Auf dem Berg

Auf dem Weg zum Grab des ersten Ming-Kaisers, Zhu Yuanzhang, kommt man durch die Allee der Tiere. Es fängt mit kleineren Tieren an, immer ein Paar im Sitzen, dann das gleiche nochmal im Stehen. Nach einigen Metern dann ein neues, etwas größeres Tier, ebenfalls erst im Sitzen, dann im Stehen. Manche davon sind Fabeltiere, aber nicht alle. Nach den Kamelen kamen noch Elefanten.

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Oft gibt es an Gräbern eine Schildkröte, die einen riesigen Grabstein trägt. Schildkröten stehen für langes Leben. Ob das noch hilft, wenn einer schon tot ist – ich weiß es nicht.
Ich weiß auch nicht, warum die Brücke in der Mitte bepflanzt ist und man nur die kleineren Brücken rechts und links benutzen kann. Wahrscheinlich dürfen nur die Götter durch die Mitte oder so.

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Vom Ming-Grab aus geht es gleich weiter zum Mausoleum von Sun Yat-Sen, dem ersten Präsidenten der Republik China und Gründer der Kuomintang, der hier irgendwie anders genannt wird (andere Lesart). Durch ein Tor, ein paar Stufen hoch, durch noch ein Tor, mehr Stufen hoch, und dann nochmal 392 Stufen hoch. Die 392 steht für die Größe des Volkes zu Sun Yat-Sens Zeit. Vielleicht waren das 392 万, also 3.920.000, reimen wir uns zusammen.

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Oben gibt es dann nicht viel zu sehen: da ist eine Halle mit einer großen Sun Yat-Sen-Statue drin, um die man einmal herumlaufen darf, aber nicht fotografieren. Früher konnte man wohl auch einen Sarkophag sehen, aber jetzt nicht mehr.

Wir waren vier Ausländer und eine Chinesin. Wir wurden unzählige Male „heimlich“ fotografiert. Und wir haben uns dabei erwischt, dass wir schon selbst anfingen, Ausländer anzustarren. Eine Frau rief mir im Überholen zu „You are so beautiful!“, was vermutlich sowas bedeutet wie „Du siehst ja vielleicht komisch aus“ und mir für den Rest des Tages einen Ohrwurm bescherte. Gegen Ende sprach eine junge Frau uns an, einen deutschen Studenten und mich, ob sie uns fotografieren dürfte, also: ob ihre Freundin sie mit uns zusammen fotografieren dürfte. Wir zögerten und gaben eigentlich zu verstehen, dass wir nicht so richtig begeistert waren, aber die Botschaft kam nicht an. Und so zieren wir jetzt die Alben von zwei Chinesinnen, die mit uns posieren. Was sagen sie wohl dazu, wenn sie so ein Bild herumzeigen? „Guck mal, bei dieser Hauptsehenswürdigkeit waren überraschenderweise auch zwei Ausländer, da hab ich gleich mal ein Bild gemacht“?

Das Wetter ist, wie man sieht, die meiste Zeit grau. Dieser Ausflug ist jetzt schon ein paar Tage her, ich bin nur noch nicht dazu gekommen, die Bilder zu veröffentlichen. Zwischendurch gibt es immer mal wieder ein paar Stunden blauen Himmel, aber dann ist es wieder grau. Was davon November und was Smog ist, ist schwer zu sagen. Heute ist es besonders grau, ich bin nach Suzhou gefahren und habe mir einen grauen Garten angesehen, die Bilder zeige ich dann morgen oder so.
Morgen soll es sonnig und warm werden, ich halte hier in Suzhou noch einen Vortrag an der Uni („Vortrag“ klingt immer so groß – ich erzähle etwas über das Berufsbild der Übersetzerin und Autorin, das ist eigentlich alles) und hoffe, dass ich es außerdem noch schaffe, eine Bootsfahrt zu machen, denn am Samstag will ich gleich früh nach Shanghai.

