Lane Smith (Michael Krüger): Das ist ein Buch!

Als Buch ist das Buch von Lane Smith noch viel, viel schöner. Das Zauberhafte daran sind nicht nur die zauberhaften Illustrationen, sondern ich bin so entzückt, dass es sowas Hübsches für eine so kleine Zielgruppe gibt. Nämlich genau für solche wie mich, die zu viel Zeit im Internet rumhängen, aber trotzdem Bücher lesen. Sieht aus wie ein Kinderbuch, aber Kinder finden das bestimmt gar nicht lustig, und wer nicht interent- UND buchaffin ist, auch nicht. Aber ich!
Außerdem ist es natürlich besonders großartig, sowas vollkommen überraschend im Briefkasten zu finden. Danke, Mylady!

Lane Smith (Michael Krüger): Das ist ein Buch! 40 Seiten, Sanssouci, 6,90 €

Jonathan Coe (Walter Ahlers): Die ungeheuerliche Einsamkeit des Maxwell Sim

Lieber Herr Handfeger, wir zwei haben irgendwie Pech. Du bist mein treuster Wunschzettelgeschenkemacher (zusammen mit Therealstief), und ich habe das Gefühl: immer geht es irgendwie schief. Mal mag ich das Buch dann doch nicht, mal lese ich es gar nicht erst. Das ist natürlich komplett ganz und gar meine Schuld, offenbar schreibe ich die falschen Sachen auf meinen Wunschzettel. Auf dieses hier hatte ich mich sehr gefreut, es klang lustig: Maxwell Sim, dem Frau und Tochter davongelaufen sind und der auch sonst ein paar Probleme hat, bekommt das Angebot, für eine PR-Aktion mit dem Auto an den nördlichsten Punkt Großbritanniens, auf die Shetlandinseln, zu fahren, um dort eine neue Superzahnbürste zu verkaufen. Der Klappentext verspricht „eine höchst vergnügliche Tour de Force“, ich würde es aber leider eher eine höchst geschwätzige Tour de Schnarch nennen. Kostprobe:

“Welcome Break 5000 m“ stand auf einem Schild; ich beschloss, kurz von der Autobahn abzufahren und etwas zu essen. Bis zur übernächsten Raststätte – betrieben von Moto – waren es noch dreißig Kilometer, und dann kam auf sechzig Kilometern überhaupt keine mehr. So lange wollte ich nicht warten. Und auch wenn ich im Augenblick nicht sehr auf Kentucky Fried Chicken stand, hatte das Gesicht von Colonel Sanders, das mir vom Begrüßungsschild entgegenstrahlte, eine beruhigende Wirkung. Also bog ich in die Ausfahrt 8 A, lavierte mich durch die Serie von Mini-Kreisverkehren und suchte nach einer Lücke auf dem Parkplatz, der schon zu dieser Tageszeit berstend voll war. Nachdem ich den Prius zwischen einen Ford Fiesta und einen Fiat Punto gequetscht hatte, schaltete ich mit einer gewissen Erleichterung den Motor aus.

Waaaah. Und dann? Hast Du auch den Schlüssel abgezogen, fragt man sich? Die Tür aufgemacht, erst die Beine rausgestellt, und DANN bist Du ausgestiegen? Und hast die Tür hinter Dir zugeschlagen? Entschuldigung, aber das ist doch alles too much information. Fünf Seiten später hat Max einen Burger gegessen und fährt vom Raststättenparkplatz wieder runter, und wir wissen genau, wie diese Raststätte aussieht, aber nicht, warum die ganze Szene überhaupt da steht. Vielleicht hat es mit den Selbstzweifeln und der allgemeinen Zögerlichkeit des Protagonisten zu, aber zum Lesen ist das leider ziemlich redundant.
Der Autor hat mehrere Preise bekommen, zwei seiner Romane wurden verfilmt – vielleicht liegt es an mir. Ich will auch gar nicht das ganze Buch beschimpfen, es hat auch lustige Momente. Das Marketinggeschwätz über diese Superzahnbürste zum Beispiel ist schon witzig. Ich gebe trotzdem auf Seite 191 von 405 auf und stelle Jonathan Coe ins Regal zwischen Stephen Clarke und … nee, das ist mir zu peinlich. Ehrlich, ich habe keine Ahnung, wie dieser südamerikanische Eso-Schwätzer in unser Bücherregal kommt!

