Film: Little Miss Sunshine
Gestern angefangen mit dem Filmprojekt und „Little Miss Sunshine“ im Fernsehen geguckt. Die Geschichte ist eine Roadstory. Die kleine Olive (sieben Jahre oder so) will an einem Miss-Wettbewerb in Kalifornien teilnehmen, und deswegen muss aus irgendeinem Grund die komplette Familie mitfahren: der Vater, der gern mit einem Buch über „Gewinner und Verlierer“ groß rauskommen würde; die Mutter, die glaube ich hauptsächlich Mutter ist, der Bruder, der gerne Testpilot bei der Airforce werden möchte und ein Schweigegelübde abgelegt hat, das er einhalten will, bis er das geschafft hat; der traurige Onkel, der sich gerade aus Liebenkummer das Leben nehmen wollte; und der exzentrische Opa, der mit Olive für den Modelwettbewerb geübt hat. Olive sieht nicht aus wie ein Model, sie ist ein bisschen pummelig und trägt eine riesige unmoderne Brille, und sie ist irgendwie die ‚normalste’ Person in dieser Familie.
Unterwegs passieren allerlei Missgeschicke, der wunderschöne quietschgelbe VW-Bus geht dauernd kaputt, der Opa geht plötzlich tot, der Vater erfährt, dass das mit seinem Buch nichts wird, und so weiter. Am Ende haben alle einen Rückschlag erlitten – außer der Mutter, die eh als einzige kein eigenes Ding verfolgte – und alle haben etwas gelernt und sind sich als Familie nähergekommen. Wie es so sein muss im Film.
Netter Film. Aber vom Hocker gerissen hat er mich nicht. Mittendrin twitterte ich „Erster bewegender Moment nach 45 Minuten“ – bis dahin wartete ich noch drauf, dass der Film in Gang kommt. Es gibt dann durchaus noch bewegende Momente, aber dann ist zwischendurch plötzlich Klamauk, ich meine, muss man wirklich den toten Opa noch aus dem Krankenhaus klauen, durchs Fenster? Oder diese Rumkurverei vor dem Hotel in letzter Minute. Mir ist sowas schnell too much. Aber es ging dann auch schnell vorbei und war insgesamt doch erträglich. Und: ein paar sehr schöne Bilder waren drin. Wo der Bruder seinen Schreikrampf hat und unten auf einer Wiese hockt und oben auf der Straße steht der Bulli und der Rest der Familie. Oder Bruder und Onkel auf dem Steg vor dem Hotel. Das sieht wirklich toll aus. Und die Figuren muss man auch irgendwie alle mögen. Außer dem Vater vielleicht.
Insgesamt also ein schöner Film, aber kein Anwärter auf einen Platz in der Hall of Fame meiner Lieblingsfilme.
Shelley Mittwoch, 2. Januar 2013 um 17:54 Uhr [Link]
My sentiments exactly– I always felt I had to force a laugh when watching Little Miss Sunshine, despite a good cast and earnest efforts to create humor.
Two of my „vom Hocker reissen“ all-time favorites both play in Africa, and one is even a German film! Must-see suggestions are these: Gorillas in the Mist, starring Sigourney Weaver, and Nirgendwo in Afrika, the autobiographically-based story of Stefanie Zweig, whose family had to flee from Germany and wound up spending nine years in Kenya. They are both poignant beyond belief, and beautifully shot on location.
Isabel Bogdan Mittwoch, 2. Januar 2013 um 18:02 Uhr [Link]
„I always felt I had to force a laugh […] despite a good cast and earnest efforts to create humor.“ Danke, das trifft es genau.
Afrika klingt gut, ich mochte ja auch „Jenseits von Afrika“, auch wenn das meinetwegen stellenweise etwas kitschig ist. Aber tolle Bilder.
Katy Mittwoch, 2. Januar 2013 um 17:59 Uhr [Link]
I don’t know, I thought it was perfect New Year’s Day viewing for tired souls. Plenty of cynicism, great deviant characters, a small amount of life-affirmation but nothing too taxing.
Shelley Mittwoch, 2. Januar 2013 um 18:32 Uhr [Link]
Ditto on Out of Africa– dipped into the kitschosphere for me too. But these two are a different breed.
Frische Brise Mittwoch, 2. Januar 2013 um 19:30 Uhr [Link]
Oh, aber Dir sind die tollen Bilder aufgefallen.
Ich bin ganz zuversichtlich ;-)
giardino Donnerstag, 3. Januar 2013 um 11:34 Uhr [Link]
Jetzt, beim zweiten Angucken konnte ich auch dem Vater viel abgewinnen. Wie er Olive im letzten Moment vor dem Auftritt entgegen seiner eigenen Tschakka-Philosophie vor der Meute beschützen will und ihr, als später alles den Bach runtergeht, auf der Bühne zur Seite springt und mittanzt, das fand ich groß.
Ich mag übrigens Mischungen aus Tragik und Klamauk sehr gern, wo das Eine das jeweils Andere unterbricht und auf den Teppich holt. „Muriels Hochzeit“, zufälligerweise auch mit der tollen Toni Collette, ist auch so ein Film.
Isabel Bogdan Donnerstag, 3. Januar 2013 um 11:41 Uhr [Link]
Stimmt, der Vater wandelt sich tatsächlich ziemlich im Laufe des Films.
Und Muriels Hochzeit mochte ich auch, ist aber ewig her. (Wiedererkannt hätte ich Toni Colette natürlich auch nicht.)
apriori Donnerstag, 3. Januar 2013 um 13:09 Uhr [Link]
Toni Collette ist sowieso immer super. Auch als suizidale Mutter in „About a Boy“ und sogar auch in „In den Schuhen ihrer Schwester.
Isabel Bogdan Donnerstag, 3. Januar 2013 um 14:24 Uhr [Link]
Ach guck, „About a boy“ habe ich tatsächlich auch gesehen. Ich glaube, den fand ich ganz gut. (Mein Gedächtnis!)
Duden Freitag, 4. Januar 2013 um 00:21 Uhr [Link]
Würdest Du in einer Übersetzung wirklich „geht plötzlich tot“ schreiben?
Und als Empfehlung zu Deiner Filmliste, Abteilung „Romantische Komödien“:
Vier Hochzeiten und ein Todesfall, natürlich.
Und weil Hugh Grant immer großartig ist, außerdem ebenso wie der erste Film für Freunde der gepflegten Anspielung: Notting Hill.
Isabel Bogdan Freitag, 4. Januar 2013 um 11:13 Uhr [Link]
Na klar würde ich auch in einer Übersetzung „totgehen“ schreiben, wenn ich meine, dass das an dieser Stelle in die Stilebene passt. Also in wörtlicher Rede zum Beispiel, oder wenn ein eher flapsiger Ich-Erzähler das sagt. Da liebe ich solche Wörter (und grammatikalischen Sperenzchen) sehr, mit denen man Mündlichkeit oder unkomplizierten Sprachgebrauch markieren kann. (Wäre hier doch eine verschenkte Chance gewesen, nicht „der Bus geht kaputt und der Opa tot“ zu schreiben.)
Vier Hochzeiten und ein Todesfall und Notting Hill kenne ich tatsächlich beide, habe ich auch beide gemocht. Danke!