Tag 15 und 16 – Das 4. Buch in deinem Regal v.l. und das 9. Buch v.r.

Die Frage bringt mich auf die Idee, ein einziges Bücherbord haben zu wollen. Nicht, um nur einen Meter Bücher zu haben, sondern ein einziges, langes, langes Bord, das sich durch die komplette Wohnung zieht, an allen Wänden entlang, durch alle Zimmer, so kurz unter Augenhöhe, mitten an der Wand, eine einzige, lange Schlange. Würde bestimmt toll aussehen. Doch die Verhältnisse, sie sind nicht so. So sieht’s aus:

Ich liebe dieses Regal. Sehr. Beim Essen gucke ich die Bücher an, alle Gäste, die auf der entsprechenden Tischseite sitzen, gucken die Bücher an, und ich freue mich immer darüber. Gleichzeitig frustriert es mich auch. Denn manchmal gehe ich einzelne Fächer durch, gucke, was ich gelesen habe und stelle fest: die meisten dieser Bücher habe ich nicht gelesen. Ich bin, was das Lesen betrifft, auch wirklich spätberufen; irgendwann im Laufe dieser Fragenliste werde ich das sicher auch noch erzählen. Jedenfalls: es sind 49 Fächer, in einem Fach sind im Schnitt gut 20 Bücher. Wenn man die frei in der Wohnung herumflottierenden und die verliehenden Bücher noch dazunimmt, sagen wir 50 mal 20, dann sind das ungefähr 1000 Bücher – vielleicht doch nicht ganz so schlimm, dass ich sie nicht alle gelesen habe. Andererseits denke ich auch immer, so viele sind das doch gar nicht, ist doch nur ein Regal. Ach so: das ist nur die Belletristik. An einer anderen Wand ist noch ein etwas kleineres Regal mit Anthologien, Bildbänden, Comics, Kinderbüchern und meinen Übersetzungen. Und dann gibt es natürlich noch das Arbeitszimmer mit Schulbüchern, Nachschlagewerken und Sachbüchern.
Dieses Regal ist das einzige, was hier immer tadellos aufgeräumt ist. Streng alphabetisch nach Autor, in Spalten, also erst von oben nach unten. Das vierte und das neunte Buch von vorn und hinten gaben nicht so viel her. Stattdessen zeige ich Euch das vierte und das neunte Fach. Das vierte Fach von vorn:

(Irgendwann kriege ich raus, wie man Bilder verkleinert, ohne dass sie unscharf werden.)

Zoe Beck: Wenn es dämmert und Das alte Kind. Beide gelesen, Zoe Beck ist das Pseudonym von Henrike Heiland, die hier zwei Einträge weiter unten im Video zu sehen ist. Jurek Becker hat der Mann gelesen, Beckett vermutlich auch. Belle de Jour habe ich von der Übersetzerin Andrea Fischer bekommen, nicht gelesen. Ich glaube, ich hatte sie dem Verlag empfohlen, weil ich selbst keine Zeit hatte, das zu übersetzen. Von Saul Bellow habe ich Ravelstein gelesen, sensationell gefunden. Humboldt noch nicht gelesen, will ich aber. Dann Tahar Ben Jelloun, Der letzte Freund, gelesen, gut gefunden. Benn nicht gelesen. Bennett alle gelesen; da, wo die Lücke ist, gehören die beiden ungelesenen hin, die auf dem SuB (Stapel ungelesener Bücher) liegen. Bergengrün nicht gelesen. Thomas Bernhard: Wittgensteins Neffe gelesen, super gefunden, Rest trotzdem nicht gelesen. Noch nicht. F.W. Bernstein, Die Gedichte (Das heißt diesem Falle: alle), immer mal wieder drin rumgelesen, großartig natürlich.

Und das ist das neunte Fach von hinten, also von unten, Ihr versteht schon:

Das ist eines der frustrierenden Fächer, denn davon habe ich ungefähr nichts gelesen.
Ingo Schulze nicht gelesen. Der ist jetzt aber wirklich bald mal fällig, kann ja wohl nicht angehen. Das Reclamheft ist Schwitters, das habe ich komplett gelesen. Walter Scott und David Sedaris nicht. Kathrin Seddig habe ich gelesen und super gefunden. Dann kommt reichlich Anna Seghers, hat der Mann alles gelesen, ich nicht. Von Lutz Seiler mal ein paar Gedichte versucht, nicht verstanden. Seligmann und Semprun nicht gelesen. Und schließlich Shakespeare, naja, Macbeth in der Schule. Das Anglistikstudium habe ich komplett shakespearelos hinter mich gebracht. Später mal ein paar Sonette in der Übersetzung von Christa Schuenke in der wunderschönen Ausgabe des Straelener Manuskripte-Verlags gelesen.