Jonathan Coe (Walter Ahlers): Die ungeheuerliche Einsamkeit des Maxwell Sim. DVA, 405 Seiten, 22,99 €

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Lucy Fricke: Ich habe Freunde mitgebracht

Henning und Martha sind seit zehn Jahren ein Paar, sie lieben sich, aber irgendwie ist auch Gewohnheit drin, natürlich. Martha wünscht sich ein Kind, Henning hat keine rechte Meinung dazu. Martha haut regelmäßig für eine Weile ab, Henning macht sich Sorgen um die Beziehung, weiß aber auch, dass Martha wiederkommen wird. Außerdem ist er Comiczeichner und bekommt endlich seine erste eigene Veröffentlichung. Jon ist ein erfolgloser Schauspieler, der immer nur Leichen spielt, jetzt aber kurz vor dem Durchbruch steht. Betty ist Filmregisseurin und kurz vorm Nervenzusammenbruch.
Und dann brechen alle zusammen, jeder der vier erlebt seine eigene Katastrophe. Da ist es gut, Freunde zu haben, die einem in dem Moment zwar vielleicht irrsinnig auf die Nerven gehen, weil einem eben das Leben auf die Nerven geht, die aber immerhin da sind.

Lucy Fricke erzählt immer im Wechsel aus diesen vier Perspektiven. Personal, nicht als Ich-Erzähler, aber der schnelle Wechsel ist trotzdem manchmal anstrengend; man hat das Gefühl, da soll so etwas wie „Rasantheit“ hergestellt werden, indem jede Figur immer nur für eine Seite dran ist und dann schon wieder die nächste drankommt. Aber dann gewöhnt man sich daran, die Geschichten verweben sich und es wird doch noch wirklich rasant, und dann kurz ein bisschen zu rasant, und dann kippt die Stimmung, und man möchte sagen: zum Glück. Nach hundert Seiten hätte ich es fast beiseitegelegt (mit dem Gedanken „och, ganz nett“), nach knapp zweihundert Seiten bin ich aber doch froh, es zu Ende gelesen zu haben, obwohl die Figuren einem nicht so richtig nahe kommen. Man versteht mehr mit dem Kopf, dass es ihnen dreckig geht, als dass man es spüren würde. Insgesamt also nicht die ganz große Begeisterung, aber durchaus ein gutes Buch. Besonders gefallen hat mir die Idee, vor Langeweile aufzuwachen, weil man so ödes Zeug träumt.

Lucy Fricke wohnt im Regal zwischen Sir James Frazer und Kinky Friedman.

Lucy Fricke: Ich habe Freunde mitgebracht. Rowohlt, 192 Seiten, 16,95 €

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Hui! Noch mehr Geschenke!

Das hört ja gar nicht mehr auf! Kamen doch heute glatt noch drei Geschenke. Und ein weiteres vom Wunschzettel ist unterwegs, und mein Verlag schickt auch noch was. Hui!

Eins war schon angekündigt, nämlich Nicole Krauss‘ „Eine Geschichte der Liebe“ von Birte, die es nicht besonders mochte und auf meinem Wunschzettel entdeckt und mir ihr Exemplar vermacht hat. Vielen Dank! Jetzt bin ich gespannt, denn Nicole Krauss‘ neues Buch, „Das große Haus“ ist auch schon unterwegs.

Ein weiteres habe ich auf Facebook mit einer schnellen Antwort beim Milena-Verlag gewonnen: Nadja Bucher, „Rosa gegen den Dreck der Welt“. Danke, Milena-Verlag!

Und dann noch was Sonderbares: in meinem letzten begeisterten Eintrag über Mariana Leky schrieb ich, ich wolle doch mal gucken, ob ihr Roman „Erste Hilfe“ nicht doch noch irgendwo zu kriegen ist. Tatsächlich ist einer der Amazon-Verkäufer, die es noch im Angebot hatten, mein Bruder, und so habe ich es bei ihm bestellt. Heute kam es an, nicht direkt von ihm, sondern von einer Frau aus Berlin – gut, dachte ich, dann wird er es auf einem Umweg besorgt haben, ist ja schließlich vergriffen, und es steht auch was von Amazon auf dem Adressaufkleber. Ich schickte ihm also eine Mail, vielen Dank, Buch ist angekommen. Gerade rief er an: das Buch ist nicht von ihm. Er hat es noch da liegen und mir noch nicht geschickt.
Wer war das? Wer hat mir Mariana Lekys „Erste Hilfe“ geschenkt, ganz kommentarlos? Die Dame, deren Absender draufklebt, war es nicht, oder? Ich bin völlig verdattert. Klärt mich auf! (Mein Bruder behält das andere Exemplar und verkauft es anderweitig, gar kein Problem. Er ist sogar immer froh, wenn er etwas hat, das vergriffen ist.)

Und danke, Ihr alle! Ich weiß ja gar nicht, wie mir geschieht, das ist ja der reinste Bücherregen. Jippie! Ich geh dann mal los, auch irgendwem etwas schenken. Damit im Universum nichts verlorengeht.

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