Tolle Leute: Andrea Kamphuis
(Vielleicht wird „Tolle Leute“ ja eine neue kleine Reihe. Schaumermal.)
Andrea Kamphuis ist eine Kollegin von mir, wir kennen uns aus irgendwelchen Übersetzerzusammenhängen. Und das schon lange, aber nicht sehr gut; meist trafen wir uns zufällig auf der Buchmesse oder bei der Jahrestagung in Wolfenbüttel, dann haben wir uns gefreut, ein bisschen geplaudert, aber tatsächlich wusste ich bisher nicht viel über sie. Außer, dass sie auch viel als Lektorin und Autorin arbeitet, und von Hause aus promovierte Biologin ist.
Jetzt weiß ich etwas Neues: Vor einer Weile wurde Hashimoto-Thyreoiditis bei ihr diagnostiziert, eine Autoimmunerkrankung, die zu einer Unterfunktion der Schilddrüse führt. Wenn ich das richtig verstehe, ist diese Krankheit nicht heilbar, aber behandelbar. Nun kann man einer solchen Diagnose sicher auf unterschiedlichste Weisen begegnen; es wundert mich überhaupt nicht, dass Andrea als allererstes nachforscht und mehr darüber wissen will, was genau da in ihrem Körper passiert, dass sie sich also auf wissenschaftlicher Ebene damit befasst. Das kenne ich auch von mir – wenn ich weiß, was genau los ist, kann ich leichter damit umgehen. (Allerdings hatte ich noch nie etwas wirklich Schlimmes.) Andrea hat nun das Glück, dass sie als Biologin medizinische Fachliteratur versteht. Die meisten anderen Patienten dürften damit allerdings überfordert sein. Das ist ihr auch klar, und jetzt komme ich endlich zum Punkt: Andrea hat beschlossen, ein wissenschaftlich fundiertes, aber allgemein verständliches Buch über Autoimmunkrankheiten zu schreiben. Und nimmt notfalls Haribos zu Hilfe, um etwas zu veranschaulichen. Offenbar gibt es sowas noch gar nicht: ein Buch, das dem Laien erklärt, was bei Autoimmunkrankheiten im Körper passiert. Sachlich, fundiert und verständlich.
Einen sehr guten Eindruck von dem entstehenden Buch bekommt man im begleitenden Blog Friendly Fire. Ich empfehle, die Seite „Über dieses Blog“ zu lesen, dort steht unter anderem:
„Ich vertraue auf evidenzbasierte Medizin, preise keine alternativen Heilmethoden an, kann in Krankheiten auch keinen tieferen spirituellen Sinn entdecken. Botschaften à la “Krankheit als Chance” oder “Dein Freund, die kaputte Schilddrüse” haben hier ebenso wenig Platz wie das Gegenteil, nämlich “Krankheit als Strafe”. Naturalistische Fehlschlüsse, die Ableitung von Normen aus der wahlweise als gut oder als grausam gedachten Natur, versuche ich zu vermeiden.
Allerdings bin ich bei meinen Recherchen über Autoimmunkrankheiten, die zum Teil durch die eigene Erkrankung an Hashimoto-Thyreoiditis ausgelöst wurden, auf faszinierende biologische Zusammenhänge und evolutionsbiologische Hypothesen gestoßen, die mein Staunen über und meine Bewunderung für die Komplexität Natur erneuert haben.
Andrea möchte das Buch selbst verlegen, und dafür braucht sie Geld. Und zwar ausdrücklich NICHT als Bezahlung dafür, dass sie es schreibt, das finanziert sie selbst vor. Sie braucht das Geld vor allem für professionelle Infografiker, damit die Sache anschaulich wird, außerdem für Fachliteratur und gelegentliche Reisen zu Konferenzen etc. Aber viel besser als ich erklärt sie das alles selbst:
Wer das Projekt „Friendly Fire“ finanziell unterstützen möchte, kann das auf der Crowdfunding-Plattform My Sherpas tun.
Liebe Andrea, ich bin schwer beeindruckt und drücke alle Daumen für eine reibungslose Finanzierung. Und dann für gute Verkäufe! Dass Du das mit dem Schreiben hinkriegst, und dass das gut wird, daran zweifle ich keine Sekunde.
Andrea Kamphuis Montag, 30. Mai 2011 um 11:34 Uhr [Link]
Liebe Isa,
wow. Äh. Mir fehlen die Worte. Was selten vorkommt.
Es tut wahnsinnig gut zu erfahren, dass eine Idee, die man selbst für sinnvoll hält, auch von anderen für sinnvoll gehalten wird. Und dass diese anderen einem zutrauen, sie zu verwirklichen.
Es gibt wirklich tolle Leute, gar nicht so wenige. Kluge, tapfere, findige, hilfsbereite Leute – schon für all diese neuen oder aufgefrischten Kontakte hat sich die Crowdfunding-Kampagne gelohnt, ob ich mein Ziel in den nächsten zwei Wochen nun erreiche oder nicht.
Tausend Dank!
Isabel Bogdan Montag, 30. Mai 2011 um 11:59 Uhr [Link]
„Da nich für“, sagt der Hamburger.
Ich glaube auch, dass es viele tolle Leute gibt, und das muss man dann auch mal sagen.
Heidrun Montag, 30. Mai 2011 um 12:10 Uhr [Link]
Also da ich ja selber seit 10 Jahren an Morbus Crohn bzw. Colitis Ulcerosa leide (so genau wissen das die Ärzte derzeit nicht) und selbst auch so ein forschender und ergründender Mensch (allerdings ohne Biologiestudium) bin, kann ich mit einiger Überzeugung sagen, dass Dein Buch auch für Ärzte neue Erkenntnisse bringen wird, Andrea. So ganz genau weiß ja auch die Forschung noch nicht, was genau der Grund für diese oder jene Autoimmunkrankheit ist oder wie sie entsteht (sonst wäre man ja über kurz oder lang in der Lage, sie zu heilen). Aber die Ärzte, die ich gefragt habe, waren noch nicht mal in der Lage, mir einleuchtend zu erklären, wozu eine Entzündung ursprünglich gut ist. Es gibt hierzu auch ständig neue bahnbrechende Erkenntnisse. Bei den chronisch entzündlichen Darmerkrankungen beispielsweise wird erst jetzt nach und nach deutlich, dass die Darmflora eine ganz wichtige Rolle bei der Enstehung und Aufrechterhaltung der Entzündung sowie bei deren Behandlung spielen muss, eine Vorstellung, die vor 4 Jahren noch von meinem damaligen Spezialisten vehement als absurd abgelehnt wurde. Nun ja. Ich bewundere Dich für Deinen Einsatz und bin schon ganz gespannt auf das Ergebnis.
Wortschätzchen Dienstag, 31. Mai 2011 um 23:56 Uhr [Link]
Tolle Idee. Drücke die Daumen. Grüße von einer ebenso Autoimmunerkrankten.