(Eigentlich Teil 0, denn das war an einem der ersten Januartage. Ich hab?s aber damals gleich aufgeschrieben.)
Beide: Morgen! Frohes neues Jahr!
Er: Ja, Wetter is ja schön, Sonne und so, aber der Wind is ja bisschen schäbich.
Ich: Da hinten kommen ganz dunkle Wolken.
Er: Ach, das zieht daaa so rum, weisse, und dann is dat weg.
Ich: Wollen wir hoffen.
Er: Ja, man muss ja immer mal raus, bissken frische Luft schnappen. Aber jetzt erstma was essen, weisse, is noch übrich von den Tagen.
Ich: Dann guten Appetit.
Er: Ja, wichtich ist ja erstma, das man wieder reinkommt in die normalen Tage. Jetzt ist ja schon bald wieder Karneval.
Ich: Och, ist doch noch lange hin.
Er: Ja, ja, das geht Schlach auf Schlach jetz. (Pause) Ach, was soll?s. Muss ja immer weitergehen.
Es sollte nämlich eine WG-Fete stattfinden, am Bismarckturm oberhalb des Philosophenwegs. Alle Mitbewohner hatten Leute eingeladen, es wurden etwa 100 Gäste erwartet. Inge, die alte Gnidde, hatte einen Biwaktopf organisiert, einen Rieseneimer mit geschätzten 50 Litern Fassungsvermögen, den man auf drei Beinen übers Feuer hängen konnte. Darin kochen ging natürlich nicht, aber es sollte Chili con Carne warmgemacht werden, das wir am Vortag in ganz normalen kleinen Kochtöpfen vorbereiteten. Den halben Tag saß die Schnippel-Brigade in der Küche und zerkleinerte Paprika und Zwiebeln, verkochte Hackfleisch für sagenhafte 120,- DM (Kinder! Das war richtig viel Geld, als der Herr Scholz und ich noch jung und Studenten waren!), ungezählte Dosen Mais und Bohnen, Paprika in allen Farben und literweise Tomatenmatsch. Immer in kleinen Töpfen, jede Ladung wurde für sich gewürzt und abgeschmeckt und in den großen Pott gekippt, dann kam die nächste Fuhre. Am Ende war der Topf fast randvoll und wurde unter beträchtlicher Anstrengung (inkl. Überschwappen) zum Abkühlen in den Keller geschleppt.
Abends roch das ganze Treppenhaus nach Chili. War ja auch kein Wunder, den ganzen Tag gekocht und beim Runtertragen übergeschwappt.
Am nächsten Morgen müffelte es irgendwie seltsam, ein Geruch, der im Laufe des Vormittags kräftiger wurde.
Mittags stank es beträchtlich.
Nachmittags roch es im gesamten Haus intensiv nach Kotze.
Später erklärte uns jemand, der Topf sei zu groß gewesen, und dass das mit der Gärung bei unterschiedlich temperierten Wärmeschichten ganz schnell geht. In der Tat stiegen im Chili dicke Blasen auf.
Nach allgemeinem ratlosem Schulterzucken und einigem Hin- und Herüberlegen, wie man denn wohl 50 Liter vergorenes Chili entsorgen könnte – Komposthaufen? Klo? – schleppten wir das Ding (inkl. Überschwappen) zum nächsten Gulli. Die Ratten werden ihren Spaß gehabt haben, und bei den Nachbarn waren wir eh unten durch.
Am Abend gab es dann Salate und Brot.
Ich habe Herrn Jens Scholz nicht mehr lieb.
(So, jetzt lass Dir was einfallen. Welches Geschichtchen hätten’s denn gern?)
Es war ein sehr schöner, entspannter Abend mit S. und T. und einigen Forellen, in dessen Verlauf T. mir das komplette Blut-und-Wasser-Gemisch aus den Forellen über die Hose pladderte. Am nächsten Tag war die Hose wieder trocken und voller winziger, silbrig glänzender Fischschuppen.
(Bilder mit besonderem Gruß an den Fischmenschen)
Ferdi ist mein Nachbar. Vom Balkon aus gucke ich auf seine Terrasse. Ich gehe im Winter nur zum Rauchen auf den Balkon, im Sommer halte ich mich dort auch manchmal länger auf. Ferdi ist im Winter oft auf seiner Terrasse, weil er nichts anderes zu tun hat, im Sommer ist er dort permanent, ab zehn Uhr morgens, Bier in der einen Hand, Zigarette in der anderen. Und dann kommt auch immer sein Kumpel, der Herr Fischer, in seinem Elektrorollstuhl angesurrt, Bier in der einen Hand, Zigarette in der anderen, und sie sitzen den lieben langen Tag dort und reden dummes Zeug. Jeden Tag. Den ganzen Tag. Manchmal gehe ich dann doch nicht rauchen, weil ich sehe, dass Ferdi draußen ist.
Das Gute: Ferdi hat einen Rentnerjob, er fegt morgens ein Autohaus, und zwar ab fünf Uhr, was bedeutet, dass er um vier Uhr aufsteht und entsprechend früh ins Bett geht. Man hat also wenigstens abends seine Ruhe auf dem Balkon.
Unser Gespräch letzte Woche ging so:
Beide: Morgen!
Ferdi: Ja, heut kommen ja auch wieder die Sternsinger, weisse.
Ich: Ja, hab ich gelesen.
Ferdi: Ja, nee, ich geb denen auch immer was, weisse.
Ich: Klar.
Ferdi: Nee, is ja auch fürn guten Zweck.
Ich: Eben.
Ferdi: Ich hab jetzt auch was für die Flutopfer da in, weisse, wo ist dat da, gespendet. Man kann ja aunich immer was geben, weisse, geht ja aunich, so dicke ham wirs ja aunich.
Ich: Na ja, uns geht?s schon ganz schön gut.
Ferdi: Ja, nee, wird ja auch alles immer teurer, weisse, kamman aunich immer was geben. Ich sach immer, wenn wat übrich is, könnter haben, aber wird ja auch alles immer teurer, wir ham ja aunix mehr! Aber muss ja immer weitergehen!
Ich: Ja, nee.