12 Kommentare

  1. Marco Donnerstag, 14. November 2013 um 13:29 Uhr [Link]

    „Guck mal, bei dieser Hauptsehenswürdigkeit gab es lauter Langnasen. Erst die Kamele, dann die Elefanten, und dann noch diese riiiiiiiiesigen zweibeinigen Exemplare.“

  2. Linksaussen Donnerstag, 14. November 2013 um 14:13 Uhr [Link]

    Eher 392 Millionen Einwohner, oder? Hab auf die Schnelle als älteste EW-Zahl nur knapp 600 Mio für 1950 gefunden (http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:Bev%C3%B6lkerung_China.PNG&filetimestamp=20100522143044&),
    dann käme das ja hin.

    • Isabel Bogdan Donnerstag, 14. November 2013 um 14:30 Uhr [Link]

      Ich glaube auch. 3,9 Mio ist zu wenig. Auch wenn ich keine Ahnung habe, wie und wen sie damals gezählt haben.

  3. Andrea Donnerstag, 14. November 2013 um 14:13 Uhr [Link]

    Hihi, die Fotografiererei kenne ich aus Indien. In zahlreichen Fotoalben sind meine Schwester, mein Vater, mein Freund und/oder ich als „gute Freunde aus Deutschland“ vertreten. Besonders beschämend, wenn man in zerknautschten Backpacker-Klamotten mit großen Schweißflecken unterwegs ist und sich ein picobello herausgeputztes Hochzeitspaar mit einem verewigen will. – Tolle lange Treppenallee mit Ansätzen von Indian Summer!

    • Linksaussen Donnerstag, 14. November 2013 um 14:40 Uhr [Link]

      Indian Summer in China? Hach, das hätte Columbus gefreut….

  4. Ingrid Donnerstag, 14. November 2013 um 14:52 Uhr [Link]

    Wir haben dank der Bilder ein bisschen das Gefühl, auch schon mal in China gewesen zu sein – na gut, wir glauben, ein wenig eine Idee zu haben, wie es da aussieht (also zumindest eben das Grab des ersten Ming-Kaisers, ihr versteht schon, und das gilt natürlich auch wieder nur für die, die nicht zu all den vielen Chinaerfahrenen hier gehören) –, und die haben ein bisschen das Gefühl, unter Ausländern gewesen zu sein. So in etwa vielleicht?
    Ich werde aber auch nicht vergessen, wie aufsehenerregend es war, mit einem 2-Meter-Mann durch Portugal zu reisen. Wir haben’s erst gar nicht begriffen. Besonders groß war das Hallo, als er sich auf ein Rebbelchen faltete (für Níchtrheinländer: Moped/Mokick), da dämmerte es uns. Und das war viel weniger weit weg (also viceversa viel weniger exotisch). Ist aber zugegebenermaßen sehr viel länger her.

  5. Dirk Donnerstag, 14. November 2013 um 15:47 Uhr [Link]

    Als mich damals meine Familie in Korea besuchte, waren Sie auch die Hauptattraktion im Seouler Kaiserpalast – zumindest hatten sie diesen Eindruck. Wir haben das damals darauf geschoben, dass beide Frauen über 1,70 Meter sind und die (überwiegend kleineren) Schulmädchen solch einen Anblick ungewohnt fanden.
    Nach diesem Bericht kommen mir Zweifel – nicht weil ich glaube, dass Du wesentlich kleiner bist (was ich nicht weiß …) sondern dass das irgend so ein „Kulturdingens“ wie das Vertreiben von bösen Geistern sein könnte.
    Asiaten sind schwer zu begreifen. Meistens. ;-)

    • Isabel Bogdan Donnerstag, 14. November 2013 um 16:13 Uhr [Link]

