Andere Länder, andere Fritten
Ich habe es getan. Und ich würde es wieder tun.
Einmal, als wir in Schottland waren, machten wir einen Ausflug nach Stonehaven, eine eigentlich nicht weiter bemerkenswerte Kleinstadt an der Ostküste. Dort gibt es aber einen Musikladen, der auf Folk-Instrumente spezialisiert ist, da wollte der Mann unbedingt hin. Die beste Schwägerin von allen war dabei, wir setzten den Mann in dem Musikladen ab, die Schwägerin und ich machten einen Strandspaziergang. Auf dem Rückweg kamen wir an diesem Schild vorbei:
„Da!“, rief ich, „da! Guck! Da!“ Die Schwägerin legte die Stirn in Falten und sagte so was wie „Hm?“
Ich erklärte.
Irgendwann hatte ich in einer Reportage über Ernährung in Großbritannien von dieser Spezialität erfahren: Deep Fried Mars Bar. Was soviel bedeutet wie: Frittiertes Mars. Ja, der Schokoriegel. Ja, frittiert. Im Backteig. Wie! geil! ist das denn! Da war ich tausend Mal in Schottland gewesen und das war komplett an mir vorbeigegangen.
So war es in der Sendung natürlich nicht gedacht, dass man schon beim Zugucken „wie geil ist das denn“ quiekt, es sollte vielmehr abschreckend wirken und quasi den Gipfel der schlechten Ernährung darstellen. Eine Schokobombe auch noch in Fett zu backen, also wirklich.
Wenn man dann plötzlich rein zufällig vor dem Birthplace of the World Famous Deep Fried Mars Bar steht, ist natürlich vollkommen klar, was zu tun ist. Wir gingen also erst in den Musikladen, den Mann abholen, und mit ihm wieder zurück zum Birthplace. Es war 14.00 Uhr, und in der Sekunde, in der wir vor dem Laden standen, drehte von innen eine Frau den Schlüssel um und schloss ab. Mittagspause. Bis 17.00 Uhr. So lange wollten wir nun nicht noch in Stonehaven herumtrödeln. Schade.
Ein Jahr später wussten wir Bescheid und fuhren früh genug nach Stonehaven. Vergewisserten uns der Öffnungszeiten, gingen erst in den Musikladen und dann rechtzeitig zum Birthplace of the World Famous Deep Fried Mars Bar. Wo wir ohne Zögern zwei Weltberühmte Frittierte Mars bestellten.
Der Fritteur nahm zwei Mars aus der Verpackung, tauchte sie in Backteig und warf sie in eine Fritteuse. Nach uns kam ein Mann und bestellte Fish and Chips. Der Fritteur nahm ein Stück Fisch, tauchte es in denselben Eimer mit Backteig und warf ihn in dieselbe Fritteuse. Nicht nur in dieselbe, sondern auch noch gleichzeitig. Wir schluckten. Und verstummten.
Frittier, frittier.
(Wir Foodstylisten nennen diese Art der Präsentationsästhetik „Reduktion auf das Wesentliche“.)
Wir ließen uns die frittierten Mars einpacken und gingen damit an den Strand. Wir rechneten damit, dass Schokopampe mit Fett und Fischgeschmack möglicherweise nicht die kulinarische Entdeckung des Jahrhunderts sein würde. Aber was soll ich sagen: es schmeckte überhaupt nicht nach Fisch. Kein Stück. Sondern sehr, sehr lecker. Logisch, Schokolade halt. Warm. Herrlich weich und klebrig und karamellfädenzieherig. Und schokoladig. Wie es sein kann, dass das nicht nach Fisch schmeckt, ist mir nicht klar. Aber tut es nicht. Es schmeckt nach warmer, weicher Schokopampe. Mit Karamell. Und Teig drumherum. Unfassbar lecker.
Ich würde es jederzeit wieder tun.
Cornelia Schulgen Freitag, 24. Februar 2012 um 16:36 Uhr [Link]
Ich war auf unserer Schottlandtour immer auf der Suche nach den Dingern und bin ihnen nirgendwo begegnet… geschweige denn dem Birthplace! Ich bin neidisch!
Stefan Freitag, 24. Februar 2012 um 16:43 Uhr [Link]
Also Mars mag ich schon nicht mal unfrittiert.
Wusstest Du, dass bei McD Chicken McNuggets und Apfeltaschen im selben Fett frittiert werden? Scheint auch keinen zu interessieren…
HarschLanguage Freitag, 24. Februar 2012 um 16:50 Uhr [Link]
Und wenn Du dann mal in Georgia bist, erwarte ich darüber Bericht: http://www.youtube.com/watch?v=42oUVwyFsZI
„Just when you thought you couldn’t make cheesecake any better.“
Violine Freitag, 24. Februar 2012 um 16:51 Uhr [Link]
LOL, das ist ja zu köstlich!
Du bist ganz schön mutig.
Katy Freitag, 24. Februar 2012 um 16:52 Uhr [Link]
Isa, you‘re so brave! Well done – looks like you got your just rewards. K x
Frische Brise Freitag, 24. Februar 2012 um 16:56 Uhr [Link]
Sensationell!
