Film: Sing your song

BelafonteSongDokumentarfilm über Harry Belafonte. Oder anders gesagt: Dokumentarfilm über Harry Belafontes Kampf gegen Rassismus, Hunger und andere himmelschreiende Ungerechtigkeiten auf der Welt.
Ich war ja vor genau einem Jahr schon schwer beeindruckt von Harry Belafonte, und mit Musik hatte das wenig zu tun. Wobei ich seine Musik auch mag.
Um Musik geht es auch im Film eher am Rande. Die Musik hat Harry Belafonte berühmt gemacht, und weil er berühmt ist, kann er sich für anderes einsetzen. So kämpfte er an der Seite Martin Luther Kings (den er immer noch respektvoll „Dr. King“ nennt) für die Gleichberechtigung der Schwarzen in den USA, unter anderem auch durch Fernsehauftritte mit weißen Künstlern zusammen, die immer wieder für Skandale sorgten (Petula Clark hat ihn berührt! Öffentlich, im Fernsehen!), überzeugte Bobby Kennedy, trommelte Märsche zusammen, wurde diskriminiert, natürlich, stellte riesige Konzerte für Frieden und Bürgerrechte auf die Beine, stellte sich zusammen mit Sidney Poitier dem Klan entgegen und sorgte dafür, dass auch in den Südstaaten schwarze Wähler registriert werden konnten. Er hat in Südafrika mit Nelson Mandela gekämpft, und er hat sich gegen den Hunger in Äthiopien engagiert. Und. so. weiter, die Liste ist quasi endlos.
Harry Belafonte ist 1927 geboren, berühmt wurde er Anfang der 50er Jahre, und seitdem hat sein politisches und soziales Engagement nicht nachgelassen. Heute arbeitet er mit Menschen in Gefängnissen und kämpft gegen die immer noch anhaltende Kriminalisierung von Schwarzen in den USA.
Seit 60 Jahren macht dieser Mann Musik und engagiert sich, er kämpft und kämpft und kämpft für Gerechtigkeit, erreicht unfassbar Großartiges, und dann kämpft er weiter, weil es nicht reicht, weil es nie reichen kann, weil die Ungerechtigkeit auf der Welt immer noch himmelschreiend ist und er das nicht zulassen kann. Es macht ihn wütend, und dann tut er etwas, er hat Ideen, er kannte schon immer einflussreiche Politiker und Künstler, und er lässt sich nicht verbiegen, lässt sich nichts einreden, lässt sich keinen Maulkorb verpassen. Ich hatte schon bei der Lesung vor einem Jahr das Gefühl, dass seine auffallend aufrechte Körperhaltung (der Mann ist 86!) mit seiner geistigen Haltung einhergeht.
Und bei allem Engagement und aller gerechten Wut hat er es irgendwie geschafft, nicht verbittert zu werden. Der Mann strahlt immer noch, er lächelt, er verströmt eine Freundlichkeit, die einem ans Herz geht, und er sagt (aus dem Gedächtnis zitiert): Ich bin immer optimistisch, ich habe immer Hoffnung, und Hoffnung ist das, was die Welt am dringendsten braucht.
Wie geht das, wie kann jemand, der dermaßen diskriminiert und erniedrigt wird, so positiv bleiben und so stark, und immer weitermachen? Keine Ahnung.
Man hat zwischendurch übrigens kurz den Eindruck, dass seine Familie bei all dem politischen Aktivismus ein bisschen zu kurz gekommen ist. Um hier wenigstens noch irgendetwas Negatives über den Mann zu sagen.

Ich habe keine Ahnung, ob das nach irgendwelchen Filmkunst-Kriterien ein „guter Film“ ist. Wahrscheinlich schon, denn er verwebt sehr geschickt Belafontes musikalische Karriere mit seinem politischen Engagement. Mich hat der Film jedenfalls sehr bewegt. Sehr. Die Bilder aus dem Kampf um Bürgerrechte, Bilder von Diskriminierung, brutalen Prügeleien, von Ungerechtigkeiten und Gewalt, Bilder von verhungernden Kindern in Äthiopien und all das haben mich wirklich fassungslos gemacht. Natürlich wusste ich das alles, aber es noch mal geballt zu sehen, hat mich wirklich erschüttert, ich habe nicht nur einmal geweint. Und mitten in all dem Elend steht dieser imponierende Mann mit dem umwerfenden Lächeln und der Hoffnung und der Aufrichtigkeit und nicht zuletzt der Musik; ein Mann, dessen Hoffnung auch Hoffnung für wahrscheinlich Hunderttausende bedeutet.
Mir egal, ob das pathetisch klingt. Ein bewegender, erschütternder Film über einen großen Mann. Guckt ihn euch an.

3 Kommentare

  1. cutterkom Montag, 29. Juli 2013 um 18:48 Uhr [Link]

    toller text. will ich mir ansehen. schade, dass ich selber suchen muss, wann und wo. bin nämlich faul :)

    • Isabel Bogdan Montag, 29. Juli 2013 um 18:56 Uhr [Link]

      Danke!
      Das liegt daran, dass der Text alt ist, ich habe den Film auf DVD gesehen. Heute läuft er um 23:30 auf SWR.

  2. Anderswo – Das Feuilleton Montag, 2. März 2015 um 16:22 Uhr [Link]

    […] (Wer den Film „Sing your Song“ noch nicht kennt: Angucken!) […]

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