Totes Meer
Am Toten Meer, haben sie gesagt, müsst ihr eine Nacht bleiben, damit ihr einmal abends und einmal morgens baden könnt.
Wir haben uns also heute morgen in Jerusalem (wo wir vier Tage waren, das erzähle ich dann nachträglich) einen Mietwagen genommen und sind durch die Wüste nach Ein Gedi gefahren. Die Wüste bricht mir das Herz, was für eine Gegend, kein Wunder, dass hier Religionen entstehen, die das Leben für eine Zumutung und ein Jammertal halten und auf ein kommendes Paradies in einer anderen Welt hoffen. Sie bricht mir das Herz, aber sie ist auch schön, die Wüste. Und kommt mir jetzt nicht mit dem kleinen Prinzen.
In Ein Gedi stellen wir fest, dass wir keineswegs, wie beabsichtigt, eine Übernachtung im Kibbutz gebucht haben, sondern vielmehr in der Jugendherberge. Irgendein Knoten im Buchungsportal. Jenun, dann eben Jugendherberge, lange nicht gemacht. Das Zimmer ist auch noch gar nicht fertig, wir sind zu früh und gehen also erstmal ins Naturschutzgebiet nebendran, wo man an einem Wasserfall baden können soll. Ins Tote Meer direkt vor der Tür können wir nicht, weil der Strand nicht zugänglich ist, heißt es, zum Baden im Toten Meer müssten wir nochmal 25 Minuten weiter nach Süden fahren. Das war so eigentlich auch nicht angekündigt. Also ins Naturschutzgebiet, aber auch das ist nur zur Hälfte zugänglich, und die Hälfte ist ziemlich klein, und der Wasserfall ist auch ziemlich klein, man kann aber immerhin darunter duschen, und das ist auch wirklich herrlich. Auf dem Rückweg fragen wir, warum nur die Hälfte zugänglich ist, Antwort: Weil wir mit Gewittern rechnen, und dann kann schnell viel Wasser kommen. Aha.
Wir beziehen unser Zimmer, ein Fünferzimmer mit Etagenbetten, das wir aber zu zweit haben, und es ist auch vollkommen egal, denn draußen ist sensationelles Licht, Wolken, Sonne, das Tote Meer liegt vor unserem Fenster, alles ist großartig. Als wir loswollen, endlich richtig ans Tote Meer, endlich richtig baden, wozu wir hier sind, bricht draußen tatsächlich ein Gewitter los, es dauert nicht länger als vielleicht acht Minuten, in denen in der Tat eine beeindruckende Menge Wasser vom Himmel fällt. Der Topf voll Gold liegt übrigens im Toten Meer.
Als wir nach dem Gewitter zum dritten Mal loswollen zum Baden im Toten Meer, endlich, hören wir ein Tosen. Sämtliches Wasser, das bei dem kurzen Guss in der Wüste hinter uns gefallen ist, donnert quer über die Straße vor der Jugendherberge hinweg ins Wasser, ein unglaubliches Spektakel. Es regnet längst nicht mehr, alle sind draußen und sehen es sich an, das Wasser donnert den Berg herunter und ins Tote Meer, reißt Unmengen Schlamm und Geröll mit, reißt ein Stück Leitplanke mit, wir gucken und gucken, die Schneise im Erdreich wird größer, immer wieder brechen große Stücke weg, stürzen ab, werden mit weggespült. Leider wird es schnell dunkel, auch hier wurden die Uhren zurückgestellt, um fünf ist es duster. Als die Flut ein klein wenig nachgelassen hat, zwei Stunden nach dem Gewitter, kommt sofort schweres Räumgerät und schiebt Schlamm und Geröll von der Straße, damit die ganzen Autos, die sich auf beiden Seiten angesammelt haben, wieder durchkönnen. Die Zufahrt zur Jugendherberge kommt erst danach dran, wir könnten also auch gar nicht weg, selbst wenn wir wollten, außerdem haben wir selbstverständlich die billige Mietwagenvariante ohne zusätzliche Versicherung genommen, damit fahren wir besser nicht durch knietiefes schlammiges Wasser.
Heute also Jugendherbergsabend, es gibt sogar etwas zu essen. Die Gruppe um Pastor B. trifft sich morgen früh um halb sechs zum Frühgebet in der Lobby, wir werden dann noch schlafen.
Wir wollten morgen eigentlich noch ein Stück Richtung Süden fahren und endlich im Toten Meer baden. Möglicherweise noch Massada angucken. Morgen allerdings werden weitere Gewitter erwartet, und wenn wir dann zwischen zwei solche Wasserfälle geraten und in keine Richtung wegkönnen, wird’s blöd. Man rät uns also, morgen lieber gleich wieder Richtung Norden zu fahren, in Kalya baden zu gehen, da wird man nicht von überfluteten Straßen eingesperrt. Vielleicht nehmen wir unterwegs noch Qumran mit. Dann geht es weiter nach Tel Aviv.
adelhaid Dienstag, 27. Oktober 2015 um 13:05 Uhr [Link]
hach, wie schön.
die wüste ist in der tat beeindruckend, und das ist schwer in worte zu fassen. im frühling sieht man dort tulpen wachsen. und wenn die dann weg sind, dann ist es halt schnell genau das – wüste.
was ich das beeindruckenste fand, war die unglaubliche kälte des windes, wenn man außerhalb der sonneneinstrahlung war. ich hab ja so gefroren!!
viel spaß in tel aviv :-)!
Barbara Dienstag, 27. Oktober 2015 um 20:57 Uhr [Link]
Wow! In Ein Ghedi war ich vor 2 Jahren an Weihnachten, im Kibbuz allerdings. Erzählt hat man uns auch über diese Springfluten und der hintere Teil des Naturschutzgebietes, ab dem Hidden Waterfall war dann auch gesperrt. Geschehen ist allerdings nichts und wir konnten durch alle Schneisen, ausgespülten Flussbetten und so klettern. Da wir eine Woche dort waren und umgekehrt nur einen Ausflug mit dem öffentlichen Bus nach Jerusalem gemacht haben, waren wir natürlich baden (komisches Gefühl), in der Wüste (Wahnsinn) und in Massada (noch wahnsinniger). Ich hab mich immer gefragt, wie die ganzen biblischen Geschichten umsetzbar waren. Allein, da zu Fuß durchzulaufen oder länger ein eremitisches Dasein dort zu führen – unvorstellbar!
Wir haben alles sehr genossen und würden gern nochmal fahren, haben aber im Moment keinen Mumm, um diese Region in Angriff zu nehmen. Habt ihr euch irgendwie unwohl gefühlt?
Ich wünsche auch noch ganz viel Bestaunenswertes!
Aurora Donnerstag, 29. Oktober 2015 um 10:04 Uhr [Link]
Kleiner Prinz? Nee, das sieht eher so aus als würde gleich R2D2 ums Eck kommen.
Beeindruckende Bilder, danke!
Tschüss, 2015 Mittwoch, 30. Dezember 2015 um 21:24 Uhr [Link]
[…] wäre da noch was gegangen. Im Oktober war erst die Buchmesse, dann waren wir 10 Tage in Israel. Ich habe über fast nichts davon gebloggt, das ist wirklich blöd, denn eigentlich lese ich diese […]