An der Stelle mit dem Mars-Fisch im selben Fett habe ich ganz schön gelacht! :-)
Shelley Freitag, 24. Februar 2012 um 17:27 Uhr [Link]
Katy reminded me that you‘re FB-fasting (though evidently still eating what can loosely be defined as „food“), so here’s what I wrote there:
This may be your most daring „Sache“ to date! Glad to hear you‘re alive to tell the tale…
Isabel Bogdan Freitag, 24. Februar 2012 um 17:43 Uhr [Link]
Shelley, ja, ich faste, und ich bin auch konsequent. Die Blogeinträge werden automatisch zu Facebook gebeamt, und ich bekomme auch die Benachrichtigungen per Mail, deswegen weiß ich, dass Ihr drüben darüber gesprochen habt. Aber ich komme da nicht rein, weil ich das Passwort nicht weiß. (Trick 17)
Im Moment esse ich übrigens richtiges Essen, das Mars ist schon eine Weile her. Ist auch nicht die Jahreszeit, um in Schottland im kurzen Röckchen am Strand zu sitzen.
Georg, das ist ja der Knaller. Man weiß ja kaum, ob das ernst gemeint ist. Just when you thought you couldn’t make it any sweeter. Und logisch würde ich das probieren.
Stefan, nee, wusste ich nicht, wundert mich aber auch nicht. Ich weiß nur das hier über Chicken McNuggets. (Und bin nicht wirklich sicher, ob das stimmt. Aber die Wahrheit wird nicht so weit entfernt sein.)
molasaria Freitag, 24. Februar 2012 um 20:27 Uhr [Link]
Ach so, Stonehaven?! Man lernt ja nie aus… aber, nie vorher gehört, steht das bis heute in keinem Guidebook?! O-o
Soweit mir feststellbar gewesen, gibt’s doch ungefähr kein Lebensmittel, das für den (angeheiterten?) Schotten nicht durch ein Bad in heißem Fett noch besser werden könnte – z.B. dem Haggis habe ich mich seinerzeit ja auch erst mal in der deep fried-Version angenähert. Und in Edinburgh wüsste ich ein Takeaway, wo die deep fried pizza zeitweilig regulär auf dem Menü stand…
giardino Freitag, 24. Februar 2012 um 21:09 Uhr [Link]
1a Blogeintragstitel auch.
Christiane Samstag, 25. Februar 2012 um 12:41 Uhr [Link]
Hihi :-) Habe diese Köstlichkeit vor vielen, vielen Jahren in Südengland (an der Westküste, glaube ich) in einem Fish & Chips entdeckt und mit Verachtung gestraft. Könnte mir vorstellen, dass sich mehrere Orte auf den Britischen Inseln darum streiten, die Urheimat zu sein. So wie bei der Currywurst in D. Da halte ich Uwe Timms Version für die glaubwürdigste.
adelhaid Montag, 27. Februar 2012 um 09:09 Uhr [Link]
ich hab schon beim titel sehr gelacht.
Marion Donnerstag, 15. März 2012 um 14:08 Uhr [Link]
Endlich jemand, der das auch gut findet. Aber Stonehaven als nicht besonders interessant zu beschreiben ist schade. Der Weg vom Hafen hoch zu Dunottar Castle ist einfach schön und die Fish & Chips im Pub am Hafen ausgezeichnet.
Toller, unterhaltsamer Blog, vielen Dank dafür.
Isabel Bogdan Donnerstag, 15. März 2012 um 14:11 Uhr [Link]
Öhm, dann wollen wir den Weg mal nächstes Mal ausprobieren. Danke für den Tipp! Ich meinte eher das Städtchen an sich, das wirkt so beim ersten Durchschlendern eher etwas unspannend. Bis auf den Musikladen natürlich. Und den Birthplace o.t.W.F.D.F.M.B.
Günter M Mittwoch, 13. Juni 2012 um 22:23 Uhr [Link]
Unglaublich, was man alles finden kann, wenn man mit offenen Augen durch die Welt geht. Ich habe schon viel frittierte Sachen gesehen, aber Mars Riegel zu frittieren war mir etwas vollkommen Neues.
Siebter Tag: We're now in the highlands (Schottland 2012) - Schöner Blog(t) Sonntag, 9. September 2012 um 08:52 Uhr [Link]
[...] man sich auch hier einer lokalen Spezialität hingeben: Dem deep fried mars bar. Weil Isabel darüber geschrieben hat und ich es gelesen habe, musste ich es auch machen. (An dieser Stelle sei einmal kurz auf Isabels [...]
Isabel Bogdan Sonntag, 14. Juli 2013 um 02:04 Uhr [Link]
Fürs Protokoll: Ich *habe* es wieder getan. Yeah.
Sachen machen: Stonehaven Folk Festival » CULTurMAG Mittwoch, 14. August 2013 um 11:50 Uhr [Link]
[...] und ganzjährige Besonderheiten von Stonehaven hingewiesen: Ich habe natürlich wieder einen World Famous Deep Fried Mars Bar gegessen. Ja, das ist ein frittiertes Mars. Im Backteig. In der Carron Fish Bar. Er war natürlich [...]