Ceterum censeo, dass noch viel mehr Blogger ihre Bücherregale zeigen sollten.

[Zur kompletten Bücherfragenliste]

27 Kommentare

  1. Kristin Montag, 25. Oktober 2010 um 12:12 Uhr [Link]

    Oh ist das ein schönes Regal. Und eine schöne Lampe. Gefällt mir!

  2. adelhaid Montag, 25. Oktober 2010 um 12:20 Uhr [Link]

    ohja, können wir einen stock zu bücherregalen machen? bitte? wenn das hier vorbei ist? vielleicht auch zu SUB… oder coffeetables.. oder regale aufm klo. oder regale in gästezimmern.
    oder regale bei eltern (kommen wir aus haushalten, wo gelesen wurde? wer hat gelesen? mama? papa? beide? was? warum? geschwister? oma? opa?)

    oh, the possibility!

  3. Isabel Bogdan Montag, 25. Oktober 2010 um 12:31 Uhr [Link]

    Leg los, Adelhaid.
    Danke, Kristin!

  4. skizzenblog Montag, 25. Oktober 2010 um 14:44 Uhr [Link]

    ist das etwa die berühmte unbezahlbare zettelbastellampe?

  5. Isabel Bogdan Montag, 25. Oktober 2010 um 14:57 Uhr [Link]

    Ja! Wir haben sie von Ebay für … immer noch absurd viel Geld, aber irgendwie bezahlbar. Schon vor vielen Jahren gekauft, als wir noch gar nicht die Wohnung dazu hatten.
    Das mit dem Basteln, da sagense was. Das Problem sind nicht mal die Pinne mit den Zetteln, das geht dann schon. Das Problem ist vielmehr das dadrin.

  6. skizzenblog Montag, 25. Oktober 2010 um 15:56 Uhr [Link]

    :-) hatte die beschreibung vor längerem schon mal gefunden, als ich auf der suche nach einer bastlanleitung für »zettel« war und… war abgeschreckt. es gab dann doch einen gutschein zum geburtstag ;-)

  7. percanta Montag, 25. Oktober 2010 um 16:30 Uhr [Link]

    Ich mach auch mit, sobald meine Bücher ein neues Zuhause haben!
    Und sobald ich wieder blogge.
    (Dieses Regal ist ein Traum. Innen und außen. Wenn ich auch die Ordnung nicht verstehe.)

  8. Isabel Bogdan Montag, 25. Oktober 2010 um 16:36 Uhr [Link]

    Ja, die Ordnung ist wirklich sehr schwierig zu durchschauen. Ich bin ja auch immer noch ganz neidisch auf Dein total übersichtliches System, zu dem ich gerade den Link nicht finden kann.
    Au ja, mach mit!

  9. Maximilian Buddenbohm Montag, 25. Oktober 2010 um 16:50 Uhr [Link]

    Ich bin wahrscheinlich der Einzige, der seine Bücher einfach irgendwie und vollkommen beliebig ins Regal wirft, was? Dachte ich mir.

  10. percanta Montag, 25. Oktober 2010 um 16:58 Uhr [Link]

    IM MOMENT ist das bei mir genauso, Herr B. Regale aufgestellt und Bücher in der Reihenfolge der Umzugskiste auf die Bretter gehauen, damit die Umzugskartons raus können man von der Tür bis zum Fenster gehen kann, und das in gleich mehreren Räumen. Wenn jetzt bald der Rest steht und der heimelige Advent kommt, werde ich meine Abend statt mit Kreuzstich mit Bücher sortieren verbringen. (Kochbücher oben! Reiseführer neben Kafka! Rammstedt auf dem Flur! So kann man doch nicht wohnen!)

  11. percanta Montag, 25. Oktober 2010 um 17:00 Uhr [Link]

    PS: Herr B., es wäre aber auch albern, fürs Sortieren der Bücher mehr Zeit als fürs Lesen zu verbringen. Was veranschlagst Du so pro Buch? Auf- und zuschlagen eingerechnet?

  12. adelhaid Montag, 25. Oktober 2010 um 17:04 Uhr [Link]

    ich habe freunde, die allen ernstes nach farbe sortieren. die haben eine blaue wand, eine rote, eine weiße und eine furchtbar bunte für mehrfarbiges.
    an der blauen wand gefällt mir vor allem die gesamtausgabe des herrn lierschl.

  13. Isabel Bogdan Montag, 25. Oktober 2010 um 17:06 Uhr [Link]

    Ich liebe es ja, Bücher zu sortieren, es gibt wenig Kontemplativeres. Ich freue mich immer, wenn ein neues Buch in ein Fach gehört, das schon voll ist und die folgenden Fächer am besten auch, dann muss man alles verschieben – toll.
    Maximlian schmeißt ja auch die Hälfte seiner Bücher weg oder verscherbelt sie weiter oder so. Was machst Du eigentlich, wenn Du ein bestimmtes Buch suchst? Suchen? Oder suchst Du nie ein bestimmtes Buch?

