfte machen. Ich treffe meine Lektorinnen, Freunde, Kolleginnen, Bekannte, ich verabrede mich mit den Leuten, die ich sehen will, und sagte ich schon, dass ich zu viele Leute gar nicht gesehen habe? Wann denn auch? Ich war ja dauernd verabredet. Nicht mal im Übersetzerzentrum war ich so richtig, nur am Samstag, als ich mich da kurz zum Obst machen musste, es gab einen „Translation Slam“, bei dem die Kollegen Ingo Herzke, Peter Torberg und ich spontan literarische Zitate und Sprichwörter übersetzen sollten. Es war ein Experiment, ein erstes Mal, nicht geprobt. Vorbereitet und moderiert von Annette Kopetzki, wir drei Teilnehmer waren einigermaßen ahnungslos, was auf uns zukommen würde, aber es hat gut geklappt, wir hatten unfassbar viele Zuschauer, und sie sind alle bis zum Ende geblieben und wurden immer mehr. Den Buchmessensamstag habe ich ansonsten ausgelassen, den Vormittag habe ich mit meiner Gastgeberin verbracht, und nach dem Slam bin ich gleich nach Hause gefahren. Die Besuchertage auf der Messe sind dann doch kein Spaß mehr, da ist es nur noch anstrengend.
Ich quassel zu viel auf Facebook, dort hatte ich nämlich einen Tag vorher geschrieben, dass ich mir aus Versehen noch ein Kleid für die Buchmesse gekauft habe, und so wurde ich drei Tage am Stück gefragt, ob das das neue Buchmessenkleid sei. Das war es nur am Donnerstag, und zwar dieses hier. Neben mir steht Mona Lang, KiWi-Lektorin, und wir halten aktuelle KiWi-Titel hoch. An den anderen Tagen trug ich ebenfalls schöne Kleider, ich freu mich ja über solche Gelegenheiten. Katy war noch besser ausgestattet, sie hatte drei Kleider für tagsüber und drei für abends dabei. Respekt! Überhaupt gab es auf der Messe viele schöne Kleider zu sehen.
Aber verblüffend, wie viele Leute meinen Facebookquatsch lesen und sich auch noch merken, was ich geschrieben habe. Ich hingegen vergesse ja alles, das ist manchmal sehr schlimm und sehr peinlich. Zum Beispiel vergesse ich Leute. Wie sie aussehen, wie sie heißen, woher ich sie kenne. Auf der Messe behauptet jeder, das ginge ihm genauso, aber so schlimm wie ich ist natürlich niemand.
Ansonsten habe ich es mal wieder geschafft, keine Bücher wahrzunehmen und keine Veranstaltungen mitzubekommen, keine Vorträge, keine Gespräche, keine Lesungen. Ich weiß nicht, wie andere das machen, im Halbstundentakt Termine zu haben, zwischendurch womöglich noch von Halle 3 in Halle 6 zu müssen, und dann auch noch irgendwelche Lesungen zu hören, die Gastlandhalle zu besichtigen und Bücher zu entdecken. Ich bekomme auf der Messe schlagartig einen Tunnelblick und nehme die Bücher höchstens als Tapete wahr. Was ich auch nicht beherrsche: hübsche kleine Giveaways mitnehmen. Von Büchern ganz zu schweigen. Aber die würde ich eh nicht für den Rest des Tages über die Messe schleppen wollen.
Vorsätze fürs nächste Jahr:
- Vielleicht einen Tag länger? Schon Mittwoch auf die Messe? Dann könnte ich mehr Leute treffen. Und womöglich nach Büchern gucken (hahahaha!), oder wenigstens mal die Gastlandhalle gehen. Finnland soll toll gewesen sein, hört man. Ich war nur kurz im Mumins-Bus, aber der hat mich nicht vom Hocker gerissen. Ich habe mir nicht mal ein Gehirnströme-Gedicht generieren lassen.
- Endlich selbst zu Partys eingeladen werden, statt mich immer als irgendjemandes „+1“ durchzuschnorren. Mit wem muss man dafür schla
- Mehr Fotos machen, mehr instagrammen, twittern, facebooken, livebloggen oder meinetwegen mit Gänsekiel auf Bütten notieren, denn ich vergesse ja alles. Jedenfalls mehr Momente festhalten, wie etwa den, als ich am Samstag in Halle 3.1 kam, wo am Anfang die christlichen Verlage sind. Hinter mir gingen zwei Frankfurter Muttis, von denen eine nur einen Blick in die Halle warf und feststellte: „Nee, hier simmä katholisch, des brauche mä net.“
Oder den, als mir Thomas Hettche vorgestellt wurde, und ich ihm gleich mit meinem ersten Satz mitteilte, dass ich ihn ein bisschen hasse. Das hat natürlich nichts mit ihm zu tun, sondern damit, dass ich das Cover seines aktuellen Romans so wunderschön finde und deswegen schlicht neidisch bin. So hätte meiner aussehen können.