      Ich bin 1,82 und blond (sagen wir: graublond). Der Student, der mich heute abholte, teilte mir dann auch als erstes mit, ich sei ja ziemlich groß. Ich weiß dann immer gar nicht, was ich sagen soll – „ist mir in den letzten 45 Jahren gar nicht aufgefallen“?
      Das Angestarrt- und Fortografiertwerden kenne ich schon aus Japan vor 20 Jahren. Sie rufen auch gerne einfach mal „Harro!“, Japaner wie Chinesen (von wegen, Asiaten könnten kein „R“, pffft!). Ich frage mich dann immer, ob es Ausländern (Asiaten, Farbigen) in Deutschland oder in Europa auch so geht. So extrem. Wird man dauernd gefragt, ob man sich ohne Kimono nicht komisch vorkommt? Wird man gefragt, ob man mit Besteck essen kann? Wird man fotografiert?

  6. Dirk Donnerstag, 14. November 2013 um 22:33 Uhr [Link]

    Hihi, genau in dem Park waren wir 2003 auch mal und sind fotografiert worden… Ich glaube, das ist einfach auch für den innerchinesischen Tourismus eine wichtige Attraktion und die haben alle wirklich noch nicht viele Ausländer gesehen. Das wird in Shanghai anders, die sind da eher weltstädtisch aufgestellt :-)

  7. Dirk Freitag, 15. November 2013 um 12:22 Uhr [Link]

    Hihi, jetzt kommt’s durcheinander. Mindestens zwei Dirks, denn ich war noch nie in China. :-) Ein wenig störend auch, dass Antworten nur einstufig möglich scheint. Aber von so Kleinigkeiten lasse ich mich nicht einschüchtern.
    Was die Aufmerksamkeit Anderen gegenüber betrifft, so glaube ich, dass wir in Europa da schon etwas ‚erfahrener‘ sind. Nicht sicherer im Umgang damit, aber zumindest gesehen hat jeder schon mal Asiaten, Afrikaner oder auch Amerikaner (im Sinne von ‚ursprünglich‘).
    Das ist nach meiner Erfahrung in Asien anders. Schon in dem vergleichsweise winzigen und in der Wirtschaft doch so präsenten, scheinbar weltoffenen Südkorea sind wir (wenn wir am Wochenende die Hauptstadt mal verlassen haben) recht schnell auf scheinbar mittelalterliche Artefakte gestoßen, die sich als Dörfer getarnt überall im Land verteilten. Und dort dachte man sehr oft, dass die 800jährige Isolation des Landes noch nicht wirklich vorbei ist.
    Mal ganz abgesehen davon, dass man regelrecht angestarrt und sogar auf Schritt und Tritt verfolgt wurde – man konnte sich den Leuten dort nicht verständlich machen. Deutsch spricht man dort ja gleich gar nicht, aber auch Englisch scheint nur an Schulen der beiden größten Städte im Land unterrichtet zu werden. Auf der anderen Seite ist auch koreanisch keine Sprache, die man eben so nebenbei inhaliert.
    Insofern würde ich asiatische Länder, was die Ausländerkompatibilität angeht, mit Europa irgendwo Mitte des letzten Jahrhunderts vergleichen. Sie werden aber sicher keine 50 Jahre brauchen, um das auszugleichen.
    Und manchmal wünsche ich mir, die Leute würden so ursprünglich bleiben – damit man sie genau so kennen lernen kann – wenn man dann nämlich über seinen Schatten gesprungen ist und z.B. eine Sprache gelernt hat, die am Zielort gesprochen wird.

  8. SchwaKa Samstag, 16. November 2013 um 20:00 Uhr [Link]

    Ich ziere wahrscheinlich so um die hundert chinesische Fotoalben. Vielleicht auch 300. irgendwann habe ich mir die Haare schwarz-gefärbt. Danach war halbwegs Ruhe.

  9. Rebekka. Sonntag, 24. November 2013 um 12:16 Uhr [Link]

    Die drei Brücken, von denen die größte für Blumenpötte [!] reserviert ist, sind für mich das Beste an diesem Bericht. Und das meine ich gänzlich ohne „Wie doof ist das denn?“-Ironie.

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