  14. percanta Montag, 25. Oktober 2010 um 17:11 Uhr [Link]

    Adelhaid, den Stilwillen finde ich großartig! Würde mir auch liegen. Durchaus. (Und wenn die genaue Autorennachbarschaft unklar ist, entscheiden natürlich Größe und Farbe über die exakte Reihenfolge auf dem Brett. Klar.)

  15. Isabel Bogdan Montag, 25. Oktober 2010 um 17:13 Uhr [Link]

    Ich habe mal kurz vor einem unfassbar ordentlich wirkenden Regal gestanden und mich gewundert, warum das so aussieht: es war nach Verlagen geordnet. Oft sind alle Bücher eines Verlags gleich hoch, man kann also das Regal sehr passgenau und mit wenig Platzverschwendung bauen, und es sieht eben sehr ordentlich aus. Aber dann muss man sich ja von jedem Buch auch noch den Verlag merken. Oder eben die Farbe. Sieht das nicht ein bisschen möbelhaushaft aus?

  16. percanta Montag, 25. Oktober 2010 um 17:16 Uhr [Link]

    Farbe merk ich mir eh.

  17. Isabel Bogdan Montag, 25. Oktober 2010 um 17:17 Uhr [Link]

    Aber nur von den gelesenen Büchern. Und wenn dann das Cover eine andere Farbe hat als der Rücken – da kommt man ja in Teufels Küche kommt man da!

  18. percanta Montag, 25. Oktober 2010 um 17:18 Uhr [Link]

    Das wahr. Aber Cover anders als Rücken, wer macht denn sowas!

  19. Isabel Bogdan Montag, 25. Oktober 2010 um 17:19 Uhr [Link]

    Aber tatsächlich wollte ich das immer mal machen, wenn ich mal viel Zeit habe, spaßeshalber alles nach Farben sortieren und dann wieder zurück. Ich bräuchte wohl NOCH mehr zu tun als jetzt gerade, um mir so ein Projekt noch dazwischenzuschieben. Als nächstes dann nach Größe. Nach Übersetzer würde mir natürlich auch gut gefallen.

  20. percanta Montag, 25. Oktober 2010 um 17:23 Uhr [Link]

    Nach der Farbe sortiert, die am besten zum zweiten Vornamen des Übersetzers passt. (Bei Originalsprache gilt Hund des Lektors.) DAS wäre innovativ.

  21. Isabel Bogdan Montag, 25. Oktober 2010 um 17:38 Uhr [Link]

    Sehr überzeugend ist natürlich auch das Mek’sche System.

  22. Isabel Bogdan Montag, 25. Oktober 2010 um 17:40 Uhr [Link]

    Hey, und da findet sich in den Kommentaren praktischerweise auch der Link zu Percantas System.

  23. Gaga Nielsen Montag, 25. Oktober 2010 um 21:17 Uhr [Link]

    Sehr elegant!

  24. Klaus Montag, 25. Oktober 2010 um 22:02 Uhr [Link]

    Sortieren? Wozu sortieren? Einfach irgendwo reinstellen und wenn man das Buch mal sucht, dann findet man es nicht, dafür viele andere, die man lange verloren glaubte.

  25. Isabel Bogdan Montag, 25. Oktober 2010 um 23:04 Uhr [Link]

    Das Problem ist, man kann diese Liederlichkeit so schlecht ritualisieren. Ein Buch an haargenau seinen richtigen Platz zu stellen, ist ja eine quasireligiöse Handlung, mit der man dem Buch, nachdem man es gelesen hat, noch einmal die letzte Ehre erweist. Das wirft man doch nicht einfach irgendwohin, sondern man gibt ihm einen Platz. Und Nachbarn.

  26. Gaga Nielsen Dienstag, 26. Oktober 2010 um 00:21 Uhr [Link]

    (quasireligiöse…)
    Eben. Ob evangelisch-alphabetisch oder katholisch-thematisch oder buddhistisch-chroMologisch.
    Es gibt nur einen Gott.
    Amen.

    In Büchern liegt die Seele aller gewesenen Zeit
    Thomas Carlyle

  27. Gaga Nielsen Dienstag, 26. Oktober 2010 um 00:24 Uhr [Link]

    P.S. ich glaub das Zitat von Mek ist geklaut. Aber schön! Mek darf das. Oder zwei Irre, ein Gedanke ;-)
    (mir fällt aber gerade nicht ein, bei wem ich das gelesen habe…)

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