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Wen ich, außer der bereits im Text zweimal verlinkten Katy noch getroffen habe:
Unter anderem die Herren Stefan Möller und Stefan Mesch. Und endlich Wibke Ladwig – es muss sich irgendwie um ein Versehen des Universums handeln, dass wir uns vorher noch nie getroffen hatten.
Nora Bossong habe ich auch kurz kennengelernt.
Und natürlich noch viel mehr, aber die haben alle (noch) nicht gebloggt. Glaube ich. Wenn doch, sagt Bescheid, wird alles verlinkt.
Viele von Euch kennen Carola Ferch als Frische Brise. Frische Brise bekommt die gleiche Gemüsekiste wie wir, und ich liebe ihre Rezepte, die sind immer so schön bodenständig und unprätentiös und machbar. Wir waren bei ihr, ihre Kinder haben mir ihre Kuscheltiere vorgestellt und waren unfassbar reizend. Und Carola hat uns vom Muttersein und vom Arbeiten erzählt. Klick aufs Bild:
Susanne Ackstaller veröffentlicht schon seit … keine Ahnung wie lange immer montags ein Interview mit einer Frau über 40, 50, 60 zum Themenbereich Mode, Schönheit und Älterwerden. Und ich durfte mitmachen! Mit alten Fotos und allem! Ein Bild, das es dann doch nicht ins Interview geschafft hat: Ich, 17. Klick aufs Bild führt trotzdem zum Interview.
Heute ist der Gedenktag des heiligen Hieronymus, der die Bibel vor vielen Jahren als erster ins Lateinische übersetzt hat und der deswegen als Schutzpatron der Übersetzer gilt. Seit einigen Jahren wird mit allen möglichen Aktionen auf diesen Tag und damit auf die Übersetzer aufmerksam gemacht, und das wird zunehmend auch in er Presse wahrgenommen. Zum Beispiel hier:
Ein Interview mit Patricia Klobusicsky auf Radio Eins.
Ein Gespräch mit Larissa Bender, die aus dem Arabischen übersetzt, im WDR.
Hier hören wir Natalie Mälzer und the one and only Katy Derbyshire auf Deutschlandradio.
Und ebendort die zauberhafte Maria Hummitzsch.
Und schriftlich: ein Interview mit Tobias Scheffel in der BZ:
BZ: Und was ist mit den Lesern?
Scheffel: Das sind Verbündete, die nicht wollen, dass Kultur an der eigenen (Sprach-)Grenze endet.
Thomas Gunkel bei Rowohlt:
Viel schlimmer finde ich Rezensionen, in denen der Kritiker zwei, drei einzelne Begriffe herausgreift, die er für schlecht übersetzt hält, und anhand dessen die ganze Übersetzung verwirft. Als Rezensent sollte man sich klarmachen, dass es die wichtigste Aufgabe des Übersetzers ist, den Ton und Stil des Originalautors zu treffen, und nicht jedes Wort eins zu eins zu übersetzen, was ohnehin nicht geht
Michael Kleeberg auf Deutschlandradio Kultur:
Was wir uns oft gar nicht klarmachen: Der Text des englischen, chinesischen oder brasilianischen Romanciers oder Dichters, den wir lesen, ist das Werk des deutschen Übersetzers. Der Rhythmus, die Sprachmelodie, die Metaphern – jedes einzelne Wort ist die Schöpfung des Übersetzers.
Übersetzer sind keine Dolmetscher, Übersetzer sind Schriftsteller.
Und dann gibt es einen Übersetzungswettbewerb beim NDR: Wer kann „Night and Day“ besser übersetzen als Google?
Anlässlich des Hieronymustags gibt es weltweit gläserne Übersetzer, das heißt, Kollegen übersetzen live vor Publikum, die entstehenden Übersetzungen werden auf große Bildschirme übertragen. Einmischungen und Gespräche sind erwünscht. In Hamburg übersetzen heute Abend drei Kollegen einen Comic von Ralf König ins Französische, Italienische und Spanische. Alle Hamburger Termine hier.